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2 BIEL BIENNE 26. MÄRZ <strong>2024</strong> AKTUELL ACTUEL<br />
BIEL BIENNE 26 MARS <strong>2024</strong><br />
BÜCHER<br />
Bücherläden in Schieflage<br />
Unabhängige Buchhandlungen haben es schwer.<br />
Die Gründe sind vielfältig: Online-Bestellungen,<br />
Konkurrenz durch grosse Ketten, geringe<br />
Gewinnspannen und die Inflation.<br />
LIVRES<br />
Librairies en sursis<br />
Plusieurs facteurs déterminent les raisons des<br />
difficultés que subissent les librairies indépendantes:<br />
les commandes sur Internet, la concurrence des<br />
grandes chaînes, les marges réduites et l’inflation.<br />
VON THIERRY LUTERBACHER<br />
Wenn eine unabhängige<br />
Buchhandlung verschwindet,<br />
wird nicht nur eine Seite umgeblättert,<br />
sondern auch die<br />
Freiheit zum Schweigen gebracht.<br />
Es ist wahr, dass eine<br />
Zensur der Gedanken und<br />
der freien Meinungsäusserung<br />
in Bücherverbrennung<br />
enden kann. Und wo Bücher<br />
verbrannt werden, werden<br />
auch die Menschen, die sie<br />
schreiben und lesen, vernichtet.<br />
Buchhandlungen kommt<br />
somit eine wichtige Funktion<br />
zu, dieser Artikel handelt von<br />
ihrem schwierigen Kampf.<br />
Schwierigkeiten. Erstes<br />
Bespiel: die Buchhandlung<br />
«Point-Virgule» in Moutier.<br />
Nach der Übernahme durch<br />
Nathalie Knuchel gerät sie im<br />
Januar 2023 in Schwierigkeiten.<br />
«Ein vorsichtiges erstes<br />
Jahr der Beobachtung, des Anhörens<br />
der treuen und neuen<br />
Kundschaft und des Anlaufens<br />
für mich. Zu diesem Zeitpunkt<br />
war eine Geschäftsübernahme<br />
mutig. Der ,Covid-Effekt’ hatte<br />
bereits etwas nachgelassen,<br />
nachdem die Leute kurzzeitig<br />
zurückgekehrt waren.»<br />
Die Gründe für die Schwierigkeiten<br />
sind auf mehrere<br />
Faktoren zurückzuführen: So<br />
werden immer mehr Bücher<br />
im Internet bestellt, dazu kommen<br />
die Konkurrenz durch<br />
grosse Ketten, steigende Postgebühren<br />
(insbesondere für<br />
Pakete) und die Inflation.<br />
Buchpreis. Nicht zu vergessen,<br />
fügt Knuchel an, sei<br />
der hohe Preis für Bücher in<br />
Schweizer Franken. «Der Preis<br />
in Euro wird auf das Buch gedruckt<br />
und die Kunden verstehen<br />
die grosse Differenz<br />
nicht. Bei Internetbestellungen<br />
haben die Leute manchmal<br />
den Eindruck, dass sie die<br />
Bücher schneller bekommen.<br />
Dabei können wir auch schnell<br />
liefern. Ein Buch, das vor 12<br />
Uhr bestellt wird und bei Lieferanten<br />
an Lager ist, kommt<br />
am nächsten Morgen an.»<br />
Was die grossen Ketten betrifft,<br />
so die Buchhändlerin,<br />
könnten diese grosse Mengen<br />
bestellen und somit die Endpreise<br />
senken, wobei sie eine<br />
gute Marge behielten. Zur Erinnerung:<br />
2012 lehnte das Schweizer<br />
Volk die Wiedereinführung<br />
der Buchpreisbindung ab.<br />
Bostryche gerettet. Die<br />
zweisprachige Buchhandlung<br />
Bostryche in Biel durchlitt<br />
ähnliche Pein: Sie kam<br />
davon, indem sie sich gegen<br />
den schleichenden Tod auflehnte,<br />
der ihr vorausgesagt<br />
worden war. Sie legte ihr<br />
Schicksal durch eine Beteiligungsfinanzierung<br />
in die<br />
Hände ihrer Leserinnen und<br />
Leser. Der Zuspruch übertraf<br />
alle Erwartungen der Gründerin<br />
und Geschäftsführerin<br />
Catherine Kohler. Bostryche<br />
wurde gerettet.<br />
«Die Situation war prekär.<br />
Wir waren eine fünf Jahre<br />
junge und unabhängige<br />
Buchhandlung. Wir stehen<br />
zu unseren Titeln, von denen<br />
sich manche nicht wie frische<br />
Brötchen verkaufen.<br />
