RE KW 13
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(sas) Trauer ist individuell. Trauer<br />
kennt keine Zeit. Trauer macht vor<br />
niemandem Halt. Niemand ist zu<br />
alt oder zu jung, um zu trauern. Ob<br />
alltägliche Trauer über das Nichtüberwindenkönnen<br />
der persönlichen<br />
Lebenssituation, die Trauer über<br />
den Tod eines geliebten Menschen,<br />
nach einer schweren Krankheit, nach<br />
einem tragischen Unfall oder nach<br />
einem Suizid, mit der damit verbundenen<br />
Erfahrung der Endlichkeit und<br />
Endgültigkeit – es geht immer um<br />
den betroffenen Menschen in seiner<br />
persönlichen Trauer.<br />
TRAUERCAFÉ. Am Donnerstag,<br />
dem 4. April, findet von 14.30 Uhr<br />
bis 16.30 Uhr im „Haus der Kirche“<br />
(Kleiner Saal – Pfarrkirche St. Anna,<br />
Obermarkt 8 in Reutte) wieder ein<br />
TrauerCafé statt. Das ausgebildete<br />
Team der Trauerbegleiter ist bei diesem<br />
Treffen anwesend. Dasein für<br />
Mitmenschen in ihrer ganz persönlichen<br />
Trauer und ihrer Situation ist<br />
die Intention. Die Trauernden können<br />
schweigen und zuhören, ihre<br />
Trauer- und Lebenssituation in die<br />
TrauerCafé<br />
Trauer hat viele Gesichter. Betroffene<br />
sind zum TrauerCafé am 4. April eingeladen.<br />
Foto: Privat<br />
Gruppe einbringen. Wenn es gewünscht<br />
ist, stehen die Begleiter auch<br />
für persönliche Gespräche zur Verfügung.<br />
Die Gäste beim „TrauerCafé“<br />
sind keine geschlossene Gruppe.<br />
„Wagen Sie den Schritt und kommen<br />
Sie mit Ihrer und in Ihrer Trauer gerne<br />
zu unseren Treffen. Wir sind da“,<br />
laden die Trauerbegleiter ein. Kaffee,<br />
Tee, selbst gebackenes Brot und Kuchen<br />
sollen Leib und Seele gut tun.<br />
Für Informationen ist Silvia Schindl<br />
als Ansprechpartnerin unter Tel. +43<br />
676 3785488 erreichbar.<br />
„Ich trage Dich<br />
in meinem Herzen“<br />
Andacht für Sternenkinder<br />
(sas) „Du warst ein Lied in mir, das<br />
nie gesungen wurde – nur gehört von<br />
mir“ – Worte einer betroffene Mutter.<br />
Der „zu früh- oder totgeborenen<br />
Kinder, der „Sternenkinder“, wird bei<br />
einer Andacht bei der Aufbahrungshalle,<br />
beim Kindergrab und der Gedenkstätte<br />
auf dem Friedhof Kapellenbichl<br />
in Reutte gedacht. In der Zeit der<br />
Trauer ist es wichtig, einen Platz und<br />
die Möglichkeit zu haben, zu trauern<br />
und zu wissen: „Hier ist der Ort, an<br />
dem ich mit mir und meinem Kind<br />
sein kann.“ Trauer ist immer individuell,<br />
an keine Regeln gebunden und<br />
kennt keine Zeit. Diese Andacht bietet<br />
die Möglichkeit, der Sternenkinder zu<br />
gedenken und der Trauer einen Platz<br />
zu geben. Das Kindergrab und die Gedenkstätte<br />
sind ein Ort, an dem Eltern<br />
noch nach Jahren einen Erinnerungsund<br />
Trauerplatz finden und haben. Das<br />
neu gestaltete Kindergrab kann und<br />
will auch ein Begegnungsort für Eltern<br />
sein, an dem sie ihre Trauer teilen und<br />
ihr einen Platz geben können. Im Reuttener<br />
Kindergrab auf dem Friedhof Kapellenbichl<br />
können die Sternenkinder<br />
– in Zusammenarbeit mit den Bestattern,<br />
Trauerhilfe Longo und Bestattung<br />
