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Gîza : Bericht über die von der Akademie der Wissenschaften in ...

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<strong>Akademie</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaften</strong> <strong>in</strong> Wien<br />

Philosophisch-historische Klasse<br />

Denkschriften, 71. Band, 1. Abhandlung<br />

G I<br />

Z A IV,<br />

<strong>Bericht</strong><br />

<strong>über</strong> <strong>die</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> <strong>Akademie</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaften</strong> <strong>in</strong> Wien<br />

auf geme<strong>in</strong>same Kosten mit Dr. Wilhelm Pelizaeust unternommenen<br />

Grabungen auf dem Friedhof des Alten Reiches<br />

bei den Pyramiden <strong>von</strong> Giza<br />

Band IV<br />

Die Mastaba des Kijm'nh (Kai-em-anch)<br />

herausgegeben <strong>von</strong><br />

Hermann Junker<br />

Mit 17 Tafeln und 12 Textabbildungen<br />

Vorgelegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sitzung am 21. Juni 1939<br />

1940<br />

Hol<strong>der</strong> -Pichl er -Tempsky A. G.<br />

Wien und Leipzig<br />

Ko<strong>in</strong>missious -Verleger <strong>der</strong> <strong>Akademie</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaften</strong> <strong>in</strong> Wien<br />

(^^n^-b^'-f


F<strong>in</strong>e Arts<br />

Druck <strong>von</strong> Adolf Holzhausens Nachfolger iu Wien.


Heemann Junkeb: Giza IV. TAF. IV.<br />

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VORWORT.<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> Grabungen <strong>in</strong> Giza wurden bisher unter dem Gesichtspunkt<br />

<strong>der</strong> zeitlichen Reihenfolge veröflentlicht. Denn nur so konnte <strong>die</strong> Entwicklung <strong>der</strong><br />

Grabbauten und ihrer Ausschmückung und <strong>der</strong> Wandel <strong>in</strong> den Totenbräu.chen klar-<br />

gestellt werden. Im ersten Band, Giza I, s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Ma§tabas <strong>der</strong> IV. Dynastie behandelt,<br />

<strong>in</strong> den beiden folgenden Bänden, II und III, <strong>die</strong> <strong>der</strong> beg<strong>in</strong>nenden und vorgeschrittenen<br />

V. Dynastie. In <strong>die</strong> Darstellung wurde aber auch <strong>der</strong> letzte Abschnitt <strong>der</strong> Entwicklung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> VI. Dynastie mite<strong>in</strong>bezogen. Da somit <strong>die</strong> großen L<strong>in</strong>ien für <strong>die</strong> Geschichte <strong>der</strong><br />

Ma§taba8 des Alten Reiches gezeichnet s<strong>in</strong>d, kann für <strong>die</strong> Herausgabe <strong>der</strong> folgenden<br />

Bände <strong>der</strong> Plan zur Durchführung kommen, <strong>in</strong> schnellerer Folge das bei den Grabungen<br />

entdeckte Material <strong>der</strong> Wissenschaft zugänglich zu machen. Dabei sollen zunächst <strong>die</strong><br />

Ma§tabas, e<strong>in</strong>zeln o<strong>der</strong> <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Gruppen, veröffentlicht werden, <strong>die</strong> <strong>von</strong> beson<strong>der</strong>er<br />

Bedeutung s<strong>in</strong>d.<br />

Für den vorliegenden vierten Band wurde das Grab des K)j-m-nh ausgewählt. Es<br />

stammt aus <strong>der</strong> VI. Dynastie, schließt sich also an <strong>die</strong> <strong>in</strong> Giza UI zuletzt veröffentlichten<br />

Gräber zeitlich an. Kij-m-nh gehört trotz <strong>der</strong> Bescheidenheit <strong>der</strong> Anlage zu den wich-<br />

tigsten Denkmälern unseres Grabungsfeldes und ver<strong>die</strong>nt e<strong>in</strong>e geson<strong>der</strong>te Herausgabe.<br />

Abgesehen <strong>von</strong> <strong>der</strong> Eigenart des Baues und <strong>der</strong> bemerkenswerten Ausschmückung des<br />

Kultraumes birgt se<strong>in</strong>e unterirdische Kammer e<strong>in</strong>en Schatz e<strong>in</strong>ziger Art: alle ihre<br />

Wände s<strong>in</strong>d mit Malereien bedeckt. Ke<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Grab des Alten Reiches weist e<strong>in</strong>en<br />

ähnlichen Schmuck auf. Wohl beg<strong>in</strong>nt man mit <strong>der</strong> VI. Dynastie, <strong>in</strong> dem Sargraum<br />

<strong>die</strong> Opferliste aufzuzeichnen, und bedeckt allmählich <strong>die</strong> Wände mit den Darstellungen<br />

<strong>der</strong> Speisen und Vorräte für das Jenseits, meist <strong>in</strong> Schwarzzeichnung, aber nirgends<br />

ist das Bild e<strong>in</strong>es Lebewesens zu gewahren. In Kij-m-'nh alle<strong>in</strong> f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> bunten<br />

Farben alle <strong>die</strong> Darstellungen, <strong>die</strong> sonst als Rehefs <strong>die</strong> oberen Kulträume zieren: <strong>die</strong><br />

Fahrt <strong>in</strong> den Segelbooten, <strong>die</strong> Lastschiffe, <strong>die</strong> Bestellung <strong>der</strong> Fel<strong>der</strong>, <strong>die</strong> Viehzucht, das<br />

Treiben im Papyrusdickicht, <strong>die</strong> Bereitung des Mahles <strong>in</strong> <strong>der</strong> Küche und <strong>die</strong> Herrichtung<br />

des Schlafraumes. — Malereien s<strong>in</strong>d zudem im Alten Reich <strong>über</strong>haupt selten; unsere<br />

Bil<strong>der</strong> stellen daher e<strong>in</strong>en willkommenen Zuwachs dar. Sie haben <strong>über</strong><strong>die</strong>s e<strong>in</strong>en ganz<br />

beson<strong>der</strong>en Wert und e<strong>in</strong>en eigenen Reiz. Sie zeigen nicht <strong>die</strong> übliche pe<strong>in</strong>lich-sorgfältige<br />

Ausführung, s<strong>in</strong>d aber ungewöhnlich frisch und lebendig. Meist verzichtete <strong>der</strong> Künstler<br />

auf <strong>die</strong> sonst vorgeschriebene beson<strong>der</strong>e Umrißl<strong>in</strong>ie und malte <strong>die</strong> Figuren aus freier<br />

Hand. Unter <strong>der</strong> Malerei tritt an mehreren Stellen noch <strong>die</strong> Vorzeichnung hervor, <strong>die</strong><br />

wie<strong>der</strong>um beson<strong>der</strong>er Art ist; meist begnügte sich <strong>der</strong> Zeichner mit Skelettfiguren, <strong>die</strong><br />

er llütt und sicher h<strong>in</strong>warf.


IV Hermann Jünkee. Beeicht übek <strong>die</strong> Geabungen auf dem Feiedhof <strong>von</strong> Giza.<br />

Als wir am 14. Januar 1926 <strong>die</strong> Kammer zmii erstenmal betraten, fanden wir <strong>die</strong><br />

Bil<strong>der</strong> noch frisch <strong>in</strong> leuchtenden Farben, als seien sie eben fertig gestellt worden.<br />

Nm- <strong>in</strong> <strong>der</strong> Südostecke hatte <strong>der</strong> here<strong>in</strong>gerieselte Sand e<strong>in</strong>ige Zerstörung angerichtet.<br />

Lei<strong>der</strong> hat unterdessen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>die</strong> Nordwand durch <strong>die</strong> e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gende Luft gelitten.<br />

Doch war es gelungen, <strong>von</strong> den wichtigsten Bil<strong>der</strong>n farbige Kopien herzustellen, ehe<br />

Verwitterungsersche<strong>in</strong>ungen an den betreffenden Stellen auftraten. Alan H. Gard<strong>in</strong>er<br />

hatte es angeregt, daß Mrs. N<strong>in</strong>a de Garis-Davies <strong>die</strong> Schiffahrtsszenen malte; zwei<br />

<strong>der</strong> Blätter s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dem Prachtband Ancient Egj^ptian Pa<strong>in</strong>t<strong>in</strong>gs des Oriental Institute<br />

Chicago als Tafel II und III veröffentlicht. Dann hat Miß Amice Calverly, <strong>die</strong> Leiter<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Jo<strong>in</strong>t expedition of the Egypt Exploration Society and the Oriental Institvite of the<br />

University Chicago at Abydos, alle übrigen wichtigen Szenen gemalt; sie s<strong>in</strong>d auf den<br />

farbigen Tafeln VIII, XI—XV wie<strong>der</strong>gegeben. — Die Zeichnungen <strong>der</strong> Darstellungen<br />

und Inschriften <strong>der</strong> oberen Kammer sowie <strong>die</strong> Pläne und Schnitte stammen alle <strong>von</strong><br />

Herrn Dr. Otto Daum, <strong>der</strong> auch <strong>die</strong> meisten Architektur- und Reliefzeichnungen <strong>der</strong><br />

ersten drei Giza-Bände ausgeführt hat.<br />

Für das Mitlesen <strong>der</strong> Druckbogen b<strong>in</strong> ich den Herren Dr. J. Spiegel und<br />

Dr. W. Hölscher verbunden; Herrn Spiegel wird auch <strong>die</strong> Herstellung <strong>der</strong> Verzeich-<br />

nisse am Schluß des Bandes verdankt.<br />

Das Archäologische Institut des Deutschen Reiches hat für den Druck des vor-<br />

liegenden Werkes e<strong>in</strong>en namhaften Zuschuß bewilligt; se<strong>in</strong>em Präsidenten Dr. Mart<strong>in</strong><br />

Schede sei dafür aufrichtiger Dank gesagt.<br />

H. Junker.


INHALTSÜBERSICHT.<br />

Seite<br />

Vorwort III<br />

Inhalts<strong>über</strong>sicht V<br />

A. Die Zeitbestimmung 1<br />

B. Der Grab<strong>in</strong>haber und se<strong>in</strong>e Familie .... 4<br />

C. Die Baubeschreibung 8<br />

I. Die Gestalt des Baues 8<br />

II. Die Innenräume 12<br />

D. Die Bil<strong>der</strong> und Inschriften des Oberbaues . 15<br />

I. Allgeme<strong>in</strong>es 15<br />

1. Die Verteilung 15<br />

2. Die Auswahl 15<br />

3. Die Ausführung 16<br />

II. E<strong>in</strong>zelbeschreibung 17<br />

1. Die Außenseiten und <strong>die</strong> Türen 17<br />

2. Die Kammer 20<br />

a. Die Westwand 20<br />

b. Die Südwand 21<br />

c. Die Nordwand 27<br />

3. Der Gang 35<br />

a. Die Hauptdarstellung 35<br />

b. Die Nebendarstellungen 40<br />

E. Bil<strong>der</strong> und Inschriften <strong>der</strong> unterirdischen<br />

Käume 43<br />

I. Allgeme<strong>in</strong>es 43<br />

1. Die geschichtliche Entwicklung <strong>der</strong> Aus-<br />

schmückung <strong>der</strong> Sargräume 43<br />

2. Die Malerei 45<br />

3. Die Verteilung <strong>der</strong> Darstellungen 49<br />

II. Die E<strong>in</strong>zelbeschreibung 51<br />

G!za IV.<br />

1. Die Nordwand 51<br />

a. Die obere Bildreihe: Die Schiffe .... 51<br />

a) Die Beschreibung 51<br />

ß) Die Deutung 56<br />

Y) Die Beischriften 57<br />

b. Die untere Bildreihe Ol<br />

«) Der östliche Teil 61<br />

ß) Der westliche Teil 65<br />

Seite<br />

2. Die Westwand 67<br />

a. Der nördliche Teil: Die Vorratsräume . . 67<br />

«) Die Fruchtspeicher 67<br />

ß) Die Le<strong>in</strong>wandkammer 68<br />

Y)<br />

Das Gerätemagaz<strong>in</strong> 70<br />

S) Die Schiffswerft 73<br />

b. Der mittlere Teil: Die Szene im Papyrus-<br />

dickicht 76<br />

a) Der Papyrus als geheiligtes S<strong>in</strong>nbild . 78<br />

ß) Der Papyrus als Zeichen <strong>der</strong> Freude . 78<br />

Y)<br />

Die Deltafahrt als Freudenfest. ... 79<br />

8) Ilathor als Herr<strong>in</strong> <strong>der</strong> Freude .... 79<br />

i) Das Ausreißen des Papyrus und <strong>die</strong><br />

Vogeljagd 80<br />

c. Der südliche Teil 81<br />

«) Die Viehzucht 81<br />

ß) Die Landwirtschaft 82<br />

d. Die Südeeke 85<br />

3. Die Südwand, westliche Hälfte 85<br />

4. Die Opferdarstellungen 87<br />

a. Speisenliste und Opferriten auf <strong>der</strong> Ostwand<br />

87<br />

b. Die Darstellung <strong>der</strong> Opfer auf <strong>der</strong> Südwand<br />

92<br />

c. Die Gabenbr<strong>in</strong>genden am Nordende <strong>der</strong><br />

Ostwand 95<br />

Zusätze 97<br />

Verzeichnis <strong>der</strong> Abbildungen im Texte 98<br />

Verzeichnis <strong>der</strong> Tafeln 98<br />

Liste <strong>der</strong> Eigennamen 99<br />

Verzeichnis <strong>der</strong> Titel 99<br />

Bemerkungen <strong>über</strong> Wortbedeutungen 100<br />

Ägyptisches Wortverzeichnis 100<br />

Sachregister 102<br />

Grammatische Bemerkungen 104<br />

Verzeichnis <strong>der</strong> benützten Werke 105


Da UQS <strong>die</strong> Inschriften ülier <strong>die</strong> Zeit <strong>der</strong><br />

Erbauung" des Grabes ke<strong>in</strong>en Aufschluß geben,<br />

s<strong>in</strong>d wir vor allem auf <strong>die</strong> Anzeichen angewiesen,<br />

<strong>die</strong> sich für das Alter <strong>der</strong> Mast.iba aus ihrer<br />

Lage, ihrem Baustil, <strong>der</strong> Wahl und Verteilung<br />

<strong>der</strong> Darstellungen und aus <strong>der</strong> Fassung <strong>der</strong><br />

Totengebete ergeben.<br />

Kij-m-'nh hat se<strong>in</strong> Grabmal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Nord—<br />

Süd-Straßen des Friedhofs <strong>der</strong> IV. Dynastie ge-<br />

setzt und sie vollkommen abgeriegelt, siehe Abb. 1.<br />

Das konnte nur zu e<strong>in</strong>er Zeit geschehen, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Totenkult bei den südlich geleg-enen JMa.stabas<br />

e<strong>in</strong>gestellt war. Denn auch <strong>die</strong> Ost— West-Sti-aße<br />

war hier verbaut, durch das Grab des K}j aus<br />

<strong>der</strong> V. Dynastie. Dieser E<strong>in</strong>bau hatte den Dienst<br />

auf dem Friedhof weniger gestört, da <strong>die</strong> Zu-<br />

gänge zu den e<strong>in</strong>zelnen Straßen im Norden lagen,<br />

wo e<strong>in</strong> freier Platz den Süd- und Nordfriedhof<br />

trennte. Auf <strong>die</strong>sen Umstand haben auch <strong>die</strong><br />

E<strong>in</strong>bauten <strong>in</strong> den Nachbarstraßen Rücksicht genommen.<br />

Am Anfang <strong>der</strong> westlichen Parallel-<br />

straße hatte Ki-pic-Pth se<strong>in</strong>e IMastaba so angelegt,<br />

daß vor ihr im Osten e<strong>in</strong> Durchgang verblieb.<br />

Weiter östlich ließ Nfr aus dem Anfang <strong>der</strong><br />

VI. Dynastie noch e<strong>in</strong>en schmalen Pfad für <strong>die</strong><br />

dah<strong>in</strong>terliegenden Mastabas frei, obwohl dadurch<br />

<strong>die</strong> Anlage stark beengt wurde und e<strong>in</strong>e völlige<br />

Verbauung <strong>der</strong> Straße wesentlich billiger gewesen<br />

wäre durch Ersparung <strong>der</strong> westlichen Längs-<br />

mauer. Ähnlich liegt <strong>der</strong> Fall bei dem nordlicher<br />

gelegenen Ki-hjf.<br />

Dieser Befund deutet darauf h<strong>in</strong>, daß um<br />

<strong>die</strong> Wende <strong>der</strong> V. zur VI. Dynastie auf dem<br />

Westfriedhof noch Rücksicht auf <strong>die</strong> alten Durchgänge<br />

genommen wurde. Wenn K!j-m-'iih es wagen<br />

konnte, <strong>die</strong> Straße bei ihrem Beg<strong>in</strong>n vollkommen<br />

zu verschließen, so müssen wir annehmen, daß<br />

er wohl zu e<strong>in</strong>er späteren Zeit lebte, als <strong>der</strong><br />

Toten<strong>die</strong>nst bei manchen alten Gräbern e<strong>in</strong>gestellt<br />

und <strong>die</strong> Ordnung auf dem Friedhof verfallen war.<br />

In <strong>die</strong> vorgerückte VI. Dynastie weist uns<br />

auch <strong>die</strong> Jlastaba selbst durch <strong>die</strong> Art ihrer An-<br />

lage und <strong>die</strong> I'^l<strong>in</strong>zelheiten iiirer Bauglie<strong>der</strong>. Schon<br />

<strong>die</strong> Auflösung des Blockes durch den langen Gang<br />

und <strong>die</strong> verhältnismäßig große Kultkammor ist<br />

üiza IV.<br />

Ao Die Zeitbestimmung'.<br />

e<strong>in</strong> Zeichen, daß wir uns am Ende <strong>der</strong> Eutwick-<br />

liuig des Mastaba-Baues bef<strong>in</strong>den. Hier weisen<br />

uns <strong>die</strong> zeitlich bestimmbaren Gräber unseres<br />

Friedhofs den Weg. Noch li'-wr II vom Ende<br />

<strong>der</strong> V. Dynastie spart im Kern des Grabes nur<br />

e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Kammer aus, wenn er auch im Osten<br />

e<strong>in</strong>en Gang vorlegt und im Süden desselben e<strong>in</strong>en<br />

Statuenbau anbr<strong>in</strong>gt. Der wohl <strong>der</strong> folgenden<br />

Generation angehörende SSm-nfr IV dagegen legt<br />

schon Vorraum und Gang <strong>in</strong> das Innere des<br />

Blocks; siehe Vorbericht Giza 1929, S. 105; ebenso<br />

<strong>der</strong> daneben liegende Tfj und Pth-ldp, <strong>der</strong> unter<br />

an<strong>der</strong>em auch an <strong>der</strong> Pyramide des Königs Ttj<br />

beamtet war; siehe ebenda S. 106 und 129. Vom<br />

Westfriedhof s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Anlagen <strong>der</strong> östlichsten<br />

Reihe mit mehreren Innenräumen zu nennen,<br />

Vorbericht Giza 1914, S. 22. An ihrem nörd-<br />

lichen Ende liegen <strong>die</strong> Gräber <strong>der</strong> Sndm-ib, <strong>die</strong><br />

vom Ende <strong>der</strong> V. Dynastie bis zu Pjpj II reichen.<br />

In <strong>die</strong>se Gruppen fügt sich <strong>der</strong> Bau des Kij-m-'nh<br />

e<strong>in</strong>, auch auf Grund mancher weiter anzuführen-<br />

den E<strong>in</strong>zelheiten.<br />

Die Ausführung: e<strong>in</strong> Kern aus Bruch und<br />

Geröll und Außenwände aus kle<strong>in</strong>würfeligen Num-<br />

mulitblöcken (Kümmerform des Typs 1 <strong>in</strong> Giza III,<br />

S. 18) kann alle<strong>in</strong> für <strong>die</strong> Zeitstellung nicht heran-<br />

gezogen werden. Wir haben gelernt, daß <strong>die</strong>ser<br />

Typ schon am Anfang <strong>der</strong> V. Dynastie vorkommt,<br />

bei Bauten, <strong>die</strong> nicht an den großen Friedhofs-<br />

straßen liegen, so bei Whm-kij, dem Hausvorsteher<br />

des Vriaz&n Ki-nj-njko-t I. Aber e<strong>in</strong>en zeitlichen<br />

Anhalt bietet schon <strong>der</strong> Inschriftfries auf <strong>der</strong><br />

südlichen und nördlichen Außenwand. Solche<br />

Friese s<strong>in</strong>d für das spätere Alte Reich bezeich-<br />

nend. Wie <strong>in</strong> so manchen an<strong>der</strong>en Fällen ist e<strong>in</strong><br />

vere<strong>in</strong>zeltes Vorkommen des Brauches schon früh<br />

belegt, <strong>die</strong> Verallgeme<strong>in</strong>erung tritt erst zu e<strong>in</strong>em<br />

wesentlich sjiäteren Zeitpunkt e<strong>in</strong>. Dem Inschrift-<br />

band begegnen wir an <strong>der</strong> großen Mastaba des<br />

Ilmt-nj = Grab Lepsius 43, L. D. II 26 aus dem<br />

Anfang <strong>der</strong> V. Dynastie. Auf dem Westfriedhof<br />

ist <strong>der</strong> Fries sonst nur spät belegt, meist bei<br />

verhältnismäßig bescheidenen Anlagen abseits <strong>der</strong><br />

gi'oßen Straßen. In <strong>der</strong> östlichsten Gräberreihe<br />

bei Kij-hi-I'lh aus <strong>der</strong> VI. Dynastie, mit dem Relief<br />

1


<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sargkammer = Vorbericlit Giza 1914,<br />

S. 15 und 22; 1925, S. 151. Im westlichsten Teil<br />

bei ^Itr, bei dem alle Anzeichen für <strong>die</strong> VI. Dy-<br />

nastie sprechen = Vorbericht 1926, S. 114 f. In<br />

<strong>der</strong> Mitte bei Ki-hjf = Vorbericht 1913, S. 25 ff.,<br />

dessen Bau und Bil<strong>der</strong>schmuck <strong>in</strong> <strong>die</strong> gleiche<br />

Zeit weisen. Siehe auch 'Irjn-E', Urenkel des<br />

K<strong>in</strong>j-nj&w-t I, Giza III, S. 158.<br />

In <strong>der</strong> Front <strong>der</strong> l\Iastaba fällt das drei-<br />

geteilte Fenster auf. Wir kennen es früher nur<br />

bei Ziegelvorbauten an den Mastabas <strong>der</strong> IV. Dy-<br />

nastie und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ziegelkammer des onh] siehe<br />

unten S. 14. — Treten wir <strong>in</strong> das Innere, so bemerken<br />

wir gleich rechts oben auf dem Architrav<br />

e<strong>in</strong>e lange Reihe <strong>von</strong> Bil<strong>der</strong>n des Grabherrn je-<br />

weils <strong>in</strong> versciiiedener Tracht und getrennt durch<br />

e<strong>in</strong>e senkrechte Insehriftzeile, <strong>die</strong> Titel und<br />

Namen enthält. Dieses Schmuckmotiv wird erst<br />

im späteren Alten Reich allgeme<strong>in</strong>er verwendet;<br />

siehe unten S. 20.<br />

Auch <strong>die</strong> Waiil und <strong>die</strong> Verteilung <strong>der</strong> Dar-<br />

stellungen und manciie E<strong>in</strong>zelheiten des Bil<strong>der</strong>-<br />

schmucks weisen uns <strong>in</strong> das vorgeschrittene Alte<br />

Reich. Da ist <strong>die</strong> Sche<strong>in</strong>tür, <strong>die</strong> <strong>die</strong> ganze Breite<br />

<strong>der</strong> Westwand e<strong>in</strong>nimmt, wie so häufig <strong>in</strong> den<br />

Gräbern <strong>der</strong> VI. Dynastie; es sei nur an <strong>die</strong><br />

Sndm-ih, an ähn-nfr IV, Tfj, Shtpio, 'Idw, Kij-hr-Pth<br />

er<strong>in</strong>nert. Die Sche<strong>in</strong>tür ist entsprechend e<strong>in</strong>ei-<br />

Sitte <strong>der</strong> Zeit* ganz flach gehalten, flacher noch<br />

<strong>die</strong> zweite Sche<strong>in</strong>tür im Gang.<br />

Auf <strong>der</strong> Nordwaud wird das Stechen <strong>der</strong><br />

Fische dargestellt. Die entsprechende Szene <strong>der</strong><br />

Vogeijagd mit dem Wurfholz f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> den<br />

