Vom Führerheer zur Wehrmacht Hitler-Stalin-Pakt ... - MGFA
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fer Küche und Bäckerei des werftreifen<br />
Schiffes zerstört, wodurch die Versorgung<br />
der Besatzung so gut wie unmöglich<br />
geworden war. Unterdessen hatten<br />
die britische Propaganda die Deutschen<br />
geschickt in die Irre geführt. Es<br />
gelang den Briten, den Deutschen und<br />
Kapitän Langsdorff Glauben zu machen,<br />
dass das britische Blockadegeschwader<br />
wesentlich größer sei als nur<br />
die drei Schiffe Konteradmiral Harwoods.<br />
Verstärkt durch den Schweren<br />
Kreuzer »Cumberland«, bewachte er<br />
mit den angeschlagenen Leichten<br />
Kreuzern »Ajax« und »Achilles« seine<br />
waidwund geschossene Beute im<br />
Hafen von Montevideo, während die<br />
schwer beschädigte »Exeter« <strong>zur</strong> Reparatur<br />
Kurs auf die Falkland-Inseln genommen<br />
hatte. Die eilig herbeigerufene<br />
Verstärkung, bestehend aus dem<br />
Flugzeugträger »Ark Royal« und fünf<br />
weiteren Kriegsschiffen, war dagegen<br />
noch mehrere Tage entfernt.<br />
Angesichts der Gefechtsschäden seines<br />
Schiffes hätte aber auch die Kenntnis<br />
der wahren Situation auf der britischen<br />
Seite die Lage für Kapitän<br />
Langsdorff nicht wesentlich geändert.<br />
Ihm blieben nur drei Möglichkeiten:<br />
Die »Admiral Graf Spee« an die Uru-<br />
guayer zu übergeben und sich mit seiner<br />
Besatzung internieren zu lassen,<br />
sein Schiff zu versenken oder kämpfend<br />
unterzugehen. Auf Langsdorffs<br />
Bitte um Instruktionen antwortete das<br />
Oberkommando der Kriegsmarine<br />
ausweichend: Internierung käme nicht<br />
in Frage, aber ob er kämpfen oder das<br />
Schiff versenken wolle, müsse er selbst<br />
entscheiden. Doch anstatt sich wie von<br />
<strong>Hitler</strong> und Großadmiral Erich Raeder,<br />
dem Oberbefehlshaber der Kriegsmarine,<br />
erhofft, auf einen sinnlosen Kampf<br />
einzulassen, der vielleicht der »Flaggenehre«<br />
Genüge getan, aber zweifellos<br />
mit der Vernichtung seines Schiffs und<br />
dem Tod seiner Crew geendet hätte,<br />
entschloss sich Langsdorff für die<br />
Selbstversenkung. Er hatte sich damit<br />
für das Überleben seiner Besatzung<br />
entschieden – angesichts der aussichtslosen<br />
Situation ein humaner, aber für<br />
den Kommandanten eines Kriegsschiffs<br />
dennoch schwerer Entschluss.<br />
Kurz vor Ablauf der 72-Stunden-Frist<br />
verließ die »Admiral Graf Spee« am 17.<br />
Dezember 1939 um 17.30 Uhr mit einer<br />
Notmannschaft an Bord den Hafen von<br />
Montevideo. Das Panzerschiff verfügte<br />
noch über genug Munition für 80 Minuten<br />
Kampf. Doch statt die feind-<br />
5 Makabres Wahrzeichen Montevideos: das ausgebrannte Wrack der »Admiral Graf<br />
Spee« war noch viele Jahre sichtbar.<br />
Archiv des Deutschen Marinebundes<br />
lichen Schiffe zu zerstören, zerrissen<br />
die Granaten und Torpedos den Rumpf<br />
des eigenen Schiffs. Es sank auf acht<br />
Meter Wassertiefe. Tagelang wüteten<br />
schwere Brände an Bord, das ausgebrannte<br />
Wrack war noch viele Jahre<br />
später sichtbar – gleichsam als makabres<br />
Wahrzeichen Montevideos.<br />
Eine bittere Ironie des Schicksals: gut<br />
25 Jahre früher, am 8. Dezember 1914,<br />
war der Namenspatron des Schiffes,<br />
Vizeadmiral Maximilian Reichsgraf<br />
von Spee, mit seinem Geschwader bei<br />
den Falkland-Inseln von einem überlegenen<br />
britischen Verband versenkt<br />
worden.<br />
Nach der Selbstversenkung seines<br />
Schiffes war Langsdorff mit seiner gesamten<br />
Besatzung nach Buenos Aires<br />
in die argentinische Internierung gegangen.<br />
Um, wie er zu seiner Besatzung<br />
sagte, »der Welt die deutsche<br />
Ehre beweisen« – und um zu beweisen,<br />
dass er nicht aus Feigheit gehandelt<br />
hatte –, erschoss sich der Kapitän zwei<br />
Tage später. Am Morgen des 20. Dezember<br />
fand ihn sein Adjutant in voller<br />
Uniform auf der Reichskriegsflagge<br />
liegend. Langsdorff wurde auf dem<br />
deutschen Friedhof von Buenos Aires<br />
unter großer Anteilnahme der Bevölkerung<br />
beigesetzt.<br />
Lange Zeit wurde Kapitän Langsdorff<br />
von seinen Gegnern mehr gewürdigt<br />
als von seinen eigenen Landsleuten.<br />
So erhob Raeder nach dem Krieg<br />
in seinen Schriften den Vorwurf, der<br />
Verlust des Schiffes sei von Langsdorff<br />
verursacht worden, weil er gegen seine<br />
Befehle verstoßen habe. Dagegen würdigte<br />
ihn Churchill voller Hochachtung<br />
als einen »hervorragenden Offizier«.<br />
Bis heute gilt Langsdorff den<br />
Briten als ehrenhafter und würdiger<br />
Gegner – aber was galten <strong>Hitler</strong> und<br />
seinen Admiralen schon Anstand und<br />
Menschlichkeit.<br />
� Jann M. Witt<br />
Literaturtipp<br />
F.W. Rasenack, Panzerschiff »Admiral Graf Spee«, Hamburg<br />
1999.<br />
Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 2/2009<br />
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