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Illegal in München - Biss

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Zirkusbesuch<br />

Es ist schon e<strong>in</strong>e Weile her, dass wir, die<br />

BISS-Schreibwerkstatt, Karten für den<br />

Zirkus „Afrika! Afrika!“ bekommen haben.<br />

Es war e<strong>in</strong> Ereignis, das ich nie vergessen<br />

werde. Abends um 19 Uhr s<strong>in</strong>d<br />

wir zusammen h<strong>in</strong>gegangen. So e<strong>in</strong> Spektakel<br />

habe ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em ganzen Leben<br />

noch nicht gesehen, obwohl ich früher<br />

unendlich oft im Zirkus war, aber<br />

nichts ist vergleichbar mit diesen Afrikanern.<br />

Stellt euch vor, 120 Artisten, e<strong>in</strong>er<br />

besser als der andere, Begeisterung zwei<br />

Stunden lang, von der ersten bis zur letzten<br />

M<strong>in</strong>ute!<br />

Pietro Dorigo/SWS<br />

DDR-K<strong>in</strong>dheitser<strong>in</strong>nerungen<br />

1989 wurde die DDR befreit. Wenn vor<br />

1989 jemand über die Mauer kletterte,<br />

um nach Westdeutschland abzuhauen,<br />

wurde er von Grenzpolizisten erschossen.<br />

Ich b<strong>in</strong> <strong>in</strong> der DDR aufgewachsen,<br />

beim Mauerfall war ich sechs Jahre alt.<br />

Ich verstand damals gar nicht, was der<br />

16<br />

Schreibwerkstatt<br />

In der Schreibwerkstatt br<strong>in</strong>gen BISS-<br />

Verkäufer unter Anleitung e<strong>in</strong>er Journalist<strong>in</strong><br />

ihre Gefühle und Gedanken zu<br />

Papier. Die Beiträge geben die persönliche<br />

Me<strong>in</strong>ung der Autoren, nicht die<br />

der Redaktion wieder.<br />

Mauerfall bedeutete. Ich er<strong>in</strong>nere mich<br />

nur an irgende<strong>in</strong>e Feier <strong>in</strong> Karl-Marx-<br />

Stadt, das heute wieder Chemnitz heißt,<br />

als alle mit Fahnen und Laternen auf den<br />

Straßen waren und gesungen haben. Die<br />

Menschen waren sehr glücklich. Und ich<br />

er<strong>in</strong>nere mich, dass plötzlich viele Familien<br />

Besuch von Verwandten aus dem<br />

Westen bekamen. Wir hatten aber ke<strong>in</strong>e<br />

Verwandten im Westen. In me<strong>in</strong>em Internatsk<strong>in</strong>dergarten<br />

<strong>in</strong> Chemnitz haben wir<br />

auch gefeiert. Im Flur waren Tische zu e<strong>in</strong>er<br />

langen Tafel aufgestellt und mit Fahnen<br />

bedeckt. Darauf standen lauter gleiche<br />

rote Tassen, gleiche gelbe Teller und<br />

schwarzer Schokokuchen, symbolisch für<br />

die schwarz-rot-goldene deutsche Flagge.<br />

Es waren DDR-Fahnen und BRD-Fahnen<br />

nebene<strong>in</strong>ander dekoriert. Das war sehr<br />

schön. Das Spielzeug me<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dheit<br />

