DIE GEMEINDE
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Foto: Verband der Altersheime Südtirols<br />
Norbert Bertignoll, der Präsident des Verbandes der Südtiroler Altenheime, berichtet<br />
über eine „180-Grad-Wende“ im Bereich der Betreuung und Pflege von alten Menschen.<br />
Er plädiert für eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema.<br />
Interview: Ulrich Mayer<br />
ALTEN- UND PFLEGEHEIME IN SÜDTIROL<br />
„Alten Menschen mehr<br />
Stellenwert geben“<br />
Auch in Südtirol hat sich für<br />
die Alten- und Pflegeheime<br />
in den vergangenen Jahren<br />
sehr viel verändert. Welches<br />
sind die wesentlichen Neuerungen?<br />
Vor nicht allzu langer Zeit war es so, dass<br />
ältere Menschen da eigentlich gar nicht<br />
hin wollten. Heute ist dieser Schritt in<br />
den meisten Fällen kein Problem mehr;<br />
Ein Manko in der Ausbildung zum Altenpfleger ist<br />
in Südtirol noch immer die mangelnde Spezialisierung.<br />
Diese werden mit anderen Berufsbildern<br />
in den Topf Sozialbetreuer geworfen. Auch deren<br />
Bezahlung erfolgt nach Ausbildung und nicht nach<br />
effektiver Dienstleistung.<br />
IM FOkUS<br />
viele sehen in ihm einfach einen Wohnungswechsel.<br />
In unserem Verband sind<br />
72 Heime zusammengeschlossen, die<br />
von 60 ganz unterschiedlichen Institutionen<br />
getragen werden: von öffentlichen<br />
Betrieben für Pflege- und Betreuungsdienste<br />
(ÖBPB), von Gemeinden, von<br />
Bezirksgemeinschaften, von Konsortien<br />
und eben auch von Privaten. Ein ganz<br />
besonderer Fall ist in diesem breiten<br />
Spektrum der Sozialbetrieb von Bozen,<br />
welcher alle Heime in der Landeshauptstadt<br />
führt. Man kann heute<br />
ohne weiteres sagen, dass die Menschen<br />
empfinden, in einer Art Garni untergebracht<br />
zu sein. Das hat nichts mehr<br />
mit den von Privaten gestifteten und<br />
von der Kirche geführten Armen- und<br />
Altenhäusern von früher zu tun, die<br />
eher einem Versorgungshaus geglichen<br />
haben. Im Vordergrund stehen heute in<br />
erster Linie Betreuung und Pflege sowie<br />
medizinischer Beistand.<br />
Mit Gebrechen und Probleme<br />
altern, daran denkt man als<br />
Jugendlicher eigentlich nicht.<br />
Gelingt es, die Menschen zu<br />
ermutigen, sich damit zu beschäftigen?<br />
Das ist eines unserer Ziele: Die Menschen<br />
sollen sich frühzeitig mit diesem<br />
Lebensabschnitt auseinandersetzen<br />
und diesen planen. Meist geschieht<br />
dies immer noch viel zu spät, etwa<br />
erst dann, wenn schon eine Demenz<br />
da ist. Ich wünsche mir, dass die Leute<br />
rechtzeitig darüber nachdenken, in<br />
welcher Form sie im Alter etwaige<br />
Dienstleistungen in stationären Einrichtungen<br />
beanspruchen wollen. Und<br />
auch darüber, wie sie diese finanzieren<br />
wollen. Ich plädiere aber gleichzeitig<br />
auch für eine andere Wahrnehmung<br />
des alten Menschen; sein Stellenwert<br />
muss anerkannt werden, denn er hat<br />
mir während seines Arbeitslebens dazu<br />
verholfen, das zu werden, was ich bin.<br />
Viel zu oft werden Ältere nur als Belastung<br />
wahrgenommen. Hier ist auch<br />
die Politik gefordert: Sie sollte sich<br />
sehr gut überlegen, ob in diesem Bereich<br />
massive Sparmaßnahmen getätigt<br />
werden – im Widerspruch zu dem,<br />
was in Wahlkämpfen immer wieder<br />
versprochen wird. Auch 100.000 ältere<br />
Menschen haben eine Stimme.<br />
Immer öfter liest man in<br />
Zeitungen von rüstigen Hundertjährigen.<br />
Mit welchen<br />
organisatorischen Auswirkungen<br />
ist hinsichtlich der<br />
steigenden Lebenserwartung<br />
zu rechnen?<br />
Derzeit liegen wir in Südtirol bei einer<br />
durchschnittlichen Lebenserwartung<br />
von 85 Jahren – vor einem Jahrzehnt<br />
waren es noch zehn Jahre weniger.<br />
Bald wird auch hundert Jahre ein Thema<br />
sein... Die „Alten“ überflügeln die<br />
Jungen, werden immer mehr zu einem<br />
Thema für die Jugend – die Wirtschaft<br />
hat dies schon erkannt. Wir als Verband<br />
versuchen, den sich ständig ändernden<br />
gesellschaftlichen Entwicklungen gerecht<br />
zu werden. Wir haben aber immer<br />
noch zu wenig Fachpersonal, müssen