Ausgabe 08/12 - Wirtschaftsjournal
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In erster Linie Mensch<br />
Mit Relocation ausländische Fachkräfte dauerhaft und für alle Beteiligten gewinnbringend integrieren<br />
Der Autor ist Inhaber der Relocation<br />
Agentur REALDOMUS ® in<br />
Leipzig und hat über <strong>12</strong> Jahre, mit<br />
Unterbrechungen, in Russland<br />
sowie in der Ukraine gelebt. Osteuropa,<br />
das Baltikum sowie die<br />
Balkanländer wurden mehrfach<br />
von ihm intensiv bereist. Aus<br />
eigener Erfahrung sind die<br />
Herausforderungen eines mehr -<br />
fachen Umzugs mit der Familie<br />
bekannt.<br />
Kontakt über www.realdomus.de<br />
Expatriate<br />
Das Wort Expatriate (Plural -en;<br />
auch -es) kommt aus dem Englischen<br />
expatriate; Plural -s; vom<br />
Lateinischen ex aus, heraus;<br />
patria Vaterland, Kurzbezeichnung<br />
Expat. In der globalen Wirtschaft<br />
werden so Führungs- oder<br />
auch Fachkräfte genannt, die für<br />
international tätige Unternehmen,<br />
vorübergehend, in der Regel<br />
für 1-3 Jahre, in einer ausländischen<br />
Zweigstelle dieser Firmen<br />
arbeiten.<br />
Übersiedlung nach Deutschland<br />
– So kann es funktionieren<br />
Im nächsten Heft erfahren Sie am<br />
Beispiel einer fiktiven Person und<br />
ihrer Familie, welche konkreten<br />
Schritte Sie bei einer Einstellung<br />
einer ausländischen Fachkraft<br />
gehen und mit welchem Aufwand<br />
Sie dabei rechnen müssen.<br />
wirtschaftsjournal.de/id<strong>12</strong><strong>08</strong>3501<br />
Wurden in den vergangenen 20 Jahren vorwiegend Führungs-<br />
und Fachkräfte zum Aufbau von Niederlassungen<br />
oder Filialen ins Ausland entsendet, ist gegenwärtig eine<br />
Trendwende sichtbar. Besonders Globalplayer nutzen ihr<br />
weltweites Mitarbeiternetz, um temporär oder langfristig<br />
Fachpersonal nach Deutschland zu holen, damit hier vakante<br />
Stellen besetzt werden können. Aber nicht nur die Großen,<br />
sondern auch die beweglichen Mittelständler lösen<br />
ihren Fachkräftemangel über die Rekrutierung von Spezialisten<br />
aus den europäischen Nachbarstaaten. Während<br />
Konzerne spezielle Personalabteilungen haben, die sich um<br />
die Belange der ausländischen Fachkräfte kümmern, können<br />
die kleineren Firmen die Hilfe von Relocation-Dienstleistern<br />
in Anspruch nehmen.<br />
Relocation als Dienstleistung ist im süd-, west- und norddeutschen<br />
Raum seit rund 15 Jahren im Geschäftsleben voll<br />
verankert und gewinnt langsam auch in Mitteldeutschland<br />
an Bedeutung. Das Wort Relocation kommt aus dem Englischen<br />
to relocate und bedeutet umziehen - Umzug. Im Deutschen<br />
wird dieses Wort für die logistische Umzugshilfe verwendet,<br />
die sich vom eigentlichen Umzug, bei dem eine<br />
Spedition die Gegenstände transportiert, unterscheidet. Bei<br />
Anwendung des Begriffes Relocation stehen die Menschen<br />
im Vordergrund und nicht die Güter.<br />
Die Aufgabe der Relocation ist es, dem Expatriate und<br />
seiner Familie das neue Lebensumfeld so angenehm wie<br />
möglich zu organisieren, damit er mit Beginn seiner Entsendung<br />
sich auf seine eigentliche Aufgabe konzentrieren<br />
kann. Das rechtzeitige Einbeziehen von Relocation Agenturen,<br />
schon bei der Planungsphase der Entsendung, spart<br />
den Unternehmen viel Geld. Je nach Entsendungsland kann<br />
der Zeitraum von der Planung sowie Organisation, zusammen<br />
mit der Relocation Agentur vor Ort und dem eigentlichen<br />
Arbeitsbeginn des Expatriate bis zu einem Jahr betragen.<br />
