Vom Führerheer zur Wehrmacht Hitler-Stalin-Pakt ... - MGFA
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Service Die historische Quelle<br />
Bundesarchiv-Militärarchiv<br />
Die Luftangriffe auf Warschau im September 1939<br />
5 Warschau nach den Luftangriffen im September 1939, BArch, Bild 141-0763.<br />
»Beantrage dringend letzte Möglichkeit von Brand- und<br />
Terrorangriffen als groß angelegten Versuch auszunutzen.«<br />
Als der Fliegerführer z.b.V. Generalmajor Wolfram<br />
Freiherr von Richthofen wenige Tage vor der Kapitulation<br />
Warschaus einen »Terrorangriff« auf die polnische<br />
Hauptstadt forderte, waren seit dem Beginn des Angriffs<br />
auf Polen bereits mehr als 150 polnische Städte und Ortschaften<br />
das Ziel verheerender deutscher Luftangriffe geworden,<br />
die Tausende Todesopfer und Verletzte gefordert<br />
hatten.<br />
Mit diesen massiven Angriffen auf nicht-militärische<br />
Ziele sollte der Widerstandswille der polnischen Bevölkerung<br />
gebrochen werden. »Die Luftwaffe sollte zum ersten<br />
Male in der Geschichte einen feindlichen Staat lebensgefährlich<br />
fassen, nicht nach alter Weise auf dem Schlachtfeld,<br />
sondern auch weitab davon und so fest, dass der<br />
Zusammenbruch dieses Staates zu einem wesentlichen<br />
Teil dem Wirken der Luftwaffe zuzuschreiben sei.« Mit<br />
diesen Worten beschrieb der Oberbefehlshaber der Luftflotte<br />
4, General der Flieger Alexander Löhr, die Strategie<br />
der Luftwaffe zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Dass<br />
zudem die Luftangriffe genutzt wurden, um Erfahrungen<br />
<strong>zur</strong> Wirkung von sogenannten Terrorangriffen für künftige<br />
Einsätze zu sammeln, belegt das vorliegende Dokument<br />
eindrücklich.<br />
Am 22. September 1939 waren große Teile Polens bereits<br />
erobert, lediglich Warschau und Modlin leisteten<br />
noch Widerstand. An diesem Tag hatte der Oberbefehlshaber<br />
der Luftwaffe, Hermann Göring, an die Luftflotten<br />
1 und 4 einen »Führerbefehl« weitergegeben, nach dem<br />
der anhaltende Widerstand zwischen Warschau und<br />
Modlin »unter Einsatz aller verfügbaren Kräfte so rasch<br />
als möglich zu brechen« sei. Richthofen kündigt in dieser<br />
Situation per Fernschreiben an, die polnische Hauptstadt<br />
durch die ihm unterstellten Geschwader völlig vernichten<br />
zu wollen und fordert unverhohlen die – angesichts<br />
28 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 2/2009<br />
4<br />
Fernschreiben<br />
des Flieger-<br />
führers z.b.V.<br />
Generalmajor<br />
Wolfram Freiherr von Richthofen<br />
an die Luftflotte 4 <strong>zur</strong> Planung der Luftangriffe auf Warschau,<br />
22. September 1939, BArch, RL 2-II/51, Bl. 51.<br />
der absehbaren Kapitulation der Stadt – letzte Gelegenheit<br />
des Feldzugs zu einem »Brand- und Terrorangriff«<br />
zu nutzen, um taktische Erfahrungen zu sammeln.<br />
Zwar lehnte der Chef des Generalstabs der Luftwaffe<br />
Richthofens »groß angelegten Versuch« ab, doch drei<br />
Tage später flogen die Einheiten der Luftflotten 1 und 4<br />
wie befohlen »anhaltende Störungs- und Zermürbungsangriffe«<br />
auf Warschau. In einer der zahlreichen Meldungen<br />
zu den einzelnen Angriffen heißt es knapp: »Befohlener<br />
Stadtteil wirkungsvoll mit Bomben belegt. Riesige<br />
Brände beobachtet.« Warschau kapitulierte am 28. September<br />
1939. Die Stadt war in weiten Teilen zerstört und<br />
unter der Zivilbevölkerung hatten die Angriffe eine große<br />
Zahl von Opfern gefordert.<br />
Der Verfasser des Fernschreibens, Generalmajor von<br />
Richthofen, hatte ab 1936 der Legion Condor angehört<br />
und war als deren Stabschef verantwortlich für die Zerstörung<br />
der Stadt Guernica durch die deutsche Luftwaffe<br />
im Spanischen Bürgerkrieg. In den folgenden Kriegsjahren<br />
sollten zahlreiche weitere Städte wie Belgrad, Coventry<br />
und Rotterdam von der deutschen Luftwaffe zerstört<br />
werden.<br />
Christiane Botzet