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Internationalisierung,Vielfalt und Inklusion in Hochschulen

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Politik <strong>und</strong> Entwicklung im Themenbereich IVI<br />

wendet werden dürfen, es sei denn, es gibt dafür e<strong>in</strong>en<br />

sachlichen Gr<strong>und</strong>.<br />

Die meisten Klippen bei der Formulierung e<strong>in</strong>er Stellenausschreibung,<br />

sei sie <strong>in</strong>tern oder extern, lassen sich umschiffen,<br />

wenn dem Ausschreibungstext e<strong>in</strong> gewissenhaft erstelltes<br />

Anforderungsprofil zugr<strong>und</strong>e liegt. Dies von der<br />

Fachabteilung e<strong>in</strong>zufordern, fällt erfahrungsgemäß vielen<br />

Personalern schwer. Es lohnt aber die Mühe, denn nach<br />

sauberer Prüfung der fachlichen <strong>und</strong> persönlichen Anforderungen<br />

an den/die Stellen<strong>in</strong>haber/<strong>in</strong> entsteht mit e<strong>in</strong>iger Sicherheit<br />

e<strong>in</strong> diskrim<strong>in</strong>ierungsfreier Ausschreibungstext. Beispielsweise<br />

wird abzuklären se<strong>in</strong>, ob e<strong>in</strong> Arbeitsplatz wirklich<br />

„muttersprachliche Kenntnisse der arabischen Sprache"<br />

(mit der Folge der Diskrim<strong>in</strong>ierung von Nicht-Arabischstämmigen<br />

wegen der ethnischen Herkunft) oder schlicht<br />

„verhandlungssicheres Arabisch" erfordert.<br />

Gefährlich s<strong>in</strong>d auch Formulierungen, die den Stil <strong>und</strong> das<br />

Milieu des Arbeitsumfelds beschreiben sollen, z.B. „wir<br />

freuen uns über familienorientierte Bewerber/<strong>in</strong>nen" oder<br />

„Fragen der Vere<strong>in</strong>barkeit von Arbeitszeit <strong>und</strong> Familienpflichten<br />

lösen wir stets im Team...". All dies kl<strong>in</strong>gt sympathisch,<br />

beschwört aber zugleich Fragen auf wie: B<strong>in</strong> ich hier<br />

als nicht familiär engagierter Mensch überhaupt willkommen?<br />

S<strong>in</strong>d eigentlich Bewerbungen von Männern erwünscht?<br />

Unschwer lassen sich daraus Diskrim<strong>in</strong>ierungsszenarien<br />

entwickeln, etwa e<strong>in</strong>e Benachteiligung wegen<br />

e<strong>in</strong>er homosexuellen Orientierung, wegen des Geschlechts<br />

(hier <strong>in</strong> Form der mittelbaren Diskrim<strong>in</strong>ierung, da erfahrungsgemäß<br />

Männer <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gerem zeitlichen Umfang <strong>in</strong> familiäre<br />

Aufgaben e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d), evtl. wegen der Weltanschauung,<br />

wenn man den Wunsch nach K<strong>in</strong>derlosigkeit<br />

als weltanschauliche Orientierung durchgehen lässt.<br />

Wenn im E<strong>in</strong>zelfall die Benachteiligung wegen e<strong>in</strong>es sachlichen<br />

Gr<strong>und</strong>es gerechtfertigt ist (s. dazu näher unten 4.),<br />

darf die Ausschreibung auch <strong>in</strong>soweit e<strong>in</strong>deutig se<strong>in</strong>. Beispiele:<br />

„Darsteller für die Rolle des James Bond gesucht",<br />

„Referent/<strong>in</strong> für den sorbischen Kulturvere<strong>in</strong> ... Bevorzugt<br />

werden Bewerber/<strong>in</strong>nen, die der sorbischen Volksgruppe<br />

entstammen." Auch <strong>in</strong> nicht derart e<strong>in</strong>deutig gelagerten<br />

Fällen, also <strong>in</strong> der Praxis hauptsächlich bei der Selektion<br />

nach Alter, ist es im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es transparenten Verfahrens<br />

zu empfehlen, die Grenzen <strong>in</strong> der Stellenausschreibung unmissverständlich<br />

anzugeben, also statt „junge, dynamische<br />

Nachwuchsführungskraft m/w" lieber zu formulieren<br />

„Nachwuchsführungskraft m/w ... Höchste<strong>in</strong>stellungsalter<br />

40 Jahre". Die erstgenannte, diffuse Formulierung birgt<br />

obendre<strong>in</strong> noch das Risiko e<strong>in</strong>er Diskrim<strong>in</strong>ierung wegen<br />

e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung, jedenfalls öffnet sie Spekulationen über<br />

das angedachte Alter Tür <strong>und</strong> Tor <strong>und</strong> schafft damit e<strong>in</strong>en<br />

höheren Anreiz zu Diskrim<strong>in</strong>ierungsvorwürfen als die e<strong>in</strong>deutige<br />

Grenzziehung. Zur Vorbereitung der Ausschreibung<br />

gehört <strong>in</strong> solchen Fällen, die Begründung für die gewählte<br />

Altersgrenze zusammen mit dem übrigen Anforderungsprofil<br />

aktenk<strong>und</strong>ig zu machen.<br />

Die <strong>in</strong> der Vergangenheit verbreiteten Formulierungen zur<br />

Bevorzugung von Frauen <strong>und</strong> Schwerbeh<strong>in</strong>derten („Frauen<br />

s<strong>in</strong>d besonders aufgefordert sich zu bewerben. Bewerbungen<br />

von schwerbeh<strong>in</strong>derten Menschen s<strong>in</strong>d besonders willkommen/werden<br />

bei gleicher Qualifikation bevorzugt<br />

berücksichtigt") können weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gesetzt werden. Nach<br />