Erfahrungsgemäß sind es durchschnittlich 6 Monate.<br />
Gut beraten sind die Unternehmen, die sich nicht nur um<br />
den Mitarbeiter, sondern auch um dessen Familie kümmern.<br />
Viele Entsendungen scheitern, da das familiäre Zusammenleben<br />
im Ausland mit großen Herausforderungen für alle<br />
Beteiligten verbunden ist.<br />
Wo und wie können wir diese Menschen für unsere<br />
heimische Wirtschaft gewinnen?<br />
Aufgrund der kulturellen und mentalen Nähe bietet es sich<br />
an, im EU-Raum oder in Russland und der Ukraine nach<br />
willigen, klugen Fachkräften oder Schulabgängern zu suchen.<br />
Das seit dem 01.04.20<strong>12</strong> in Deutschland in Kraft getrete-<br />
Fachkräfte<br />
ne Gesetz zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse<br />
erleichtert vielen ausländischen Fachkräften (besonders<br />
aus Mittel- und Osteuropa) die Arbeitsaufnahme entsprechend<br />
ihren Qualifikationen. Somit können viele Hochqualifizierte,<br />
die bis jetzt in Billigjobs ihren Lebensunterhalt<br />
bestritten, die Lücke bei den Fachkräften teilweise schließen.<br />
Große Unterstützung bei der Eingliederungshilfe von<br />
Migranten leistet seit Juli 2011 das IQ-Netzwerk. Das Kürzel<br />
IQ steht für Integration durch Qualifikation. In diesem<br />
Projekt agieren 16 regionale Netzwerke, finanziell gefördert<br />
durch mehrere Bundesministerien und die Arbeitsagentur.<br />
Ziel ist es, deutschlandweit einheitliche Programme<br />
zu entwickeln, damit die Eingliederung der potentiellen<br />
ausländischen Leistungsträger optimaler gelingt. Die<br />
Netzwerke bieten Konzepte und Schulungen für folgende<br />
Integrationsfelder an: 1. Anerkennung ausländischer Berufsqualifikation,<br />
2. Berufsbezogenes Deutsch, 3. Diversity<br />
Management, 4. Existenzgründung und 5. Qualifizierung<br />
(www.netzwerk-iq.de).<br />
Wie bekommt ein Mittelständler die dringend benötigten<br />
Fachkräfte? Eine Möglichkeit ist, dass er über die IHK<br />
(AHK = Auslandshandelskammer, www.ahk.de) z.B. in Prag,<br />
Warschau, Budapest, Kiew eine Annonce in den regionalen<br />
Fachzeitschriften schalten lässt. Diese sollten auch in<br />
Deutsch geschrieben sein, damit sich besonders potenzielle<br />
Kandidaten mit Deutschkennnissen bewerben können.<br />
Eine andere Chance bieten die Jobbörsen. Diese werden<br />
von der Bundesagentur für Arbeit, Zentrale Auslandund<br />
Fachvermittlung (ZAV) (www.zav.de) EU-weit organisiert.<br />
Sollte ein deutscher Arbeitgeber eine Fachkraft z.B.<br />
aus Polen, Böhmen, Ungarn, Bulgarien und Spanien nach<br />
Deutschland holen, kann er über die Arbeitsagentur einen<br />
Einarbeitungszuschuss bekommen.<br />
Weiterhin können Relocation-Agenturen mit guter Vernetzung<br />
bei der Gewinnung von Fachkräften behilflich sein<br />
und „Rekrutierungsreisen“ organisieren. Bei diesen schließen<br />
sich einige Unternehmer aus einer Region oder Branche<br />
zusammen und besichtigen europäische Länder in den<br />
potenzielle Kandidaten nur darauf warten, den Sprung nach<br />
Deutschland zu schaffen. Diese Reisen könnten in Zusammenarbeit<br />
mit den AHK’s vor Ort und eventuell mit der ZAV<br />
organisiert werden. Mögliche Zielorte sind Städte mit Universitäten<br />
oder Fachhochschulen, die ein breitgefächertes<br />
Ausbildungsfeld anbieten und die in der Nähe von Industriezonen<br />
lokalisiert sind. CHristoph Neumann<br />
<strong>Wirtschaftsjournal</strong> | August 20<strong>12</strong><br />
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