Felsgräbern südöstlich <strong>der</strong> Cliephren-Pyramide<br />

schon bei Nb-m-ih-t = L. D. II, 12. In den frei<br />

stehenden Mastaljas ist sie erst später nachgewiesen<br />

und wird hier meist <strong>in</strong> den Vorräumen<br />

großer Anlagen angebraclit, wie bei ßndm-ib L. D.<br />

Erg. 11—12, ^sm-nfr IV Vorbericht Giza 1929,<br />

Abb. 3. In kle<strong>in</strong>en Kammern tritt sie noch später<br />

auf, wie hei IGj-lir-Pfh, Vorbericht 1914, S. 23 und<br />

L. D. Text I, S. 62.<br />

Auf <strong>der</strong> gegen<strong>über</strong>liegenden Südwand sitzt<br />

Kijm-'nh beim Prunkmahle, und um ihn ist e<strong>in</strong>e<br />

Schar <strong>von</strong> Priestern und Dienern versammelt, <strong>die</strong><br />

ihm <strong>die</strong> Riten <strong>der</strong> Speisung vollziehen. Diese Riten<br />

aber haben <strong>die</strong> Fassung, wie sie für das späte<br />

Alte Reich bezeichnend ist; siehe Giza III, S. 57 f.<br />

Die Öffnung des Schachtes, <strong>der</strong> zu dem unter-<br />

irdischen Raum führt, liegt nahe <strong>der</strong> Tür. Als<br />

Siehe A. Rusch <strong>in</strong> Ä. Z. 58, S. lOü <strong>über</strong> das Hühe-<br />

Breiteveihältiiis.<br />

Hermann Junker.<br />

Zugang ist e<strong>in</strong>e Öffnung am Boden <strong>der</strong> westlichen<br />

Schaclitwand angebracht, und auch das ist e<strong>in</strong><br />

Zeichen jüngerer Zeit. Denn nach älterem Brauch<br />

hatte <strong>der</strong> Sargraum se<strong>in</strong>en Ausgang im Norden,<br />

damit <strong>die</strong> vogelgestaltige Seele des Verstorbenen<br />

zu den Zirkumpolarsternen fliege und <strong>von</strong> dort<br />

zur Leiclie zurückkehre. Darum liegt ja auch <strong>der</strong><br />

Zugang zu allen Pyramiden im Norden. Bei <strong>der</strong><br />

Stufenpyramide des Div steht hier auch <strong>der</strong> Kult-<br />

tempel, und als <strong>die</strong>ser bei den späteren Königs-<br />

gräbern im Osten angebracht wurde, blieb <strong>die</strong><br />

Stelle vor dem E<strong>in</strong>gang im Norden noch lange<br />

e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er Kultplatz. Bei den Mastabas wird<br />

<strong>die</strong> Sitte des Nordausgangs streng e<strong>in</strong>gehalten,<br />

und man weicht <strong>von</strong> ihr nur aus ganz beson<strong>der</strong>en<br />

Gründen ab, wie im Falle <strong>der</strong> N-sdr-kij. Erst mit<br />

<strong>der</strong> VI. Dynastie kommt e<strong>in</strong> neuer Brauch auf:<br />

<strong>die</strong> Sargkammer öffnet sich nach Osten, damit<br />

<strong>der</strong> Tote hervorkomme und <strong>die</strong> aufgehende Sonne<br />

schaue. Auf dem Westfriedhof ist <strong>die</strong>se unter dem<br />

E<strong>in</strong>fluß des Sonnenkults entstandene Anordnung<br />

vor allem bei den späteren Gräbern am östrande<br />

belegt, wie bei 'Idw I und //, Kij-hr-Pth, Sndm-ih,<br />

und im Süden auf unserer und auf <strong>der</strong> amerikani-<br />

schen Konzession = Vorbericht Giza 1914, S. 15 ff.<br />

Meist führt hier e<strong>in</strong> schräger Schacht vom Osten<br />

her zur Tiefe. Für den Abschnitt südlich <strong>der</strong><br />

Cheops-Pyramide s<strong>in</strong>d zu nennen: e<strong>in</strong>e Anlage bei<br />

Mastaba I = Vorbericht 1928, S. 183; Mastaba VII<br />

— SSm-nfr IV — Pth-htp — Htp-M = Vor-<br />

bericht 1929, S. 122 ff. Beispieie aus Sakkära,<br />

<strong>in</strong> denen <strong>die</strong> Sargkammer im Westen des senk-<br />

rechten Schachtes liegt, s<strong>in</strong>d Firth-Gunn, Teti<br />

Pyramid Cemeteries I veröffentlicht: Ki-gmvj =<br />

Abb. 15, Mrrw-k} = Abb. 19, 'nh-m'-Hr = Abb. 9.<br />

Sie stammen alle aus <strong>der</strong> VI. Dynastie, und damit<br />

ist auch für KSj-m-'nh <strong>die</strong> Zeitstellung gegeben.<br />

Den letzten Beweis für <strong>die</strong>se Ansetzung liefert<br />

<strong>die</strong> Ausschmückung <strong>der</strong> Sargkammer Denn <strong>die</strong><br />

zeitlich siehe<br />

festliegenden Anlagen, <strong>die</strong> irgend-<br />

e<strong>in</strong>e Besclii'iftung o<strong>der</strong> Darstellung <strong>in</strong> ihren unterirdischen<br />

Räumen zeigen, gehören frühestens dem<br />

Anfang <strong>der</strong> VI. Dynastie an. Bis dah<strong>in</strong> galt es<br />

als verboten, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kammer, <strong>die</strong> den Toten be-<br />

herbergte, irgendwelche hieroglyphischen Zeichen,<br />

geschweige denn Darstellungen anzubr<strong>in</strong>gen. Selbst<br />

<strong>die</strong> Särge blieben <strong>von</strong> beson<strong>der</strong>en Ausnahmen<br />

abgesehen, ohne Titel und Namen des Verstor-<br />

benen. Dieser Brauch ist nicht zuletzt aus <strong>der</strong><br />

seltsamen Vorstellung zu erklären, daß <strong>die</strong> Ge-<br />

stalten <strong>der</strong> Darstellungen und <strong>die</strong> Zeichen <strong>der</strong><br />

Schrift dem im Räume ruhenden Toten Schaden<br />

zufügen könnten. Das stimmt ganz mit <strong>der</strong> zuerst


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-^750<br />

AHJ<br />

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KAJ<br />

^360<br />

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-^-^60<br />

-^560<br />

A66O<br />

^760<br />

LAGE-PLAN<br />

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<strong>von</strong> P. Lacau, Ä. Z. 51, S. 1— 64 gemachten Fest-<br />

stellung, daß man später, als <strong>die</strong> Wände <strong>der</strong><br />

Kammer und des Sarges mit Texten bedeckt<br />

wurden, <strong>die</strong> Zeichen vorzog, <strong>die</strong> unschädlich waren,<br />

und an<strong>der</strong>e durch Verstümmelung unschädlich<br />

machte. Siehe auch den klaren Befund <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Mastaba des "Idw, Vorbericht Giza 1914, S. 28—29.<br />

WnU, <strong>der</strong> letzte König <strong>der</strong> V. Dynastie, bracli<br />

zuerst mit <strong>die</strong>sem Vorurteil und ließ <strong>in</strong> den<br />

Kammern se<strong>in</strong>er Pyramide <strong>die</strong> Ritualtexte für <strong>die</strong><br />

verstorbenen Herrscher anbr<strong>in</strong>gen. Damit war<br />

auch für <strong>die</strong> Privatgräber das Zeichen für den<br />

Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er neuen Sitte gegeben. Sie lassen vor<br />

allem <strong>die</strong> Opferliste, <strong>die</strong> ja auch <strong>in</strong> dem eigent-<br />

lichen Sargraum <strong>der</strong> Pyramiden <strong>die</strong> erste Stelle<br />

e<strong>in</strong>nimmt, auf <strong>die</strong> Wände <strong>der</strong> unterirdischen<br />

Kammern schreiben und fügen s<strong>in</strong>ngemäß <strong>die</strong> <strong>in</strong><br />

dem Verzeichnis angegebenen Speisen <strong>in</strong> bildlicher<br />

Darstellung h<strong>in</strong>zu. Siehe das Nähere unter Ell.<br />

Hermann Junkek.<br />

In Sakkära ist <strong>der</strong> Tatbestand erst durch <strong>die</strong> plan-<br />

mäßigen Untersuchungen <strong>von</strong> Firth und Gunn klar-<br />

gestellt worden. Alle Belege des neuen Brauches<br />

stammen aus <strong>der</strong> VI. Dynastie, so Teti Pyramid<br />

Cemeteries II, Taf. II—III = Mrrw-ld, Taf. V =<br />

Khgmnj, Taf. VI = 'nh-m'-Hv. Für Sakkära-Süd<br />

sielie Jequier, Tombeaux des Particuliers aus dem<br />

Ende <strong>der</strong> VI. Dynastie; aus <strong>der</strong> gleiclien Zeit siehe<br />

Blackman, Meir IV, Taf. XVIII. — Auf unserem<br />

Grabungsfeld s<strong>in</strong>d Sim-nfr IV und Kij-hr-Pth zu<br />

nennen = Vorbericht Giza 1929, S. 125 und 1914,<br />

Taf. II. Wenn man also <strong>über</strong>haupt e<strong>in</strong>en Beweis<br />

aus äußeren Anzeichen gelten läßt, ist <strong>die</strong> Zeit-<br />

stellung für Kij-m-'nh <strong>über</strong> jeden Zweifel gesichert.<br />

Das Grab gehört <strong>in</strong> <strong>die</strong> VI. Dj'nastie; und da<br />

<strong>die</strong> vollkommene Bebil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kammer e<strong>in</strong>en<br />

weiteren Schritt gegen<strong>über</strong> <strong>der</strong> Anbr<strong>in</strong>gung <strong>der</strong><br />

Opferliste und <strong>der</strong> Speisen bedeutet, muß <strong>die</strong> vor-<br />

geschrittene VI. Dynastie <strong>in</strong> Ansatz gebracht werden.<br />

B. Der Grab<strong>in</strong>haber und se<strong>in</strong>e Familie.<br />

Der Grabiierr.<br />

Der Name des Verstorbenen ist \J ^\ ¥-,<br />

M ^ ! '"^ *^®''<br />

' ö Sargkammer e<strong>in</strong>mal fehler-<br />

baft U ^ -^ ^ ""^ ^^1^^'' U ^ U ge-<br />

schrieben. Er enthält e<strong>in</strong>e Aussage, <strong>die</strong> bei Geburt<br />

des K<strong>in</strong>des <strong>von</strong> Vater o<strong>der</strong> Mutter gemacht<br />

wurde. ^ Es liegt e<strong>in</strong> adverbialer Nom<strong>in</strong>alsatz mit<br />

dem Subjekt /O-j Me<strong>in</strong> Ka' , vor. Ranke, Namen-<br />

wörterbuch, S. 339, 17 <strong>über</strong>setzt ,Me<strong>in</strong> Ka ist im<br />

Leben'. Man kann dabei auf <strong>die</strong> entsprechenden<br />

Bildungen U^JT ""\U ^ f 5 ^ ver-<br />

weisen. Trotzdem ist <strong>die</strong>se Übersetzung unseres<br />

Namens nicht <strong>über</strong> jeden Zweifel sicher. Das<br />

m als ,Mi' ist nach Ranke mehr räumlich zu<br />

fassen <strong>in</strong> ^z^^|, ^c^ _^ "^ ^__^<br />

.Me<strong>in</strong> Ka<br />

ist im Palast, im Horizont'; dazu vergleiche \_j<br />

'^^^11^ ,Me<strong>in</strong>Ka ist im Tn/i«- Heiligtum'.^<br />

Aber was ist <strong>der</strong> S<strong>in</strong>n <strong>die</strong>ser Aussage? Bei \_J<br />

^\ ,Me<strong>in</strong> Ka ist Schöpfer?' dagegen soll<br />

das m des Gleichse<strong>in</strong>s vorliegen, aber <strong>die</strong> Aus-<br />

' H. Ranke, Grundsätzliches zum Verständnis <strong>der</strong><br />

ägyptischen Personennamen <strong>in</strong> Satzform.<br />

' Mitteilungen Kairo, Bd. 9, S. 2.<br />

sage gibt auch hier ke<strong>in</strong>en rechten S<strong>in</strong>n. Nun<br />

liegen e<strong>in</strong>e Anzahl an<strong>der</strong>er Namen vor, <strong>in</strong> denen<br />

<strong>der</strong> Ka wohl als Geschenk <strong>der</strong> Gottheit bezeichnet<br />

wird, wie "=^U^, °|U^ .Me<strong>in</strong> Ka ist<br />

<strong>der</strong> des Re^ des Ptah', so auch ,des Königs',<br />

Giza III, S. 141. Darnach könnte man e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong><br />

mit K!j-m beg<strong>in</strong>nenden Namen als elliptische<br />

Bildungen auffassen, wie ,Me<strong>in</strong> Ka ist [<strong>der</strong>, o<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong> Ka] des Horizontischen', ,des Schöpfers', ,des<br />

Königs'. Das ist grammatisch e<strong>in</strong>wandfrei und<br />

ergibt e<strong>in</strong>en guten S<strong>in</strong>n; aucli für Kij-m-'h und<br />

Ki-j-m-Tnn-t, da <strong>der</strong> Sohn e<strong>in</strong>mal dem im Palast<br />

wohnenden König, das an<strong>der</strong>e Mal dem im Tnn-t-<br />

Heiligtum wohnenden Gott verdankt wird. So ist<br />

es nicht ausgeschlossen, daß unser Kij-m-'nh auch<br />

als ,i\Ie<strong>in</strong> Ka ist <strong>der</strong> des „Lebenden" '<br />

den kann, wobei ¥-<br />

gefaßt wer-<br />

e<strong>in</strong>e Gottesbezeicimung darstellte.<br />

Kij-<strong>in</strong>-'nh führt folgende Titel:<br />

-1 1^ ,Nachkomme des<br />

T © Königs'<br />

|—]<br />

1<br />

H I<br />

]<br />

O<br />

, Schreiber des Sciiatz-<br />

=> [—<br />

hauses'<br />

.Aufseher <strong>der</strong> Beamten<br />

^^i i des Schatzhauses'<br />

o |— ] , Aufseher des Schatz-<br />

I 1 hauses'


Hku.maxx JuNKi-:!!: GizA lY. TAF. I.<br />

r' I<br />

J<br />

jl»^^-^\ .<br />

-.%!.- m.i ,.t.?~<br />

-* _<br />

•"t<br />

a) Mbei'liaii: ni<strong>in</strong>lliolio Auiiriit'ioiit.<br />

- — •*^Sx*r,,w.^


8. 1<br />

10. '^^<br />

11.<br />

12.<br />

13.<br />

Bekicut übek <strong>die</strong> Gkabunge]S' auf dem Friedhof <strong>von</strong> Giza.<br />

,Der ülier den Geheim-<br />

nissen steht'<br />

,Der üher den Geheim-<br />

nissen <strong>der</strong> versiegel-<br />

ten Urkunden des<br />

Königs steht'<br />

, Siegelbewahrer des<br />

Königs'<br />

, ]r'6-Priester des<br />

Königs'<br />

(Aufseher <strong>der</strong> Priester'<br />

,Von se<strong>in</strong>em Herrn<br />

geliebt'<br />

,Der EhrwUi'dige'<br />

,Elirwürdig bei se<strong>in</strong>em<br />

Herrn'<br />

Ehrwürdig bei dem<br />

,<br />

Westen'<br />

Die Titel werden <strong>in</strong> den Inschriften <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er<br />

bestimmten Reihenfolge angeführt, abgesehen viel-<br />

leicht <strong>von</strong> 1 und 3. rh-njiw-t, das Adelsprädikat,<br />

steht immer an e<strong>in</strong>er beson<strong>der</strong>en Stelle; entwe<strong>der</strong><br />

leitet es <strong>die</strong> Titelfolge e<strong>in</strong> o<strong>der</strong> beschließt sie.<br />

Diese Ehrenbezeichnung galt also dem Grabherrn<br />

als höchster Titel. Darnach tritt slid irj-w ih-t<br />

pr-hd hervor, weil es wohl <strong>die</strong> letzte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Beamtenlaufbahn erreichte Stufe bezeichnet.<br />

Die Titel 2— 7 lassen den Aufstieg des Kij-m-'nh<br />

noch ungefähr erkennen. Es wird uns freilieh<br />

nicht <strong>die</strong> zeitliche Reihenfolge angegeben, wie<br />

etwa bei Mtn und Ph-r-nfv aus dem Anfang <strong>der</strong><br />

IV. Dynastie. Man begnügte sich später, <strong>von</strong><br />

wenigen Ausnahmen abgesehen, mit e<strong>in</strong>er An-<br />

e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>reihung <strong>der</strong> Titel ohne bestimmte Ordnung.<br />

Se<strong>in</strong>e Laufbahn hatte Kij-m-'nh wie Mtn als<br />

Schreiber begonnen. Die nächste Stufe, ^<br />

,Beamter', wird nicht erwähnt, und doch war sie,<br />

wie <strong>die</strong> Laufbahn des Ph-r-nfr zeigt, ^ <strong>die</strong> Vorbereitung<br />

für den Titel 3 , Aufseher <strong>der</strong> Beamten<br />

des Schatzhauses'. In <strong>der</strong> Sargkammer ersche<strong>in</strong>t<br />

e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> 1<br />

Y^<br />

,<br />

Aufseher <strong>der</strong> Beamten'; aber<br />

das wird nur e<strong>in</strong>e Abkürzung für ihd irj-io ih-t<br />

•pr-hd seiu."<br />

Das Amt e<strong>in</strong>es , Aufsehers des Schatzhauses'<br />

(4) müßte an sich e<strong>in</strong>e höhere Stufe se<strong>in</strong>; aber<br />

Pf.<br />

' Siehe Ph-r-nfr <strong>in</strong> Ä. Z. 75, S. (54.<br />

2 Auf <strong>der</strong> Nordwand f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>mal <strong>die</strong> Variante<br />

es ist auffallend, daß <strong>der</strong> Titel so stark zurück-<br />

tritt; er ist im ganzen nur viermal belegt. Viel-<br />

leicht liegt wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong>e Abkürzung vor und 4<br />

besagt, daß <strong>der</strong> Grabherr e<strong>in</strong> zum Schatzhaus<br />

gehöriger slid sei, nicht aber <strong>der</strong> Aufseher, dem<br />

das Schatzhaus untersteht. Auch als solcher hätte er<br />

niclit zu den höchsten Beamten des M<strong>in</strong>isteriums<br />

gehört; <strong>der</strong> wirkliche Leiter wird imj-ri pr-hd<br />

genannt, wie Ph-r-nfr.<br />

Die folgenden Titel 5 — 7 beziehen sich gleichfalls<br />

auf <strong>die</strong> Anstellung im Sehatzhause, wenn<br />

auch <strong>die</strong>se Beziehung nie ausdrücklieh erwähnt<br />

wird. An<strong>der</strong>e Inschriften lehren uns, daß gerade<br />

bei <strong>der</strong> Verwaltung des pr-lid <strong>die</strong> Siegelbewahrer<br />

e<strong>in</strong>e große Rolle spielten. ^\) J, (7), nur e<strong>in</strong>mal<br />

im Sargraum belegt, dürfte das Wesen <strong>der</strong> beiden<br />

vorhergehenden Bezeichnungen 5— 6 am besten<br />

erklären. Denn auch Ph-r-nfr wird schon sehr bald<br />

/g\ I<br />

U ^ ,<br />

Siegel<strong>in</strong>haber'. Dies hrj-sdhv-t aber<br />

entspricht unserem sdhvtj. _^\) ist nicht etwa htmj<br />

zu lesen, obwohl uns gerade <strong>die</strong>se Beamten <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> gleichen Verwaltungsabteilung begegnen. Es<br />

s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> , Beschließer'; sie versiegeln <strong>die</strong> Kasten<br />

mit den Stoffen und <strong>die</strong> Gefäße mit den Ölen,<br />

<strong>die</strong> alle zu <strong>der</strong> htm-t gehören; siehe Giza III,<br />

S. 180. Der sdhvtj aber siegelte und verwahrte<br />

<strong>die</strong> Akten, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Verwaltung des prlid betrafen.<br />

Kij-m-'nh rückte dabei zum ^1 ft ^L Q\^ ^<br />

auf; <strong>der</strong> Titel wird meist <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser o<strong>der</strong> ähnlicher<br />

Abkürzung geschrieben. Die volle Schreibung<br />

f<strong>in</strong>det sich nur auf dem Gewände des E<strong>in</strong>gangs,<br />

beidemal als ^1 n /p^'^'— '4= '^^'<br />

<strong>über</strong> den Geheimnissen <strong>der</strong> versiegelten Schrift-<br />

stücke des Königs steht', das heißt, daß er <strong>die</strong>se<br />

geheimen Schriftstücke zu verwalten hat. Titel 5<br />

wird wohl nur e<strong>in</strong>e Abkürzung darstellen.<br />

Aus 2—7 ergibt sich mit ziemlicher Gewiß-<br />

heit, daß Kij-m-'nh <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hauptverwaltung des<br />

Schatzhauses beschäftigt war. Denn es f<strong>in</strong>det sich<br />

bei ke<strong>in</strong>em Titel e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong>e Abteilung,<br />

wie bei manchen an<strong>der</strong>en Beamten des gleichen<br />

M<strong>in</strong>isteriums. 'Ij-mrj ist beispielsweise , Aufseher<br />

<strong>der</strong> Schreiber des pr-Jid^ und ,Aufseher <strong>der</strong><br />

Schreiber <strong>der</strong> königlichen Urkunden des pr-lid^,<br />

aber se<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>en Titel zeigen, daß er <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Abteilung für Le<strong>in</strong>en und Gewän<strong>der</strong> angestellt<br />

war: Aufseher , <strong>der</strong> Schreiber des Le<strong>in</strong>ens (o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Le<strong>in</strong>wandbeschließer)', Aufseher <strong>der</strong> , Schrei-<br />

ber <strong>der</strong> königlichen Gewän<strong>der</strong>' Vorbericht


6 Heemann Junkee.<br />

Giza 1928, S. 190—191. Über <strong>die</strong> Ämter des<br />

Ph-r-nfr <strong>in</strong> den Webereien siehe Ä. Z. 75, S. 64, 68.<br />

Als 1 "^ /^ (8) und ?<br />

P "1<br />

J (9) verwaltete<br />

Kij-vi-'nh Priesterämter an eiue<strong>in</strong> <strong>der</strong> Totentempel<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich hei dem des Cheops. Wird doch<br />

<strong>der</strong> Westfriedhof, auf dem das Grab steht, aus-<br />

drücklich als Friedhof <strong>der</strong> Cheops-Fyramide be-<br />

zeichnet, und bei vielen <strong>in</strong> nächster Nachbarschaft<br />

bestatteten vfh-njswt und hm-ntr wird <strong>der</strong> Name<br />

<strong>die</strong>ses Herrschers ausdrücklich genannt, wie bei<br />

Nfr, Mjmo, Hwfw-snh, Njhv-kd und an<strong>der</strong>en; siehe<br />

Vorbericht 1926, S. 88 f. Diesen Priesterämtern<br />

dürfte es Kijm-'nh verdanken, daß ihm gestattet<br />

wurde, se<strong>in</strong>e Mastaba auf dem alten Reichsfried-<br />

hof anzulegen. Vielleicht liegt aber noch e<strong>in</strong><br />

weiterer Grund vor. Wenn er den Titel J^ "^^<br />

erblich führte, mag er <strong>von</strong> irgende<strong>in</strong>em <strong>der</strong><br />

