baff 4-2008.indd - Bayerisches Jugendrotkreuz
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Was bisher geschah...<br />
Seit Vivis Vater arbeitslos ist, musste die Familie nicht nur<br />
umziehen, auch das Leben ändert sich. Besonders belastend<br />
sind für die Familie die fi nanziellen Sorgen. Und jetzt ist die<br />
Arbeit von Vivis Mutter auch nicht mehr sicher...<br />
15. und letzte Folge<br />
Angefangen hatte es mit dem Zettel, auf den Niko irgendwann<br />
mal das Wort „Scheiße“ geschrieben hatte. Den hatte<br />
Vivi ihm ins Bett gelegt, weil sie glaubte, er sei ein Handydieb.<br />
Als sie dann erfuhr, dass Niko sein Handy selbst verdient und<br />
bezahlt hatte, hatte sie dummerweise vergessen, den Zettel<br />
wieder wegzunehmen. Und abends musste sie ihm dann<br />
beichten, welchen Verdacht sie gegen ihn ge habt hatte. Kein<br />
Wunder, dass Niko furchtbar sauer war. Die zugesperrte Balkontür<br />
war seine Rache gewesen. „Streit zu Hause ist der<br />
größte Mist, den es gibt“, sagte Emine betrübt, als sie weitergingen.<br />
Dem konnte Vivi nur zustimmen.<br />
„Stichwort: Einbauküche“, sagte sie und nickte. „Stichwort:<br />
Lehrstelle“, sagte Emine und nickte ebenfalls. Beide wussten<br />
genau, was die andere meinte. In Emines Familie gab es andauernd<br />
Krach, weil Volkan immer noch keinen Ausbildungsplatz<br />
hatte und er sich angeblich zu wenig darum bemühte.<br />
„Stell dir vor, jetzt hat mein Vater eine Lehrstelle bei einem<br />
Bäcker für ihn aufgetan“, regte Emine sich auf. „Ausgerechnet<br />
Bäcker! Kannst du dir Volkan beim Teigkneten vorstellen?!“<br />
„Völlig verrückt“, sagte Vivi. „Es sei denn, er darf Brötchen<br />
in Autoform backen. Oder einen Kuchen mit Auspuff.“<br />
Volkan, der gerade die Schule abgeschlossen hatte, hatte<br />
nur ein Berufsziel: Automechaniker. Seit er im letzten Jahr<br />
sein Schulpraktikum in der Autowerkstatt „Manzoni“ gemacht<br />
hatte, war er wie besessen und ging fast jeden Nachmittag<br />
zu seinen Mechaniker-„Kollegen“. Dort kroch er dann unter<br />
Autos, schraubte an ausgebauten Motoren herum und durfte<br />
eine Menge kleiner Handreichungen machen. Der Chef der<br />
Autowerkstatt würde ihn sofort einstellen. Aber Volkan durfte<br />
nicht. „Warum erlaubt dein Vater eigentlich nicht, dass Volkan<br />
dort arbeitet?“, fragte Vivi. „Hat er was gegen Automechani-<br />
REGINA RUSCH<br />
DIE PAAR KRÖTEN!<br />
ker?“ Emine schüttelte den Kopf. „Er will, dass Volkan etwas<br />
Ordentliches lernt“, sagte sie. „Na hör mal,“ unterbrach Vivi<br />
sie, „das ist doch was Ordentliches! Mein Vater ist schließlich<br />
Automechaniker von Beruf. Der ist sogar ...“ „Ach, so meinte<br />
ich das nicht“, fi el Emine ihr ins Wort. „Volkan soll eine<br />
richtige Ausbildung machen, mit Lehrvertrag und so. Aber<br />
ihm ist das egal, verstehst du?“ Vivi guckte Emine an und<br />
zog fragend die Augenbrauen hoch. „Nee“, sagte sie, „kein<br />
Wort versteh ich. Volkan will Automechaniker werden. Die<br />
Werkstatt will ihn haben. Wo ist das Problem? Warum macht<br />
er nicht dort seine Lehre?“ Emine seufzte. „Weil die keine<br />
Lehrlinge ausbilden dürfen“, erklärte sie. „Volkan kann bei<br />
Manzoni arbeiten und Geld verdienen, aber keine Ausbildung<br />
machen. Und mein Vater sagt, das ist nicht gut. Volkan soll<br />
eine gute Berufsausbildung kriegen, weil er sonst immer als<br />
Erster rausgeschmissen wird, wenn irgendwas mit der Firma<br />
schief geht.“<br />
Vivi machte eine abfällige Handbewegung, sagte aber nichts<br />
dazu. Vermutlich hatte Emines Vater ja Recht. Aber vorm<br />
Rausschmiss konnte einen nicht mal eine gute Berufsausbildung<br />
schützen. Das wusste sie nur zu genau. Ihr Vater war<br />
das beste Beispiel dafür. Er hatte eine Meisterausbildung und<br />
war trotzdem arbeitslos. „Pass auf!“, schrie Emine plötzlich.<br />
Gerade noch rechtzeitig. Direkt vor Vivis Füßen lag ein großer<br />
Hundehaufen. Vivi riss den rechten Fuß zur Seite, geriet<br />
ins Stolpern und knallte der Länge nach auf das Pfl aster. Ihr<br />
Knie schlug höchstens drei Zentimeter neben dem ekligen<br />
braunen Haufen auf. „Verdammte Sohle“, zischte Vivi und<br />
machte sich an der rechten Sandale zu schaffen, um ihre<br />
Tränen zu unterdrücken. Die dünne Kunststoffsohle hatte<br />
sich bis fast zur Hacke gelöst und hing baumelnd in der Luft.<br />
Das sah so komisch aus, dass Vivi trotz des Schmerzes lachen<br />
musste. „Du blödes Schlappmaul!“, brachte sie hervor<br />
und klatschte die kaputte Sandale mehrmals auf die Gehwegplatten.<br />
Ihr Knie tat ziemlich weh vom Aufprall, aber die<br />
Abschürfung war zum Glück nicht so schlimm. Emine gab ihr<br />
ein Papiertaschentuch und half ihr auf. Ein paar Meter weit<br />
hinkte Vivi, weil sie sonst wieder über die Sohle gestolpert<br />
bäffchen | 19