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Schlesischer Gottesfreund

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Am 21. Januar wurde Ingeborg Gräfin von Pfeil und Klein<br />

Ellguth, verstorben am 22. Dezember 2011 in Dresden,<br />

unter großer Anteilnahme auf dem Pfeil'schen Erbbegräbnis<br />

in Kreisewitz/Krzyzowice beigesetzt.<br />

Vor wenigen Wochen erst schrieb sie die Zeilen nieder,<br />

die nun über dem Abschied von dieser kleinen<br />

großen Frau stehen sollen: Trauer, Wehmut und …<br />

Dankbarkeit. Auch da ging es um Abschied, ging es um<br />

Erinnern und Loslassen. Doch es war nicht die Ahnung des<br />

eigenen nahen Endes, die ihr die Feder führte, sondern der<br />

Blick in seinerzeit jüngste Vergangenheit. Etwas war zur<br />

Vollendung gekommen, ein Wunsch war in Erfüllung<br />

gegangen, ein Wunsch, den sie so unendlich lang gehegt<br />

hatte und dessen Erfüllung – nicht minder lang – ungewiß,<br />

unwahrscheinlich, ja unmöglich schien. „Es war, als rücke<br />

mir die verlorene Heimat so unendlich viel näher, als wir<br />

am 10. April 2011 die Asche meiner 1979 verstorbenen<br />

Mutter im Grab meines schon 1942 vorausgegangenen<br />

Vaters im Kreisewitzer Erbbegräbnis zur letzten Ruhe betten<br />

durften. Mein Herz ist so voller Freude und Dankbarkeit.<br />

Endlich sind meine Eltern, die sich stets dem Wohle<br />

(…) aller verpflichtet fühlten, wieder vereint.”<br />

Ingeborg Gräfin von Pfeil hat in ihrem Leben viel zu<br />

Papier gebracht, beträchtliche Schreibarbeit vollführen<br />

müssen, das brachte ihr Beruf mit sich, doch soll davon an<br />

späterer Stelle die Rede sein. Sie hat aber auch ein Buch<br />

Trauer, Wehmut und … Dankbarkeit<br />

ANDREAS NEUMANN-NOCHTEN<br />

BEITRÄGE<br />

geschrieben, dessen Vollendung ihr in besonderer Weise<br />

am Herzen lag: „Tief im Herzen Freud und Schmerz”. Und<br />

was einerseits als Titel für eine ausführliche Darstellung<br />

von Kreisewitz, der dortigen Kirche und des Pfeilschen<br />

Erbfriedhofes stehen soll, darf getrost auch als Motto ihres<br />

Lebenskreises verstanden werden.<br />

Ingeborg, Gräfin von Pfeil und Klein Ellguth erblickte<br />

1931 als Tochter des deutschen Konsuls in Eger und<br />

Reichenberg Walter von Pfeil… und dessen Gemahlin<br />

Fredemarie, geb. von Oheimb, das Licht der Welt. In oben<br />

erwähntem Buch beschreibt sie ihre glückliche Kindheit in<br />

Kreisewitz. Dort, beim Bruder, Günther von Pfeil, fand die<br />

Familie Zuflucht, nachdem ihr Vater kurz nach Machtantritt<br />

der Nationalsozialisten als „vaterlandsloser Geselle”<br />

aus dem Staatsdienst entlassen worden war. Ja, es waren<br />

glückliche Jahre, umsorgt von einer liebevollen Mutter und<br />

einem zugewandten humorvollen Vater. Dessen früher Tod<br />

im Jahre 1942 ist ein erster schwerer Einschnitt im Leben<br />

Ingeborgs. Nur wenige Jahre werden ihr in Kreisewitz verbleiben.<br />

Dann ereilt sie und ihre Familie das Schicksal der<br />

Vertreibung. Stationen ihrer abenteuerlichen Flucht sind<br />

Reichenberg, Böhmisch-Leipa und Hof in Bayern. Das<br />

Leben in der Fremde – Hamburg-Sülldorf wird nach manchen<br />

Zwischenstationen ihr erstes neues Zuhause – ist<br />

ganz und gar geprägt durch das selbstlose, fürsorgliche<br />

Handeln der Mutter. Während sich die älteren Geschwister<br />

ihren Lebensunterhalt selbst verdienen müssen, kann sie<br />

sich noch ganz gar unter der mütterlichen Obhut auf das<br />

„Leben vorbereiten”. Das hält für sie nach Schulabschluß<br />

und Ausbildung eine anstrengende, wiewohl erfüllende<br />

Tätigkeit im diplomatischen Dienst der Bundesrepublik<br />

Deutschland bereit. In dieser Weise einer Familientradition<br />

folgend, hat sie erfahren dürfen, was es heißt ein ruheloses<br />

Leben zu führen. Sie sah viele Länder und Kontinente, hat<br />

im Schnitt alle fünf Jahre ihr Wirkungsfeld neu erfahren<br />

und beleben müssen. In einem Gespräch im Jahr 2005 formulierte<br />

sie es folgendermaßen: „Ich habe an zahllosen<br />

Orten gelebt und mich wohlgefühlt, aber Heimat ist mir<br />

immer mein geliebtes Schlesien geblieben, das trug ich im<br />

Herzen. Ich kann da nur mit Erich Kästner sagen ´Man<br />

kann einen Menschen aus der Heimat vertreiben, aber nicht<br />

die Heimat aus dem Menschen`.” Und sie durfte ihrer<br />

Heimat wieder sehr nahe kommen, privat wie dienstlich.<br />

Sie und ihre Familie halfen den neuen Bewohnern von<br />

Kreisewitz lange vor der politischen Wende mit Geld und<br />

Sachspenden beim Wiederaufbau der stark in Mitleidenschaft<br />

gezogenen Kirche ihres Heimatdorfes. Sie selbst<br />

arbeitete in dieser Zeit als deutscher Kulturattaché in Warschau.<br />

Mit dem Aufbau des Deutschen Vizekonsulats in<br />

Oppeln wandte sie sich am Ende ihres Berufslebens nochmals<br />

einer quasi zweiten Lebensaufgabe zu, zukunftswirksam<br />

einen Beitrag zu gutem deutsch-polnischen Miteinander<br />

zu leisten. Nach dem Ausscheiden aus dem Dienst<br />

blieb sie diesem selbstgesteckten Ziel treu, ja sie verstärk-

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