Großen <strong>der</strong> IV.—V. Dynastie abstammen, <strong>die</strong> hier<br />

ihre Grabmäler hatten, und wie se<strong>in</strong>e Vorfahren<br />

mit e<strong>in</strong>em Amte an dem Totentempel belehnt<br />

worden se<strong>in</strong>.<br />

Mit 10 beg<strong>in</strong>nen <strong>die</strong> Ehrentitel des Ver-<br />

storbenen. Sie wurden <strong>in</strong> das Verzeichnis aufgenommen,<br />

weil sie so häufig mitten unter den<br />

Amtshezeichnungen aufgeführt werden, daß man<br />

den E<strong>in</strong>druck hat, sie seien mehr wie lobende<br />

Beiworte. Mrr-nh-f steht beispielsweise auf <strong>der</strong><br />

Westwand <strong>der</strong> Kultkammer zweimal quer unter<br />

Titel 5 und 8 = w'b-njiw-t und hrj-ssti, als stelle<br />

es e<strong>in</strong>e Ergänzung dar. Über ^~~ wird<br />

weiter unten zu sprechen se<strong>in</strong>.<br />

Nr. 11 imihtv tritt ebenfalls ohne weitere Ergänzung<br />

<strong>in</strong>mitten <strong>der</strong> Titelreihen auf und steht<br />

auf dem Arehitrav <strong>über</strong> <strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dung zwischen<br />

Gang und Kammer als e<strong>in</strong>ziger Titel vor e<strong>in</strong>em<br />

<strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> des Verstorbenen. Merkwürdig ist<br />

13 = imihtv hr imn-t, denn es steht nicht etwa<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Totengebet, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong> Titelreihe<br />

auf dem Fries <strong>der</strong> äußeren Südwand.<br />

Die Frau.<br />

Für <strong>die</strong> Gemahl<strong>in</strong> des Grab<strong>in</strong>habers war<br />

gegen Ende des Ganges auf dessen Westwand<br />

e<strong>in</strong>e eigene Sche<strong>in</strong>tür angebracht worden, auf<br />

<strong>der</strong>en Südpfosten sie lebensgroß dargestellt ist.<br />

Aber <strong>in</strong> allen Inschriften <strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>tür ist ihr<br />

Name getilgt. Der erste Buchstabe ist <strong>in</strong> zwei<br />

Fällen noch deutlich e<strong>in</strong> 5^==. Darunter erkennt<br />

man <strong>die</strong> Spuren <strong>von</strong> zwei waagrechten schmalen<br />

Zeichen, <strong>die</strong> jedesmal auf —»^ und i=~=3 weisen;<br />

;<br />

unter ihnen steht wie<strong>der</strong> deutlich e<strong>in</strong>


BeKICHT iJBEK DIE GeäBUNGEN AUF DEM FkIEDHOF VON GlZA.<br />

feil auch, warum man sich damit begnügte, den<br />

Namen auszumeißehi, <strong>die</strong> Gestalt und <strong>die</strong> Sprüche<br />

aber unverletzt bestehen ließ. Denn e<strong>in</strong>e Zerstörung:<br />

<strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> hätte <strong>die</strong> Kammer ohne Zweck<br />

verunstaltet, <strong>die</strong> Strafe wäre dadurch nicht härter<br />

gewesen.<br />

Vielleicht haben wir noch e<strong>in</strong>en Anhalt für<br />

den Zeitpunkt <strong>der</strong> Namenstilgung: Am Nordende<br />

des Ganges ist Klj-m-'iih beim Brettspiel dargestellt;<br />

se<strong>in</strong>e Frau sitzt neben ihm auf dem breiten Lehn-<br />

sessel. Über dem Bilde steht LL •==» I<br />

U ^v T ^^ ^^^ ^^^ ^'"® ^^^^ ungewöhn-<br />

liche Titelreihe; denn <strong>der</strong> Name gehörte wie <strong>in</strong><br />

allen an<strong>der</strong>en Beispielen an den Schluß und nicht<br />

mitten <strong>in</strong> <strong>die</strong> Aufzählung, auch ist '"^ sonst<br />

nie belegt, Nr. 10 lautet immer<br />

T<br />

T<br />

^q::_ k:^ Man<br />

darf daher annehmen, daß ursprünglich h<strong>in</strong>ter<br />

dem Namen des Grabherrn <strong>der</strong> Name <strong>der</strong> Frau<br />

stehen sollte,^ e<strong>in</strong>geleitet durch Dann<br />

aber hat man mitten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeit den Plan ge-<br />

än<strong>der</strong>t, <strong>die</strong> ersten Zeichen zu<br />

'M^^ umge-<br />

arbeitet und den Rest weggemeißelt. Der Befund<br />

ist kaum an<strong>der</strong>s zu erklären. Denn wenn nur <strong>die</strong><br />

schwarzen Vorzeichnungen vorhanden gewesen<br />

wären, hätte man leicht das ganze Schriftband<br />

än<strong>der</strong>n können; wäre <strong>die</strong> Inschrift an<strong>der</strong>erseits<br />

schon ganz <strong>in</strong> Flachrelief fertig gewesen, müßte<br />

^C:7 Spuren <strong>der</strong> Umän<strong>der</strong>ung zeigen. — Welcher-<br />

art <strong>der</strong> Konflikt war, auf den uns <strong>die</strong> Zerstörung<br />

des Namens <strong>der</strong> Frau weist, bleibt uns natürlich<br />

unbekannt. Ts-t war e<strong>in</strong>e Frau <strong>von</strong> Stand; sie<br />

führt als ersten Titel immer J_ "^s^, das Adels-<br />

prädikat. Auch ihre Priesterämter weisen auf e<strong>in</strong>e<br />

gehobene Stellung: S1 ll^J<br />

M<br />

Ster<strong>in</strong> <strong>der</strong> Hathor <strong>der</strong> Herr<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sykomore an<br />

allen ihren Orten, Priester<strong>in</strong> <strong>der</strong> Neith, <strong>der</strong> Wege-<br />

öffner<strong>in</strong>'.<br />

Hathor, <strong>die</strong> Herr<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sykomore, hatte e<strong>in</strong><br />

Heiligtum <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt Memphis. Sethe, Ur-<br />

geschichte § 26, nimmt an, daß e<strong>in</strong>e hier heimische<br />

Baumgött<strong>in</strong> später <strong>der</strong> Hathor gleichgesetzt<br />

' Wahrsche<strong>in</strong>lich g<strong>in</strong>g <strong>die</strong> Inschrift bis zum Knde des<br />

vvaagrechten liandes und bog dann <strong>in</strong> rechtem W<strong>in</strong>kel nach<br />

unten um, zwischen Teppicli und Randleiste <strong>der</strong> Wand.<br />

worden sei. Vor <strong>der</strong> Gründung <strong>von</strong> Memphis<br />

werden wir aber wenig mit örtlichen Kulten rechnen<br />

dürfen, da das Gebiet versumpft war. Wahrsche<strong>in</strong>-<br />

lich hat man für <strong>die</strong> neue Hauptstadt Heiligtümer<br />

<strong>der</strong> großen Gottheiten neu geschaffen und <strong>der</strong><br />

<strong>über</strong>all verehrten Hathor e<strong>in</strong>en Kult unter ihrem<br />

beson<strong>der</strong>en Namen nbt nh-t e<strong>in</strong>gerichtet. So er-<br />

klärt sich auch am besten <strong>der</strong> Zusatz ,an allen<br />

ihren Orten'.<br />

Den Kult <strong>der</strong> Neith hatte man <strong>von</strong> Sais<br />

<strong>über</strong>nommen und ihr e<strong>in</strong>en Tempel bezeichnen<strong>der</strong>weise<br />

im Norden <strong>der</strong> Stadt erbaut, daher ihr Name<br />

,<strong>die</strong> nördlich <strong>der</strong> Mauer wohnt'. Entsprechend<br />

ihrem kriegerischen Charakter führte sie den Be<strong>in</strong>amen<br />

,Wegeöffner<strong>in</strong>'. In <strong>der</strong> oben wie<strong>der</strong>gegebenen<br />

Inschrift auf dem Architrav <strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>tür wird<br />

hm-t nfr dem Bjf;-i ic)-ict nochmals nachgesetzt;<br />

sicher mit Unrecht. Auf dem l<strong>in</strong>ken Pfosten steht<br />

richtig M ]W f:^, und so wird <strong>der</strong> Titel<br />

auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Gräbern geschrieben, wie L. D.ll,<br />

87 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mastaba des SitwM "^ "^ () f|W £^,<br />

und bei Hmo-t4n Giza III, 206 g H W^<br />

^?^^^, ebenso bei Htp-hrs S. 20.<br />

Die Belegstellen zeigen, daß es ursprünglich<br />

meist Damen <strong>von</strong> Rang waren, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Priester-<br />

ämter <strong>der</strong> Hathor und <strong>der</strong> Neith bekleideten; ihre<br />

Grabanlagen gehören auf unserem Friedhof zu<br />

den bedeuten<strong>der</strong>en, v.ie Hntt-k), Hnw-t-sn, Htp-hrs,<br />

Snt-its. Am Ende des Alten Reichs freilich f<strong>in</strong>den<br />

wir ihn <strong>in</strong> <strong>der</strong> ärmlichen Mastaba des ^^"^^^^^J<br />

<strong>der</strong> selbst e<strong>in</strong> Dutzend Titel führt, <strong>die</strong> früher zu<br />

den höchsten zählten = A^orbericht 1926, S. 92 f.<br />

Dem Titel 1 1 des Grabherrn entsprechend<br />

wird Ts-t jedesmal (] ^<br />

würdige' genannt.<br />

f^ ^<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong>.<br />

I,<br />

^ -Die Ehr-<br />

Kij-m-'nh sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>en Sohn und drei Töchter<br />

besessen zu haben. Der Sohn wird dreimal als<br />

K<strong>in</strong>d dargestellt, sich an den Vater haltend, e<strong>in</strong>-<br />

mal als Erwachsener im Verwaltungsrat <strong>der</strong> Toten-<br />

stiftung. Zweimal wird er bezeichnet als<br />

'^^flffiT^^^^<br />

,Se<strong>in</strong> ältester So"hn,<br />

<strong>der</strong> Schreiber des Schatzhauses Hicj-irj-Wr\ Der<br />

Name ist zu <strong>über</strong>setzen: ,Der „Große'" hat mich<br />

beschützt'. Der , Große' ist <strong>der</strong> Name des Weltgottes,<br />

dem wir unter andeiem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zusammen-


8 Hekjiann Junkee.<br />

Setzung Hr-Wr, Pth-Wr und ^Imn-Wr begegnen<br />

und <strong>der</strong> <strong>in</strong> Heliopolis <strong>die</strong> Sondeibezeichnuiig<br />

'It<strong>in</strong>iv = ,Allgott' erhielt; siehe ,Die Lehre <strong>von</strong><br />

Memplüs', Al)h. d. Akad. d. Wiss., Berl<strong>in</strong> (im<br />

Druck). — Hwj-wj-Wr war <strong>in</strong> <strong>der</strong> gleichen Verwaltung<br />

wie se<strong>in</strong> Vater tätig und arbeitete im<br />

Schatzhause als Schreiber. So hatte auch K)j-m-'nh<br />

se<strong>in</strong>e Laufbahn begonnen.<br />

Die Töchter s<strong>in</strong>d auf <strong>der</strong> Westwand des<br />

Ganges, bei <strong>der</strong> Darstellung <strong>von</strong> Gesang und Tanz,<br />

abgebildet. Hier steht <strong>über</strong> den drei händeklat-<br />

schenden Säno'er<strong>in</strong>nen ii<br />

il<br />

i m<br />

"^<br />

I. Die Gestalt des Baues.<br />

(Abb. 2 und 3.)<br />

Die Gestalt des Grabes wurde wesentlich<br />

durch den Raum bestimmt, auf dem es errichtet<br />

werden sollte. Für <strong>die</strong> nach dem ersten Plan des<br />

Friedhofs erbauten Anlagen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> großen regel-<br />

mäßigen Straßen umsäumen, waren <strong>von</strong> vornhere<strong>in</strong><br />

Form und Maße festgelegt; sie waren Teile des<br />

gewaltigen Ganzen, <strong>in</strong> dessen Mittelpunkt <strong>die</strong><br />

Pyramide stand. Für <strong>die</strong> später angelegten Gräber<br />

wäre e<strong>in</strong>e größere Freiheit vorhanden gewesen,<br />

aber zunächst erweiterte man den Grundplan <strong>in</strong><br />

entsprechen<strong>der</strong> Wei^^e, verlängerte unter Chephren<br />

und Myker<strong>in</strong>os <strong>die</strong> Straßen nach Osten und legte<br />

dann den Friedhof mit den abgetre])pten Seitenstraßen<br />

davor. Aber allmäidich errichtete man<br />

auch Gräber auf den freien Plätzen zwischen den<br />

Friedhofsabschnitten und an den Außenräa<strong>der</strong>n<br />

des ursprünglichen Bezirks, später aucii <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> alten Mastaba-Straßen.<br />

Bei den an ke<strong>in</strong>en Plan und Raum gebundenen<br />

Anlagen, <strong>die</strong> sich frei entfalten konnten, wären<br />

an erster Stelle <strong>die</strong> Zeichen <strong>der</strong> Entwicklung des<br />

Grabbaues zu erwarten. Aber es zeigt sich, daß<br />

man vorerst noch stark auf das Bestehende Rück-<br />

sicht nahm, <strong>in</strong> fe<strong>in</strong>em Gefühl dafür, daß e<strong>in</strong> zu<br />

stai'kes eigenmächtiges Vorgehen den Gesamte<strong>in</strong>-<br />

druck <strong>der</strong> monumentalen Friedhofsanlnge schädi-<br />

gen müßte. Das zeigt sich deutlich bei den öst-<br />

lichsten Gräberreihen, Taf. I <strong>der</strong> Vorberichte 1914<br />

und 192G.<br />

Für <strong>die</strong> später zwischen den Abschnitten o<strong>der</strong><br />

jn den Straßen errichteten Gräber lag e<strong>in</strong>e<br />

an<strong>der</strong>e B<strong>in</strong>dung vor, <strong>die</strong> des Raumes. Begegnet<br />

Nur bei <strong>der</strong> mittleren ist <strong>der</strong> Name <strong>in</strong> Relief<br />

ausgeführt: 'ä«=^ • <strong>die</strong> Ergänzung muß uuge-<br />

wiß bleiben. Der ersten war <strong>der</strong> Name <strong>in</strong> roter<br />

T<strong>in</strong>tenschrift zugefügt, es ist aber nur mehr<br />

<strong>die</strong> erste Hieroglyphe ^^^ erhalten. So bat man<br />

<strong>die</strong> Wahl zwischen den Frauennamen ^^ F^^,<br />

ci und an<strong>der</strong>en, für <strong>die</strong> man Ranke,<br />

Namenwörterbuch, S. 3 und 240 e<strong>in</strong>sehe. — Auf<br />

<strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>tür des Ganges steht e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Töchter<br />

neben <strong>der</strong> Mutter, sich an sie klammernd.<br />

C. Die Baubeschreibung".<br />

man hier <strong>in</strong> so zahlreichen Fällen e<strong>in</strong>er wesent-<br />

lichen Än<strong>der</strong>ung des Länge-Breite- Verhältnisses,<br />

e<strong>in</strong>er Verlegung des E<strong>in</strong>gangs vom normalen Osten,<br />

e<strong>in</strong>er eigentümlichen Anordnung <strong>der</strong> Innenräume,<br />

so ist das an erster Stelle auf <strong>die</strong> Beson<strong>der</strong>heit<br />

des zur Verfügung stehenden Bauplatzes zurück-<br />

zuführen und nicht etwa auf e<strong>in</strong>en Wandel des<br />

Stiles. Hier haben wir e<strong>in</strong> eigenes Kapitel <strong>der</strong><br />

Baugeschichte vor uns, das zu behandeln sich<br />

lohnte. Hier mußte <strong>der</strong> Architekt se<strong>in</strong>en Plan dem<br />

gegebenen Raum anpassen und zugleich Rücksicht<br />

auf <strong>die</strong> umgebenden Bauten nehmen. Beson<strong>der</strong>s<br />

gelungene Lösungen zeigen unter an<strong>der</strong>em <strong>die</strong><br />

prachtvolle Architektur-Ecke', <strong>die</strong> durch Nfr,<br />

,<br />

Kdfj und Mastaba VII n n gebildet wird — <strong>die</strong><br />

Familienanlagen des Ssm-nfr IV ui\i äev Sndm-ib.<br />

Kij-m-'nh war das Nordende <strong>der</strong> Straße<br />

zwischen den Gräberreihen V und VI zugewiesen<br />

worden; siehe Abb. 1. Der Raum war im Süden<br />

durch den Ziegelvorbau <strong>der</strong> Jlastaba V ?i begrenzt,<br />

<strong>der</strong> <strong>die</strong> ganze Breite <strong>der</strong> Straße bis auf e<strong>in</strong>en<br />

schmalen Streifen im Osten e<strong>in</strong>nahm; Giza I,<br />

Abb. 46. Er hatte nun <strong>die</strong> Wahl zwischen ver-<br />

schiedenen Lösungen. In <strong>der</strong> Nachbarstraße hatte<br />

ID-piv-Pth bei ganz gleichen Raumverhältnissen<br />

se<strong>in</strong> Grab ganz nahe an <strong>die</strong> westliche Mastaba gerückt,<br />

im Osten e<strong>in</strong>en schmalen Weg gelassen und<br />

nach alter Überlieferung <strong>die</strong> Kultkammer mit Ost-<br />

e<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> den Süden des Blockes gelegt. Ebenso<br />

war man bei Snfrw-nfr und bei <strong>der</strong> südlich <strong>von</strong> ihm<br />

gelegenen Ma.staba verfahren. E<strong>in</strong>er späteren Zeit<br />

gehört im allgeme<strong>in</strong>en <strong>die</strong> Lösung an, den Bau<br />

ganz <strong>der</strong> Straßenrichtung anzupassen und <strong>die</strong><br />

Front nach Norden zu verlegen, <strong>in</strong> gleicher Flucht<br />

mit den Schmalseiten <strong>der</strong> <strong>die</strong> Straße umsäumenden


Giza IV.<br />

Bekicht übek <strong>die</strong> Gkäbt<strong>in</strong>gen auf dem Fkiedhof <strong>von</strong> GizA.<br />

Abb. 2. Vor<strong>der</strong>- und Kückansicht <strong>der</strong> Ma;taba.


10 Hekmann Jünkek.<br />

Gräber;<br />

^<br />

siehe so Nfr i= Vorbericht 1913, S. 11,<br />

.c:^ J p = Vorberieht. 1913, S. ; 7 1926, S. 92,<br />

vergleiche Kij = Giza III, Abb. 1.<br />

Kij-m-'nh beschritt ke<strong>in</strong>en <strong>die</strong>ser Wege, son-<br />

<strong>der</strong>n rückte den Bau 5 m tief <strong>in</strong> <strong>die</strong> Straße.<br />

Dadurch wurde e<strong>in</strong> Vorhof gewonnen, <strong>der</strong> im<br />

Osten und Westen durch <strong>die</strong> schweren Qua<strong>der</strong>mauern<br />

<strong>der</strong> Ma.stabas <strong>der</strong> IV. Dynastie, im Süden<br />

durch <strong>die</strong> Werkste<strong>in</strong>front des Grabes umschlossen<br />

wurde. Für <strong>die</strong>se Wahl waren wesentlich ästheti-<br />

sche Gesichtspunkte maßgebend; denn vorteil-<br />

hafter wäre es gewesen, den Raum noch für das<br />

Grab zu verwenden: da es sich hauptsächlich<br />

um <strong>die</strong> Errichtung <strong>der</strong> beiden Verb<strong>in</strong>dungsmauern<br />

handelte, hätte <strong>die</strong> Anlage ohne beson<strong>der</strong>en Mehraufwand<br />

um e<strong>in</strong> Drittel vergrößert werden können.<br />

Aber man fühlte, daß durch e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung <strong>der</strong><br />

Schmalwände <strong>der</strong> seitlichen Mastabas <strong>der</strong> E<strong>in</strong>-<br />

druck entstehen mußte, als seien Teile e<strong>in</strong>es Bauwerks<br />

aus nicht zusammenstimmendem Werkstoff<br />

errichtet. Das wird sofort klar, wenn man<br />

Kij-m-'nh mit Kij vergleicht (Giza III, Abb. 1), <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>e Ost— West-Straße zwischen zwei Mastabas<br />

<strong>der</strong> IV. Dynastie geschlossen hatte. Hier wird<br />

<strong>der</strong> ungünstige E<strong>in</strong>druck zwar durch <strong>die</strong> nahe<br />

heranreichenden Kultvorbauten <strong>der</strong> beiden seit-<br />

lichen Gräber gemil<strong>der</strong>t, aber man kann sich<br />

<strong>von</strong> dem Gefühl nicht freimachen, daß <strong>die</strong><br />

Anlage e<strong>in</strong>geengt ist, sich zu Unrecht hier an-<br />

gebaut hat. Ebenso ist es bei <strong>der</strong> Anlage, <strong>die</strong><br />

auf dem Gebiete <strong>der</strong> amerikanischen Konzession<br />

zwischen den zwei südlichen Gräbern <strong>der</strong> zweiten<br />

Mastaba-Reihe liegt. Bei Kij-m-'nh dagegen kommt<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck des E<strong>in</strong>geschlossenen, Zwischen-<br />

geschobenen durch den davorliegenden freien<br />

Raum <strong>über</strong>haupt nicht auf. Die wuchtigen, aus<br />

schweren Qua<strong>der</strong>n geschichteten Seitenwände <strong>der</strong><br />

beiden Nachbar-Mastabas führen uns zu dem ge-<br />

fälhger gehaltenen Bau im H<strong>in</strong>tergrund.<br />

Da <strong>die</strong> Gestaltung des Baues wesentlich<br />

durch den zur Verfügung stehenden Raum be-<br />

stimmt wurde, läßt er sich nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Ent-<br />

wicklungsschema e<strong>in</strong>fügen, imd <strong>die</strong> zur Zeit se<strong>in</strong>er<br />

Entstehung herrschenden Bestrebungen treten nur<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong>neren Anordnung stärker hervor. —<br />

Für den Grabblock selbst waren nur zwei Ver-<br />

b<strong>in</strong>dungsmauern zwischen den beiden seitlichen<br />

Anlagen zu ziehen. Der Kern war Bruch und<br />

Geröll; er erhielt im Süden und Norden zunächst<br />

e<strong>in</strong>en Abschluß aus Bruchste<strong>in</strong>en, um den dann<br />

e<strong>in</strong>e Verkleidung <strong>von</strong> Nummulit-Hauste<strong>in</strong>-Blöcken<br />

<strong>in</strong> sieben Lagen gelegt wurde. Die oberste Reihe<br />

ist sorgfältiger geglättet und trägt e<strong>in</strong>e Inschrift-<br />

reihe <strong>von</strong> großen Hieroglyphen.<br />

Der Bau erreicht nicht <strong>die</strong> Höhe <strong>der</strong> beiden<br />

ihn e<strong>in</strong>schließenden Mastabas. Diese ragen um<br />

e<strong>in</strong> beträchtliches Stück <strong>über</strong> ihn h<strong>in</strong>aus. Diese<br />

Beschränkung ist aus e<strong>in</strong>em fe<strong>in</strong>en künstlerischen<br />

Empf<strong>in</strong>den zu erklären. E<strong>in</strong>e Führung bis zur<br />

vollen Höhe <strong>der</strong> Nachbaranlagen hätte das E<strong>in</strong>geschobense<strong>in</strong><br />

stärker hervortreten lassen. Das<br />

wird wie<strong>der</strong> durch e<strong>in</strong>en Vergleich mit Kij ==<br />

Giza III, Abb. 12 offensichtlich: Hat man bei<br />

ihm den E<strong>in</strong>druck, daß Zyklopenmauern durch<br />

e<strong>in</strong> schwächliches Gebilde A^erbunden werden, so<br />

wirken <strong>die</strong>se Mauern bei Kij-m-'nh wie zwei Pylon-<br />

türme, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Mitte das zierlicher gebaute Tor<br />

liegt. Dazu kommt noch, daß <strong>die</strong> Mauern <strong>der</strong><br />

Vor<strong>der</strong>- und Rückseite sich mit je<strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>lage<br />

verbreitern mußton, da sie sich an <strong>die</strong> schrägen<br />

Wände <strong>der</strong> Nachbar-Mastabas anschlössen; sie<br />

bilden e<strong>in</strong> umgekehrtes Trapez. In <strong>der</strong> L<strong>in</strong>ien-<br />

zeichnung <strong>der</strong> Abb. 2 tritt <strong>die</strong>se Form not-<br />

gedrungen stärker hervor als beim Anblick <strong>der</strong><br />

Anlage; aber e<strong>in</strong>e Weiterführung um mehrere<br />

Schichten wäre nicht tragbar gewesen.<br />

Von E<strong>in</strong>zelheiten sei zuerst auf <strong>die</strong> Form<br />

<strong>der</strong> Werkste<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Verkleidung h<strong>in</strong>gewiesen.<br />

Man f<strong>in</strong>det nur ganz wenige <strong>von</strong> regelmäßigem,<br />

rechteckigem Schnitt; es wiegen vor Trapez,<br />

Parallelogramm, abgestumpftes rechtw<strong>in</strong>kliges<br />

Dreieck und ähnliche Formen. Die L<strong>in</strong>ien <strong>der</strong><br />

Nachbarblöcke s<strong>in</strong>d natürlich aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ab-<br />

gestimmt. Die Wahl <strong>die</strong>ser unregelmäßigen<br />

Formen gegen<strong>über</strong> den e<strong>in</strong>facher herzustellenden<br />

Rechtecken muß wohl auf <strong>die</strong> Auffassung zurück-<br />

gehen, daß durch sie, wie durch e<strong>in</strong>e Verkeilung,<br />

<strong>der</strong> Mauer e<strong>in</strong> festerer Halt gegeben werde. In<br />

<strong>der</strong> Tat fanden wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vor<strong>der</strong>wand <strong>von</strong> Grab-<br />

räubern e<strong>in</strong> großes Loch e<strong>in</strong>gerissen, aber <strong>die</strong><br />

dar<strong>über</strong>liegenden Reihen schwebend <strong>in</strong> festem<br />

Zusammenhang, trotz <strong>der</strong> schweren Sandschicht,<br />

<strong>die</strong> auf ihnen lastete. Das wäre bei e<strong>in</strong>er Ver-<br />

kleidung mit rechteckigen Blöcken nicht denk-<br />

bar. — Da <strong>die</strong> Wände <strong>der</strong> Nachbaranlagen nicht<br />

abgearbeitet wurden, wie bei Kij, mußten an den<br />

Enden <strong>der</strong> Reihen beson<strong>der</strong>s geformte Ste<strong>in</strong>e verwendet<br />

werden, <strong>die</strong> sich den großen Blöcken an-<br />

paßten. — Am Ostende, dicht an <strong>der</strong>Mastaba VI«,<br />

ist <strong>die</strong> Tür angebracht. Die Gewände bestehen<br />

aus je e<strong>in</strong>er Platte aus e<strong>in</strong>em Stück. Der breite<br />

Architrav mit vorkragendem Sims mußte <strong>der</strong><br />

Nachbaranlage wegen e<strong>in</strong> wenig nach Westen<br />

verschoben werden. Die e<strong>in</strong>flügelige Holztür im<br />

Innern öffnete sich nach Osten.


