marc augé orte und nicht-orte - HFBK swiki
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en keine Anthropologie. Der Ausdruck »historische<br />
Anthropologie« ist zumindest zweideutig.<br />
Angemessener wäre es wohl, von einer anthropologischen<br />
Geschichtswissenschaft zu sprechen. Ein invers-symmetrisches<br />
Beispiel wäre der unvermeidliche<br />
Rückgriff der Anthropologen, zum Beispiel der<br />
Afrikanisten, auf die Geschichte, insbesondere, wie<br />
sie in der mündlichen Tradition niedergelegt ist. Wir<br />
alle kennen Hampaté Bas Ausspruch, wenn in<br />
Afrika ein alter Mann stirbt, dann ist dies so, als<br />
würde eine »Bibliothek niederbrennen«; aber ein Informant,<br />
ob Greis oder <strong>nicht</strong>, ist jemand, mit dem<br />
man sich unterhält <strong>und</strong> der weniger von der Vergangenheit<br />
spricht als von dem, was er davon weiß oder<br />
darüber denkt. Er ist kein Zeitgenosse der Ereignisse,<br />
von denen er berichtet; der Ethnologe jedoch<br />
ist Zeitgenosse des Sprechers <strong>und</strong> seines Sprechens.<br />
Die Äußerung des Informanten gilt gleichermaßen<br />
für die Gegenwart <strong>und</strong> die Vergangenheit. Der Anthropologe,<br />
der historische Interessen hat <strong>und</strong> haben<br />
muß, ist <strong>nicht</strong> im strengen Sinne Historiker. Diese<br />
Bemerkung soll lediglich die Verfahren <strong>und</strong> Objekte<br />
verdeutlichen: Es liegt auf der Hand, daß die Arbeiten<br />
von Historikern wie Ginzburg, Le Goff oder Le<br />
Roy Ladurie größte Bedeutung für die Anthropologen<br />
besitzen, doch es sind Arbeiten von Historikern;<br />
sie berufen sich auf die Vergangenheit <strong>und</strong> sind auf<br />
das Studium von Dokumenten gegründet.<br />
So viel zum »Jetzt«. Wenden wir uns nun dem<br />
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