Kulturelle Vielfalt erleben - Bundesvereinigung Kulturelle Kinder ...
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Stufe wird sehr gut durch die Begegnung der Jugendbildungsstätte<br />
Peseckendorf („Medienwelten“, S. 30) verdeutlicht: eine junge Freiwillige<br />
gestaltet mit anderen Jugendlichen von der ersten Idee bis zur<br />
Abrechnung ihre eigene multilaterale Jugendbegegnung.<br />
Eine differenzierte Wahrnehmung, Ermöglichung und Außendarstellung<br />
von Jugendbeteiligung seitens der pädagogischen und<br />
künstlerischen BegegnungsleiterInnen ist unbedingt erforderlich,<br />
um dem Verdacht eines bloßen Lippenbekenntnisses zur Partizipation<br />
glaubhaft zu entgehen.<br />
Der Fokus im Bereich des interkulturellen Lernens bei Begegnungen<br />
liegt vor allem auf der Förderung der interkulturellen Kompetenzen<br />
der Teilnehmenden und weniger auf dem gesellschaftlichen<br />
Mehrwert.<br />
Interkulturelles Lernen vor dem Hintergrund zunehmend multikultureller<br />
Gesellschaften und der Entstehung eines europäischen<br />
Arbeitsmarkts, hat die Bedeutung internationalen Jugendkulturaustauschs<br />
in den letzten Jahren deutlich zunehmen lassen. Interkulturelles<br />
Lernen als wichtige Zielorientierung und Aufgabenstellung ist<br />
im Handeln der verantwortlichen Träger ‚angekommen’ und es wird<br />
nur noch sehr vereinzelt versucht, lediglich durch den Besuch von<br />
Kulturdenkmälern oder durch nicht pädagogisch aufbereitete Museumsbesuche<br />
dem Anspruch des interkulturellen Lernens gerecht zu<br />
werden. Träger und Förderer internationaler Jugendbegegnungen<br />
werden nicht müde, die Relevanz interkultureller Handlungsfähigkeit<br />
als eine Schlüsselkompetenz für die persönliche Entwicklung<br />
und für die beruflichen Chancen Jugendlicher zu verdeutlichen. Dieser<br />
Aspekt ist in den Anträgen und Berichten der dokumentierten Begegnungen<br />
deutlich zu erkennen. Der Mensch, die jugendlichen Teilnehmenden<br />
stehen im Vordergrund. Sie sind Subjekt und Objekt eines<br />
interkulturellen Lernprozesses, der durch gemeinsame Workshops,<br />
Freizeitaktivitäten, Reflektionsrunden und andere Begegnungselemente<br />
geprägt ist. Das Potenzial des internationalen Jugendkulturaustauschs<br />
ist auch den Jugendlichen bekannt und wird in<br />
den Erwartungen der Teilnehmenden immer wieder ausdrücklich<br />
kommuniziert.<br />
Die Aufgaben der internationalen Jugendarbeit insgesamt<br />
erstrecken sich jedoch über die Vermittlung interkultureller Kompetenzen<br />
weit hinaus:„Durch die Teilnahme an Maßnahmen der europäischen<br />
Jugendarbeit sollen Veränderungen eingeleitet werden im<br />
Sinne der Programmziele, und zwar sowohl auf das Individuum wie<br />
auf die Gesellschaft bezogen. Die Teilnehmenden (sollen) zu neuen<br />
Palmira Repsyte Scharf & Christian Scharf _ 9<br />
Perspektiven und damit zu neuen Bewertungen kommen können in<br />
Hinblick auf Europa, im Hinblick auf die Notwendigkeit lebenslangen<br />
interkulturellen Lernens, im Hinblick auf die Entstehung einer europäischen<br />
Zivilgesellschaft, die durch ein gelebtes europäisches Bürgerengagement<br />
gekennzeichnet ist“ (Otten, 2005) 2 .<br />
Bei der Betrachtung der 21 Begegnungsbeispiele und der insgesamt<br />
61 gesichteten Vorschläge für diese Publikation zeigte sich,<br />
dass der Transfer des individuellen Nutzens interkulturellen Lernens<br />
hin zur Verantwortung für gesellschaftliche Veränderungen und ein<br />
europäisches Bürgerengagement im Zeitraum der Begegnung eher<br />
selten stattfindet. Als positives Beispiel jedoch ist aus inhaltlicher<br />
Sicht die Begegnung des Landesjugendpfarramts Sachsen („Auf<br />
Friedenssuche mit der Videokamera“, Seite 46) zu erwähnen, in dem<br />
besonders darauf Wert gelegt wurde, mit den TeilnehmerInnen zu<br />
erarbeiten, welche persönliche Verantwortung und Möglichkeiten<br />
sie für die Gesellschaft (den Frieden) haben. Einen ähnlichen Ansatz<br />
verfolgte die Begegnung der LKJ Thüringen („Arte Povera“, Seite 16):<br />
durch die künstlerische Auseinandersetzung mit Armut und Reichtum<br />
in Europa konnten sich die Jugendlichen ihrer Rolle bewusst werden<br />
und nach alternativen Lösungsstrategien für eine gerechtere Gesellschaft<br />
suchen.<br />
Es bedarf nicht zusätzlicher Mittel und Ressourcen, sondern<br />
nur eines Perspektivwechsels der Projektverantwortlichen, um<br />
auch diesen Aspekt in ihren Begegnungen zu berücksichtigen, um<br />
die Potenziale des internationalen Jugendkulturaustauschs in Bezug<br />
auf den gesellschaftlichen Nutzen interkulturellen Lernens stärker<br />
als bisher nachhaltig zu nutzen.<br />
Auf Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation wird mehr Wert gelegt als<br />
auf die Sichtbarkeit und Verbreitung der Ergebnisse der vermittelten<br />
Inhalte und Ziele der Begegnung.<br />
Bei der Durchsicht und Bearbeitung der Materialien für diese<br />
Publikation wurden zwei Tendenzen sichtbar, die sich auch mit Beobachtungen<br />
in anderen Zusammenhängen decken: eine zunehmende<br />
Professionalisierung der Öffentlichkeitsarbeit bei tendenzieller Vernachlässigung<br />
der Berichterstattung in Bezug auf die Zielerreichung<br />
und den Prozess der Lernerfahrungen der Teilnehmenden. Es wird<br />
also mehr über die Begegnung als eine wichtige Veranstaltung berichtet,<br />
als dass die sicher schwieriger zu kommunizierenden interkulturellen<br />
Lerninhalte Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit sind.<br />
Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit haben in den letzten Jahren<br />
ihre Position als unentbehrliche Bestandteile jeder Begegnungspla-