SCHNITT ' M<br />

- N<br />

Abb. ;i. C<strong>in</strong><strong>in</strong>diiU uikI Li<strong>in</strong>gsschnitt des Oberbaues.<br />

N


12 Heemann Junkee.<br />

II. Die Innenräiime.<br />

(Abb. 3 und 4.)<br />

Der ganzen Ostwand entlang ist e<strong>in</strong> breiter<br />

Korridor angelegt. An se<strong>in</strong>em Nordende, also<br />

gleich beim E<strong>in</strong>tritt rechter Hand, liegt <strong>die</strong> Kultkammer,<br />

offen, ohne Trennungswand. Die Öffnung<br />

ist oben durch e<strong>in</strong>en Architrav abgeschlossen;<br />

er geht <strong>von</strong> <strong>der</strong> Ecke, <strong>die</strong> Südwand des Raumes<br />

und Westwand des Ganges bilden, <strong>in</strong> <strong>die</strong> Mauer<br />

<strong>der</strong> Front, und trägt hier <strong>die</strong> Ost—West gelegten<br />

Deckplatten des Ganges.<br />

Die Anordnung <strong>der</strong> Räume ersche<strong>in</strong>t zu-<br />

nächst selbstverständlich. Sie bedeutet aber <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Tat e<strong>in</strong>en Bruch mit <strong>der</strong> Überlieferung. Zunächst<br />

ist <strong>die</strong> Lage <strong>der</strong> Hauptkultstelle im Norden<br />

ungewöhnlich. Hätte man sich damit begnügt)<br />

nur den Kultraum auszusparen und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Westwand<br />

zwei Sche<strong>in</strong>türen anzubr<strong>in</strong>gen, so wäre man<br />

im wesentlichen bei <strong>der</strong> üblichen Anordnung geblieben.<br />

Daß <strong>der</strong> Raum, statt wie gewöhnlich im<br />

Süden, hier im Norden lag, war dann eben durch<br />

den Bauplatz und se<strong>in</strong>en Zugang bestimmt. Diese<br />

Lösung ist wie<strong>der</strong>holt belegt, wie bei Ki-hjf. Meist<br />

liegt <strong>der</strong> E<strong>in</strong>gang dabei am Ostende <strong>der</strong> Nord-<br />

seite und <strong>der</strong> schmale Raum reicht bis zum Süd-<br />

ende; so bei Mrio-ki = Vorbericht 1926, S. 95,<br />

Wsr = Vorbericht 1912, S. 15, Si-nfr = Vor-<br />

bericht 1926, S. 107, Nfr = Vorbericht 1912,<br />

S. 11; auf dem Felde südöstlich <strong>der</strong> Chephreu-<br />

Pyramide mehrere Anlagen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Straße <strong>der</strong><br />

Priester <strong>der</strong> König<strong>in</strong>.<br />

Wenn aber Gang und Kammer ausgespart<br />

werden, so ist es <strong>die</strong> Regel, daß <strong>die</strong> Kammer im<br />

Süden liegt. Am Ende des Ganges öffnet sich<br />

dann e<strong>in</strong>e Tür zum eigentlichen Kultraum o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Gang erhält am Südende gegen<strong>über</strong> <strong>der</strong><br />

Sche<strong>in</strong>tür e<strong>in</strong>e Erweiterung nach Osten. Von<br />

den zahlreichen Beispielen <strong>die</strong>ser Anordnung<br />

seien erwähnt ^^ ^iz:?^ i r ^ Vorbericht 1913,<br />

S. 7 und 1926, S. 92 und Nj-m}H-r' = S. Hassan,<br />

Excavations 2, S. 211 f., <strong>von</strong> den Ziegel-Mastabas<br />

Mnj = Vorbericht 1926, Abb. 1; siehe auch <strong>die</strong><br />

entsprechenden Anlagen auf dem Vorbericht 1927<br />

beigefügten Plan. Überall kommt dabei das alte<br />

Gesetz zur Geltung, daß <strong>die</strong> Hauptopferstelle im<br />

Süden <strong>der</strong> Anlage liegen müsse.<br />

Das selbständige Vorgehen des Kij-m-'nh kann<br />

nur so erklärt werden, daß er <strong>von</strong> <strong>der</strong> Regel abwich,<br />

weil er <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en D<strong>in</strong>gen dem Geschmack <strong>der</strong><br />

Zeit folgen wollte. Am Ende des Alten Reiches<br />

wird <strong>die</strong> Auflockerung des Grabblocks immer<br />

stärker; er besteht zum Schluß nur mehr aus<br />

e<strong>in</strong>er Reihe <strong>von</strong> Gängen und Kammern, und <strong>die</strong><br />

häufige Verlegung <strong>der</strong> Mündung des Grabschachtes<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> Räume dürfte damit <strong>in</strong> Zusammenhang<br />

stehen. Des weiteren war es immer mehr<br />

Sitte geworden, <strong>die</strong> Grabräume, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Besucher<br />

zunächst betrat, luftiger und heller zu halten. Es<br />

sei <strong>in</strong> Giza an <strong>die</strong> Gräber <strong>der</strong> Sndm-ih mit großem<br />

geme<strong>in</strong>samen Vorhof, an Ssm-nfr IV mit Torbau,<br />

Hof und Pfeilerhalle und an B'In-hhio er<strong>in</strong>nert, <strong>in</strong><br />

Sakkära an <strong>die</strong> Familiengruppe des Pth-htp und<br />

an Pth-htp II nördlich des TF?«s-Aufwegs. Gewiß<br />

s<strong>in</strong>d alle <strong>die</strong>se Anlagen <strong>in</strong> ihrem Plan <strong>von</strong> dem<br />

des Kij-m-'nh verschieden, aber sie zeigen den<br />

Geschmack <strong>der</strong> Zeit und <strong>die</strong> Auffassungen, aus<br />

denen <strong>die</strong> Anordnung entstanden ist. Er wollte<br />

nicht, daß man zunächst e<strong>in</strong>en dunklen Gang<br />

betrete und an se<strong>in</strong>em Ende e<strong>in</strong>e noch dunklere<br />

Kultkammer, wollte bei den Besuchern des Grabes<br />

nicht den E<strong>in</strong>druck düsterer Enge aufkommen<br />

lassen. Die Mastaba war längst nicht mehr dem<br />

Totenkult und den D<strong>in</strong>gen des Jenseits alle<strong>in</strong><br />

gewidmet, das irdische Leben des Grabherrn, wie<br />

es sich nach dem Tode fortsetzen sollte, tritt <strong>in</strong><br />

den Vor<strong>der</strong>grund (Giza III, S. 64—66). Diese<br />

Gedanken, <strong>die</strong> <strong>in</strong> den großen Anlagen so <strong>über</strong>-<br />

zeugend zum Ausdruck kommen, haben auch auf<br />

<strong>die</strong> Anordnung unserer bescheidenei'en Mastaba<br />

e<strong>in</strong>gewirkt. E<strong>in</strong>en Beweis für <strong>die</strong>se Zusammenhänge<br />

liefert <strong>die</strong> Bebil<strong>der</strong>ung des Kultraumes. Auf<br />

<strong>der</strong> Nordwand ist Kij-m-'nh beim Fischstechen <strong>in</strong><br />

den Papyrussümpfen dargestellt. Wie unten S. 16<br />

nachgewiesen wird, ist <strong>die</strong>se Szene <strong>in</strong> den großen<br />

Grabanlagen meist am Torbau o<strong>der</strong> <strong>in</strong> den Vorräumen<br />

angebracht. Wenn sie daher <strong>in</strong> unserer<br />

Mastaba gleicii rechts vom E<strong>in</strong>gang steht, so ist<br />

e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung <strong>von</strong> Ausschmückung und Raum-<br />

vorstellung nicht <strong>von</strong> <strong>der</strong> Hand zu weisen. Jetzt<br />

verstehen wir, warum <strong>die</strong> Kammer gleich beim<br />

E<strong>in</strong>gang liegt, warum ihre Ostwand <strong>in</strong> Wegfall<br />

kam, und Licht durch e<strong>in</strong> dreiteiliges Fenster<br />

e<strong>in</strong>gelassen wurde. Man wollte den E<strong>in</strong>druck <strong>der</strong><br />

Geräumigkeit und Helle hervorrufen, wie bei den<br />

Vorhallen <strong>der</strong> reicheren Mastabas. So zeigt uns<br />

Kij-m-'nh im kle<strong>in</strong>en, wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> VI. Dynastie <strong>der</strong><br />

Gral)bau se<strong>in</strong>e alte Strenge verloren hat, und wie<br />

Räume und Bil<strong>der</strong> <strong>von</strong> dem Gedanken <strong>der</strong> Fortsetzung<br />

e<strong>in</strong>es bunten, sonnigen Lebens auf Erden<br />

beherrscht werden.<br />

Kammer und Gang s<strong>in</strong>d ganz mit geglätteten<br />

Werkste<strong>in</strong>blöcken verkleidet. Es wurde fast aus-<br />

schließlich Nummulit verwendet, auch für <strong>die</strong> Deck-<br />

balken. Nur <strong>die</strong> Westwand des Kultraumes, <strong>die</strong>


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s


14 HEEMAim JuNKEE.<br />

ganz <strong>von</strong> <strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>tür e<strong>in</strong>genommen wird, zeigt man den L<strong>in</strong>ien des Baues entsprechend e<strong>in</strong>e<br />

den weißgelben, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe anstehenden Kalk-<br />

ste<strong>in</strong>. Da <strong>die</strong> Sche<strong>in</strong>tür für den Kult <strong>die</strong> größte<br />

Bedeutung hatte, suchte man sie aus dem besten<br />

Material herzustellen. Man hat also offenbar den<br />

gelben Kalkste<strong>in</strong> dem Nummulit vorgezogen. Er<br />

hat <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat e<strong>in</strong>e hellere Farbe und weniger<br />

Muschele<strong>in</strong>schlüsse, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Bearbeitung erschwe-<br />

ren. Aber <strong>die</strong> Grabungen haben gezeigt, daß er<br />

sich am schlechtesten gehalten hat, mürbe und<br />

blätterig geworden ist. Auch <strong>in</strong> unseren Räumen<br />

ist es alle<strong>in</strong> <strong>die</strong> mit ihm verkleidete Westwand,<br />

<strong>die</strong> Zersetzungsersche<strong>in</strong>ungen aufweist. — Der<br />

Fußboden ist im Kultraum mit gutbehauenen<br />

Kalkste<strong>in</strong>platten belegt, <strong>der</strong> Gang dagegen weist<br />

den unregelmäßig abgearbeiteten Felsboden auf.<br />

In <strong>der</strong> Nordwand ist e<strong>in</strong> dreiteiliges Fenster<br />

angebracht. Se<strong>in</strong>e Form kommt gewiß nicht vom<br />

Ste<strong>in</strong>bau her. Die Mastabas erhalten ihre Be-<br />

leuchtung meist durch hochgelegene schmale<br />

Lichtschächte, oft <strong>in</strong> Form <strong>von</strong> sich nach <strong>in</strong>nen<br />

verbreiternden Schlitzen. Bei normaler Lage <strong>der</strong><br />

Kammer liegen sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Südwand. Für <strong>die</strong><br />

verwickelte Beleuchtungsanlage <strong>in</strong> Ssm-nfr III<br />

siehe Giza III, S. 199. Bei den königlichen Grab-<br />

anlagen waren ähnliche Schlitzfeuster angebracht,<br />

wie <strong>der</strong> Totentempel des Chephren zeigt. Der<br />

mit Reliefs bedeckte Aufweg zur IFHis-Pyramide<br />

erhielt Licht durch e<strong>in</strong>en schmalen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte<br />

<strong>der</strong> Decke durchlaufenden Spalt. Vere<strong>in</strong>zelt s<strong>in</strong>d<br />

auch durchbrochene Fenster nachgewiesen, Kalk-<br />

ste<strong>in</strong>platten mit kreisrunden Öffnungen, wie im<br />

Statuenhaus des Ssm-nfr III (Giza III, Abb. 34<br />

und S. 190).<br />

Mehrteilige Fenster dagegen treten zunächst<br />

nur <strong>in</strong> Ziegelbauten auf, an <strong>der</strong> Stirnseite gewölbter<br />

Räume, wie <strong>in</strong> den Vorbauten <strong>der</strong> Ma-<br />

stabas <strong>der</strong> IV. Dynastie, siehe Reisner, Annales<br />

1914, Taf. IV, Records of the past 1905, Mai,<br />

Vorsetzblatt, und später an dem Vorratsraum<br />

<strong>der</strong> Mastaba des Snb = Vorbericht 1927, Abb. 1<br />

und S. 101. Das dreiteilige Fenster <strong>in</strong> K3j-m-'nh<br />

dürfte auf solche Vorbil<strong>der</strong> zurückgehen. Nur hat<br />

niedrige, breite Form gewählt.<br />

Im Nordostteil <strong>der</strong> Kultkammer liegt <strong>die</strong><br />

Öffnung des Grabschachtes; siehe Abb. 3—4. Er<br />

war ehedem mit Kalkste<strong>in</strong>platten bedeckt, <strong>die</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong> Pflasterung des Bodens paßten, so daß <strong>der</strong><br />

Zugang zur Sargkammer nicht zu erkennen<br />

war. Der Schachtboden liegt 5 m tief. An se<strong>in</strong>er<br />

Westseite ist <strong>der</strong> niedrige Zugang zum Sargraum.<br />

Der Verschluß bestand aus sorgfältig behauenen<br />

Kalkste<strong>in</strong>blöcken. Die unterirdische Kammer hat<br />

e<strong>in</strong>en unregelmäßigen Grundriß, <strong>die</strong> Decke ist<br />

nicht ganz waagrecht abgearbeitet und <strong>der</strong> Fuß-<br />

boden stellenweise uneben.<br />

Der Vorsprung am Südende <strong>der</strong> Westwand er-<br />

klärt sich wohl aus e<strong>in</strong>er ursprünglichen Anord-<br />

nung, <strong>der</strong> wir <strong>in</strong> vielen Mastabas begegnen. Hier<br />

wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Westwand, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>iger Entfernung <strong>über</strong><br />

dem Boden, e<strong>in</strong>e lange Nische ausgehauen, <strong>der</strong>en<br />

untere, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Höhe des Sarges liegende Kante vor<br />

<strong>der</strong> Bestattung als Auflage für den Deckel <strong>die</strong>nte,<br />

beispielsweise bei iSSm-nfr 111= Giza IH, Abb. 38 a<br />

und R'-ivr I, ebenda Abb. 40. Als nun <strong>der</strong> Plan<br />

<strong>der</strong> Bebil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Sargkammer auftauchte,<br />

stand <strong>die</strong>se Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Westwand dem An-<br />

br<strong>in</strong>gen <strong>der</strong> Malereien entgegen; man meißelte<br />

sie daher glatt, ließ aber <strong>die</strong> Leiste im Süden<br />

stehen, da es schwieriger war, bei voller Abar-<br />

beitung auf <strong>die</strong> gleiche Fläche <strong>der</strong> Südwand zu<br />

kommen.<br />

Als Auflage für den Deckel zog man nun zwei<br />

Mäuerchen zwischen Sarg und Westwand. Der<br />

kle<strong>in</strong>e sockelartige Aufbau vor dem Vorsprung<br />

im Süden muß unerklärt bleiben. Ob er etwa<br />

zum Aufstellen bestimmter Beigaben <strong>die</strong>nte?<br />

Der Sarg steht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kammer südwestlich.<br />

Er ist aus Tura-Kalkste<strong>in</strong> und hat <strong>die</strong> nach <strong>der</strong><br />

IV. Dynastie auf unserem Friedhof übliche Form;<br />

<strong>der</strong> Deckel ist leicht gewölbt und hat breite Leisten<br />

an den Schmalenden, Handgriffe fehlen. Auf <strong>der</strong><br />

Ostseite ist am oberen Sargrand e<strong>in</strong>e T<strong>in</strong>ten<strong>in</strong>schrift,<br />

<strong>die</strong> das Totengebet mit Titel und Namen<br />

des Grabherrn enthält.


Beeicht übek <strong>die</strong> Geabungen auf dem Fiuedhof <strong>von</strong> Giza. 15<br />

D. Die Bil<strong>der</strong> und Inschriften des Oberbaues.<br />

1. Allgeme<strong>in</strong>es.<br />

1. Die Verteilung.<br />

Auf <strong>der</strong> nördlichen und südlichen Außenwand<br />

ist als Schmuckfries e<strong>in</strong> breites Schriftband ange-<br />

bracht, und <strong>über</strong> dem E<strong>in</strong>gang trägt <strong>der</strong> Architrav<br />

e<strong>in</strong>e dreizeilige Inschrift, an <strong>der</strong>en Ende<br />

Kij-m-'nh sitzt. — Das Türgewände zeigt auf<br />

beiden Seiten den Grabherrn heraustretend.<br />

Der Kultraum ist vollständig bebil<strong>der</strong>t. Die<br />

ganze Westwand wurde als Sche<strong>in</strong>tür ausgearbeitet;<br />

auf ihrer Platte ist nach dem Herkommen<br />

Kij-m-'nh am Speisetisch dargestellt. Anschließend<br />

wird auf <strong>der</strong> Südwand <strong>die</strong> feierliche rituelle<br />

Speisung wie<strong>der</strong>gegeben mit den gegen Ende <strong>der</strong><br />

V. Dynastie auftauchenden Zeremonien. Die gegen-<br />

<strong>über</strong>liegende Wand zeigt Ktj-m-'nh beim Fisch-<br />

stechen im Papyrussumpf. Auf dem Architrav,<br />

<strong>der</strong> den Raum gegen den Gang abgrenzt, wechselt<br />

neunmal <strong>die</strong> Gestalt des Grabherrn mit e<strong>in</strong>er<br />

senkrechten Inschriftzeile. — In dem anschließen-<br />

den Gang trägt nur <strong>die</strong> Westwand Bildschmuck.<br />

Diese Beschränkung dürfte auf den Mangel aus-<br />

reichen<strong>der</strong> Mittel zurückzuführen se<strong>in</strong>. Die Be-<br />

vorzugung <strong>der</strong> Westwand erklärt sich daraus,<br />

daß <strong>die</strong> Wendung nach AVesten für <strong>die</strong> Besucher<br />

des Grabes bei Opfern und Gebeten vorgeschrieben<br />

war; vergleiche Giza III, S. 130. Im Süden <strong>der</strong><br />

Wand, zwei Meter <strong>von</strong> ihrem Ende entfernt, ist<br />

<strong>die</strong> Sche<strong>in</strong>tür <strong>der</strong> Ts-t angebracht. Daran reiht sich<br />

nach Norden <strong>die</strong> Darstellung des Ehepaares bei<br />

häuslicher Unterhaltung: es werden Brettspiel<br />

und Schlangenspiel gespielt; dabei wird musiziert<br />

und <strong>die</strong> Töchter s<strong>in</strong>gen und klatschen den Takt<br />

für <strong>die</strong> Tänzer<strong>in</strong>nen. Über <strong>der</strong> Darstellung wird<br />

wie auf e<strong>in</strong>em breiten Fries das Herrichten des<br />

Lehnsessels und das Aufstellen des Bettes im<br />

Schlafzelt dargestellt.<br />

2. Die Auswahl,<br />

Die Zusammenstellung <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> <strong>in</strong> dem<br />

Kultraum ist e<strong>in</strong> wenig befi-emdlich; neben Dar-<br />

stellungen des Kultes stehen unmittelbar <strong>die</strong> des<br />

täglichen Lebens. In dem Raum, <strong>der</strong> den Opfern<br />

und Totengebeten gewidmet war, ist <strong>die</strong> Ausschmückung<br />

meist ganz auf <strong>die</strong>sen Zweck abge-<br />

stimmt. Vor <strong>der</strong> Herausbildung des Stiles <strong>der</strong><br />

IV. Dynastie treffen wir freilich aucii hier <strong>die</strong><br />

Bil<strong>der</strong> <strong>in</strong> bunter Auswahl, wie bei R'-hip und<br />

Nfr-mi'-t <strong>von</strong> Medüm. Die strenge Zucht <strong>der</strong><br />

Folgezeit aber brachte hier e<strong>in</strong>en vollkommenen<br />

Wandel. In den Grahbauten, <strong>in</strong> denen nur e<strong>in</strong><br />

Raum vorgesehen war, ließ man <strong>über</strong>haupt alle<br />

Szenen des täglichen Lebens weg und wählte<br />

ausschließlich Darstellungen, <strong>die</strong> unmittelbar o<strong>der</strong><br />

mittelbar mit <strong>der</strong> Speisung und Versorgung des<br />

Grabherrn im Jenseits <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung standen.<br />

Die Bil<strong>der</strong> des Diesseits tauchen zuerst wie<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> den jüngeren Gräbern mit mehreren Räumen<br />

auf; hier br<strong>in</strong>gt man sie meist <strong>in</strong> den Vorräumen<br />

an und behält für <strong>die</strong> Kultkammer <strong>die</strong> feierlichen<br />

Szenen <strong>der</strong> Speisung des Verstorbenen vor.<br />

Klassische Beispiele für <strong>die</strong>se Anordnung s<strong>in</strong>d<br />

unter an<strong>der</strong>n Spss-k3 -f-'rih, Nfr-hho-Pth, <strong>die</strong> Sndm-ib<br />

und SSm-nfr IV. E<strong>in</strong>e Schwierigkeit ergab sich<br />

<strong>in</strong> den Fällen, <strong>in</strong> denen man nur e<strong>in</strong>en Raum<br />

zur Verfügung hatte und doch <strong>die</strong> Bil<strong>der</strong> bei<strong>der</strong><br />

Art anbr<strong>in</strong>gen wollte. Man fand e<strong>in</strong>e befriedigende<br />

Lösung meist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Weise, daß man <strong>die</strong> Szenen<br />

