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Vier Von SechS<br />

Volksmund: Theaterregisseur –<br />

war das euer Traumberuf?<br />

sImon solberG: widerspricht sich<br />

das nicht – traum und beruf?<br />

CHrIstopHer rüpInG: die theaterwelt<br />

fand ich anfangs eher abstoßend.<br />

In der 12. Klasse war ich in ein<br />

mädchen verliebt, das im Jugendclub<br />

theater spielte. der bin ich hinterher<br />

gewackelt und habe auf eine Kussszene<br />

gehofft. die gab es aber nicht. seit dem<br />

Kuss, der nicht stattfand, dachte ich,<br />

vielleicht sollte ich selbst entscheiden,<br />

was gemacht wird auf der bühne.<br />

Jan GeHler: Ich wollte eigentlich<br />

schauspieler werden, aber das lief nicht<br />

gut. und es war brutal. da wurde leuten<br />

nach dem vorsprechen gesagt: „Gehen<br />

sie mal ans Fenster, was ist da drüben<br />

zu sehen?“ „ein aldi?“ „vielleicht probieren<br />

sie es da mal“. Ich habe dann früh<br />

ein stück inszenieren können und spaß<br />

daran gehabt. und festgestellt: als regisseur<br />

weiß man ja genau, wie ein schauspieler<br />

etwas sagen muss, aber wenn<br />

man es selbst versucht, merkt man:<br />

verdammt, das ist gar nicht einfach.<br />

sImon: Ich weiß gar nicht genau,<br />

wieso, aber ich habe auch eine ausbildung<br />

als schauspieler gemacht. obwohl<br />

ich theater lange total schnarchig fand<br />

und lieber Filme geguckt habe.<br />

Gab es den einen moment, in dem du<br />

dachtest: Runter von der Bühne?<br />

sImon: nein. der Gedanke, jeden<br />

abend auf die bühne zu müssen, hat<br />

mich immer gestresst. den tag vor<br />

einer vorstellung war ich im off, text<br />

wiederholen, darüber nachdenken, wie<br />

ich mich retten könnte, wenn ich einen<br />

Hänger habe. das waren keine optimalen<br />

voraussetzungen. aber ich bin froh,<br />

dass ich das studium durchgezogen<br />

habe und auf ähnliche erfahrungen wie<br />

die schauspieler zurückgreifen kann.<br />

Frank, du hast Theaterwissenschaften<br />

studiert. Wie kam es dazu?<br />

FranK abt: Im Kindergarten war ich<br />

einmal ein Fluss, aber ich wollte tatsächlich<br />

nie spielen. das theater in meiner<br />

Heimat, der schwäbischen provinz, hat<br />

mich auch nicht interessiert. aber während<br />

meines Zivildienstes in Hannover<br />

habe ich eine Kriegenburg-Inszenierung<br />

gesehen. das hat mich begeistert. da<br />

habe ich mich um eine Hospitanz bei<br />

Kriegenburg bemüht und ihm assistiert.<br />

Eine richtige Initialzündung also?<br />

FranK abt: Ja, um die Hospitanz<br />

musste ich aber sehr kämpfen. Ich<br />

wusste lange nicht, ob ich das überhaupt<br />

kann, weil ich keine schule<br />

besucht habe. meine erste eigene arbeit<br />

kam auch erst nicht raus. die schauspieler<br />

haben gesagt: nö, machen wir<br />

nicht. erst nach einer umbesetzung hat<br />

es doch noch geklappt.<br />

Wie haben Freunde und Eltern auf<br />

eure Berufswahl reagiert?<br />

sImon: als ich noch auf der schauspielschule<br />

war, hat mich mein nachbar,<br />

ein Feuerwehrmann, gefragt, wann<br />

man mich bei „Gute Zeiten, schlechte<br />

Zeiten“ sehen kann.<br />

Jan: meine eltern kommen nicht aus<br />

Kunst- oder theaterkreisen und fragen<br />

sachen wie: Hast du auch die bühne<br />

gebaut? meine oma denkt, wenn ich<br />

bei Jörg pilawa lande, dann habe ich es<br />

geschafft. es ist aber gut für mich, dass<br />

meine Familie nicht im betrieb drinsteckt,<br />

der sich ja künstlich hochschaukelt,<br />

sondern alles von außen sieht.<br />

weil sonst alle leute um einen herum<br />

etwas mit theater zu tun haben.<br />

cHRiSToPHER RüPiNG, 27<br />

Nach Assistenz am Schauspiel Hannover<br />

studierte er Regie in Hamburg<br />

und Zürich. Mit seinen inszenierungen<br />

wurde er auf viele Theaterfestivals<br />

eingeladen, arbeitet seit 2011 als<br />

freischaffender Regisseur und zeigte<br />

„Der Große Gatsby“ bei „radikal jung“<br />

in München.<br />

JAN GEHLER, 29<br />

Studierte Szenische Künste in Hildesheim<br />

und wurde mit einer Regiearbeit zum<br />

Körber Studio Junge Regie eingeladen.<br />

Gehler war 2009 – 2011 Regieassistent<br />

am Staatsschauspiel Dresden und gewann<br />

2010 den Jurypreis beim Regiefestival<br />

versionale für seine Bearbeitung von<br />

„Ein Sommernachtstraum“.<br />

Was meinst du damit: der Betrieb<br />

schaukelt sich künstlich hoch?<br />

sImon: das ist der ganze trick! Immer<br />

Kunst vortäuschen. Ich finde diesen<br />

theaterkosmos total affig. es dreht<br />

sich so viel um das wie, aber nicht um<br />

das was. und um die großen namen.<br />

aber man bekommt Kohle vom staat<br />

und sollte sich immer die Frage stellen:<br />

was bringen wir zurück, wenn wir<br />

für einen kulturellen auftrag bezahlt<br />

werden? wir haben die verantwortung,<br />

etwas zum gesellschaftlichen<br />

diskurs beizutragen.<br />

FranK: man muss sich bei jedem<br />

stück und jeder stoffauswahl fragen:<br />

was will man damit? und warum will<br />

MiLoS˘ LoLić, 33<br />

Lolić studierte Theater- und Radioregie<br />

an der „Faculty of Drama Art“ in seiner<br />

Heimatstadt Belgrad. Beim Festival<br />

„radikal jung“ 2011 zeigte er „Gott ist<br />

ein DJ“, er inszeniert auch in Österreich,<br />

Frankreich, Slowenien, Kroatien und<br />

Bosnien.

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