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Internationalisierung,Vielfalt und Inklusion in Hochschulen

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IVI<br />

RRoollff MMeei<strong>in</strong>nhhaarrddtt<br />

1. Forschungslage<br />

Orientiert an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes, zielte<br />

die deutsche Ausländerpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

auf die Zuwanderung niedrig qualifizierter Arbeitskräfte ab.<br />

Dies änderte sich erst Ende der 1990er Jahre, als vor allem<br />

aufgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>schneidender technologischer Veränderungen<br />

der Trend zur Wissensgesellschaft unübersehbar wurde <strong>und</strong><br />

der Markt nach Arbeitskräften mit hohen Qualifikationen<br />

verlangte. Ob <strong>in</strong> diesem „Kampf um die besten Köpfe“ die<br />

B<strong>und</strong>esrepublik bestehen kann, darf mit Fug bezweifelt<br />

werden. So kamen aufgr<strong>und</strong> restriktiver Zuwanderungsbestimmungen<br />

zwischen Mai 2005 <strong>und</strong> Mai 2007 lediglich<br />

1.650 hochqualifizierte Ausländer nach Deutschland (vgl.<br />

Lichtenbeck 2007). Auch der Vergleich mit anderen E<strong>in</strong>wanderungsstaaten<br />

macht deutlich, dass Deutschland hier<br />

schlecht aufgestellt ist: Beträgt der Anteil an hochqualifizierten<br />

Zuwanderern hier nur 13,6% aller Immigrant/<strong>in</strong>nen,<br />

so s<strong>in</strong>d es <strong>in</strong> Großbritannien 34,9%, <strong>in</strong> Australien sogar<br />

42,9%. Weniger ausländische Spitzenkräfte als die B<strong>und</strong>esrepublik<br />

weist <strong>in</strong> Europa nur Österreich auf (vgl. Borrmann<br />

u.a. 2007, S. 130).<br />

Entsprechend spät hat sich die Migrationsforschung der<br />

Gruppe der hochqualifizierten E<strong>in</strong>wanderer zugewandt.<br />

Während sich mit Studien zur Situation der ausländischen<br />

Arbeitskräfte („Gastarbeiter“) ganze Bücherschränke füllen<br />

ließen, fällt die Bilanz der Untersuchungen im H<strong>in</strong>blick auf<br />

Immigrant/<strong>in</strong>nen mit hohen Bildungsabschlüssen mager<br />

aus.<br />

Die Forschungslage ist durch e<strong>in</strong>e völlig unzureichende<br />

empirische Datenbasis gekennzeichnet. Aufgr<strong>und</strong> dieses<br />

Umstandes s<strong>in</strong>d wir auf Schätzungen im H<strong>in</strong>blick auf die<br />

Qualifikationen der Migrant/<strong>in</strong>nen angewiesen. Auszugehen<br />

ist bei der Gruppe der Flüchtl<strong>in</strong>ge von knapp 20% (vgl.<br />

Kühne/Rüßler 2000, S. 320; Kühne 2001, S. 58) <strong>und</strong> von<br />

etwa 10% bei den (Spät-)Aussiedler/<strong>in</strong>nen, die e<strong>in</strong>en Fachhochschul-<br />

oder Universitätsabschluss erworben haben<br />

(vgl. Brück-Kl<strong>in</strong>gberg u.a. 2007, S. 3; Maur 2005 b, S. 5).<br />

Den weitaus höchsten Anteil an akademisch ausgebildeten<br />

E<strong>in</strong>wanderern sehen zahlreiche Wissenschaftler/<strong>in</strong>nen bei<br />

den jüdischen Emigrant/<strong>in</strong>nen: Ihr Anteil wird mit ca. 70%<br />

angenommen (vgl. Gruber/Rüßler 2002, S. 32f.; Haug<br />

2005, S. 3; Maur 2005, S. 5;Schoeps u.a. 1999, S. 43 ff.).<br />

IVI 3/2007<br />

R. Me<strong>in</strong>hardt � Hochqualifizierte E<strong>in</strong>wanderer – erster BA-Studiengang für e<strong>in</strong>e ignorierte Elite<br />