<strong>der</strong> Speisung auf <strong>die</strong> West-, Süd- und Nordwand<br />

verteilte, so daß nur sie den nach Westen ge-<br />

richteten Opfernden sichtbar waren; <strong>die</strong> Szenen<br />

des täglichen Lebens dagegen brachte man auf<br />

<strong>der</strong> Ostwand an. Bei <strong>der</strong> Symbolik <strong>der</strong> Raumausschmückung<br />

könnte <strong>die</strong>se Verweisung <strong>in</strong> den<br />

Osten auch bedeuten, daß dort, im Niltal, sich<br />

<strong>in</strong> Wirklichkeit abspielte, was hier dargestellt<br />

war. Beispiele solcher Anordnung s<strong>in</strong>d Nfr,<br />

Ki-hjf, R'-icrll, änfrio-htp, Hwj-uj-Wr, Nj-mi't-i^.<br />

Der Vorzug e<strong>in</strong>er solchen Lösung gegen<strong>über</strong><br />

<strong>der</strong> Anordnung <strong>in</strong> Kij-m-'nh ist offensichtlich. Hier<br />

steht <strong>der</strong> Besucher beim Betreten des Raumes<br />

<strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>tür auf <strong>der</strong> Westwand gegen<strong>über</strong> mit<br />

ihrer strengen Glie<strong>der</strong>ung und den großen Bil<strong>der</strong>n<br />

des Verstorbenen; zur L<strong>in</strong>ken wird <strong>die</strong> rituelle<br />

Speisung vollzogen, unter den feierlichen Hand-<br />

lungen <strong>der</strong> Priester. Man erwartet nun zur<br />

Rechten, wie <strong>in</strong> vielen entsprechenden Fällen,<br />

den Zug <strong>der</strong> Gabenbr<strong>in</strong>genden, <strong>der</strong> opfernden<br />

Diener, <strong>der</strong> z<strong>in</strong>spflichtigen Dörfer o<strong>der</strong> <strong>die</strong> Vor-<br />

führung <strong>der</strong> Schlachtr<strong>in</strong><strong>der</strong> — statt dessen ent-<br />

faltet sich hier frohes Jagdleben, flattert e<strong>in</strong>e<br />

bunte Vogelschar <strong>über</strong> dem Papyricht, spießt<br />

Kij-m-'nh vom Boot aus <strong>die</strong> Fische, zieht e<strong>in</strong>e<br />

R<strong>in</strong><strong>der</strong>herde durch den Sumpf. Hier stehen im<br />

gleichen Haum Leben und Tod zu unvermittelt<br />

nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> und es verbleibt <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck des


16 Heemänn Junkek.<br />

Unausgeglichenen. Dabei hätte <strong>die</strong> Unstimmigkeit<br />

leiclit vermieden werden können, denn für <strong>die</strong><br />

Jagdszene stand ja <strong>die</strong> Wandfläche des Ganges<br />

zur Verfügung.<br />

Der beson<strong>der</strong>e Anlaß für <strong>die</strong> Wahl des Bildes<br />

<strong>der</strong> Nordwand ist klar ersichtlich. Das Fisch-<br />

stechen wird mit <strong>der</strong> Vogeljagd und <strong>der</strong> Boots-<br />

fahrt <strong>in</strong> den Gräbern mit mehreren Räumen ent-<br />

we<strong>der</strong> auf den Außenflächen des ersten Tores<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong>nen zu beiden Seiten des E<strong>in</strong>gangs an-<br />

gebracht. Bleiben wir bei den Nachweisen des<br />

Friedhofs <strong>von</strong> Giza, <strong>die</strong> zunächst als Vorbil<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> Frage kommen, so ist bei ändm-ih— Intj rechts<br />

vom E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vorhalle <strong>die</strong> Vogeljagd dar-<br />

gestellt, l<strong>in</strong>ks das Fischstechen; <strong>die</strong> gleiche Anordnung<br />

f<strong>in</strong>det sich bei Sndm-ib—Mhj. In Ssm-nfr IV<br />

s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> beiden Szenen außen am Torbau e<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

gegen<strong>über</strong> angebracht (Vorbericht 1929, Abb. 3);<br />

bei Spss-ki-f-'nh steht <strong>die</strong> Fahrt <strong>in</strong> den Marschen<br />

des Delta im E<strong>in</strong>gang, bei Mrj-sj-'nh III rechts vom<br />

E<strong>in</strong>gang. Im Felsgrab des Nb-m-)h-t ist <strong>die</strong> Vogel-<br />

jagd auf <strong>der</strong> Westwand des Vorraumes, südlich<br />

<strong>der</strong> Tür zu Kammer B, angebracht, bei Njsiv-t-<br />

piü-ntr auf <strong>der</strong> Nordwand des Pfeilerraumes.<br />

Bei dem Entwurf zur Bebil<strong>der</strong>ung schwebte<br />

dem Künstler des Kij-m-'nh offenbar e<strong>in</strong> Jagdbild<br />

<strong>in</strong> solchen Räumen vor, <strong>die</strong> auch <strong>die</strong> beson<strong>der</strong>e<br />

Gestaltung <strong>der</strong> Kultkammer selbst bee<strong>in</strong>flußt haben.<br />

Er setzte <strong>die</strong> Szene neben den E<strong>in</strong>gang, eben an<br />

<strong>die</strong> Stelle, an <strong>die</strong> sie dort gehörte. Daß dabei<br />

<strong>die</strong> gegenseitige Abstimmung <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> des<br />

Raumes gestört wurde, mußte er mit <strong>in</strong> den<br />

Kauf nehmen.<br />

Die Anordnung <strong>der</strong> Szenen <strong>in</strong> dem lang-<br />

gestreckten Gang ist mit fe<strong>in</strong>em Gefühl getroffen.<br />

Die Ausschmückung blieb auf den größeren nördlichen<br />

Teil <strong>der</strong> Westwand beschränkt. Es mußte<br />

dabei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck des Unvollständigen ver-<br />

mieden werden, <strong>die</strong> Bil<strong>der</strong> durften sich auf <strong>der</strong><br />

Fläche nicht verlieren. So wurde als Abschluß<br />

und Halt an das Südende <strong>die</strong> zum Teil aus <strong>der</strong><br />

Mauer hervortretende Sche<strong>in</strong>tür gesetzt. Im Norden<br />

faßte das groß dargestellte Ehepaar, vor dem<br />

hohen Vorhang sitzend, <strong>die</strong> vier Bildstreifen zu-<br />

sammen. Den oberen Abschluß bildet e<strong>in</strong> be-<br />

bil<strong>der</strong>tes Band, auf dem <strong>die</strong> Herrichtung des<br />

Schlafgemaches wie<strong>der</strong>gegeben ist, unten begrenzt<br />

<strong>der</strong> Sockel <strong>die</strong> Bildreiheu. Diese glückliche Lösung,<br />

<strong>die</strong> dem Ganzen Festigkeit und Geschlossenheit<br />

gibt, geht wohl bewußt o<strong>der</strong> unbewußt auf <strong>die</strong><br />

häufige Anordnung des Bildschmucks <strong>der</strong> Westwand<br />

<strong>in</strong> den Kulträumen zurück, bei <strong>der</strong> <strong>die</strong><br />

Darstellungen <strong>von</strong> den beiden Sche<strong>in</strong>türen e<strong>in</strong>-<br />

gefaßt und durch e<strong>in</strong>en vorkragenden Inschriftfries<br />

gekrönt werden.<br />

3. Die Ausführung.<br />

Die Inschriften und Figuren <strong>der</strong> Außenwände<br />

s<strong>in</strong>d alle <strong>in</strong> versenktem Relief ausgeführt, <strong>die</strong> <strong>der</strong><br />

Innenräume ebenso ausnahmslos <strong>in</strong> erhöhtem. Die<br />

Wahl <strong>der</strong> verschiedenen Verfahren erklärt sich<br />

wohl <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie daraus, daß <strong>die</strong> e<strong>in</strong>geschnit-<br />

tenen Bil<strong>der</strong> stärker als <strong>die</strong> erhaben gearbeiteten<br />

vor den E<strong>in</strong>flüssen <strong>der</strong> Witterung geschützt waren.<br />

E<strong>in</strong> Vergleich des heutigen Erhaltungszustandes<br />

<strong>der</strong> beiden Arten an den Außenseiten spricht<br />

jedenfalls ganz zugunsten <strong>die</strong>ser Annahme. Dann<br />

aber hat man gewiß auch auf <strong>die</strong> verschiedene<br />

Wirkung Bedacht genommen; das vertiefte Flach-<br />

bild trat draußen klarer und kräftiger hervor,<br />

stärker betont durch <strong>die</strong> Wirkung <strong>von</strong> Licht und<br />

Schatten.^ Von <strong>der</strong> e<strong>in</strong>stigen Bemalung, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

Wirkung erhöhte, ist nichts mehr erhalten.<br />

Die Bil<strong>der</strong> im Innern zeigen <strong>die</strong> im späteren<br />

Alten Reich häufig äuge wendete Technik: <strong>die</strong><br />

Figuren werden im Ste<strong>in</strong> ausgehauen und dann<br />

mit e<strong>in</strong>er stärkeren Putzschiclit <strong>über</strong>zogen, auf<br />

<strong>die</strong> <strong>der</strong> Maler <strong>die</strong> Farben aufträgt. Farben und<br />

Putz waren an manchen Stellen ganz verschwun-<br />

den, an an<strong>der</strong>en hatten sie sich vollkommen er-<br />

halten. Der Unterschied ist hauptsächlich auf <strong>die</strong><br />

größere o<strong>der</strong> ger<strong>in</strong>gere E<strong>in</strong>wirkung <strong>der</strong> Luft<br />

zurückzuführen. Das Türgewände zeigte den<br />

bloßen Ste<strong>in</strong>, wie <strong>in</strong> vielen an<strong>der</strong>en Beispielen. Im<br />

Innern waren <strong>die</strong> unteren Teile durch den später<br />

e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>genden Sand geschützt worden, ganz oben<br />

dagegen zeigte sich nirgends e<strong>in</strong>e Sj^ur <strong>von</strong> Stuck<br />

o<strong>der</strong> Farbe. Die dem Fenster gegen<strong>über</strong>liegende<br />

Südwand hatte durch <strong>die</strong> e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gende Luft be-<br />

son<strong>der</strong>s gelitten, bei <strong>der</strong> Westwand hat <strong>die</strong> schlech-<br />

tere Ste<strong>in</strong>art den Putz gesprengt.<br />

Das Verfahren, <strong>die</strong> Flachbil<strong>der</strong> zunächst<br />

schlecht und recht im Ste<strong>in</strong> auszuführen und <strong>die</strong><br />

endgültige Fertigstellung dem Stukkateur und<br />

Maler zu <strong>über</strong>lassen, hat sich nicht etwa e<strong>in</strong>fach<br />

aus e<strong>in</strong>em älteren und besseren entwickelt, bei<br />

dem <strong>die</strong> Modellierung mit allen Fe<strong>in</strong>heiten schon<br />

vom Ste<strong>in</strong>metz durchgeführt wurde. Es ist nur<br />

e<strong>in</strong> Behelf, das Zeichen ungeeigneten Werkstoffes<br />

und unzureichen<strong>der</strong> Mittel. Giza war längst nicht<br />

mehr <strong>der</strong> Staatsfriedhof, und <strong>die</strong> Gräber <strong>der</strong><br />

zweiten Hälfte des Alten Reiches gehören meist<br />

' Über <strong>die</strong> erste Anregung zum versenkten Flachbild<br />

durch <strong>die</strong> mit farbigen Pasten gefüllten , Grubenbil<strong>der</strong>' siehe<br />

H. Schäfer, Von ägyptischer Kunst', S. 78f.


Beeicht <strong>über</strong> <strong>die</strong> Gkabdngen auf dem Fkiedhoe <strong>von</strong> Giza. 17<br />

<strong>der</strong> Mittelklasse an. Die Mastabas <strong>der</strong> wenigen<br />

Großen, <strong>die</strong> liier noch bestattet wurden, zeigen<br />

noch <strong>die</strong> gute alte Arbeit, vor allem da, wo <strong>der</strong><br />

fe<strong>in</strong>e Tura-Kalkste<strong>in</strong> verwendet wurde, wie <strong>in</strong> den<br />

Innenräumen des Ssm-nfr IV und <strong>der</strong> Sndm-ib.<br />

Bei den aus gleicher Zeit stammenden Anlagen<br />

<strong>von</strong> Sakkära s<strong>in</strong>d <strong>die</strong>selben Unterschiede zu<br />

beobachten; nur daß hier, auf dem Residenz-<br />

friedhof, <strong>die</strong> Zahl <strong>der</strong> reicheren Gräber mit<br />

Flachbil<strong>der</strong>n <strong>in</strong> bester Ausfuhrung ganz wesent-<br />

lich größer ist.<br />

Unsere Ma.staba hält <strong>die</strong> Mitte zwischen dem<br />

besseren Verfahren mit fe<strong>in</strong>er Putzschicht und dem<br />

ganz ärmlichen, bei dem <strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>metz nicht viel<br />

mehr als <strong>die</strong> Umrißl<strong>in</strong>ien ausmeißelte und <strong>die</strong> dicke<br />

Stuckschicht selbst wie<strong>der</strong> modelliert wurde. In<br />

<strong>der</strong>selben Anlage s<strong>in</strong>d dabei oft große Unterschiede<br />

bei den e<strong>in</strong>zelnen Flachbil<strong>der</strong>n festzustellen, e<strong>in</strong>e<br />

Wand zeigt noch bessere Ste<strong>in</strong>metzarbeit, <strong>die</strong><br />

an<strong>der</strong>e ärmste Stuckarbeit, wie bei Ki-hjf. Auch<br />

<strong>in</strong> KJj-m-'nh ist <strong>die</strong> Behandlung nicht <strong>über</strong>all <strong>die</strong><br />

gleiche, wenn auch nirgends das billigste Ver-<br />

fahren augewendet wird und <strong>die</strong> Arbeit sich im<br />

allgeme<strong>in</strong>en <strong>über</strong> dem Durchschnitt hält. Beson<strong>der</strong>s<br />

beachtenswert s<strong>in</strong>d beispielsweise <strong>die</strong> Köpfe des<br />

Ehepaares <strong>in</strong> dem Relief des Ganges und das<br />

Fischstechen auf <strong>der</strong> Nordwand. Manche Ge-<br />

stalten auch mittlerer Größe, <strong>die</strong> jetzt ohne Ver-<br />

putz s<strong>in</strong>d, lassen <strong>die</strong> Modellierung des Körpers<br />

deutlich erkennen.<br />

II. Emzelbesclireibung.<br />

1. Die Außenseiten.<br />

(Abb. un d 5.<br />

Die Insciirift des Frieses ist auf Abb. 2 wie<strong>der</strong>gegeben.<br />

Die Übersetzung lautet ,Der Nachkomme<br />

des Königs, Aufseher <strong>der</strong> Beamten des Schatz-<br />

hauses, Kij-m-'nh — <strong>der</strong> Aufseher <strong>der</strong> Priester,<br />

Aufseher <strong>der</strong> Beamten des Schatzhauses, <strong>der</strong> <strong>über</strong><br />

<strong>die</strong> Geheimnisse <strong>der</strong> versiegelten Urkunden des<br />

Königs gesetzt ist, Kij-m-'nh'.<br />

Die Zeile auf <strong>der</strong> Rückwand zeigt zwei <strong>in</strong><br />

entgegengesetzter Richtung laufende Teile; west-<br />

lich: ,Der Nachkomme des Königs, Aufseher<br />

des Schatzhauses, Ehrwürdige bei dem Westen,<br />

Kij-m-^nh'; östlich: ,Der Aufseher des Schatzhauses,<br />

<strong>der</strong> Ehrwürdige, Kij-vi-'nh. — Am Ende <strong>der</strong> beiden<br />

Fries<strong>in</strong>schriften steht <strong>die</strong> Figur des Grabherrn,<br />

<strong>in</strong> gleicher Größe wie <strong>die</strong> Hieroglyphen, wie e<strong>in</strong><br />

Deutezeichen wirkend.<br />

Giza IV.<br />

Auf dem Architrav <strong>über</strong> dem E<strong>in</strong>gang ist<br />

l<strong>in</strong>ks, am Ostende, KJj-m-'nh <strong>in</strong> feierlicher Tracht<br />

dargestellt, auf e<strong>in</strong>em Stuhl mit geschnitzten<br />

Füßen sitzend; er trägt Perücke, Halskragen und<br />

hat das Leopardenfell umgeworfen, das auf <strong>der</strong><br />

Schulter mit e<strong>in</strong>er Schließe zusammengehalten<br />

wird. Vor ihm steht <strong>in</strong> drei durch Leisten ge-<br />

trennten Zeilen das Totengebet. Die Leisten laufen<br />

nicht bis zum Westende durch, son<strong>der</strong>n lassen<br />

<strong>die</strong> Namen <strong>der</strong> im Spruch Angerufenen: König,<br />

Anubis und Osiris frei untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> stehen. Das<br />

ist e<strong>in</strong>e häufig belegte Anordnung. Auf den ersten<br />

Blick sieht es dabei aus, als ob <strong>die</strong> Zeilen, <strong>die</strong><br />

immer e<strong>in</strong>en geschlossenen Teil des Gebetes ent-<br />

halten, auf <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Angerufenen zu verteilen<br />

wären. In <strong>der</strong> Tat sche<strong>in</strong>en manche Inschriften<br />

e<strong>in</strong>e solche Verknüpfung zu for<strong>der</strong>n. Da aber <strong>in</strong><br />

unserem Falle <strong>die</strong> Be<strong>in</strong>amen des Anubis auf <strong>die</strong><br />

beiden ersten Zeilen verteilt s<strong>in</strong>d, ist es geratener,<br />

<strong>die</strong> Namen alle vorwegzunehmen : J, ^-^ A<br />

^ei^<br />

I () ^ 06 o I<br />

©<br />

(VV]<br />

1^<br />

D<br />

9 £^£^t<br />

Der König sei<br />

gnädig und gebe — Anubis an <strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong><br />

Halle des Gottes, an <strong>der</strong> Spitze des „herrlichen<br />

Landes" sei gnädig (und gebe) — Osiris an <strong>der</strong><br />

Spitze <strong>von</strong> Busiris sei gnädig und gebe: daß er<br />

bestattet werde <strong>in</strong> <strong>der</strong> Totenstadt im Westgebirge<br />

<strong>in</strong> sehr hohem Alter (geehrt) bei dem großen<br />

Gott — daß ihm e<strong>in</strong> Totenopfer gespendet werde<br />

am Fest <strong>der</strong> Eröffnung des Jahres, am Thoth-Fest,<br />

am ersten Jahrestage, am «-^^r-Fest und an allen<br />

Festen und an allen Tagen — daß er wandle auf<br />

den schönen Wegen, auf denen <strong>die</strong> Ehrwürdigen<br />

wandeln — (<strong>der</strong> Aufseher <strong>der</strong> Beamten des Schatz-<br />

hauses, <strong>der</strong> Nachkomme des Königs, K)j-m-'nhy.<br />

Die Inschrift weist mehrere Ungenauigkeiten<br />

auf. So ist <strong>der</strong> übliche Titel des Anubis hntj sli-ntr,<br />

nh ti-dsr. Das Gebet <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kultkammer gibt<br />

m hrj-ntr m smj-t imnfj-t; doch ist <strong>die</strong> Auslassung<br />

des zweiten m auch sonst belegt und grammatisch<br />

berechtigt. Nach 1 ^^ s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige Zeichen aus-<br />

gelassen. Das kr ntr-'i nach ihv-j nfr wr-t gibt<br />

so ke<strong>in</strong>en rechten S<strong>in</strong>n ; <strong>die</strong> guten Inschriften geben<br />

3


18 Hermann Junkee.<br />

an <strong>die</strong>ser Stelle imihio hr ntr-'i o<strong>der</strong> m nh imih.<br />

hr ntr-'i. Am Schluß des Gebetes steht fälschlich<br />

n G statt<br />

D J)i und ^ statt<br />

Diese Nachlässigkeiten zeigen, wie weit <strong>die</strong> Zeit<br />

<strong>der</strong> pe<strong>in</strong>lich sauberen Arbeit des frühen Alten<br />

Reiches zurückliegt. — Auf das Auftreten des Osiris<br />

im Totengebet sei beson<strong>der</strong>s aufmerksam gemacht.<br />

Se<strong>in</strong> Name ersche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> den Giza I—III veröffentlichten<br />

Gräbern noch nicht, er tritt erst um<br />

<strong>die</strong> Wende <strong>von</strong> <strong>der</strong> V. zur VI. Dynastie auf.<br />

S. 41 ff.<br />

Über den S<strong>in</strong>n des Totengebetes siehe Giza II,<br />

Bei dem Wunsch, ,daß er auf den schönen<br />

Wegen wandeln möge, auf denen <strong>die</strong> Ehrwürdigen<br />

wandeln', stellt sich immer mehr heraus, daß er<br />

sich <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf ganz bestimmte Vorgänge<br />

bezieht, auf feierliche Riten, <strong>die</strong> bei <strong>der</strong> Bestattung<br />

vollzogen wurden: <strong>der</strong> Tote soll <strong>die</strong> alten Heilig-<br />

tümer <strong>von</strong> Buto, Sais und Heliopolis besuchen,<br />

ehe er bestattet wird. In <strong>der</strong> Tat fanden <strong>die</strong>se<br />

Fahrten zu unserer Zeit nur auf dem Kanal statt,<br />

<strong>der</strong> vom Nil zum Friedhof führte. Unterwegs hielt<br />

man an den als Sais und Buto bezeichneten<br />

Stationen, und am Grabe lag das Speisenfeld <strong>von</strong><br />

'Iivnw; siehe Mitteilungen Kairo IX, S. 39. Daß<br />

<strong>der</strong> Wunsch hpj-f hr ici-tct nfr-wt'^ sich auf <strong>die</strong>se<br />

Riten bezieht, ergibt sich auch aus bestimmten, bis-<br />

her nicht beachteten Übere<strong>in</strong>stimmungen zwischen<br />

dem Totengebet und den Beischriften zu den<br />

Booten <strong>der</strong> Totenfahrt. Bei 'Ij-dß = L. D. II, 101a<br />

lautet <strong>der</strong> Text<br />

£^<br />

^ £^<br />

T,^ —<br />

D<br />

7i<br />

Tj— Ä ,Möge er zu dem „schönen Feld"<br />

gelangen auf den schönen Wegen'. Dieses schöne<br />

Feld kann aber ke<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es se<strong>in</strong> als das Speisen-<br />

feld, das Endziel <strong>der</strong> Bootsfahrten: '<br />

D<br />

"^ ^ Giza II<br />

"<br />


a [^<br />

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M^^x® m/^'<br />

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^O^^^^^QO ll^lö '^ ® loöO<br />

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ITgia. c^ o4l<br />

M?oV<br />

O 10 fiO JO AO &0<br />

s T j. T<br />

Abb. 5. Architrav und Gewände <strong>der</strong> Tür.<br />

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M,<br />

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t^


20 Hermann Junker.<br />

mischem Wechsel e<strong>in</strong>e luschriftzeile und <strong>die</strong> Ge-<br />

stalt des Grabherrn. Bild und Schrift s<strong>in</strong>d hier<br />

als e<strong>in</strong> Zierraotiv verwendet. Dies Motiv ist uns<br />

aus den Tempeln <strong>der</strong> Spätzeit am geläufigsten,<br />

wo sich <strong>über</strong> dem Boden lange bunte Bän<strong>der</strong> mit<br />

Darstellungen <strong>der</strong> Nile o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gaue h<strong>in</strong>ziehen,<br />

<strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Gestalten durch senkrechte Inschrift-<br />

zeilen getrennt. Das Motiv wird aber schon im<br />

späteren Alten Reich <strong>in</strong> weitem Maße verwendet,<br />

und zwar ebenso auf langen sciimalen Flächen.<br />

Bei ^Idic I waren solche Streifen am Fuß <strong>der</strong><br />

Seitenwände <strong>der</strong> langen schmalen Kammer ange-<br />

bracht, siehe Vorbericht 1914, S.22. Wir f<strong>in</strong>den <strong>die</strong><br />

