Kinderturn - Test Plus - Kinderturnstiftung Baden-Württemberg
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10<br />
2.2<br />
Konzeptionelle Vorüberlegungen aus sportmotorischer und<br />
sportpädagogischer Sicht<br />
MOTORIKTESTS – WARuM?<br />
Gut ausgeprägte motorische Fähigkeiten (Ausdauer,<br />
Kraft, Schnelligkeit, Koordination und Beweglichkeit)<br />
sind nicht nur eine wichtige Voraussetzung für das Erlernen<br />
neuer sportlicher Bewegungsfertigkeiten, sondern<br />
auch für das erfolgreiche „Meistern“ des Alltags.<br />
Obwohl Entwicklungsprozesse auf kognitiver, motorischer<br />
und körperlicher Ebene nicht auf das Kindesalter<br />
beschränkt sind, so gilt diese Zeitspanne nach wie vor<br />
als das „goldene Zeitalter“ der Entwicklung. In diesem<br />
Lebensabschnitt werden – auch über neuronale Verknüpfungen<br />
– Ressourcen geschaffen und Erfahrungen<br />
gemacht, die ein Leben lang prägen. Deshalb ist<br />
es für Übungsleiter und Trainer, Erzieher und Lehrkräfte<br />
eine besondere Herausforderung, Kindern im Sport<br />
nicht nur freudvolle, sondern auch an ihren Stärken und<br />
Schwächen anknüpfende Bewegungsaufgaben anzubieten,<br />
um ihnen eine umfassende und bestmögliche<br />
motorische Entwicklung zu gewährleisten. Voraussetzung<br />
hierfür ist es u.a. die motorischen Fähigkeiten der<br />
Kinder bzw. der Gruppe zu kennen und Entwicklungsverläufe<br />
sorgsam zu begleiten.<br />
Der <strong>Kinderturn</strong>-<strong>Test</strong><strong>Plus</strong> bietet die Möglichkeit,<br />
1. die körperlich-motorische Leistungsfähigkeit mit acht<br />
bzw. vier <strong>Test</strong>aufgaben festzustellen (Ist-Diagnose).<br />
Eine solche Diagnose ermöglicht es frühzeitig Bewegungsauffälligkeiten<br />
zu erkennen und darauf aufbauend<br />
entsprechende Maßnahmen durchzuführen.<br />
2. durch <strong>Test</strong>wiederholung die Veränderung der körperlich-motorischen<br />
Leistungsfähigkeit festzuhalten<br />
(Verlaufs-Diagnose). Aus den so gewonnenen Resultaten<br />
können Rückschlüsse über die motorische<br />
Entwicklung und damit auch über die Effektivität von<br />
Bewegungs- und Sportangeboten gezogen werden.<br />
GRunDLAGEn DES KInDERTuRn-TEST PLuS<br />
Der vorliegende <strong>Test</strong> ist ein fähigkeitsorientierter Motoriktest,<br />
d.h. die Durchführung der einfach strukturierten<br />
<strong>Test</strong>aufgaben ermöglicht eine Beschreibung der Ausprägung<br />
der zugrundeliegenden motorischen Fähigkeiten.<br />
Doch welche motorischen Fähigkeiten gibt es?<br />
Und wie lassen sich diese strukturieren?<br />
In einem ersten Schritt werden zunächst die eher ener-<br />
getisch bedingten konditionellen Fähigkeiten und die<br />
eher informationsorientierten koordinativen Fähigkeiten<br />
unterschieden. Die Ausprägung der konditionellen Fähigkeiten<br />
ist vor allem abhängig von „Herz-Kreislauf-<br />
System und Skelettmuskulatur als zentrale Systeme<br />
der Energiegewinnung und des Energietransportes“ 3 ,<br />
die Ausprägung der koordinativen Fähigkeiten hängt<br />
von Prozessen der Bewegungssteuerung und -regelung<br />
des Zentralen Nervensystems ab.<br />
Diese zwei Bereiche lassen sich differenzieren in<br />
die Fähigkeitskategorien Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit,<br />
Koordination und Beweglichkeit. In Abbildung 2.1 wird<br />
deutlich, dass die Schnelligkeit sowohl von konditionellen<br />
als auch von koordinativen Voraussetzungen bestimmt<br />
wird. Die Beweglichkeit wird als „passives System<br />
der Energieübertragung“ verstanden und ist weder<br />
dem konditionellen noch dem koordinativen Merkmalsbereich<br />
zuzuordnen.<br />
Unter Berücksichtigung von Dauer, Intensität und<br />
koordinativer Beanspruchung der sportlichen Aktivität<br />
können auf einer dritten Ebene weitere Differenzierungen<br />
vorgenommen werden, und zwar in Aerobe<br />
Ausdauer, Anaerobe Ausdauer, Kraftausdauer, Maximalkraft,<br />
Schnellkraft, Aktionsschnelligkeit, Reaktionsschnelligkeit,<br />
Koordination unter Zeitdruck sowie Koordination<br />
bei Präzisionsaufgaben.<br />
Die motorische Leistungsfähigkeit setzt sich somit<br />
aus zehn „Motorikbausteinen“ zusammen (s. Abb. 2.1).<br />
3 Bös, K., Schlenker, L., Büsch, D., Lämmle, L., Müller, H., Oberger, J., Seidel, I. & Tittlbach, S. (2009). Deutscher Motorik-<strong>Test</strong> 6-18. Hamburg: Czwalina Verlag.