Es braucht nicht viel, um in<br />
Schwierigkeiten zu geraten.»<br />
Das Problem lag in den geringen<br />
Gewinnspannen bei<br />
Büchern, die Bostryche zu<br />
Beginn beanspruchte: rund<br />
33 Prozent, während es im<br />
Einzelhandel eher 50 Prozent<br />
sind. «Wir steigern die Marge,<br />
sofern das für unsere Partner<br />
stimmt. Der Buchmarkt ist<br />
hart, einem Newcomer wird<br />
nichts geschenkt.»<br />
Sensibilisierung. Ein<br />
besserer Geschäftsgang erfordere<br />
auch eine Sensibilisierung<br />
der verschiedenen<br />
regionalen Institutionen wie<br />
Schulen und Bibliotheken,<br />
sagt Kohler. «Anstatt 100 Bücher<br />
im Internet zu bestellen,<br />
sollten Sie das lieber in der<br />
Buchhandlung in Ihrer Nähe<br />
tun», fordert Kohler.<br />
Ist es denkbar, dass die<br />
Buchhandlungen in der Region<br />
zusammenarbeiten, um<br />
die Betriebskosten zu senken?<br />
«Das ist möglich, wahrscheinlich<br />
haben wir alle<br />
schon einmal daran gedacht.<br />
Vielleicht sollte man auch<br />
eine jährliche Subvention in<br />
Betracht ziehen, wie es die<br />
Stadt Genf für unabhängige<br />
Buchhandlungen handhabt,<br />
die mindestens vier Tage pro<br />
Woche geöffnet sind.»<br />
Jugend springt ab. Die<br />
Lage der Buchhandlung «Pierre-Pertuis»<br />
in Tavannes, die<br />
von Danièle Brügger geleitet<br />
wird, ist weniger prekär.<br />
Dies dank Diversifizierung:<br />
Bücher stehen neben Büroartikeln<br />
und einem Bazar mit<br />
Schmuckstücken.<br />
«Es stimmt jedoch, dass<br />
sich die Verbrauchergewohnheiten<br />
und das Interesse<br />
an Büchern seit einiger<br />
Zeit ändern. Wir können<br />
immer noch auf die Unterstützung<br />
von treuen Kunden<br />
zählen. Diese erkennen den<br />
Wert einer regionalen Buchhandlung.<br />
Im Moment ist<br />
die Buchhandlung mit vier<br />
angestellten Personen (zwei<br />
zu 100 Prozent und zwei zu<br />
40 Prozent) noch gesund.»<br />
Brügger stellt fest, dass die<br />
meisten Jugendlichen «das<br />
Boot verlassen haben» und<br />
sich lieber mit sozialen Netzwerken,<br />
Videospielen und an<br />
Bildschirmen beschäftigen.<br />
«Ein Jammer», seufzt sie.<br />
Entfliehen. Was ist der<br />
Mehrwert einer realen Buchhandlung?<br />
Zunächst kann<br />
man die Bücher anschauen,<br />
darin herumblättern. Und<br />
ganz wichtig: Eine Person<br />
berät den Kunden und kann<br />
ihm oder ihr je nach Neigung<br />
oder Motivation neue Werke<br />
und Autoren schmackhaft machen.<br />
«Ich möchte vor allem,<br />
dass die Menschen erkennen,<br />
wie sehr uns das Lesen in eine<br />
magische Welt entführt, die<br />
viel grösser ist, als sie denken.<br />
Wenn wir in unserer Region<br />
keine Buchhandlung mehr<br />
hätten, wäre das ein dramatischer<br />
Verlust», betont Brügger.<br />
Trotz der Unterstützung<br />
durch treue Kunden ist das<br />
Überleben der Buchhandlungen<br />
in Gefahr, sagt Knuchel.<br />
«Jedes Element der Buchkette,<br />
von den Versendern bis zu den<br />
Verbrauchern, muss sich selbst<br />
in Frage stellen. Nur dann<br />
wird es weiterhin Buchhandlungen<br />
geben. Sie sind Orte<br />
der Kultur, der Begegnung, des<br />
Teilens und der Weitergabe.<br />
Dinge, die in unserer heutigen<br />
Gesellschaft so wichtig sind.<br />
Es sind Orte, an denen die<br />
Hektik des Alltags zum Stillstand<br />
kommt, an denen man<br />
sich Zeit nehmen, dem Trott<br />
entfliehen und seine Sorgen<br />
vergessen kann.» n<br />
Der Buchmarkt<br />
ist<br />
hart umkämpft.<br />
Catherine<br />
Kohler<br />
(links):<br />
«In Genf<br />
werden<br />
unabhängige<br />
Buchhandlungen<br />