Anordnung wie<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Umfassungsmauer des<br />

ilfrnü-;i;;=Firth-Gunn, Teti Pyr. Gem. II, Taf. IX,<br />

mit mehreren Inschriftzeilen zwischen je<strong>der</strong> Figur.<br />

Um E<strong>in</strong>tönigkeit zu vermeiden, ersche<strong>in</strong>t <strong>der</strong> Grab-<br />

herr jedesmal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Tracht, so wie<br />

später Nile und Feldgött<strong>in</strong>nen auf den entsprechen-<br />

den Darstellungen wechseln. Für <strong>die</strong> Schriftzeilen<br />

wählt man jedesmal an<strong>der</strong>e Titel; bei 'Idio wird<br />

e<strong>in</strong>mal <strong>der</strong> , große', das an<strong>der</strong>e Mal <strong>der</strong> , schöne'<br />

Name e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Bei Kij-m-'nh nennt jede senkrechte Zeile e<strong>in</strong><br />

an<strong>der</strong>es Amt, und es wäre verführerisch, <strong>die</strong><br />

wechselnde Tracht mit den jeweiligen Titeln <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung zu br<strong>in</strong>gen. Aber das kann nur mit<br />

starken Vorbehalten geschehen. Denn als im)hw<br />

o<strong>der</strong> mrr nb-f dürfte <strong>der</strong> Grabherr wohl ke<strong>in</strong><br />

beson<strong>der</strong>es Gewand getragen haben. Dagegen<br />

sche<strong>in</strong>t es entsprechend, wenn er als e<strong>in</strong>facher<br />

Schreiber des Scliatziiauses nur den Schurz trägt,<br />

als Aufseher <strong>der</strong> Beamten im gleichen M<strong>in</strong>isterium<br />

dagegen auch den Stab führt, und als Aufseher<br />

<strong>der</strong> Totenpriester das Gewand mit dem breiten<br />

Brustband angezogen hat.<br />

.1<br />

3. II r^<br />

4. pn<br />

,Nachkomme des Königs' lange<br />

Perücke und K<strong>in</strong>nbart, weiter<br />

Schurz, Stab und Tuch.<br />

, TPi-Priester des Königs' —<br />

Löckchenperücke, weiter Schurz<br />

und Leopardenfell, <strong>in</strong> <strong>der</strong> rechten<br />

Hand das y -Szepter.<br />

, Aufseher des Schatzhauses' —<br />

natürliches kurzes Haar, weiter<br />

Schurz, Stab und Tuch.<br />

, Aufseher <strong>der</strong> Priester' — weiter<br />

Schurz mit Weste und schärpen-<br />

artigem Schrägband, lange Pe-<br />

rücke, K<strong>in</strong>ubart.<br />

5. Uf>l<br />

9.<br />

^<br />

^<br />

ra t<br />

,T<br />

,Der Ehrwürdige' — kurze Pe-<br />

rücke, weiter Schurz, Leopar-<br />

denfell, Stab und Tuch.<br />

, Schreiher des Schatzhauses' —<br />

weiter Schurz, lange Perücke,<br />

K<strong>in</strong>nbart,<br />

zzzi ,Der <strong>über</strong> <strong>die</strong> Geheimnisse gesetzt<br />

iD ist' — natürliches kurzes Haar,<br />

weiter Schurz, Stab und Tuch.<br />

^^37 ,Der <strong>von</strong> se<strong>in</strong>em Herrn Geliebte'<br />

25;=^ — kurze Perücke, weiter Schurz,<br />

Leopardenfell, Szepter.<br />

, Aufseher <strong>der</strong> Beamten des Schatz-<br />

hauses' — weiter Schurz, lange<br />

Perücke, K<strong>in</strong>nbart, Stab und<br />

Tuch.<br />

2. Die Kammer.<br />

a. Die Westwand.<br />

(Abb. 6.)<br />

Die ganze Wandfläche ist als Sche<strong>in</strong>tür aus-<br />

gearbeitet. Oben reicht <strong>der</strong> breite Architrav <strong>von</strong><br />

<strong>der</strong> Nordwand zur Südwand. In <strong>der</strong> Mitte ist<br />

<strong>die</strong> eigentliche Tür durch e<strong>in</strong>e schmale R<strong>in</strong>ne an-<br />

gedeutet, <strong>über</strong> <strong>der</strong> <strong>die</strong> Türrolle und e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>erer<br />

Architrav liegen. Dar<strong>über</strong> sitzt auf <strong>der</strong> Platte<br />

<strong>der</strong> Grabherr am Speisetisch. Vollkommen gegen-<br />

gieich stehen auf den äußeren und <strong>in</strong>neren Pfosten<br />

<strong>die</strong> Gestalten des Kij-m-'nh, auf den äußeren lebens-<br />

groß. Auch <strong>die</strong> sie begleitenden Inschriften s<strong>in</strong>d<br />

beidemal ganz entsprechend angeordnet und<br />

stimmen wörtlich <strong>über</strong>e<strong>in</strong>. An<strong>der</strong>er Bil<strong>der</strong>schmuck<br />

fehlt vollkommen.<br />

So hat <strong>die</strong> Opferstelle ihre e<strong>in</strong>fache und<br />

strenge Form wie<strong>der</strong>gefunden. In <strong>der</strong> vorher-<br />

gehenden Zeit herrschte <strong>die</strong> Sitte vor, im Kultraum<br />

zwei Sche<strong>in</strong>türen anzubr<strong>in</strong>gen, e<strong>in</strong>em alten<br />

königlichen Brauch des ober- und unterägyptischen<br />

Opferplatzes folgend. Der Zwischenraum<br />

auf <strong>der</strong> Westwand wurde mit Darstellungen be-<br />

deckt, und um <strong>die</strong> beiden Türen drängten sich<br />

<strong>die</strong> opfernden Priester und Diener. Wenn auch<br />

<strong>die</strong> südliche Tür als <strong>die</strong> Hauptopferstelle galt, so<br />

trat <strong>die</strong>se Bedeutung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Architektur und im<br />

Bil<strong>der</strong>schmuck nicht mehr hervor. Und doch<br />

war hier <strong>die</strong> Stelle, um <strong>der</strong>entwillen eigentlich<br />

<strong>der</strong> ganze Bau errichtet war, hier sollte <strong>der</strong> Ver-<br />

storbene auf den Ruf hervorkommen und <strong>die</strong><br />

Speisen <strong>in</strong> Empfang nehmen, hier war <strong>die</strong> Ver-<br />

b<strong>in</strong>dung zwischen Jenseits und Diesseits. In den<br />

reicii ausgesclimückten Masfabas wird man <strong>die</strong>ser


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=0<br />

D<br />

O<br />

=0<br />

^


Bekicht übee <strong>die</strong> Grabungen auf dem Friedhof <strong>von</strong> Giza. 21<br />

Tatsache nicht <strong>in</strong>ne. Wie an<strong>der</strong>s wirken <strong>die</strong><br />

Sche<strong>in</strong>türen auf <strong>der</strong> glatten, bildlosen Wand <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Kammer <strong>der</strong> N-idr-kij ;<br />

hier hat man sofort das<br />

Gefühl, am Tor ihrer ewigen Wohnung zu stehen.<br />

Um <strong>die</strong> Wende <strong>von</strong> <strong>der</strong> V. zur VI. Dynastie be-<br />

g<strong>in</strong>nt man nun, sich stärker auf <strong>die</strong>se Bedeutung<br />

<strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>tür zu bes<strong>in</strong>nen. Immer häufiger werden<br />

<strong>die</strong> Gräber, <strong>die</strong>, alle<strong>in</strong> o<strong>der</strong> neben an<strong>der</strong>en Räumen,<br />

für den eigentlichen Totenkult e<strong>in</strong>e tiefe Kammer<br />

besitzen, <strong>der</strong>en H<strong>in</strong>terwand ganz als Sche<strong>in</strong>tür<br />

ausgearbeitet ist, ohne an<strong>der</strong>em Bil<strong>der</strong>schmuck<br />

als <strong>die</strong> Speisetischszene auf <strong>der</strong> Platte; <strong>die</strong> Dar-<br />

stellung <strong>der</strong> Riten ist auf <strong>die</strong> Seitenwände ver-<br />

wiesen. In großen Anlagen, wie bei Sndm-ib, ist<br />

<strong>die</strong>se Anordnung <strong>von</strong> starker Wirkung: hier wird<br />

uns bewußt, daß wir an <strong>der</strong> weihevollsten Stelle<br />

<strong>der</strong> Grabanlage stehen, wie beim AUerheiligsten<br />

des Tempels, und daß an <strong>die</strong>ser Stelle sieii <strong>der</strong><br />

Tod mit dem Leben verb<strong>in</strong>den soll. — In <strong>die</strong>sen<br />

Zusammenhängen haben wir <strong>die</strong> Form <strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>-<br />

tür bei Kij-m-'nh zu werten. Wir fühlen dabei<br />

auch sofort, wie stark <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck durch <strong>die</strong><br />

daneben angebrachte Jagdszene gestört wird.<br />

Von dem Totengebet auf dem oberen Archi-<br />

trav seien nur <strong>die</strong> beiden ersten Zeilen besprochen,<br />

<strong>die</strong> dritte enthält nur Titel des Toten:<br />

m'I»<br />

2.<br />

QOS öos I<br />

°/ .^ Oöö f ^<br />

^^<br />

n D<br />

.A. Q ffli^ffi<br />

©<br />

Angerufen werden nur <strong>der</strong> König und Anubis;<br />

<strong>die</strong> erste Zeile entspricht <strong>der</strong> oben S. 17 bespro-<br />

chenen; auch hier ist imihw vor ntr-'l ausgelassen;<br />

<strong>die</strong> Zeichen ihc-j nfr s<strong>in</strong>d umzustellen. — In <strong>der</strong><br />

zweiten Zeile werden als weitere Opfertage ge-<br />

nannt das jFest des Sokaris' und das , große Fest'.<br />

Letzteres fehlt <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Gebet mit langer For-<br />

mel, das Fest des Sokaris aber, des Totengottes<br />

<strong>von</strong> Memphis, ist <strong>in</strong> Giza seltener und sche<strong>in</strong>t erst<br />

im späten Alten Reich heimisch zu werden.^<br />

Die Beischriften zu <strong>der</strong> Gestalt des Grab-<br />

herrn auf den äußeren Pfosten zeigen jedesmal<br />

unter den beiden senkrechten, durch e<strong>in</strong>e Leiste<br />

getrennten Zeilen mit 1 /^ (3) und<br />

I n<br />

(4) <strong>in</strong> waagrechter Schrift ^^<br />

' Siehe Giza II, S. (Jl.<br />

Nach den für <strong>die</strong> Schriftordnung geltenden Regeln<br />

müßte mrr nb-f zu jedem <strong>der</strong> dar<strong>über</strong> stehenden<br />

Titel gezogen werden, da man nur geme<strong>in</strong>same<br />

Glie<strong>der</strong> <strong>über</strong> o<strong>der</strong> unter gespaltene Zeilen setzt.<br />

In unserem Falle stehen dem Bedenken gegen-<br />

<strong>über</strong>, da «irr nb-f <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Titelgruppen <strong>die</strong>se<br />

beson<strong>der</strong>e Verb<strong>in</strong>dung" mit tc'b njsw-t und hrj-ssti<br />

nicht erkennen läßt und mehreremal ganz selb-<br />

ständig ersche<strong>in</strong>t.<br />

herrn ;<br />

Die Türrolle trägt nur den Namen des Grab-<br />

auf dem dar<strong>über</strong>liegenden Architrav stehen<br />

zwei waagrechte Titelreihen, am Ende durch das<br />

senkrecht daneben gesetzte LJ ^, -¥- verbunden.<br />

Die Darstellung auf <strong>der</strong> Opfertafel ist stark<br />

beschädigt. Kij-m-'nh sitzt an dem mit Brothälften<br />

belegten Opfertisch. Rechts unter <strong>die</strong>sem ist <strong>der</strong><br />

Rest e<strong>in</strong>er Auswahl <strong>von</strong> Opfern zu sehen:*<br />

^'^IP'^l^^IöIüIö. Die Zeichen-<br />

reste <strong>über</strong> dem Tisch und an se<strong>in</strong>er l<strong>in</strong>ken Seite<br />

lassen sich nicht mit Sicherheit deuten.<br />

b. Die Südwand.<br />

(Abb. 7.)<br />

L<strong>in</strong>ks <strong>von</strong> <strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>tür wird <strong>die</strong> ganze<br />

Wand <strong>von</strong> <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> feierlichen Speisung<br />

e<strong>in</strong>genommen. Sie zeigt <strong>die</strong> neue Anordnung, <strong>die</strong><br />

gegen Ende <strong>der</strong> V. Dynastie <strong>die</strong> älteren Opferszenen<br />

zu verdrängen beg<strong>in</strong>nt. Dieser Wandel<br />

ist ausführlich Giza III, S. 57 f. beschrieben und<br />

im e<strong>in</strong>zelnen S. 103 f. erklärt worden. Die Ver-<br />

b<strong>in</strong>dung mit den früheren Darstellungen wird<br />

schon durch <strong>die</strong> gleiche Stelle, <strong>die</strong> Südwand,<br />

betont. Hier saß <strong>in</strong> alter Zeit, wie bei Ki-nj-njiwt,<br />

SSi-t-htp, Njsw-t-nfr, <strong>der</strong> Grabherr vor dem mit<br />

Broten belegten Tisch, und vor ihm vollzogen <strong>der</strong><br />

wdpic, wfj und hrj icdb ihre Riten; dar<strong>über</strong> stand<br />

<strong>die</strong> große Opferliste. — Jetzt hat sich <strong>die</strong> Zahl<br />

<strong>der</strong> Totenpriester wesentlich vermehrt, meist<br />

werden sie <strong>in</strong> mehreren Reihen <strong>über</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

dargestellt, den Grabherrn <strong>in</strong> weitem Kreis um-<br />

gebend. Die alten Opforhandlungen s<strong>in</strong>d durch<br />

neue und zahlreichere ersetzt worden; außerdem<br />

hat man, um <strong>die</strong> Sche<strong>in</strong>tür zu entlasten, alle Riten<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Szene <strong>über</strong>nommen, <strong>die</strong> ehedem auf <strong>der</strong>en<br />

Pfosten o<strong>der</strong> neben ihr angebracht waren. So<br />

war e<strong>in</strong>e klare Scheidung erreicht: <strong>die</strong> Stelle, an<br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong> Tote heraustrat, wurde frei <strong>von</strong> allem<br />

Beiwerk, sie wird re<strong>in</strong> als Tor behandelt. Dazu<br />

' Der Anfaiigf stand l<strong>in</strong>ks nnter dem Tisch; sielie ani'h<br />

Abb. 7 fUr <strong>die</strong> Ergänzung.


22 Heemann Junkek.<br />

f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Szene alles zusammen, \vas an<br />

Gaben und Riten für <strong>die</strong> Speisung gefor<strong>der</strong>t war.<br />

Auf Abb. 7 sitzt Kij-m-'nh dem E<strong>in</strong>tretenden<br />

zum feierlichen Mahle<br />

zugewendet am Speisetiscli ;<br />

hat er Staatstracht angelegt. Die Tischplatte ist<br />

freilich nur mit Brothälften bedeckt, e<strong>in</strong>e Über-<br />

lieferung aus <strong>der</strong> Urzeit, als das Totenopfer noch<br />

e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong> Brot und Bier bestand. Aber <strong>über</strong> den<br />

Broten s<strong>in</strong>d reichere Speisen aufgehäuft. Gerade<br />

<strong>die</strong>se Stelle ist stark verwittert; l<strong>in</strong>ks erkennt man<br />

e<strong>in</strong>en Tisch mit Gebäck, dar<strong>über</strong> ist e<strong>in</strong> Bund<br />

Zwiebel gelegt, <strong>die</strong> Knollen schauen l<strong>in</strong>ks oben<br />

hervor, <strong>die</strong> Stengel hängen rechts an <strong>der</strong> Tisch-<br />

platte herunter; l<strong>in</strong>ks unter <strong>die</strong> Platte ist e<strong>in</strong> R<strong>in</strong>ds-<br />

kopf geschoben. — In <strong>der</strong> Mitte liegt e<strong>in</strong> großer<br />

Schenkel. Dar<strong>über</strong> ist e<strong>in</strong>e ungerupfte Gans auf<br />

den Rücken gelegt, <strong>die</strong> Flügel herabhängend. In<br />

älteren Darstellungen f<strong>in</strong>det man <strong>über</strong> dem Speise-<br />

tisch e<strong>in</strong>e gerupfte und gebratene Gans, auf e<strong>in</strong>er<br />

Schüssel liegend. Bei <strong>der</strong> Darstellung <strong>von</strong> Speisen<br />

abseits des Opfertisches begegnen wir <strong>der</strong> unge-<br />

rupften Gans öfter, freilich erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> zweiten<br />

Hälfte des Alten Reiches; <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er strengeren<br />

Zeichnung mit anliegenden Flügeln Giza III,<br />

Abb. 22, zwei Gänse <strong>über</strong> zwei Ochsenscheukeln<br />

— L. D. II 69 e<strong>in</strong>e Gans wie auf unserem Bild<br />

<strong>über</strong> e<strong>in</strong>em Korb, dabei e<strong>in</strong> Schenkel — Jequier,<br />

Tombeaux des Part., Taf. III. Die Wie<strong>der</strong>gabe<br />

<strong>über</strong> dem Opfertisch war nur im späten Alten<br />

Reich möglich. 1 Rechts schließen sich zwei We<strong>in</strong>-<br />

krüge an; es folgt e<strong>in</strong> flacher Teller mit auf-<br />

gehäuften Feigen. Den Schluß bildet e<strong>in</strong>e Schüssel<br />

mit welligem Rand und Geflechtdeckel, auf e<strong>in</strong>em<br />

Untersatz stehend.<br />

Unter dem Opfertisch steht rechts als Bei-<br />

-g» ? ""^ a- T ^'^ I ""^ ® .Tausend Alabasteri<br />

www 2S V. ^ w ^li K_y<br />

schalen Salböl, tausend Gewandstücke, tausend<br />

W- und


24 Hermann Junker.<br />

gehen begriffen und wendet se<strong>in</strong> Gesicht zurück.<br />

Der S<strong>in</strong>n des Wegdrehens und <strong>der</strong> Kopfwendung<br />

ist nicht ersichtlich; <strong>der</strong> Gehilfe hätte doch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Nähe des Vorlesepriesters bleiben müssen. Der<br />

Verdacht liegt nahe, daß dem Vorzeichner o<strong>der</strong><br />

dem Ste<strong>in</strong>metz e<strong>in</strong> Versehen unterlaufen ist. Er<br />

verwechselte <strong>die</strong> Figur mit <strong>der</strong> des Priesters,<br />

<strong>der</strong> das <strong>in</strong>-t rd vollzieht und dabei den Besen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Hand hält. — Dieser ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> darunter-<br />

liegenden Reihe nahe am Opfertisch wie<strong>der</strong>ge-<br />

geben, wegschreitend, aber den Kopf nicht zu-<br />

rückwendend.* Das A<br />

Jj<br />

, Verwischen<br />

<strong>der</strong> Fußspuren' besagt, daß <strong>der</strong> Platz, an dem <strong>die</strong><br />

Opfer nie<strong>der</strong>gelegt werden sollen, vorher gere<strong>in</strong>igt<br />

wird, o<strong>der</strong> daß man nach <strong>der</strong> Opferhandlung jede<br />

Spur menschlicher Anwesenheit tilgen wollte,<br />

damit <strong>die</strong> re<strong>in</strong>e Stelle dem Verstorbenen alle<strong>in</strong><br />

gehöre; siehe auch Giza HI, S. 110—111.<br />

An zweiter Stelle kauert e<strong>in</strong> Priester am Boden,<br />

<strong>die</strong> Hände auf den vor ihm stehenden ü—iJ- Kasten<br />

gelegt. Dieser Kasten enthält <strong>die</strong> Zubehör für das<br />

Totenopfer, <strong>die</strong> Brothälften, Bier, Kuchen, <strong>über</strong>-<br />

haupt alle Gaben für e<strong>in</strong>e vollkommene Spende.<br />

Vielleicht steckte auch <strong>der</strong> Opfertisch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

solchen Behälter, denn wir müssen uns denken,<br />

daß zur Zeremonie mehrere solcher Kasten be-<br />

nötigt wurden, <strong>von</strong> denen nur e<strong>in</strong>er dargestellt<br />

ist; vergleiche, wie Giza H, Abb. 27 zu 28 <strong>die</strong><br />

Diener e<strong>in</strong>e Anzahl <strong>der</strong>selben Kasten br<strong>in</strong>gen. Für<br />

den Opfertisch <strong>in</strong> dem Behälter siehe <strong>die</strong> Dar-<br />

stellung aus dem Grab des Hsj, Quibell, Excav.<br />

Saqq. 1911/12, Taf. XXH, 78. — Durch das Auf-<br />

legen <strong>der</strong> Hände soll <strong>der</strong> Inhalt dem Grabherrn<br />

<strong>über</strong>wiesen werden.<br />

Die folgende Gruppe zeigt e<strong>in</strong>en am Boden<br />

hockenden Priester, <strong>der</strong> mit beiden Händen e<strong>in</strong>en<br />

Napf hält, <strong>in</strong> den e<strong>in</strong> zweiter aus e<strong>in</strong>er Flasche<br />

Wasser gießt. Die Zeremonie wird mit ZI ö J<br />

bezeichnet und soll <strong>die</strong> Re<strong>in</strong>igung des Verstorbenen<br />

vers<strong>in</strong>nbilden; siehe Giza HI, S. 107 und<br />

vergleiche das Ausgießen des Wassers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en \J-<br />

Napf vor dem Grabberrn Giza HI, Abb. 30, im<br />

Grab des iV/V=: Capart, Memphis, Abb. 344, im<br />

Grab des Mtn L. D. H 3 und 4.<br />

Anschließend kauert e<strong>in</strong> Priester am Boden,<br />

neigt den Oberkörper leicht nach vorn, läßt <strong>die</strong><br />

Arme herabhängen und berührt mit den F<strong>in</strong>gerspitzen<br />

<strong>die</strong> Erde. Die Zeremonie wird mit ^ ^<br />

Nr. 17.<br />

' Siehe <strong>die</strong> regelmäßige Darstellung Giza III, Abb. 10,<br />

ö S O bezeichnet. Sie ist nur <strong>in</strong> unserer Dar-<br />

stellung belegt und ihre Deutung bleibt ungewiß.<br />

])liwj7ih-t soll vielleicht das ,Ende des Opfers'<br />

bezeichnen; siehe Giza IH, S. 109.<br />

Am Schluß <strong>der</strong> Reihe steht e<strong>in</strong> Räuchern<strong>der</strong>, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Hand das Becken mit Kohle und Weih-<br />

rauch haltend, mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en den Deckel hebend;<br />

dar<strong>über</strong> |<br />

Die Räucherung fehlt auch <strong>in</strong><br />

früheren Zeiten nie, sie wird meist auf <strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>-<br />

tür dargestellt, ersche<strong>in</strong>t gelegentlich auch als<br />

e<strong>in</strong>zige Zeremonie vor dem Speisetisch, Klebs,<br />

Reliefs, Abb. 102.<br />

Die dritte Bildreihe füllen Opferträger. Es<br />

s<strong>in</strong>d nicht etwa Geschenkbr<strong>in</strong>gende, wie sie auch<br />

außeriialb <strong>der</strong> Totenspeisung vor dem Grabherrn<br />

ersche<strong>in</strong>en, ihre Gaben gehören vielmehr zu dem<br />

rituellen Mahle. Zuerst kommt das Gänseopfer,<br />

das stets e<strong>in</strong>e bevorzugte Stellung e<strong>in</strong>nimmt und<br />

oft <strong>von</strong> dem ältesten Sohne dargebracht wird; es<br />

steht auch bei dem Opfer vor <strong>der</strong> Statue des<br />

Dbhnj an erster Stelle, L. D. H, 35. — Der Speise-<br />

tisch, den <strong>der</strong> zweite und <strong>der</strong> letzte Diener<br />

br<strong>in</strong>gen, ist wohl mit Nr. 15 <strong>der</strong> Opferliste, h)-t,<br />

<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung zu setzen, siehe Giza HI, S. 109<br />

und vergleiche <strong>die</strong> Überreichung des mit Speisen<br />

beladenen Tisches auf dem Pfosten <strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>tür<br />

ebenda Abb. 27. Der dritte Diener br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>e<br />

Mastgans, <strong>der</strong> vierte e<strong>in</strong> riesiges Rippenstück, das<br />

spr ^ Nr. 49 <strong>der</strong> Speiseliste; daneben balanciert<br />

er auf <strong>der</strong> bis zur Schulter erhobenen, rückwärtsgebogenen<br />

Hand e<strong>in</strong>e schlanke We<strong>in</strong>flasche. Uns<br />

mag <strong>die</strong>se Art des Tragens unwahrsciie<strong>in</strong>lich<br />

dünken, aber es liegt nicht etwa e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>fall des<br />

Künstlers vor. In Ägypten werden noch heute<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> gleichen Weise Flaschen und an<strong>der</strong>e<br />

D<strong>in</strong>ge getragen, <strong>die</strong> man nach unserem Urteil sehr<br />

viel leichter <strong>in</strong> <strong>der</strong> herabhängenden Hand hielte;<br />

aber das ist offenbar Sache des Brauches und<br />

<strong>der</strong> Übung. — In <strong>der</strong> Reihe <strong>der</strong> Gabentragenden<br />

fehlt sonst <strong>der</strong> Diener mit dem Ochsenschenkel<br />

nie; hier ist er schon bei <strong>der</strong> Schlachtszene,<br />

dicht beim Opfertisch, wie<strong>der</strong>gegeben.<br />

Die <strong>über</strong> <strong>der</strong> Darstellung aufgezeichnete<br />

Speiseliste hat <strong>die</strong> Putzschicht vollkommen ver-<br />

loren, und da <strong>die</strong> kle<strong>in</strong>en Hieroglyphenzeichen <strong>in</strong><br />

dem <strong>von</strong> Nummuliten durchsetzten Kalkste<strong>in</strong> nicht<br />

so sorgfältig gearbeitet werden konnten, wurde<br />

<strong>von</strong> e<strong>in</strong>er Zeichnung abgesehen. Die Anordnung<br />

<strong>der</strong> Darstellung aber wird im Hieroglyphendruck<br />

beibehalten. Jedem Gericht ist <strong>die</strong> Nummer <strong>der</strong><br />

späteren Fassung des Verzeichnisses beigegeben,<br />

siehe Giza II, S. 85 ff.