Klaus, der Marktgemeinde Reutte und<br />
Am Kindergrab für Sternenkinder am<br />
Friedhof am Kapellenbichl in Reutte<br />
findet im April wieder eine Andacht<br />
für Sternenkinder statt.<br />
dem Dekanat Breitenwang – unabhängig<br />
von der Schwangerschaftswoche<br />
beigesetzt werden. Die Konfession<br />
ist nicht maßgebend. Alle trauernden,<br />
sich erinnernden Eltern, im Familienverbund<br />
oder Alleinerziehende, sind<br />
angesprochen. „Dein, Euer Kind hat<br />
auch sein ,Sein‘ hinterlassen – bei Dir,<br />
in Dir und bei Euch, in Euch“, sagt Diakon<br />
Gerhard Hartmann, Seelsorger/<br />
TrauerBegleiter. Die nächste Andacht<br />
für Sternenkinder findet am Freitag,<br />
dem 19. April, um 16 Uhr, am Friedhof<br />
Kapellenbichl statt.<br />
(Text und Foto:<br />
Diakon Gerhard Hartmann)<br />
CHRISTEN UNTERWEGS<br />
Wenn alles zu spät ist … Ostern<br />
Simon von Zyrene hilft Jesus das<br />
Kreuz tragen. Glasbild von Robert M. Weber Sr. Johanna Senn (Tannheim). Der<br />
Immer wieder dieselbe alte Geschichte:<br />
Vom Aufstieg und Fall des Jesus von Nazareth.<br />
Immer wieder die Karwoche, die<br />
nach demselben Muster abläuft. Auch im<br />
Jahr 2024. In einer Zeit, in der die Zahl und<br />
Vielfalt der Kreuzwege uns doch allen den<br />
Atem rauben müsste. Wir alle, ob fromm,<br />
humanistisch eingestellt, zynisch oder<br />
gottlos, haben Anteil an der Passion der<br />
Gegenwart. Und wir sehen die Gesichter<br />
der Menschen in diesem Drama. Die Frage<br />
ist, ob und wo wir unser eigenes Gesicht<br />
erkennen.<br />
MEIN GESICHT UNTER VIELEN<br />
GESICHTERN. Da ist das Gesicht Jesu in<br />
der Nacht der Angst am Ölberg. Im Lukasevangelium<br />
wird von einem Engel erzählt,<br />
der ihn stärkt. Aber die Nacht war lang, so<br />
lang wie die Nächte der Menschen, die auf<br />
Hilfe warten. Der Engel der Stärkung hat es<br />
oft nicht eilig. Das Gesicht des Judas, des<br />
Verräters, der den Gerechten küsst. Ein<br />
Kuss als Verrat – verräterische Zärtlichkeit.<br />
Das Gesicht des Freundes, Petrus. Er<br />
sitzt im Hof am Feuer. Er will überleben,<br />
mehr nicht. Will da nicht hineingezogen<br />
werden. Damit hab ich nichts zu tun! Ich<br />
distanziere mich davon – so wird verraten.<br />
Dreimal! Und Petrus weint. So menschlich,<br />
dass er noch Gewissen und Tränen<br />
hat! Das ist nicht selbstverständlich unter<br />
Wegsehern, Wegläufern, Beschönigern.<br />
Die hören oft keine Hähne krähen und<br />
sind mit sich im Reinen. Die Gesichter der<br />
Macht. Herodes, die römische Marionette<br />
– und Pilatus, der sensible Zyniker. Er will<br />
Jesus freilassen, aber nur, wenn seine eigene<br />
Position nicht gefährdet wird. Wie viele<br />
auch heute waschen sich permanent ihre<br />
Hände in Unschuld? Und die Gesichter der<br />
Soldaten aller Zeiten, die der am Galgen<br />
Sterbende nicht stört. Sie spielen um sein<br />
letztes Hemd. Syrien, Äthiopien, Sudan,<br />
Myanmar, Afghanistan, Nigeria, Somalia,<br />
Jemen, Ukraine, Gazastreifen … endlose<br />
Kommentare zur Geschichte auf Golgota.<br />
Die Gesichter im Volk – zwiespältig. Erst<br />
spendet es Beifall, dann fordert es seinen<br />
