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inso blattl | interview mit einem taistner<br />
Interview mit dem ehemaligen Taistner Politiker<br />
›Dr. Franz Pahl<br />
„Schön, in Taisten zu leben“<br />
Im Dezember 2008 ist Dr. Franz Pahl,<br />
62, nach 25 Jahren als Landtagsabgeordneter<br />
aus der Politik ausgeschieden.<br />
In seiner politischen Laufbahn bekleidete<br />
er mehrere Ämter: Präsident der<br />
Gesetzgebungskommission für Schule<br />
und Kultur (1983-93), Vizepräsident<br />
der Regionalregierung (1994-99) und<br />
zweimal Regionalratspräsident. Vor Beginn<br />
der politischen Tätigkeit engagierte<br />
er sich als Jugendleiter und führte die<br />
Kath. Jungschar und Pfadfinderschaft<br />
als Diözesanvorsitzender. Als Politiker<br />
verpflichtete er sich vor allem der<br />
„Volkstumspolitik“ und wurde durch<br />
seine humanitäre Tätigkeit in Bosnien<br />
(seit 1991) bekannt. Seine Kontakte in<br />
viele Länder der Welt pflegt er weiter.<br />
Politisches Interesse liegt in der Familie.<br />
Sein Großvater Jakob war Bürgermeister<br />
von Taisten, sein Vater Gemeinderat,<br />
sein Bruder Josef Bürgermeister. Unsere<br />
Redaktion führte mit Dr. Pahl ein Gespräch<br />
über seine Erfahrungen und seine<br />
Tätigkeit außerhalb der Politik.<br />
inso blattl: Herr Pahl, welche Erinnerungen<br />
haben Sie an Ihre Jugend?<br />
Pahl: An die ersten kleinen Mähmaschinen<br />
der Bauern, an die früher im Winter<br />
noch eiskalte Kirche, und an den ersten<br />
öffentlichen Telefondienst, den meine<br />
Mutter viele Jahre lang führte. Da kam<br />
jeder mal zum Telefonieren in die „alte<br />
Sennerei“, in der wir wohnten. Die Leute<br />
sprachen dann oft lange mit meiner Mutter<br />
und erzählten auch von ihren Sorgen. Ich<br />
hörte sie als Kind aufmerksam mit.<br />
inso blattl: Sie haben beruflich als<br />
Gymnasiallehrer begonnen. Was trieb<br />
Sie dann in die Politik?<br />
Pahl: Ich wurde 1977 Landessekretär<br />
der Parteijugend der SVP. Daraufhin<br />
wagte ich 1983 die Kandidatur für den<br />
Landtag.<br />
inso blattl: 2008 sind Sie aus der<br />
Politik ausgeschieden. Wie denken Sie<br />
an diese Zeit zurück?<br />
Pahl: Im Frühjahr 2008 hatte das dem<br />
Land gehörende „Museum für Moderne<br />
Kunst“ in Bozen in hervorgehobener<br />
Weise den so genannten „Frosch am<br />
Kreuz“ von Kippenberger ausgestellt. Das<br />
wurde von der katholischen Bevölkerung<br />
zu Recht als verletzende Provokation<br />
empfunden. Ich habe daraufhin einen<br />
Hungerstreik vor dem Museum gemacht<br />
und die Landesregierung zum Einschreiten<br />
aufgefordert. Meine Partei wünschte<br />
dringend meine erneute Kandidatur. Da<br />
die Landesregierung aber nicht wirksam<br />
einschritt, lehnte ich konsequenterweise<br />
eine Wiederkandidatur ab. Ich behielt<br />
nur noch meine Mitgliedschaft in der<br />
SVP, als Zeichen der Solidarität mit dem<br />
Ortsausschuss Taisten, der mich immer<br />
unterstützt hat. Ich äußere mich politisch<br />
in Südtirol grundsätzlich nicht mehr öffentlich,<br />
ausgenommen nur im Rahmen<br />
eines eventuellen Vortrages.<br />
inso blattl: Man kannte Sie als Politiker,<br />
der durch seine sehr eigenwillige<br />
politische Haltung und seine öffentlichen<br />
Äußerungen und Reden auffiel und sich<br />
ohne Unterstützung großer Verbände<br />
behauptete. Hat sich die Politik heute<br />
verändert?<br />
Pahl: Ich legte immer Wert auf Unabhängigkeit<br />
und fühlte mich – in dieser<br />