Zeile 1<br />

12 '<br />

Si<br />

1<br />

20 1<br />

13<br />

Beeicht <strong>über</strong> <strong>die</strong> Grabungen auf dem FEiEDnoF <strong>von</strong> Giza. 25<br />

1pft<br />

1<br />

14<br />

©<br />

21 122<br />

^2i<br />

u<br />

Ze/Ze 2<br />

Zfi7e 5<br />

Gi7.a IV.<br />

ö<br />

28 29<br />

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4G<br />

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1<br />

37<br />

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+ 1^<br />

47<br />

IUI<br />

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38<br />

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Olli<br />

48<br />

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23 24<br />

I<br />

30 31<br />

39<br />

J<br />

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Olli<br />

49<br />

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40<br />

50<br />

n<br />

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INI<br />

«1.<br />

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IMI<br />

17 18<br />

ticho t<br />

25<br />

32 33<br />

41<br />

51<br />

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42<br />

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5^<br />

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19<br />

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26<br />

34 35<br />

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43 144<br />

MM<br />

54<br />

lT<br />

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n<br />

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IUI<br />

i<br />

^<br />

10—11<br />

o o o "^<br />

^31 h<br />

27<br />

45<br />

o—<br />

D<br />

a


26 Heemann Junkee.<br />

Zeile 4<br />

Zeile 5<br />

55 56 57 58 59 60<br />

65<br />

iM<br />

Ol<br />

O II<br />

75<br />

78<br />

O<br />

SJ II<br />

J<br />

O II<br />

66—67<br />

76<br />

79<br />

89<br />

I<br />

o o o<br />

O II<br />

A<br />

O II<br />

^37^<br />

I<br />

'77<br />

80<br />

90<br />

II<br />

J<br />

O I<br />

o o o<br />

^ II<br />

Q a<br />

68<br />

81<br />

91<br />

D<br />

PI<br />

o o o<br />

\J II<br />

^Z]<br />

69<br />

82<br />

XJ<br />

II<br />

o o o<br />

o II<br />

93<br />

^<br />

Im e<strong>in</strong>zelnen ist zu <strong>der</strong> Liste zu bemerken,<br />

daß bei 15 <strong>der</strong> Altar mit Brothälften belegt ist<br />

— bei 19 und 29 als Frühstück his und dwjw<br />

ausgeschrieben s<strong>in</strong>d — ebenso bei/i;'-< und shio<br />

<strong>in</strong> 24—25 — , daß 23 und 66 hnms ohne Wort- '<br />

zeichen geschrieben wird. Bei <strong>der</strong> Angabe <strong>der</strong><br />

We<strong>in</strong>sorten war <strong>in</strong> den bisher veröffentlichten<br />

Listen Giza II—III an erster Stelle irpio ange-<br />

führt worden, an zweiter irjjw-'bs, Krug mit ge-<br />

rilltem Hals; bei 74—76 wurde e<strong>in</strong>fach irpw an-<br />

gegeben; jetzt ersche<strong>in</strong>en We<strong>in</strong>e aus berühmten<br />

We<strong>in</strong>gegenden, '/m < = Nebese, Ärajü^Pelusium<br />

Ü7<br />

70<br />

[^<br />

83<br />

OoS<br />

-CD-<br />

O II<br />

94<br />

61<br />

71<br />

Q<br />

II<br />

J9><br />

C'<br />

84<br />

I^<br />

\J II<br />

62<br />

o o o<br />

O II<br />

72—73<br />

85<br />

1<br />

1<br />

J<br />

II<br />

63<br />

86<br />

o o o<br />

\J II<br />

SM<br />

J<br />

II<br />

64<br />

74<br />

87<br />

SJ II<br />

O<br />

I I<br />

o o o<br />

o II<br />

und HJmiv. Diese drei We<strong>in</strong>sorton könnten <strong>in</strong> den<br />

älteren Fassungen <strong>der</strong> Liste unter irpio <strong>der</strong> Nummern<br />

74—76 zu verstehen se<strong>in</strong>, aber es ist jeden-<br />

falls bemerkenswert, daß sie erst im späten Alten<br />

Reich wirklich genannt werden; siehe auch <strong>in</strong><br />

Sakkära, Teti Pyr. Cem. I, S. 243. Dabei ver<strong>die</strong>nt<br />

bemerkt zu werden, daß 'Im-t, Sw7iw und Hhnw <strong>in</strong><br />

allen Pyramidentexten ersche<strong>in</strong>en. — Bei 82—83<br />

beachte man <strong>die</strong> Schreibung; <strong>über</strong> <strong>die</strong> Bedeutung<br />

<strong>von</strong> 'g-t als geröstete Frucht siehe Giza II, S. 84.<br />

Die <strong>der</strong> eigentlichen Speisenfolge zugefügten Nummern<br />

88—95 s<strong>in</strong>d Giza III, S. 111 f. besprochen


BeIUCIIT <strong>über</strong> <strong>die</strong> GkABUKGEN auf dem FlilEDlIOF VON GizA. 27<br />

worden; sie s<strong>in</strong>d teils Zusammenfassungen, teils<br />

beziehen sie sieh auf bestimmte, bei <strong>der</strong> Speisung<br />

zu vollziehende Riten. Für „<br />

ü<br />

r<br />

G ^<br />

wurde<br />

ebenda S. 112 <strong>die</strong> Bedeutung ,alle Jahresfestopfer'<br />

nachgewiesen, gegen<strong>über</strong> <strong>der</strong> üblichen Übersetzung<br />

, alles Grün'. Unterdessen 1st <strong>in</strong> Sakkära bei den<br />

Grabungen S.Hassans e<strong>in</strong>e glänzende Bestätigung<br />

<strong>die</strong>ser Auffassung gefunden worden: <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Speiseliste wird rnpiv-t nh-t mit den Deutezeichen<br />

^4 geschrieben, also eben mit den Tieren,<br />

<strong>die</strong> bei den beson<strong>der</strong>en Feiern des Jahres geopfert<br />

wurden. Ergänzend sei auch auf Vorbericht 1929,<br />

S. 116 verwiesen, ^^o e<strong>in</strong> ^ ^ ^^ j ^ ^<br />

^ ^c:7 bei e<strong>in</strong>er Darstellung steht, auf <strong>der</strong> haupt-<br />

sächlich Geflügel und Opfertiere herbeigebracht<br />

werden. — L. D. II 101a wird das Opfer erbeten<br />

klZl<br />

Bei dem Beweisgang wurde auch dem Spruch<br />

<strong>der</strong> Pyramidentexte § 965 f. <strong>die</strong> richtige Deutung ge-<br />

geben, nach <strong>der</strong> Sothis <strong>die</strong> Jahresfestopfer spendet:<br />

(]^_.^^^ SJ<br />

U<br />

D<br />

,<strong>die</strong> dir Jahresfestopfer bereitet <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem ihrem<br />

Namen „Jahr"'. Es war <strong>die</strong> Schlußfolgerung als<br />

selbstverständlich angenommen worden, daß damit<br />

<strong>der</strong> Nachweis e<strong>in</strong>es Sothisjahres erbracht ist. Nun<br />

hat A. Scharff <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Abhandlung ,Die Bedeutungslosigkeit<br />

des sogenannten ältesten Datums<br />

<strong>der</strong> Weltgeschichte' nur gefolgert, ,daß . . . <strong>die</strong><br />

Sothis als e<strong>in</strong>e Art Zeitmesser zur Regelung des mit<br />

<strong>der</strong> Nil<strong>über</strong>schwemmung beg<strong>in</strong>nenden Jalireslaufes<br />

und se<strong>in</strong>er Feste galt. Diese und ähnliche Text-<br />

stellen, <strong>die</strong> etwa aus <strong>der</strong> IV.—V. Dynastie stammen,<br />

lassen aber nur e<strong>in</strong>e ganz allgeme<strong>in</strong>e Ausrichtung<br />

nach <strong>der</strong> Sothis h<strong>in</strong> erkennen, dagegen noch ke<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong> den Kalen<strong>der</strong> e<strong>in</strong>gebauten Sothisdaten; sie<br />

ersche<strong>in</strong>en uns wie e<strong>in</strong>e Vorbereitung zu <strong>die</strong>sen'.<br />

(Nachtrag S. 31.) Es wird dabei Bezug genommen<br />

auf se<strong>in</strong>e Darlegungen S. 7— 8, <strong>in</strong> denen er zu<br />

dem Schluß kommt: ,1. Die Ägypter hatten e<strong>in</strong><br />

Jahr <strong>von</strong> 365 Tagen. 2. Die Ägypter kannten<br />

e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Jahresanfang, nämlich den Tag des<br />

heliakischen Aufgangs <strong>der</strong> Sothis, <strong>der</strong> auf irgend-<br />

e<strong>in</strong>en Tag des bürgerlichen Jahres fiel, wie es<br />

<strong>die</strong> schon erwähnten Sothisdaten zeigen. Daß<br />

beides <strong>in</strong> späterer, historischer Zeit — <strong>die</strong>s zeigt<br />

das Datum des Censor<strong>in</strong>us — mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung gebracht worden war, ist sicher —<br />

<strong>der</strong> Fehlschluß liegt aber nach Neugebauer mit<br />

Recht <strong>in</strong> <strong>der</strong> we<strong>der</strong> bewiesenen noch beweisbaren<br />

Annahme, daß <strong>die</strong>se Übere<strong>in</strong>stimmung seit jeher<br />

hätte erkannt gewesen se<strong>in</strong> und <strong>von</strong> Anfang an<br />

hätte bestanden haben müssen.' Ohne auf den<br />

vorhergehenden Beweisgang e<strong>in</strong>zugehen, sei hier<br />

nur festgestellt, daß nach Pyr. 965 schon im Alten<br />

Reich wenigstens <strong>die</strong> Verb<strong>in</strong>dung des angenommenen<br />

Niljahres <strong>von</strong> 365 Tagen mit dem Sothis-<br />

jahr bestand, und mehr noch, daß letzteres damals<br />

schon im Vor<strong>der</strong>grund stand. Denn bei den<br />

Jahresfestopfern kam es ihrer rituellen und sym-<br />

bolischen Bedeutung wegen darauf an, daß sie<br />

zu genau festgesetzten Zeiten gefeiert wurden.<br />

Als solche Feste galten nicht nur das wp-rnp-t<br />

und tpj-rnp-t, son<strong>der</strong>n auch <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en namentlich<br />

angeführten Tage, beson<strong>der</strong>s des Thoth- und<br />

w}g-Festes. Ihre Zeitbestimmung aber soll nach<br />

Pyr. 965 durch <strong>die</strong> Sothis erfolgen, <strong>die</strong> selber<br />

,Jalir' genannt wird. E<strong>in</strong>en klareren Beweis für<br />

das Vorhandense<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es Sothisjahres kann man<br />

nicht verlangen. Mag vorher e<strong>in</strong> Niljahr o<strong>der</strong><br />

auch e<strong>in</strong> Mondjahr bestanden haben o<strong>der</strong> nicht,<br />

<strong>der</strong> Text lehrt uns, daß zur Zeit se<strong>in</strong>er Abfassung<br />

<strong>der</strong> Beg<strong>in</strong>n des Jahres und <strong>die</strong> übrigen Jahres-<br />

daten nach <strong>der</strong> Sothis berechnet wurden, <strong>die</strong><br />

daher den Namen ,Jahr' trug.<br />

Die <strong>in</strong> Sakkära mehrfach belegten Anwei-<br />

sungen <strong>in</strong> Befehlsform, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Speisenliste zuge-<br />

fügt werden, Teti Pyr. Gem. I, S. 95 und 225, fehlen<br />

<strong>in</strong> unserem späten Verzeichnis; siehe auch Giza<br />

n I<br />

III, S. 115; für das dort erwähnte "^^^ ^^^<br />

aus Kij-hr-Pth, Vorbericht 1914, Taf.II, sei<br />

ergänzend auf das "^^ 'J^ \rZi h<strong>in</strong>gewiesen, das<br />

Kees, Re-Heiligtum des Newoserre Bd. 3, Die<br />

große Festdarstellung, S. 43 als Anweisung steht.<br />

c. Die Nordwand.<br />

(Abb. 8.)<br />

Am oberen Rand <strong>der</strong> Nordwand zieht sich<br />

e<strong>in</strong> Inschriftband h<strong>in</strong>, das auf Abb. 8 fortgelassen<br />

sie<br />

ist4f<br />

" nomi ^ 9<br />

p!i:t^ %&'^U<br />

Auf dem östlichen Steg des Fensters<br />

steht <strong>der</strong> Titel &hd hm-w nir] er ist wohl mit <strong>der</strong><br />

darunter stehenden Inschrift zu verb<strong>in</strong>den, <strong>die</strong><br />

<strong>in</strong> kurzen senkrechten Zeilen <strong>über</strong> <strong>der</strong> Gestalt<br />

des Grabherrn angebracht ist, so daß sich folgende<br />


28 Hekmänn Jdnkeb.<br />

^<br />

ul,f<br />

Der untere Teil <strong>der</strong> Wand wird ganz <strong>von</strong><br />

<strong>der</strong> Darstellung des Fischstechens e<strong>in</strong>genommen,<br />

<strong>die</strong> an den Seiten durch e<strong>in</strong> buntes Band begrenzt<br />

wird; im Osten reicht sie unter dem Architrav<br />

h<strong>in</strong>durch bis zur Kante <strong>der</strong> Tür. Die Beischrift<br />

lautet:<br />

r: •^s-=-<br />

Stechen <strong>der</strong> Fische <strong>in</strong> den H<strong>in</strong>terwässern'.<br />

,Das<br />

Der Aufbau <strong>der</strong> Szene war <strong>in</strong> großen L<strong>in</strong>ien<br />

längst festgelegt, auch bestimmte Abwandlungen<br />

f<strong>in</strong>den sich mehrfach belegt. Der Grabherr, groß<br />

gezeichnet und das ganze Bild beherrschend, steht<br />

im leichten Schilfkahn; mit weit ausgestreckten<br />

Armen faßt er den zweiz<strong>in</strong>kigen Speer und<br />

spießt zwei Fische auf e<strong>in</strong>mal. Bei <strong>der</strong> Wucht<br />

des Stoßes neigt er den Körper leicht nach vorn,<br />

<strong>die</strong> Ferse des rückwärts gestellten Fußes hebt<br />

sich. Die Jagd f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> den Sümpfen des H<strong>in</strong>ter-<br />

landes statt, nicht auf dem Nil. Hier ist das<br />

Leben <strong>in</strong> dem Papyrusdickicht wie<strong>der</strong>gegeijeu,<br />

Vögel, <strong>die</strong> auf den Dolden hocken o<strong>der</strong> auf ihren<br />

Nestern brütend sitzen o<strong>der</strong> aufgescheucht wegfliegen;<br />

dazwischen seh weben bunte Falter. Das<br />

Wasser wird durch Fische, Nilpferde und Kroko-<br />

dile belebt; am Ende des Kahnes schaut das<br />

Laichkraut des Sumpfes hervor, auf dem Frösche<br />

o<strong>der</strong> Heuschrecken hocken.<br />

Wir können uns heute <strong>von</strong> <strong>der</strong> Wirklichkeit<br />

des Bildes ke<strong>in</strong>e lebendige Vorstellung mehr<br />

machen, da <strong>der</strong> Papyrus aus Ägypten verschwunden<br />

ist; Nilpferde, Krokodile und manche<br />

Vogelarten s<strong>in</strong>d ausgestorben; <strong>die</strong> , H<strong>in</strong>ter wässer'<br />

wurden durch <strong>die</strong> Kanäle zum großen Teil aus-<br />

getrocknet. Nur wenige Stellen er<strong>in</strong>nern noch<br />

an <strong>die</strong> früheren Verhältnisse. Als <strong>die</strong> Westdelta-<br />

Expedition im Januar 1929 westlich Usim ihr<br />

Lager am Wüstenrande aufschlug, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe<br />

des königlichen Jagdreviers, bot sich unerwartet<br />

e<strong>in</strong> solches Schauspiel. Hier dehnten sich zahl-<br />

reiche H<strong>in</strong>terwässer, <strong>von</strong> hohem, dichtem Schilf<br />

umstanden. Es war ke<strong>in</strong> Tag <strong>der</strong> lauten Jagd,<br />

und man sah <strong>die</strong> Hüter <strong>in</strong> w<strong>in</strong>zigen Kähnen sich<br />

paddelnd dem Dickicht entlang schleichen, das<br />

offene Wasser meidend. Das war, als ob <strong>die</strong> alten<br />

Bil<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> lebendig geworden wären. Lebhafter<br />

noch wird <strong>die</strong>se Vorstellung bei den schilfumstan-<br />

denen Seen im Norden des Delta.<br />

Wenn sich <strong>die</strong> Künstler auch im allgeme<strong>in</strong>en<br />

an <strong>die</strong> <strong>über</strong>kommene Anordnung hielten, so nützten<br />

sie doch <strong>die</strong> Möglichkeit <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung im e<strong>in</strong>-<br />

zelnen. Nur selten trifft man e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Über-<br />

nahme. Oft ist e<strong>in</strong>e persönliche Gestaltung nicht<br />

zu verkennen, auch abgesehen da<strong>von</strong>, daß <strong>der</strong><br />

zur Verfügung stehende Raum zur Än<strong>der</strong>ung<br />

zwang, wie zu e<strong>in</strong>er Beschränkung auf das AUerwesentlichste<br />

im Falle Berl. Mus. Nr. 1119 =<br />

Klebs, Reliefs, Abb. 23. Aber wie auch immer<br />

<strong>die</strong> Darstellung abgewandelt werden mag, <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Punkte hält man unverbrüchlich an <strong>der</strong><br />

Überlieferung fest: <strong>die</strong> Fische werden nicht <strong>in</strong><br />

dem Wasser gestochen, <strong>über</strong> das <strong>der</strong> Papyruskahn<br />

h<strong>in</strong>gleitet, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Erhebung des<br />

Wassers, <strong>die</strong> <strong>in</strong> das Papyricht h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ragt.<br />

Der ,Wasserberg'.<br />

Diese Erhebung stellt nicht etwa e<strong>in</strong>e auf-<br />

sichtig gezeichnete Wasserbucht dar, wie Klebs,<br />

Tiefendimensionen, Ä. Z. 52, S. 23 annimmt. Die<br />

richtige Lösung hat H. Schäfer, Von äg. Kunst<br />

S. 178 f. gegeben. Er g<strong>in</strong>g aus <strong>von</strong> <strong>der</strong> Darstellung<br />

<strong>in</strong> Deir el Gebräwi, <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>die</strong> Fische an <strong>der</strong><br />

Speerspitze <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em völlig losgelösten Wasser-<br />

fleck umgeben s<strong>in</strong>d. ,Den Künstler beherrscht <strong>die</strong><br />

Vorstellung: „Fische werden im Wasser gestochen",<br />

und so umgibt er sie mit Wasser.' Er macht dann<br />

auf das älteste Bild des Fischstechens auf dem<br />

Schrifttäfelchen Berl<strong>in</strong> 15466 aufmerksam, wo<br />

<strong>der</strong> König mit e<strong>in</strong>em zweiz<strong>in</strong>kigen Speer <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Teich sticht. ,Dies Bild ist natürlich nicht<br />

e<strong>in</strong>zig <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er i\rt gewesen, und gewiß hat e<strong>in</strong>e<br />

solche vertraut gewordene Bildform auch dazu<br />

beigetragen, daß <strong>die</strong> Vorstellung, <strong>die</strong> Speerspitze<br />

müsse <strong>von</strong> AVasser umrahmt se<strong>in</strong>, fest wurde.<br />

So blieb sie auch, als man den Fischer nicht mehr<br />

am Lande stehend, son<strong>der</strong>n auf dem Wasserstreifen<br />

fahrend darstellte . . . Der Gedankengesellung<br />

Speerspitze—Wasser mit <strong>der</strong> nachwirkenden Kraft<br />

e<strong>in</strong>er älteren Bildform zusammen verdanken wir<br />

<strong>die</strong> Bil<strong>der</strong> des Wasserbergs.' H. Balcz hat <strong>in</strong> den<br />

Mitteilungen Kairo VHI, S. 158 f. ,Zu dem Wasser-<br />

berg' für <strong>die</strong> Lösung ergänzend e<strong>in</strong>en neuen Ge-<br />

sichtspunkt beigebracht: ,Bei <strong>die</strong>ser stark auf<br />

dekoratives Zusammenwirken <strong>der</strong> Farbflächen be-<br />

dachten Kunstrichtung ersche<strong>in</strong>t <strong>der</strong> formale An-<br />

reiz zur Umgebung <strong>der</strong> Fische mit Wasser e<strong>in</strong><br />

wesentlich bestimmendes Moment für Gestaltung<br />

und Beibehaltung des Wasserberges gewesen<br />

zu se<strong>in</strong>, das dem bereits <strong>von</strong> Schäfer an-<br />

geführten gleich bedeutungsvoll an <strong>die</strong> Seite zu<br />

stellen ist.'<br />

^


I?i';i!i('<strong>in</strong>- i'liri; ihi; ( J i!.\I!ii,m;|',,n .\ih' him I''i;i kdiihi.' \u,\ (ü/.a. 29<br />

Alici' ('iiu> (iiuiuHV.'ip! l)l(Ml)t not'li zii liisoii.<br />

\V;iiiiiii zoiclmol, mail iIcmi ,\V'aK,sprlior


30 Hekmakn Junkek.<br />

l<strong>in</strong>ke Hand faßt den Strick. Hier ist deutlich<br />

<strong>die</strong> Natürlichkeit und Lebendigkeit <strong>der</strong> heldi-<br />

schen Haltung des Herrschers geopfert worden.<br />

Die gleiche Rücksicht war maßgebend bei<br />

<strong>der</strong> Schaffung <strong>der</strong> Gestalt des fischstechenden<br />

Königs.<br />

3. Der Darstellung des Spießens <strong>der</strong> Fische<br />

ist meist <strong>die</strong> Vogeljagd mit dem Wurfholz zur<br />

Seite gesetzt. Bei SiJ}ic-R' stand sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> gleichen<br />

Bildreihe, meist aber stehen sich <strong>die</strong> beiden<br />

Szenen gegen<strong>über</strong>, rechts und l<strong>in</strong>ks vom E<strong>in</strong>gang.<br />

So dürfen wir es wohl für das kle<strong>in</strong>ere Torgebäude<br />

im Tal annehmen, wo noch Reste <strong>von</strong><br />

Bil<strong>der</strong>n aus dem Papyrussumpf gefunden wurden.<br />

Aus den Privatgräbern s<strong>in</strong>d zahlreiche Beispiele<br />

vorhanden, auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Prov<strong>in</strong>z, wie Deir el<br />

