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Dachdecker Andreas Marko, 39<br />
„Als ich an me<strong>in</strong>em ersten Tag als Lehrl<strong>in</strong>g<br />
auf e<strong>in</strong>e wackelige Leiter klettern<br />
musste, wollte ich gar nicht mehr auf die<br />
Baustelle kommen, das hat mir gereicht.<br />
Ich b<strong>in</strong> trotzdem am nächsten Tag wieder<br />
h<strong>in</strong>, wollte aber nicht mehr auf die Leiter.<br />
Aber so e<strong>in</strong>fach war das nicht. Die<br />
Kollegen nahmen da nicht so viel Rücksicht<br />
auf me<strong>in</strong>e Bef<strong>in</strong>dlichkeit, ich musste<br />
also wieder rauf. Mit der Zeit gewöhnte<br />
ich mich aber an die Arbeit. Manchmal<br />
wird es mir immer noch mulmig. Aber<br />
diese Angst zu haben und zu spüren, ist<br />
e<strong>in</strong>e gute Sache. Denn e<strong>in</strong> gutes Maß an<br />
Angst schützt e<strong>in</strong>en vor grobem Unfug.<br />
Ohne Angst wäre man bei dieser Arbeit<br />
e<strong>in</strong>fach zu leichtfertig. Sie ist für mich<br />
wie e<strong>in</strong> Stoppschild, e<strong>in</strong> letztes Alarmzeichen<br />
sozusagen. Wenn man sich <strong>in</strong><br />
luftiger Höhe auf etwas konzentrieren<br />
muss, vergisst man die Angst auch, weil<br />
man ja nicht dauernd runterguckt. Man<br />
lernt e<strong>in</strong>fach, mit se<strong>in</strong>en Ängsten umzugehen,<br />
man lernt, was man sich zutrauen<br />
kann und was nicht. Wer wie ich schon<br />
e<strong>in</strong> paar Mal abgerutscht ist und gerade<br />
noch e<strong>in</strong>mal glimpflich davongekommen<br />
ist, der weiß irgendwann, wie weit er sich<br />
aus dem Fenster lehnen kann.“<br />
Protokoll: Bett<strong>in</strong>a Wenzel<br />
Circus-Krone-R<strong>in</strong>gmaster Nikolai Tovarich, 57<br />
„Bei uns im Zirkus heißt es ‚The Show<br />
must go on‘. Wenn de<strong>in</strong>e Nummer anfängt,<br />
dann muss alles andere aus de<strong>in</strong>em<br />
Kopf verschw<strong>in</strong>den. Aber wir s<strong>in</strong>d<br />
das von kle<strong>in</strong> auf gewohnt, schon unsere<br />
Eltern s<strong>in</strong>d, egal was war, aufgetreten.<br />
Der Angst dürfen wir dabei nie nachgeben.<br />
Viele Artisten bekreuzigen sich vor<br />
ihrem Auftritt, viele s<strong>in</strong>d sehr abergläubisch.<br />
Ich b<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Manege der Ruhepol.<br />
Wenn e<strong>in</strong>er unserer Akrobaten etwas<br />
sehr Schwieriges probiert und daneben<br />
greift, sage ich manchmal: ‚Hey Junge,<br />
pass auf. Nicht so viel Risiko!‘ Aber<br />
dieses Risiko, das ist <strong>in</strong> gewisser Weise<br />
auch unser Leben seit Generationen. Ich<br />
me<strong>in</strong>e, wenn de<strong>in</strong>e Zeit um ist, ist sie um.<br />
Man muss das zwar nicht unbed<strong>in</strong>gt provozieren,<br />
aber die Arbeit als Akrobat oder<br />
mit Tieren ist immer e<strong>in</strong> kalkuliertes Risiko<br />
– für das Vergnügen unserer Zuschauer.<br />
Vor was e<strong>in</strong> Zirkusmensch wirklich<br />
Angst hat, ist die Arbeitslosigkeit. Das<br />
hat er mit allen anderen geme<strong>in</strong>sam.“<br />
Protokoll: Christ<strong>in</strong>e Auerbach<br />
Fotos: Volker Schmitt<br />
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