war anders als das hier <strong>in</strong> Westdeutschland.<br />

Es gab Bauklötze, Eisenbahnen und<br />

Puzzles aus Holz und Kreisel aus Blech,<br />

die beim Drehen e<strong>in</strong> Geräusch von sich<br />

gaben. Die Puppen waren aus e<strong>in</strong>er Art<br />

Plastik und g<strong>in</strong>gen sehr schnell kaputt,<br />

bekamen Löcher und Dellen, wenn sie<br />

runterfielen. Im Fernsehen sahen me<strong>in</strong><br />

Bruder und ich am Abend immer gerne<br />

den Sandmann, das war <strong>in</strong> der DDR e<strong>in</strong>e<br />

berühmte Sendung. Ich er<strong>in</strong>nere mich<br />

auch noch an die gute Vitacola, Apfelsaft<br />

aus Glasflaschen und Himbeerlimonade.<br />

In <strong>München</strong> kann man diese Sachen<br />

nicht kaufen. Manchmal vermisse ich den<br />

typischen DDR-Geschmack von Thür<strong>in</strong>ger<br />

Bratwürsten, Brötchen, Sauerkraut<br />

und Spreewaldgurken. Me<strong>in</strong>e Mama fuhr<br />

<strong>in</strong> der DDR e<strong>in</strong>en Trabant, dieses kle<strong>in</strong>e<br />

Auto mit nur e<strong>in</strong>em Zyl<strong>in</strong>der. Wenn<br />

wir zweimal <strong>in</strong> der Woche nach Chemnitz<br />

fuhren, nahmen wir aber e<strong>in</strong>en der<br />

altmodischen Busse, um Benz<strong>in</strong> zu sparen<br />

und weil die Fahrkarten billig waren.<br />

Lange Strecken legten wir mit dem „Trabi“<br />

kaum zurück, weil er häufig Pannen<br />

hatte. Die Sachen aus der DDR wie zum<br />

Beispiel Möbel, Besteck oder Geschirr<br />

sahen fast alle gleich aus, viele Familien<br />

hatten deshalb die D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> der gleichen<br />

Form und Farbe. Heute stehen <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er<br />

Heimat viele Gebäude leer und er<strong>in</strong>nern<br />

an die alten Zeiten. Die Leute s<strong>in</strong>d ziemlich<br />

arm, viele s<strong>in</strong>d arbeitslos.<br />

Annegret Künkel/SWS<br />

Me<strong>in</strong> Junggesellenleben<br />

Das Leben kann sehr schön se<strong>in</strong>, auch<br />

ohne Partner<strong>in</strong>. Mich stört es überhaupt<br />

nicht, dass ich alle<strong>in</strong>e <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Appartement<br />

lebe; ich kann tun und lassen, was<br />

ich will. Ich b<strong>in</strong> so e<strong>in</strong> Typ, der sich se<strong>in</strong>e<br />

Zeit im Kopf e<strong>in</strong>teilt und immer überlegt,<br />

was er als Nächstes anstellen möchte. Oft<br />

rufen mich Freunde an und fragen, was<br />

ich vorhabe. Manchmal sage ich dann,<br />

dass ich mir e<strong>in</strong>en faulen Abend daheim<br />

mache und mir e<strong>in</strong>en Film re<strong>in</strong>ziehe. Das<br />

ist e<strong>in</strong> Vorteil, wenn man niemandem<br />

verpflichtet ist. Früher b<strong>in</strong> ich mit Freunden<br />

und Bekannten bis spät <strong>in</strong> die Nacht<br />

durch Kneipen und Diskotheken gezogen.<br />

Es hat mir nichts ausgemacht, erst<br />

<strong>in</strong> den Morgenstunden heimzukommen,<br />

vor allem dann nicht, wenn ich e<strong>in</strong> nettes<br />

Mädchen zu mir e<strong>in</strong>laden durfte. Als ich<br />

noch <strong>in</strong> Düsseldorf lebte, habe ich viel<br />

Sport getrieben. Heute, wo ich älter b<strong>in</strong>,<br />

liebe ich immer noch Fußball und me<strong>in</strong>en<br />

Vere<strong>in</strong> Borussia Mönchengladbach,<br />

zu dessen Heimspielen ich schon als Junge<br />

zusammen mit me<strong>in</strong>em Vater gepilgert<br />

b<strong>in</strong>. Wir waren immer so begeistert.<br />

Noch heute gehe ich manchmal mit

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