Hochqualifizierte E<strong>in</strong>wanderer –<br />

erster BA-Studiengang für e<strong>in</strong>e ignorierte Elite*<br />

2. Studie zur prekären Lage <strong>und</strong><br />

zum Bra<strong>in</strong> Waste<br />

Rolf Me<strong>in</strong>hardt<br />

E<strong>in</strong>e erste empirische Untersuchung zur Situation von<br />

hochqualifizierten Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten wurde<br />

2002 vorgelegt. Diese Studie bezog sich allerd<strong>in</strong>gs ausschließlich<br />

auf die Gruppe der jüdischen Kont<strong>in</strong>gentflüchtl<strong>in</strong>ge<br />

<strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen (vgl. Gruber/Rüßler 2002).<br />

Aus ihr wurde auch schon deutlich, dass etliche der gesuchten<br />

Arbeitskräfte für den IT-Bereich, die durch die Green-<br />

Card-Initiative der B<strong>und</strong>esregierung zu Beg<strong>in</strong>n der 2000er<br />

Jahre angeworben werden sollten, bereits <strong>in</strong> der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

lebten (vgl. Gruber 2002).<br />

Daher führte das Interdiszipl<strong>in</strong>äre Zentrum für Bildung <strong>und</strong><br />

Kommunikation <strong>in</strong> Migrationsprozessen (IBKM) der Universität<br />

Oldenburg auf e<strong>in</strong>er breiteren empirischen Basis –<br />

f<strong>in</strong>anziert durch den Europäischen Flüchtl<strong>in</strong>gsfonds – <strong>in</strong> den<br />

Jahren 2002/2003 e<strong>in</strong>e Untersuchung zur Lage hochqualifizierter<br />

Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten <strong>in</strong> Niedersachsen<br />

durch. Erfasst wurden 260 anerkannte Asylbewerber/<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> jüdische Kont<strong>in</strong>gentflüchtl<strong>in</strong>ge. Unter Personen mit<br />

„hohen Qualifikationen“ wurden <strong>in</strong> der IBKM-Studie alle<br />

E<strong>in</strong>wanderer verstanden, die <strong>in</strong> ihren Herkunftsländern zum<strong>in</strong>dest<br />

e<strong>in</strong>e Zugangsberechtigung zu e<strong>in</strong>em Hochschulstudium<br />

erlangt bzw. e<strong>in</strong> Studium begonnen bzw. beendet<br />

hatten <strong>und</strong> z.T. auch schon über langjährige Berufserfahrungen<br />

verfügten. Mit dieser umfangreichen Untersuchung<br />

wurden erstmals „harte“ Daten zu den Qualifikationsprofilen,<br />

den Sprachkenntnissen, aber auch zu den sozialen<br />

Kontakten <strong>und</strong> der Zufriedenheit der Migrant/<strong>in</strong>nen im E<strong>in</strong>wanderungsland<br />

gewonnen (vgl. Hadeed 2004).<br />

Die explorative Oldenburger Studie kam zu e<strong>in</strong>em ebenso<br />

überraschenden wie paradoxen Ergebnis: Obwohl diese<br />

Gruppe der Immigranten über e<strong>in</strong>en gesicherten Aufenthaltstitel<br />

<strong>und</strong> über hohe Bildungsabschlüsse verfügte, wies<br />

sie e<strong>in</strong>e exorbitant hohe Arbeitslosigkeit auf: Knapp 67%<br />

hatten ke<strong>in</strong>e Beschäftigung <strong>und</strong> 11% waren lediglich <strong>in</strong><br />

Honorar-, Teilzeit- oder 325-Euro-Jobs tätig (vgl. Hadeed<br />

* Der Beitrag stellt die erweiterte <strong>und</strong> aktualisierte Fassung e<strong>in</strong>es Vortrages<br />

dar, den der Verfasser auf der Internationalen Tagung „Hochschule <strong>und</strong><br />

hochqualifizierte MigrantInnen – bildungspolitische Konzepte zur Integration<br />

<strong>in</strong> den Arbeitsmarkt“ am 1. Dezember 2005 an der Carl von Ossietzky<br />

Universität Oldenburg gehalten hat.<br />

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