Tod. Steig doch herab vom Kreuz. Sei stärker<br />
als die Starken, dann wollen wir an dich<br />
glauben. Christus aber ist ein Verlierer.<br />
Auferstandene, Tabernakel, Auferstehungskirche<br />
Telfs. Foto: F. Neuner<br />
EINE TRAGENDE ROLLE. Ich sehe<br />
auch andere Gesichter: Das von Simon<br />
von Kyrene, der Christus das Kreuz nachträgt.<br />
Eine sprichwörtlich „tragende Rolle“.<br />
Kein schaulustiger Gaffer, kein hilflos<br />
weinender Mensch am Straßenrand. Einer<br />
auf dem Nachhauseweg, zum Helfen<br />
gezwungen. Aber, ob das Mitgefühl eines<br />
Menschen, der einen anderen zur Hinrichtung<br />
begleitet, nicht von Schritt zu Schritt<br />
nur wachsen kann? Oder, um es mit der<br />
Sprache der Bibel zu sagen: Wo wäre eine<br />
Gesellschaft ohne Barmherzigkeit? Wo<br />
wären wir, wenn es nicht Menschen gäbe,<br />
die warmherzig sind und nicht wegschauen<br />
können, wenn andere körperlich und<br />
seelisch hungern und frieren, ihr Dach<br />
über dem Kopf und ihre Liebsten verlieren?<br />
Ich sehe die Gesichter der Frauen am<br />
Weg, die um Christus weinen. Weinen – als<br />
Zeichen der Solidarität mit den Verurteilten<br />
– war bei öffentlichen Hinrichtungen<br />
verboten. Weinen ist staatsfeindlich. So ist<br />
es bis heute – an vielen Orten der Welt.<br />
Viele Gesichter. Die Tage der „Karwoche“<br />
laden zum Nachschau-Halten ein, zur Suche<br />
nach meinem Gesicht. Ein Osterputz<br />
in diesem Sinn könnte bedeuten, hinunterzusteigen<br />
in die Kellergänge des eigenen<br />
Herzens, um dort nach Vergessenem und<br />
Übergangenem zu suchen. Davor haben<br />
Menschen eine eigentümliche Scheu. Vielleicht,<br />
weil sie Angst vor den Leichen im<br />
Keller haben. Vielleicht, weil sie mit den<br />
dunklen Seiten der eigenen Vergangenheit<br />
nicht in Berührung kommen wollen. Ein<br />
Osterputz könnte mich entdecken lassen,<br />
dass die Wahrheit nicht nur, wie Ingeborg<br />
Bachmann es formuliert, dem Menschen<br />
zumutbar ist. Sie ist und bleibt die bessere<br />
Option.<br />
… DANN WIRD OSTERN SEIN.<br />
Auferstehung geschieht seit jeher, wenn<br />
alles zum Davonlaufen ist. Auferstehung<br />
geschieht im Versagen. Auferstehung geschieht,<br />
wenn „alles zu spät“ ist, im größten<br />
Elend. Ostern findet sich nicht ab<br />
mit Krieg, Gewalt und Egoismus. Gewiss<br />
– Krankheit, Leid und Tod werden auch<br />
nach Ostern die diese Welt beherrschenden<br />
Mächte bleiben. Aber ihre Macht ist<br />
gebrochen! Der Tod hat sich an seiner<br />
Beute verschluckt, und ist an ihr gestorben,<br />
weil Gott größer ist.<br />
CHRISTUS, DER TOT WAR, LEBT!<br />
ER IST AUFERSTANDEN! Er ist nicht<br />
im Grab, und nicht in einer Parallelwelt,<br />
sondern mitten im Leben, bei uns Menschen.<br />
Wo denn auch sonst?! Und wenn<br />
wir seine Präsenz erahnen und entdecken,<br />
im eigenen Leben, in den Gesichtern anderer<br />
Menschen, in unserer Welt, wie sie ist:<br />
dann wird Ostern sein. Diese Hoffnung<br />
und ein gesegnetes, friedvolles Osterfest<br />
mit einer tiefen Freude über die Auferstehung<br />
Christi wünscht von Herzen<br />
Dekan Franz Neuner<br />
RUNDSCHAU Seite 36 27./28. März 2024