unterstützt.<br />
Das könnte<br />
man hierzulande<br />
auch<br />
in Betracht<br />
ziehen.»<br />
Danièle<br />
Brügger<br />
(rechts):<br />
«Viele<br />
Junge tummeln<br />
sich<br />
lieber in<br />
sozialen<br />
Netzwerken.<br />
Es ist ein<br />
Jammer.»<br />
Malgré le<br />
soutien de<br />
la clientèle<br />
fidèle, la<br />
survie des<br />
librairies<br />
est en<br />
danger.<br />
Catherine<br />
Kohler<br />
(à gauche):<br />
«Il faut<br />
peu pour<br />
se retrouver<br />
dans la<br />
panade.»<br />
Danièle<br />
Brügger<br />
(à droite):<br />
«Si nous<br />
devions<br />
nous passer<br />
de librairie<br />
dans notre<br />
région, cela<br />
serait une<br />
perte dramatique.»<br />
PAR THIERRY LUTERBACHER<br />
Quand une librairie indépendante<br />
disparaît ce n’est<br />
pas une page qui se tourne,<br />
mais une liberté qui se tait.<br />
Tant il est vrai que lorsqu’une<br />
censure de la pensée et de la<br />
liberté d’expression se met<br />
en place, elle peut finir par<br />
l’autodafé. Et là où l’on brûle<br />
des livres, on finit par annihiler<br />
celles et ceux qui les<br />
écrivent et les lisent.<br />
Battre de l’aile. Ainsi en<br />
va-t-il du sort de la librairie indépendante<br />
«Point-Virgule»,<br />
de Moutier qui commence<br />
à battre de l’aile après avoir<br />
été reprise en janvier 2023<br />
par Nathalie Knuchel. «Une<br />
première année prudente<br />
d’observation, d’écoute de la<br />
clientèle, fidèle et nouvelle,<br />
et de mise en route pour moi.<br />
Reprendre un commerce à<br />
ce moment était courageux<br />
car ‘l’effet Covid’ s’amenuisait<br />
déjà un peu, après un retour<br />
éphémère des gens dans les<br />
magasins locaux.»<br />
Plusieurs facteurs déterminent<br />
les raisons des difficultés<br />
qu’éprouvent les<br />
librairies, comme l’habitude<br />
prise de commander<br />
sur Internet, la concurrence<br />
des grandes chaînes, l’augmentation<br />
des tarifs postaux<br />
(en particulier les colis) ainsi<br />
que l’inflation.<br />
Prix unique du livre.<br />
Sans oublier, invoque Nathalie<br />
Knuchel, le prix élevé des<br />
livres en francs suisse. «Le<br />
prix en euros est imprimé<br />
sur le livre et les clients ne<br />
comprennent pas la grosse<br />
différence. Concernant les<br />
commandes par Internet, les<br />
gens ont parfois l’impression<br />
d’obtenir les livres plus vite<br />
alors que nous pouvons nous<br />
aussi assurer une livraison<br />
très rapide, un livre commandé<br />
le matin avant midi,<br />
en stock chez le fournisseur,<br />
arrive le lendemain matin.»<br />
Quant aux grandes<br />
chaînes, poursuit la libraire<br />
de Point-Virgule, «elles<br />
peuvent commander de<br />
grandes quantités et donc<br />
baisser les prix des livres en<br />
gardant une marge confortable.<br />
Pour rappel, car les<br />
gens l’ignorent souvent, en<br />
2012, le peuple suisse a refusé<br />
le prix unique du livre<br />
en votation.»<br />
Sauvé des eaux. La<br />
librairie bilingue Bostryche<br />
de Bienne a vécu les mêmes<br />
affres, elle s’en est sortie en<br />
se rebellant contre la mort<br />
lente qui lui était promise en<br />
remettant son destin entre<br />
les mains de ses lectrices et<br />
lecteurs par un financement<br />
participatif. Une participation<br />
qui a dépassé toutes les<br />
attentes de sa fondatrice et<br />
directrice Catherine Kohler.<br />
Bostryche sauvée des eaux!<br />
«La situation était précaire,<br />
d’autant plus fragilisée<br />
en tant que jeune librairie<br />
indépendante de cinq ans<br />
d’âge qui propose des livres<br />
auxquels elle adhère et pas<br />
