Internationalisierung,Vielfalt und Inklusion in Hochschulen
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IVI<br />
setzung, Versetzung oder Kündigung zu ergreifen" (§12<br />
Abs. 3 AGG). Das gilt sogar auch bei Benachteiligungen<br />
durch Dritte, also beispielsweise K<strong>und</strong>en, Besucher, Lieferanten,<br />
Lehrgangsleiter, mit denen der/die Beschäftigte bei<br />
der Ausübung se<strong>in</strong>er Tätigkeit <strong>in</strong> Kontakt kommt (§12 Abs.<br />
4 AGG).<br />
Wer <strong>in</strong> diskrim<strong>in</strong>ierender Weise benachteiligt worden ist,<br />
hat gegen den Arbeitgeber/Dienstherrn Anspruch auf Schadensersatz,<br />
§15 Abs. 1 AGG, auch e<strong>in</strong>es immateriellen<br />
Schadens, bei Nichte<strong>in</strong>stellung begrenzt auf 3 Monatsgehälter,<br />
wenn der/die Bewerber/<strong>in</strong> auch bei diskrim<strong>in</strong>ierungsfreier<br />
Auswahl nicht e<strong>in</strong>gestellt worden wäre. H<strong>in</strong>gegen<br />
führt e<strong>in</strong> Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot<br />
nicht zu e<strong>in</strong>em Anspruch auf E<strong>in</strong>stellung oder beruflichen<br />
Aufstieg, §15 Abs. 6 AGG. Hervorhebung verdient die Beweislastregelung<br />
<strong>in</strong> §22 AGG: Wer sich im Streitfall auf<br />
e<strong>in</strong>en Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot beruft,<br />
muss zunächst beweisen, dass er gegenüber e<strong>in</strong>er anderen<br />
Person ungünstiger behandelt worden ist. Für die verbotene<br />
Benachteiligung h<strong>in</strong>gegen genügt der Beweis von Indizien<br />
(„Vermutungstatsachen"), um die Beweislast für die<br />
Nicht-Diskrim<strong>in</strong>ierung auf die Gegenseite zu überwälzen.<br />
Beispielsweise kann e<strong>in</strong> abgelehnter Stellenbewerber als<br />
Indiz e<strong>in</strong>e nicht geschlechtsneutral formulierte Stellenanzeige<br />
heranziehen. Der Arbeitgeber hat daraufh<strong>in</strong> nachzuweisen,<br />
dass entweder die Auswahlentscheidung nicht<br />
wegen des Geschlechts getroffen wurde oder dass für den<br />
konkreten Arbeitsplatz das Geschlecht unabd<strong>in</strong>gbar ist <strong>und</strong><br />
damit die Differenzierung gerechtfertigt ist (Beispiel aus der<br />
Gesetzesbegründung, BT-Dr 16/1780).<br />
2. Was ist wirklich neu?<br />
Das Pr<strong>in</strong>zip e<strong>in</strong>er diskrim<strong>in</strong>ierungsfreien Führung der<br />
Dienststelle ist nicht neu. Vielmehr hieß es bereits <strong>in</strong> der<br />
alten Fassung von §67 Abs. 1 S. 1 B<strong>und</strong>espersonalvertretungsgesetz<br />
(BPersVG): „Dienststelle <strong>und</strong> Personalvertretung<br />
haben darüber zu wachen, dass alle Angehörigen der<br />
Dienststelle nach Recht <strong>und</strong> Billigkeit behandelt werden,<br />
<strong>in</strong>sbesondere, dass jede unterschiedliche Behandlung von<br />
Personen wegen ihrer Abstammung, Religion, Nationalität,<br />
Herkunft, politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung<br />
oder E<strong>in</strong>stellung oder wegen ihres Geschlechtes unterbleibt."<br />
Im Zuge der E<strong>in</strong>führung des AGG wurde die Vorschrift<br />
an den Katalog der Diskrim<strong>in</strong>ierungsgründe <strong>in</strong> §1<br />
AGG angepasst, <strong>in</strong>dem die Merkmale Rasse, ethnische Herkunft,<br />
Weltanschauung, Beh<strong>in</strong>derung, Alter <strong>und</strong> sexuelle<br />
Identität e<strong>in</strong>gefügt wurden. Inhaltlich führte diese Anpassung<br />
zu ke<strong>in</strong>er Änderung, denn die e<strong>in</strong>gefügten Diskrim<strong>in</strong>ierungsgründe<br />
entstammen den <strong>in</strong> nationales Recht umgesetzten<br />
EU-Richtl<strong>in</strong>ien, die bereits zuvor mit ihren Inhalten<br />
den unbestimmten Begriff „nach Recht <strong>und</strong> Billigkeit"<br />
ausfüllten.<br />
Diese Regelung schützt nur die bereits Beschäftigten (wie<br />
auch die parallele Vorschrift für private Betriebe §75 Betriebsverfassungsgesetz)<br />
als Angehörige der Dienststelle,<br />
nicht h<strong>in</strong>gegen Stellenbewerber/<strong>in</strong>nen.<br />
Neu - <strong>und</strong> für bereits Beschäftigte <strong>und</strong> für Bewerber/<strong>in</strong>nen<br />
gleichermaßen anwendbar - s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong>dividuellen Rechtsansprüche.<br />
Bislang entstanden nur bei e<strong>in</strong>er Benachteiligung<br />