Reihenfolge – meinem Gewissen, dann<br />
den Wählern und drittens der eigenen<br />
Partei verpflichtet. Politik ist nie eine<br />
sehr dankbare Angelegenheit, aber ich<br />
habe mich immer geachtet gesehen. Man<br />
sollte sie nur aus einer beruflichen Unabhängigkeit<br />
betreiben, also nicht auf die<br />
Politik angewiesen sein. Ich habe noch die<br />
Zeit des Ringens um die Durchführung<br />
des „Pakets“, also die Entstehung der<br />
Autonomie, erlebt. Ich hatte den Eindruck,<br />
dass es viele sehr begabte und bedeutende<br />
Politiker gab – aus dem Pustertal die<br />
Parlamentarier Peter Brugger und Hans<br />
Benedikter – und das politische Niveau<br />
war gut. Heute ist Politik die Verwaltung<br />
der Autonomie, darum nicht weniger<br />
notwendig, aber weniger spannend. Und<br />
dem Nachwuchs fehlt es teilweise an<br />
geschichtlich-politischen Grundkenntnissen.<br />
Das schlägt sich dann in fehlenden<br />
politischen Zukunftsvorstellungen und<br />
oft ziellosem Palaver nieder.<br />
inso blattl: Immer wieder wird den<br />
Politikern, auch dem Landeshauptmann,<br />
das hohe Gehalt vorgehalten. Was denken<br />
Sie dazu?<br />
Pahl: Hohe, verantwortungsvolle Ämter<br />
sollen ordentlich bezahlt werden, sonst<br />
wird man nur noch zweitklassige Leute<br />
finden oder solche, die in ihren Berufen<br />
nicht genug Erfolg haben und sich in die<br />
Politik flüchten, wenn sie eine Chance<br />
durch den Wähler erhalten. Ziehe ich die<br />
Parteiabgaben ab, die jeder zahlen muss,<br />
so verdient ein Landtagsabgeordneter<br />
weniger als das Doppelte eines Gehalts,<br />
das ich z.B. zuletzt als Oberschullehrer<br />
bezog. Doch die Belastung ist ungleich<br />
höher. Und in Zukunft gibt es nur noch<br />
eine sehr bescheidene Rente für Politiker.<br />
Höhere Beamte des Landes stehen<br />
sich längst besser, sind auf Lebenszeit<br />
abgesichert und müssen keine teuren<br />
Wahlkämpfe führen. Es wäre wichtiger,<br />
über die Qualität der Politik zu diskutieren.<br />
Diese entscheidet über das Wohl und<br />
Wehe der Bevölkerung. Aber politische<br />
Zielsetzungen, Entscheidungen und<br />
Werthaltungen sachkundig-fundiert zu<br />
beurteilen, scheint die Presse im Lande<br />
nicht fähig. Der Rundfunk ist besser.<br />
inso blattl: Für Landeshauptmann Dr.<br />
Durnwalder ist noch kein Nachfolger<br />
in Sicht. Wen würden Sie als solchen<br />
sehen?<br />
Pahl: Falls Dr. Durnwalder nicht mehr<br />
kandidieren will, schiene mir sein Stellvertreter<br />
LR Hans Berger ein guter Kandidat<br />
zu sein.<br />
inso blattl: Plötzlich sehen sich Staat,<br />
Land und Gemeinde zum Sparen gezwungen.<br />
Mutet man dem Bürger nicht<br />
zu viel zu?<br />
Pahl: Der Staat Italien hat Jahrzehnte<br />
über seine Verhältnisse gelebt und kann<br />
die Schulden nicht mehr auf eine inflationäre<br />
Lira abwälzen. Das Land Südtirol ist<br />
schuldenfrei, bekommt aber 90 Prozent<br />
der Steuereinnahmen in Südtirol und muss<br />
keine Polizei, keine Staatsbeamten, kein<br />
Heer bezahlen. Das macht es uns eher<br />
leicht. Notwendig wäre aber eine Vollautonomie<br />
mit Steuerhoheit, um Steuern<br />
auch senken zu können. Noch besser wäre<br />
die volle politische Unabhängigkeit.<br />
inso blattl: Sie haben nach dem Ende<br />
der politischen Tätigkeit noch unterrichtet<br />
und sind inzwischen in Pension. Wie<br />
lebt es sich in Taisten jetzt?<br />
Pahl: Ich habe immer in Taisten gewohnt,<br />
bis auf einige Jahre, in denen ich