forcément des livres qui se<br />
vendent comme des petitspains.<br />
Il faut peu pour se<br />
retrouver dans la panade. Le<br />
problème résidait beaucoup<br />
dans le peu de marges sur<br />
les livres que nous avions<br />
en débutant (environ 33%<br />
alors que dans le commerce<br />
PHOTOS: JOEL SCHWEIZER<br />
de détail, c’est plutôt 50%),<br />
nous les augmentons au fur<br />
et à mesure que nos partenaires<br />
nous accordent leur<br />
confiance. Le marché du livre<br />
n’est pas facile, on ne fait pas<br />
de cadeau à une libraire indépendante<br />
qui commence.»<br />
Sensibilisation. Un<br />
mieux-être passe aussi par<br />
une sensibilisation des diverses<br />
institutions régionales,<br />
telles qu’écoles et bibliothèques,<br />
relève Catherine<br />
Kohler. Un appel au soutien:<br />
«Plutôt que de commander<br />
cent livres sur Internet, faitesle<br />
dans la librairie à côté de<br />
chez vous!»<br />
Une synergie entre les<br />
librairies de la région pour<br />
réduire les coûts de fonctionnement<br />
est-elle envisageable?<br />
«C’est possible»,<br />
répond Catherine Kohler,<br />
«si ça se trouve nous y avons<br />
tous déjà pensé à un moment<br />
ou à un autre, mais pourquoi<br />
pas? Comme il faudrait peutêtre<br />
également envisager<br />
une subvention structurelle<br />
annuelle, comme cela se fait<br />
à Genève, pour les librairies<br />
indépendantes qui ouvrent<br />
au minimum quatre jours<br />
par semaine.»<br />
Quel dommage! Si le<br />
sort de la librairie-papeterie<br />
Pierre-Pertuis de Tavannes,<br />
dirigée par Danièle Brügger,<br />
est moins oppressant, elle le<br />
doit à sa diversification: les<br />
livres côtoient les fournitures<br />
de bureau et un bazar<br />
de colifichets.<br />
«Il est toutefois vrai que<br />
depuis quelque temps, les<br />
habitudes des consommateurs<br />
changent et les intérêts<br />
pour le livre avec elles. Nous<br />
pouvons encore compter sur<br />
le soutien de fidèles qui se<br />
rendent compte de l’importance<br />
d’avoir une librairie<br />
régionale. Pour l’instant la<br />
librairie est encore saine<br />
avec quatre personnes salariées<br />
(deux à 100% et deux à<br />
40%).» Danièle Brügger ajoute<br />
avoir constaté que la majorité<br />
des ados ont «quitté le bateau,<br />
surtout les garçons», préférant<br />
les réseaux sociaux, les<br />
jeux vidéo, les écrans… «Quel<br />
dommage!», soupire-t-elle.<br />
S’évader. De plus, au<br />
contraire d’Internet, la clientèle<br />
d’une librairie dispose<br />
des conseils d’une personne<br />
qui anime la découverte de<br />
nouveaux auteurs selon les<br />
préférences et les envies. «J’aimerais<br />
surtout que les gens se<br />
rendent compte à quel point<br />
la lecture nous emporte dans<br />
un monde magique, bien plus<br />
important qu’ils le pensent. Si<br />
nous devions nous passer de<br />
librairie dans notre région, cela<br />
serait une perte dramatique!»,<br />
s’alarme Danièle Brügger.<br />
Malgré le soutien de la<br />
clientèle fidèle, la survie<br />
des librairies est en danger,<br />
s’émeut Nathalie Knuchel.<br />
«Il est urgent que chaque<br />
élément de la chaîne du livre<br />
fasse un effort de remise en<br />
question, des diffuseurs aux<br />
consommateurs, si on veut<br />
qu’il subsiste des librairies.<br />
Ce sont des lieux de culture,<br />
de rencontres, de partage, de<br />
transmission, tellement importants<br />
dans notre société actuelle!<br />
Des lieux où la course<br />
de nos journées s’arrête, où<br />
l’on peut prendre son temps,<br />
s’évader, oublier un peu son<br />
quotidien et ses soucis.» n