KinderschutzBund München: Jahresbericht 2007/2008
KinderschutzBund München: Jahresbericht 2007/2008
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10 Jahre KITZ Laim<br />
»Was immer du tun kannst,<br />
oder wovon du träumst, fange es an.«<br />
(J. W. v. Goethe)<br />
Das KinderTageszentrum feierte im Sommer <strong>2007</strong><br />
sein 10-jähriges Bestehen. Kinder, Eltern, MitarbeiterInnen,<br />
Sponsoren, KooperationspartnerInnen,<br />
Geschäftsführung und Vorstand des <strong>KinderschutzBund</strong>es<br />
blickten gemeinsam zurück, zu<br />
recht stolz auf all das, was durch dieses Haus für<br />
Kinder, Familien und Stadtteil möglich wurde.<br />
Sie richteten den Blick auch nach vorne mit dem<br />
Wunsch, dass es in Zukunft auch für andere Kinder,<br />
Eltern und Stadtteile möglich sein sollte,<br />
Einrichtungen, die nach der Idee des KinderTageszentrums<br />
organisiert sind, zu nutzen.<br />
Nach zehn Jahren ist es Zeit, Bilanz zu<br />
ziehen und zu überprüfen, ob die geleistete Arbeit<br />
dem entspricht, was Kinder und Familien<br />
heute in einer Stadt wie <strong>München</strong> brauchen.<br />
Kindertageszentren fördern gelingende Bildung ...<br />
Sie sind nicht nur Anlaufstellen für viele Familien<br />
aus dem Stadtteil und bieten nicht nur Kinderbetreuung,<br />
Bildung und Erziehung auf hohem<br />
Niveau, sondern sind darüber hinaus eine Antwort<br />
auf Probleme, die durch die PISA-Studie<br />
deutlich wurden.<br />
Auch die aktuelle PISA-Studie hat ergeben,<br />
dass in keinem anderen Industrieland der<br />
soziale Hintergrund den Bildungsweg eines Kindes<br />
so stark beeinflusst wie in Deutschland. Wer<br />
also in eine finanzell schwache Familie hineingeboren<br />
wird, hat wenig Chancen auf eine qualifizierte<br />
Ausbildung und einen Beruf, von dem er<br />
gut leben kann. Wenn man dann bedenkt, dass<br />
die Bundesrepublik das fünftreichste Land der Erde<br />
ist (laut Weltbank-Studie »Wo ist der Reichtum<br />
der Nationen?« aus dem Jahr 2005), dann machen<br />
diese Ergebnisse noch nachdenklicher.<br />
Nach zehn Jahren kann man feststellen,<br />
dass dies bei Kindern, die das KinderTageszentrum<br />
längerfristig besuchen konnten, deutlich<br />
anders ist. Obwohl im Durchschnitt gut ein Drittel<br />
der Kinder aus armen Familien kommt (das<br />
heisst, dass die Familien über ein Brutto-Jahreseinkommen<br />
unter 15.000 Euro verfügen, trotz<br />
Berufstätigkeit), ist diese Herkunft nicht gleichbedeutend<br />
mit fehlendem Schulabschluss oder<br />
Schulversagen. Natürlich schaffen auch nicht alle<br />
Kinder aus dem KITZ den Übertritt auf ein<br />
Gymnasium, doch ist der Schulerfolg nicht abhängig<br />
vom sozialen Status der Herkunftsfamilie,<br />
sondern vielmehr von individueller Begabung<br />
und persönlicher Vorliebe des einzelnen Kindes.<br />
Die frühe und in liebevoller Umgebung gleichbleibende<br />
Betreuung und Förderung der Kinder<br />
sowie die unbürokratische und engagierte Unterstützung<br />
der Familien in Problemsituationen<br />
scheint eine gute Voraussetzung für gelingende<br />
Bildung zu sein.<br />
Von den 16 Kindern, die in den letzten<br />
fünf Jahren das KITZ verließen, schafften zehn<br />
den Übertritt auf ein Gymnasium, vier wechselten<br />
zur Realschule, ein Kind beendet gerade die<br />
Hauptschule mit gutem Abschluss und ein Kind<br />
besucht seit einem Jahr eine Montessori-Schule.<br />
Wenn man bedenkt, dass von diesen 16 Kindern<br />
zwöf Kinder aus armen Familien stammen, dass<br />
sieben Kinder bei alleinerziehenden Müttern leben<br />
und vier einen Migrationshintergrund haben,<br />
dann kann die Förderung des einzelnen Kindes<br />
gemäß seinen Möglichkeiten und Bedürfnissen<br />
durchaus als gelungen angesehen werden.<br />
... und stellen sich dem Problem Kinderarmut<br />
Wenn Familien in Armut leben, leiden auch die<br />
Kinder, denn die Vorstellung »arm, aber glücklich«<br />
ist eher ein romantisches Bild und entspricht<br />
kaum der Wirklichkeit von Hartz-IV-<br />
Familien in <strong>München</strong>. Die Süddeutsche Zeitung<br />
stellte in einem Artikel vom 20. Februar <strong>2008</strong> sogar<br />
fest: »Armut schadet dem Hirn. Sozialstress<br />
lässt offenbar den IQ von Kindern schwinden«.<br />
Denn das fehlende Geld, die fehlende oder sehr<br />
schlecht bezahlte Arbeitsstelle nagt am Selbstbewusstsein<br />
der betroffenen Menschen. Diese Familien<br />
sind oft in erster Linie damit beschäftigt,<br />
ihren Lebensunterhalt zu sichern. Billig einzukaufen,<br />
ohne Geld für die Fahrt auszugeben, kostet<br />
viel Zeit und Kraft. Die fehlt dann an anderer<br />
Stelle: für Arztbesuche, gemeinsame Zeit, Zuwendung,<br />
Gespräche ... Und vor allem in Großstädten<br />
wie <strong>München</strong> ist es nicht leicht für Kinder,<br />
einfach zu spielen. Die Straßen gehören den<br />
Autos, und Kinder treffen sich in Städten eher bei<br />
Veranstaltungen, die Eintritt kosten, und auch die<br />
Wege dorthin sind teuer. Schon harmlose Geburtstagseinladungen<br />
können die Haushaltskasse<br />
vieler Familien belasten. Man will nicht ohne<br />
oder nur mit einem sehr kleinen Geschenk erscheinen<br />
und sagt deshalb manchmal lieber ab.<br />
Jedes Kind, das eine von der Stadt <strong>München</strong><br />
geförderte Kindereinrichtung besucht, ist –<br />
zumindest teilweise – vor diesem Dilemma geschützt.<br />
Hier darf und soll zwar jede/r eine kleine<br />
Persönlichkeit sein, aber die Unterschiede ergeben<br />
sich aus der Verschiedenheit der Kinder und<br />
nicht aus den finanziellen Möglichkeiten ihrer<br />
KinderTageszentrum Laim 39