Vom Führerheer zur Wehrmacht Hitler-Stalin-Pakt ... - MGFA
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Militärgeschichte kompakt<br />
September 9 n.Chr. 12. August 1759<br />
Die Varusschlacht Schlacht bei Kunersdorf<br />
Als »Varuskatastrophe« ist die Schlacht in die antike römische<br />
Geschichtsschreibung eingegangen. »Varus, gib die<br />
Legionen <strong>zur</strong>ück!«, soll denn auch Kaiser Augustus angesichts<br />
der fast vollständigen Vernichtung der Truppen seines<br />
Feldherren Publius Quinctilius Varus ausgerufen haben.<br />
Eigentlich war Varus an die Grenzen des Römischen<br />
Reiches geschickt worden, um den »Barbaren« die Zivilisation<br />
zu bringen. Er galt als Mann für schwierige Fälle – und<br />
zudem als Vertrauter des Augustus. Als Statthalter der römischen<br />
Provinz Syrien führte er zuletzt auch den Befehl<br />
über die riesige Orientarmee: Er wusste wohl politische<br />
und militärische Mittel gleichermaßen effizient einzusetzen.<br />
Den 50-Jährigen beorderte Augustus schließlich nach<br />
Germanien, um, so die Quellen, zwischen Rhein und Elbe<br />
eine römische Verwaltung zu etablieren.<br />
Die Schlacht selbst, oder zumindest ein Teil davon, hat,<br />
darin sind sich die meisten Historiker einig, in Kalkriese<br />
stattgefunden. Als Gegenspieler auf dem Schlachtfeld trat<br />
ein Tischgenosse des Varus an: der Cheruskerfürst Arminius,<br />
der aufgrund seiner Ausbildung in Rom zum Offizier<br />
über beste Kenntnisse des römischen Militärwesens verfügte.<br />
Dadurch konnte er die Römer auch schlagen. Zum<br />
Sieg gereichte dem Arminius, neben Guerillataktiken, des<br />
Weiteren eine im Römischen Imperium häufig eingesetzte<br />
Kriegslist: der Verrat. Über die Motivation des Arminius<br />
lässt sich zum Teil nur spekulieren, doch berichteten die<br />
Römer, dass er die höchste Stellung in seinem Stamm anstrebte<br />
– die eines Königs.<br />
Arminius griff den römischen Tross auf dem Weg aus dessen<br />
Sommerquartier, tief im Gebiet der Cherusker am Westufer<br />
der Weser gelegen, in das Winterquartier an. Die Streitmacht<br />
der Römer bestand aus bis zu 20 000 Soldaten, der<br />
Zug muss 15 bis 20 Kilometer lang gewesen sein. Arminius<br />
kämpfte mit abtrünnigen römischen Hilfstruppen germanischen<br />
Ursprungs und mit germanischen Kriegern; er wandte<br />
eine Ausweichtaktik an, welche die schwer bewaffneten römischen<br />
Krieger ermüdete und die Kampfformationen der<br />
Truppen unter Varus nach und nach aufrieb. Nach der Niederlage,<br />
die am vierten Tag der Schlacht besiegelt war, töteten<br />
sich Varus und seine Offiziere selbst. Den Kopf des Varus<br />
ließ Arminius dem Markomannenherrscher Marbod<br />
zukommen, dadurch sein Angebot für ein Bündnis gegen<br />
die Römer unterstreichend. Marbod jedoch lehnte ab und<br />
schickte das Haupt des Varus in die Kaiserresidenz. Germanien<br />
blieb in der Folge zu großen Teilen außerhalb des römischen<br />
Machtbereichs und nahm aufgrund dieser Tatsache<br />
eine andere Entwicklung als etwa das keltische Gallien.<br />
Bereits im 16. Jahrhundert wurde der Name Arminius in<br />
Hermann umgewandelt – daher auch der Name »Hermannsschlacht«,<br />
neben dem geografisch irreführenden Begriff<br />
»Schlacht im Teutoburger Wald«. Auch der Kult um den<br />
vermeintlichen Helden setzte um diese Zeit ein. Er geht u.a.<br />
<strong>zur</strong>ück auf das Lob der Germanen und ihrer Tapferkeit<br />
durch den römischen Historiker Tacitus. Nicht zuletzt seine<br />
Schriften dienten als Beweis: In der Varusschlacht kämpfte<br />
– und siegte – eine, so der Mythos, »geeinte Nation« gegen<br />
einen übermächtigen Feind. mt<br />
1759 ist das dritte Jahr des Siebenjährigen Krieges (1756 bis<br />
1763). Friedrich II. von Preußen ist gegenüber seinen Gegnern<br />
Österreich und Russland längst in der Defensive. Die<br />
Erfolge von Rossbach und Leuthen sind zwei Jahre her. Mit<br />
Mühe, knapper werdenden Ressourcen und defensiver<br />
Strategie erwehrt sich der preußische König seiner Feinde,<br />
die eine große zahlenmäßige Überlegenheit besitzen.<br />
Im Juli 1759 gelingt es der preußischen Armee nicht, die<br />
Vereinigung eines starken österreichischen Korps mit dem<br />
russischen Hauptheer zu verhindern. An der Oder stehen<br />
den 49 000 Preußen nun etwa 79 000 Österreicher und Russen<br />
gegenüber. Friedrich II., eine Entscheidung suchend,<br />
greift am 12. August das Lager der vereinigten feindlichen<br />
Armeen bei Kunersdorf an.<br />
Ähnlich wie in der Schlacht von Leuthen versucht der König<br />
einen Flügel der gegnerischen Armee mit überlegenen<br />
Kräften anzugreifen und so die Front auf<strong>zur</strong>ollen. Doch<br />
diesmal sollte die »schräge Schlachtordnung« scheitern.<br />
Durch eine notwendige Umgruppierung der Kräfte nach<br />
un<strong>zur</strong>eichender Erkundung geht das Überraschungsmoment<br />
verloren. In stundenlangem Kampf werden die preußischen<br />
Bataillone dezimiert, und die Schlacht wird zum<br />
blutigen Gemetzel. 19 000 Preußen fallen oder werden verwundet.<br />
Das Hasardspiel des Königs scheitert, er stürzt in<br />
eine tiefe psychische Krise.<br />
Doch die Feinde sind uneins und handeln zögerlich: Wie<br />
so oft in diesem Krieg nutzen sie ihre Siege strategisch nicht<br />
energisch genug aus und versäumen die völlige Vernichtung<br />
der preußischen Streitkräfte. So kann der preußische<br />
König seine Kräfte wieder sammeln und die kommenden<br />
Kriegsjahre bis <strong>zur</strong> Erschöpfung aller Kriegsparteien durchstehen.<br />
Marcus von Salisch<br />
5Friedrich II. in der Schlacht bei Kunersdorf.<br />
Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 2/2009 29<br />
Süddeutsche Zeitung Photo / Scherl