wegen des Geschlechts, der Schwerbeh<strong>in</strong>derteneigen-<br />
IVI 3/2007<br />
I. Püttner � Die Anwendung des Allgeme<strong>in</strong>en Gleichbehandlungsgesetzes ...<br />
schaft <strong>und</strong> bei sexueller Belästigung Ansprüche des Betroffenen<br />
gegen den Arbeitgeber, nämlich Entschädigungsansprüche<br />
nach §611 a Abs. 2 oder §611 a Abs. 3 BGB bei geschlechtsdiskrim<strong>in</strong>ierender<br />
<strong>und</strong> nach §81 Abs. 2 SGB IX bei<br />
beh<strong>in</strong>dertendiskrim<strong>in</strong>ierender Bewerberauswahl <strong>und</strong> das<br />
Leistungsverweigerungsrecht nach §4 Abs. 2 Beschäftigtenschutzgesetz<br />
(BSchG). Die genannten Anspruchsgr<strong>und</strong>lagen<br />
s<strong>in</strong>d mit Erlass des AGG außer Kraft getreten. Stattdessen<br />
steht den Betroffenen e<strong>in</strong> Leistungsverweigerungsrecht bei<br />
allen diskrim<strong>in</strong>ierenden Belästigungen zur Seite, §14 AGG,<br />
<strong>und</strong> die Entschädigungs- <strong>und</strong> Schadensersatzansprüche gelten<br />
nun für alle Arten der diskrim<strong>in</strong>ierenden Benachteiligung.<br />
Die zugehörige Beweislastregel ist §611 a Abs. 1 BGB<br />
nachgebildet.<br />
Die Pflicht zur Begründung von Auswahlentscheidungen<br />
bedeutet für private Arbeitgeber e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>schneidende<br />
Neuerung, dem öffentlichen Dienst ist sie schon lange vertraut:<br />
Wegen des Rechts auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern<br />
nach Art. 33 Abs. 2 Gr<strong>und</strong>gesetz (GG) kann e<strong>in</strong>e sachwidrige<br />
Auswahlentscheidung im Wege der Konkurrentenklage<br />
angegriffen <strong>und</strong> der Arbeitgeber auf diese Weise zur<br />
Begründung der getroffenen Auswahl gezwungen werden.<br />
Inhaltliche B<strong>in</strong>dungen bei Auswahlentscheidungen waren<br />
bereits <strong>in</strong> der bis 2006 geltenden Fassung von §8 Abs. 1<br />
B<strong>und</strong>esbeamtengesetz (BBG) formuliert: Die „Auslese ist<br />
nach Eignung, Befähigung <strong>und</strong> fachlicher Leistung ohne<br />
Rücksicht auf das Geschlecht, Abstammung, Rasse, Glauben,<br />
religiöse oder politische Anschauungen, Herkunft oder<br />
Beziehungen vorzunehmen."<br />
Was die gegen Benachteiligungen durch Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen<br />
zu ergreifenden Maßnahmen nach §12 Abs. 3 AGG betrifft,<br />
f<strong>in</strong>det sich das Vorbild für die Regelung <strong>in</strong> §4 Abs. 1 BSchG.<br />
Die Frist für die Geltendmachung e<strong>in</strong>es Schadensersatzanspruchs<br />
(2 Monate) schließlich ist dem Schwerbeh<strong>in</strong>derten<br />
recht nachgebildet worden (s. §81 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SGB IX).<br />
Alle diese Beispiele zeigen, dass der Gesetzgeber zahlreiche<br />
Regelungs<strong>in</strong>halte des AGG den bereits vorhandenen<br />
Schutzvorschriften zugunsten benachteiligter Gruppen entnommen<br />
<strong>und</strong> unter Ausdehnung des Anwendungsbereichs<br />
zu e<strong>in</strong>em allgeme<strong>in</strong>en Antidiskrim<strong>in</strong>ierungsrecht zusammengesetzt<br />
hat.<br />
Rechtsprechung zu den e<strong>in</strong>zelnen Regelungen des AGG ist<br />
bislang noch nicht bekannt geworden - dies kann nicht verw<strong>und</strong>ern,<br />
wenn man die Verfahrensdauer bis zu e<strong>in</strong>er<br />
rechtskräftigen Entscheidung bedenkt. Man wird aber<br />
davon ausgehen können, dass sich die Arbeitsgerichte an<br />
der gefestigten Rechtsprechung zur Diskrim<strong>in</strong>ierung wegen<br />
des Geschlechts orientieren werden. Dazu gehört <strong>in</strong>sbesondere<br />
die Ablehnung rechtsmiss-bräuchlicher Klagen auf<br />
Schadensersatz wegen Diskrim<strong>in</strong>ierung bei E<strong>in</strong>stellungen,<br />
wenn der Kläger/die Kläger<strong>in</strong> offensichtlich ke<strong>in</strong> ernsthaftes<br />
Interesse an dem angebotenen Arbeitsplatz hatte (s. u. 5.).<br />
3. Anforderungen bei Auswahlverfahren<br />
a) Stellenausschreibung<br />
Arbeitsplätze dürfen nicht unter Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot<br />
ausgeschrieben werden, §11 AGG. Das<br />
bedeutet, dass <strong>in</strong> der Stellenausschreibung weder offen<br />
noch versteckt verbotene Differenzierungsmerkmale ver-<br />
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