§5 AGG ist nämlich e<strong>in</strong>e „unterschiedliche Behandlung<br />

60<br />

auch zulässig, wenn durch geeignete <strong>und</strong> angemessene<br />

Maßnahmen bestehende Nachteile wegen e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> §1 genannten<br />

Gr<strong>und</strong>es verh<strong>in</strong>dert oder ausgeglichen werden sollen".<br />

Nach dem AGG s<strong>in</strong>d also angemessene Bevorzugungen<br />

potenziell benachteiligter Gruppen zulässig, darauf beruhende<br />

Formulierungen können <strong>in</strong> Stellenausschreibungen<br />

aufgenommen werden.<br />

b) Umgang mit den Bewerbungen<br />

Korrespondenz <strong>und</strong> sonstige Kontakte mit Stellenbewerber/<strong>in</strong>nen,<br />

auch im Wege von Praktika, Probearbeit usw.,<br />

müssen diskrim<strong>in</strong>ierungsfrei, <strong>und</strong> zwar auch ohne den Ansche<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Diskrim<strong>in</strong>ierung ablaufen.<br />

Wichtig ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang, dass dem Arbeitgeber<br />

alle Äußerungen se<strong>in</strong>er Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen zugerechnet<br />

werden können, <strong>und</strong> zwar nicht nur derjenigen, die am Entscheidungsprozess<br />

beteiligt s<strong>in</strong>d, sondern auch anderer, die<br />

mehr oder weniger zufällig mit den Bewerbern/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong><br />

Kontakt kommen. Der Gr<strong>und</strong> liegt dar<strong>in</strong>, dass im Streitfall<br />

Vermutungstatsachen (Indizien) ausreichen, um e<strong>in</strong>em/r abgelehnten<br />

Bewerber/<strong>in</strong> Anlass für e<strong>in</strong>e Schadensersatzforderung<br />

zu verschaffen, es müssen ke<strong>in</strong>e rechtsgeschäftlichen<br />

Erklärungen von dazu autorisierten Personen (Personalleiter,<br />

Referent etc.) vorliegen. Wenn sich also e<strong>in</strong>e Bewerber<strong>in</strong><br />

telefonisch nach dem Fortgang des Stellenbesetzungsverfahrens<br />

erk<strong>und</strong>igt <strong>und</strong> beiläufig von e<strong>in</strong>er Sekretär<strong>in</strong><br />

erfährt „...Sie rufen aus dem Saarland an? Also Saarländer<br />

werden hier eigentlich nie e<strong>in</strong>gestellt...", ist dies bereits<br />

e<strong>in</strong> Indiz für e<strong>in</strong>e Benachteiligung wegen der Herkunft.<br />

Personalfragebogen, die oft bereits vor e<strong>in</strong>em Bewerbungsgespräch<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden, dürfen ke<strong>in</strong>e diskrim<strong>in</strong>ierenden<br />

Fragestellungen enthalten. Fragen, die mit der Qualifikation<br />

<strong>und</strong> Eignung für den konkreten Arbeitsplatz oder<br />

mit sonstigen Arbeitgeberpflichten zusammenhängen, s<strong>in</strong>d<br />

weiterh<strong>in</strong> zulässig. Dies sei am Beispiel der Frage nach e<strong>in</strong>er<br />

Beh<strong>in</strong>derung verdeutlicht: Nach dem Vorliegen e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong>derung,<br />

die zu e<strong>in</strong>er dauerhaften Bee<strong>in</strong>trächtigung der<br />

auszuübenden Tätigkeit führen würde, darf gefragt werden<br />

- nicht h<strong>in</strong>gegen nach der Art der Beh<strong>in</strong>derung selbst.<br />

Außerdem ist die Frage, ob der/die Bewerber/<strong>in</strong> schwerbeh<strong>in</strong>dert<br />

oder e<strong>in</strong>em/r Schwerbeh<strong>in</strong>derten gleichgestellt ist,<br />

zulässig. Denn an diese Eigenschaft knüpfen sich für den<br />

Arbeitgeber Rechtsfolgen nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes<br />

Buch (SGB IX), die teilweise auch schon im Bewerbungsverfahren<br />

gelten, z.B. die Pflicht öffentlicher Arbeitgeber,<br />

schwerbeh<strong>in</strong>derte Bewerber/<strong>in</strong>nen zum Vorstellungsgespräch<br />

e<strong>in</strong>zuladen (§82 S. 2 SGB IX; anderer Ansicht<br />

Grobys, E<strong>in</strong>stellung von Arbeitnehmern im Licht des AGG,<br />

NJW-Spezial 2007, S. 81).<br />

Soweit bei Beamten/<strong>in</strong>nen die deutsche oder EU/EWR-<br />

Staatsangehörigkeit E<strong>in</strong>stellungsvoraussetzung ist, darf dies<br />

im Personalfragebogen abgefragt werden. Korrekterweise<br />

sollte nicht die Staatsangehörigkeit schlechth<strong>in</strong> erfragt werden<br />

(mit der Möglichkeit, bei der späteren Auswahl nach<br />

ethnischer Herkunft zu differenzieren), sondern nur nach<br />

„Deutsche oder Staatsangehörigkeit e<strong>in</strong>es Mitgliedstaats<br />

der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums:<br />

Ja/Ne<strong>in</strong>".<br />

Was die E<strong>in</strong>ladungen zu Vorstellungsgesprächen betrifft,<br />

empfiehlt es sich - gerade bei Zweifeln im H<strong>in</strong>blick auf das<br />

AGG - alle Bewerber/<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>zuladen, die nach der Pa-<br />

IVI 3/2007

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