Gebräwi H, Taf. HI und V. Die Verb<strong>in</strong>dung war<br />

so stark, daß im Grabe des Nfr-irtnf beide Szenen<br />

auf <strong>der</strong>selben Wand gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gesetzt wurden,<br />

Abb. 8 a, 1 oben. Nach dem <strong>in</strong> <strong>der</strong> ägyptischen Kunst<br />

herrschenden Gesetz <strong>der</strong> Gegengleiche mußten<br />

dabei <strong>die</strong> beiden Hauptgestalten <strong>in</strong> ihrer Haltung<br />

aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgestimmt werden, jedenfalls durften<br />

<strong>die</strong> Hauptl<strong>in</strong>ien nicht wesentlich verschieden se<strong>in</strong>.<br />

In <strong>der</strong> Tat ist <strong>die</strong> Haltung <strong>in</strong> beiden Fällen<br />

fast <strong>die</strong> gleiche: das weite Ausschreiten, das<br />

Heben <strong>der</strong> Ferse, <strong>die</strong> leichte Neigung des Oberkörpers;<br />

und selbst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bewegung <strong>der</strong> Arme<br />

i^t e<strong>in</strong>e gewisse Annäherung nicht zu verkennen,<br />

<strong>die</strong> nach vorn gestreckte Hand liegt beidemal<br />

etwa <strong>in</strong> Schulterhöhe. Mau darf nicht vergessen,<br />

daß <strong>die</strong> Bil<strong>der</strong> und ihre Zusammenstellung für<br />

Monumentalbauten entworfen wurden, bei denen<br />

sich das Abweichen <strong>von</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong> Symmetrie<br />

ganz an<strong>der</strong>s auswirken mußte als etwa In e<strong>in</strong>er<br />

Grabkammer. Wer sich <strong>von</strong> <strong>der</strong> Bedeutung solcher<br />

sche<strong>in</strong>bar nebensächlicher D<strong>in</strong>ge <strong>über</strong>zeugen will,<br />

<strong>der</strong> vergleiche Abb. 8a, 1 mit dem gleichen Bilde<br />

aus dem Neuen Reich, Schäfer, ebenda, Taf. XXX,<br />

wo <strong>der</strong> gespießte Fisch tiefer sitzt, <strong>der</strong> Kopf und<br />

Oberkörper des Herrn sich e<strong>in</strong> wenig mehr nei-<br />

gen und <strong>die</strong> Hand bis zur Körpermitte gesenkt<br />

ist. Das ist <strong>der</strong> Wirklichkeit entsprechen<strong>der</strong>, aber<br />

<strong>die</strong> Gegengleiehe leidet darunter, und vor allem<br />

das Gefestigtse<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gestalt — und als ob <strong>der</strong><br />

Künstler das gefühlt hätte, läßt er sie durch <strong>die</strong><br />

Frau halten und stutzen. Und nun stelle man sich<br />

vor, <strong>die</strong> Fische würden hier noch wesentlich tiefer,<br />

unter <strong>der</strong> Wasseroberfläche, gespießt. Das ergäbe<br />

Haltungen des Körpers, <strong>die</strong> nicht nur e<strong>in</strong>e Gegen-<br />

<strong>über</strong>stellung <strong>der</strong> Vogeljagd unmöglich machten,<br />

son<strong>der</strong>n auch für e<strong>in</strong>en königlichen Jagdherrn<br />

undenkbar wären.<br />

4. Die Bil<strong>der</strong> des Fischstechens <strong>in</strong> den Privat-<br />

gräbern müssen wir nach dem Gesagten im Zusammenhang<br />

mit den gleichen Darstellungen auf<br />

den königlichen Denkmälern betrachten. Wie eng<br />

<strong>die</strong>se Verb<strong>in</strong>dungen se<strong>in</strong> können, zeigt das Beispiel<br />

des Ssni-nfr IV,^ dessen Torbau nach dem Vorbild<br />

des Nebene<strong>in</strong>gangs <strong>der</strong> Talkapelle des Sihw-R'<br />

gebaut und bebil<strong>der</strong>t zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t. Denn<br />

auch bei S)hw-R' waren <strong>die</strong> Seitenwände mit den<br />

Abgabenbr<strong>in</strong>genden bedeckt, und <strong>die</strong> H<strong>in</strong>terwand<br />

trug Darstellungen aus dem Papyrusdickicht.<br />

Aber wenn auch klar geworden ist, wie bei dem<br />

jagenden König <strong>die</strong> Rücksicht auf Gestalt und<br />

Haltung so vorherrschte, daß <strong>die</strong> Wirklichkeit<br />

sich unterordnen mußte und <strong>der</strong> ,Wasserberg'<br />

zustande kam — so bedarf es doch <strong>der</strong> Erläuterung,<br />

daß das gleiche Gesetz auch für <strong>die</strong> Darstellung<br />

des Grabherrn beibehalten wurde.<br />

Es liegt nicht e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfall vor, es zeigt<br />

sich vielmehr <strong>in</strong> <strong>der</strong> ganzen Ausschmückung des<br />

Grabes e<strong>in</strong>e Entsprechung mit den Bil<strong>der</strong>n auf<br />

königlichen Denkmälern. Wie dort <strong>der</strong> Herrscher,<br />

ist hier <strong>der</strong> Grabherr <strong>der</strong> Mittelpunkt aller Szenen.<br />

Mächtig ragt se<strong>in</strong>e Gestalt aus <strong>der</strong> Umgebung<br />

hervor. In manchen <strong>der</strong> älteren Mastabas, <strong>in</strong><br />

denen <strong>die</strong> Szenen auf das M<strong>in</strong>destmaß <strong>von</strong> Per-<br />

sonen beschränkt werden, beherrscht sie alle<br />

Wände des Raumes so, daß man zunächst nur<br />

ihrer gewahr wird. O<strong>der</strong> es füllt das Bild des<br />

Verstorbenen und se<strong>in</strong>er Frau alle<strong>in</strong> <strong>die</strong> Wand,<br />

wie bei Nfr (Giza III, S. 36, Nr, 17) und K)-nfr<br />

(ebenda, S. 37, Nr. 19). Auch <strong>in</strong> reicher geglie<strong>der</strong>-<br />

ten Darstellungen ist alles sichtbar und betont<br />

auf den Herrn bezogen, am häufigsten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Weise, daß se<strong>in</strong>e große Gestalt <strong>die</strong> vor ihm <strong>in</strong><br />

Streifen geordneten Bil<strong>der</strong> zusammenfaßt. Er ist<br />

<strong>über</strong>all <strong>der</strong> feste Halt, ist Ziel und Mittelpunkt,<br />

ganz wie <strong>der</strong> König auf den Darstellungen <strong>der</strong><br />

Grabtempel.<br />

In gleicher Weise gilt für ihn auch das<br />

Gesetz <strong>der</strong> Haltung. Am häufigsten ist er am<br />

Speisetisch dargestellt. Immer sitzt er aufrecht,<br />

<strong>die</strong> L<strong>in</strong>ke an <strong>die</strong> Brust gelegt, <strong>die</strong> Rechte nach<br />

den Broten ausgestreckt; meist berührt sie wie<br />

schüchtern den Speisetisch, oft bleibt sie gar auf<br />

dem Oberschenkel ruhen, ganz vere<strong>in</strong>zelt s<strong>in</strong>d <strong>die</strong><br />

Fälle, <strong>in</strong> denen er wirklich zuzugreifen sche<strong>in</strong>t,<br />

aber nie führt er das Brot zum Munde. Das<br />

wurde als ungeziemend empfunden. Das Fest-<br />

halten an <strong>der</strong> steifen Haltung ist nicht etwa als<br />

Beharren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er uralten unbeholfenen Form zu<br />

' Vorbericht 1929, Abb. 3 und S. 101.


Beeicht <strong>über</strong> <strong>die</strong> Grabungen auf dem Friedhof <strong>von</strong> Giza. 31<br />

erklären; denn im späteren Alten Reicli faßt <strong>der</strong><br />

am Speisetiscli Sitzende oft e<strong>in</strong>e Salbvase und<br />

führt sie zur Nase, wie <strong>die</strong> Grabherr<strong>in</strong> <strong>die</strong> Lotos-<br />

blume. Aber essen darf er nicht. Das dürfen nur<br />

im Grabe dargestellte Nebenpersonen. Zwei Scbul-<br />

beispiele mögen <strong>die</strong>se Regel erläutern. Nj-wj-ntr<br />

(Vorbericht 1928, Taf. VI) sitzt <strong>in</strong> <strong>der</strong> oberen<br />

Bildreibe <strong>in</strong> <strong>der</strong> üblichen strengen Haltung vor<br />

dem Opfer. In <strong>der</strong> unteren Reihe bocken Frau<br />

und Tochter auf Hatten vor nie<strong>der</strong>en, mit Speise<br />

beladenon Tischen. Die Frau streckt <strong>die</strong> Hand<br />

zum Brote am Tischrand, <strong>die</strong> iiir gegen<strong>über</strong>sitzende<br />

Tochter aber labt sich aus e<strong>in</strong>er Flasche, <strong>die</strong> sie<br />

zum Munde geführt hat. — Bei dem großen , Fest-<br />

mahl' sitzt <strong>der</strong> Grabherr im Kreise se<strong>in</strong>er Familie;<br />

<strong>die</strong> Speisen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> verschwen<strong>der</strong>isciier Fülle um<br />

ilm aufgehäuft, aber er streckt nicht e<strong>in</strong>mal <strong>die</strong><br />

Hand nacli ihnen aus, riecht nur an e<strong>in</strong>er Lotos-<br />

blume. Aber <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ecke tut sich das Ges<strong>in</strong>de, an<br />

nie<strong>der</strong>en Tischen hockend, an den Speisen gütlich.'<br />

Die Körperhaltung, <strong>die</strong> uns alle<strong>in</strong> lässig er-<br />

sche<strong>in</strong>t, zeigt den Grabherrn auf se<strong>in</strong>en Stab<br />

gelehnt, das vorgestellte Be<strong>in</strong> entlastet, das Knie<br />

gebogen, <strong>die</strong> Ferse gehoben, wie Giza III, Abb. 27.<br />

Diese bequeme Ruhestellung nimmt er oft gerade<br />

da e<strong>in</strong>, wo er dem g-eschäftio-en Treiben se<strong>in</strong>er<br />

Leute zuschaut, und hier mag <strong>die</strong> Betonung des<br />

Gegensatzes e<strong>in</strong>gewirkt haben. Aber <strong>die</strong>se ent-<br />

spannte Haltung wurde erst allniählicii , hoffähig',<br />

auch zeigt sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Darstellung e<strong>in</strong>e ganze<br />

Reibe <strong>von</strong> Abwandlungen, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong> Zwiespalt<br />

des Künstlers zum Ausdruck kommt, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>er-<br />

seits das lässige Ruhen wie<strong>der</strong>geben, an<strong>der</strong>erseits<br />

<strong>die</strong> aufrechte Haltung nicht opfern möchte. Man<br />

vergleiche, wie KlJijf (Vorbericiit 1913, Taf. VII)<br />

auf den Stab gelehnt beide Füße ganz aufsetzt,<br />

und beachte, wie <strong>in</strong> dem späten Grab Wiedemann-P.<br />

Karlsruhe 'Ij-nfr-t mit dem Stab vollkommen<br />

gerade steht, nicht nur auf <strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>tür<br />

Taf. II, son<strong>der</strong>n auch bei <strong>der</strong> Besichtigung <strong>der</strong><br />

Feldarl)eiten Taf. VI, <strong>der</strong> Aufseher <strong>in</strong> <strong>der</strong> mittleren<br />

Szene vor ihm aber (Taf. V) sich wirklich auf<br />

den Stock lehnt. -<br />

' Bei <strong>der</strong> Besichtigung <strong>der</strong> Feldarbeiten mag <strong>der</strong> Grab-<br />

lierr sich bequem h<strong>in</strong>stellen, aber er darf sich nicht e<strong>in</strong>fach h<strong>in</strong>-<br />

setzen o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> drückenden Hitze sich e<strong>in</strong>en Trunk reichen<br />

lassen. Als aber <strong>die</strong> Dame IJlp-t sich <strong>die</strong> Flachsernte anschauen<br />

g<strong>in</strong>g (Klebs, Reliefs, Abb. 40), brachte man ilir e<strong>in</strong>en Sessel<br />

und <strong>der</strong> Diener SnI) kommt mit e<strong>in</strong>er Tr<strong>in</strong>kschalc; aber sie<br />

berührt sie nur mit den F<strong>in</strong>gerspitzen, während <strong>der</strong> durstige<br />

Schnitter L. D. II, y und Deir el Gebräwi II, (i e<strong>in</strong>en langen<br />

Zug aus <strong>der</strong> Flasche tut.<br />

' Für e<strong>in</strong>e ganz bequeme Haltung siehe daliei den<br />

Aufseher <strong>der</strong> Vogelfänger Tj CXVII.<br />

5. Halten wir uns <strong>die</strong>s Betonen <strong>der</strong> äußeren<br />

Form, <strong>der</strong> wurdevollen Haltung vor Augen, so<br />

werden wir <strong>die</strong> Gestalt des Kij-m-'nh auf Abb. 8<br />

zu deuten wissen. Nichts weist darauf h<strong>in</strong>, daß<br />

er <strong>die</strong> großen Fische ans dem Wasser hebt; <strong>der</strong><br />

Körper müßte sich dabei eher e<strong>in</strong> wenig nach<br />

rückwärts neigen, jedenfalls aber <strong>die</strong> Ferse des<br />

rückwärts gestellten Fußes fest aufsitzen. Zum<br />

Vergleich sei auf das Herausheben des Gabel-<br />

netzes verwiesen, das <strong>der</strong> Künstler unter fe<strong>in</strong>er<br />

Beobachtung <strong>der</strong> Körperhaltung <strong>in</strong> verschiede-<br />

nen Phasen wie<strong>der</strong>gibt, wie Davies, Ptahhetep II,<br />

Taf. XIV, XVI, Deir el Gebräwi II, 4, II, 5.<br />

Sollte an<strong>der</strong>erseits <strong>der</strong> Grabherr <strong>die</strong> Fische im<br />

tiefen AVasser spießen, so müßte <strong>der</strong> Oberkörper<br />

sich stark nach vorne neigen, das Knie sich<br />

beugen. Aber das war unmöglich, für ihn kam<br />

nur e<strong>in</strong>e aufrechte, herrische Haltung <strong>in</strong> Betracht.<br />

Er darf sich bei <strong>der</strong> Ausübung <strong>der</strong> Jagd nicht<br />

mühen. "Wie se<strong>in</strong>e Hand den Speer leicht und<br />

spielend hält, wie er <strong>die</strong> Fische mit unfehlbarer<br />

Sicherheit h<strong>in</strong>ter <strong>die</strong> Kiemen trifft, so durfte auch<br />

<strong>der</strong> Körper sich nicht mehr neigen, als <strong>über</strong>haupt<br />

nötig war, um das Stechen anzudeuten. Konnte<br />

hei <strong>die</strong>ser vorgeschriebenen Haltung <strong>die</strong> Speerspitze<br />

<strong>die</strong> Wasserfläche nicht erreichen, so mußte<br />

das Wasser zu ihr emporgehoben werden. E<strong>in</strong>en<br />

durchschlagenden Beweis, daß <strong>die</strong> vorgetragene<br />

Erklärung zu Recht besteht, ergibt <strong>die</strong> Tatsache,<br />

daß <strong>die</strong> Männer, <strong>die</strong> <strong>in</strong> Gegenwart des Grabherrn<br />

den Sport ausüben, <strong>die</strong> Fische im Wasser stechen.<br />

Siehe Mrrw-ld, Taf. CXXVIII.<br />

Der Wasserberg ist bei <strong>der</strong> fast waagrechten<br />

Haltung <strong>der</strong> Arme höher als bei dem ältesten<br />

Vorbild aus 6ilnü-R'. Solche Übertreibungen<br />

waren wohl <strong>die</strong> Veranlassung, daß man dann <strong>die</strong><br />

Szene als Herausheben <strong>der</strong> Fische deutete. So<br />

tat es <strong>der</strong> Künstler <strong>von</strong> Deir el Gebräwi I, 3,<br />

<strong>der</strong>, fern <strong>der</strong> Residenz und weniger durch <strong>die</strong><br />

Überlieferung beschwert, <strong>die</strong> Fische hoch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Luft schweben läßt, ohne jedoch au <strong>der</strong> Haltung<br />

des Grabherrn etwas zu än<strong>der</strong>n. Aber nie zeigt<br />

e<strong>in</strong> Bild <strong>die</strong>se Verlegung des Schwergewichtes<br />

durch Rückwärtsbeugen des Oberkörpers und Auf-<br />

setzen <strong>der</strong> Ferse.<br />

6. Die Gestalt des ,Wasserberges' ist bei<br />

den Darstellungen immer <strong>die</strong> gleiche: er erhebt<br />

sicli <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kurve <strong>von</strong> <strong>der</strong> Oberfläche des<br />

Fahrwassers, rundet sich am oberen, dem Speer<br />

zugewandten Ende und fällt auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite steil ab. Die Erklärung für <strong>die</strong>se Form<br />

gibt uns wie<strong>der</strong> das Vorbild aus dem Grabtempel<br />

des Miiv-R' = Abb. 8 a, 2. Hier erhebt sich das


32 Heemann Junker.<br />

Wasser iiiclit <strong>in</strong> dem Papyricht, son<strong>der</strong>n vor ilim;<br />

<strong>die</strong> Spuren <strong>von</strong> Hieroglyphen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>iger Ent-<br />

fernung <strong>über</strong> dem oberen Wasserrand beweisen,<br />

daß liier ke<strong>in</strong>e Stengel zu ergänzen s<strong>in</strong>d. Das<br />

Bild ist also im Aufbau, wenn auch nicht <strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>zelheiten, nach Blaekman, Meir I, Taf. II zu<br />

ergänzen ^ Schäfer, ebenda, Abb. 152. Hier wie<br />

dort paßt sich <strong>die</strong> aufsteigende L<strong>in</strong>ie dem Bug<br />

des Schiffes an. Als man <strong>in</strong> den Gräbern mit<br />

Rücksicht auf den zur Verfügung stehenden Raum<br />

<strong>die</strong> Darstellung zusammenrückte und den Wasser-<br />

berg <strong>in</strong> das Dickicht verlegte, behielt man <strong>die</strong><br />

Anfangskurve bei, obwohl das Boot jetzt <strong>in</strong> das<br />

ansteigende Wasser h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ragte.<br />

Auch für den geraden Abschluß <strong>der</strong> abgewandten<br />

Seite des Berges geben Silnv-R' und<br />

Meir, ebenda <strong>die</strong> Lösung; hier schlössen sich <strong>die</strong><br />

senkrechten Stengel des Papyrichts an. Die Bei-<br />

behaltung <strong>der</strong> steilen L<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> <strong>der</strong> gedrängteren<br />

Darstellung ist daraus zu erklären, daß das Bild<br />

meist seitlich des E<strong>in</strong>gangs angebracht wurde und<br />

hier <strong>die</strong> senkrechte Kante <strong>der</strong> Tür e<strong>in</strong>em Ab-<br />

schluß <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Kurve nicht günstig war.<br />

Die gleiche Rücksicht auf <strong>die</strong> Harmonie <strong>der</strong><br />

L<strong>in</strong>ien for<strong>der</strong>te das steile Abfallen auch da, wo<br />

Fischspießen und Vogeljagd gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gesetzt<br />

wurden, wie Abb. 8 a, 1.<br />

Das Beiwerk.<br />

Nahe <strong>der</strong> Stelle, an <strong>der</strong> Kij-m-'nh <strong>die</strong> Fische<br />

sticht, durchquert e<strong>in</strong>e R<strong>in</strong><strong>der</strong>herde das Wassei-.<br />

Der Künstler wollte dadurch <strong>die</strong> Szene noch<br />

lebendiger gestalten. Er hat aber <strong>in</strong> Wirklichkeit<br />

zwei Darstellungen vermischt, <strong>die</strong> <strong>in</strong> den Gräbern<br />

gelegentlich nahe beie<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ersche<strong>in</strong>en. In<br />

Njsw-t-pw-ntr zum Beispiel wird auf <strong>der</strong> Nordwand<br />

<strong>der</strong> Pfeilerhalle rechts <strong>der</strong> Grabherr bei<br />

<strong>der</strong> Vogeljagd im Papyricht dargestellt, l<strong>in</strong>ks<br />

unten durchquert e<strong>in</strong>e Herde mit ihren Hirten <strong>die</strong><br />

Furt (Giza III, S. 51). ämhn-ib-Mhj jagt auf <strong>der</strong><br />

Nord wand l<strong>in</strong>ks Vögel, rechts sticht er Fische;<br />

auf <strong>der</strong> anschließenden westlichen Schmalwand<br />

unten zieht <strong>die</strong> Herde durch das Wasser, <strong>von</strong><br />

den Hirten <strong>in</strong> Booten begleitet. Ähnliche Zu-<br />

sammenstellungen mögen <strong>die</strong> Anregung für <strong>die</strong><br />

vorliegende Szene gegeben haben. Die Verb<strong>in</strong>-<br />

dung <strong>der</strong> beiden Vorgänge <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bilde ersche<strong>in</strong>t<br />

freilich nicht ganz glücklich. Die R<strong>in</strong><strong>der</strong>herde<br />

steht verloren da; aus Raummangel fehlen <strong>die</strong><br />

begleitenden Hirten, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Szene Bedeutung<br />

und Leben verleihen.<br />

Das Nilpferd unter dem Boote, <strong>die</strong> beiden<br />

Frösche auf dem Laichkraut und <strong>der</strong> Falter<br />

gehören zu <strong>der</strong> üblichen Aufmachung. Dagegen<br />

s<strong>in</strong>d neue und geschickt gewählte Zutaten <strong>der</strong><br />

Korb mit dem Mundvorrat und <strong>die</strong> neben ihm<br />

liegenden Gemüse. Sonst s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dem Boot des<br />

Grabherrn bei <strong>der</strong> Vogeljagd, dem Fischstechen<br />

o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Spazierfahrt nur noch <strong>die</strong> Begleit-<br />

personen dargestellt, Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Familie und<br />

Diener; Speisen und Getränke dagegen fehlen.<br />

Ganz an<strong>der</strong>s bei den Berufsfiscbern und den <strong>in</strong><br />

den Sümpfen beschäftigten Hirten und Arbeitern.<br />

Hier wird nicht versäumt, <strong>die</strong> Vorräte, den Eß-<br />

korb o<strong>der</strong> den nie<strong>der</strong>en Tisch mit Speisen dar-<br />

zustellen. So hat sich <strong>der</strong> e<strong>in</strong>same alte Angler<br />

Tj, 1'af. CXIII mit e<strong>in</strong>em Bierkrug und zwei<br />

großen Broten verproviantiert. Beim Fischen mit<br />

Reusen sitzt <strong>der</strong> dicke '//y als Zuschauer <strong>in</strong> dem<br />

geflochtenen Sessel; er hat e<strong>in</strong>e gebratene Ente<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand und se<strong>in</strong> Sohn? hält ihm <strong>die</strong> Tr<strong>in</strong>k-<br />

schale an den Mund. Beliebt s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Szenen<br />

des Essens gerade auch bei den Frachtbooten,<br />

nicht den Reiseschiffen des Grabherrn; so Leiden,<br />

Mus. I, Taf. XX, L.D. II, 104b; II, 62. Für das<br />

JMitführen des Proviantes bei Fischern, Vogelfängern<br />

und Schiffern vergleiche unter an<strong>der</strong>em<br />

Capart, Rue de tomb., Taf. LXXXVII; Davies,<br />

Ptahhetep II, Taf. XIV, L. D. II, 5Ga bis.<br />

Der Mundvorrat im Boot war also entschieden<br />

zünftig, Kij-m-'^nh bequemte sich den Sitten <strong>der</strong><br />

Berufsfischer an. Dieses Überbrücken des Unterschieds<br />

zwischen Grabherrn und Ges<strong>in</strong>de war<br />

nur gegen Ende des Alten Reiches möglich.<br />

Zweifellos hat bei den herrschenden patriarclia-<br />

lischen Verhältnissen <strong>der</strong> Jagdherr auch früher<br />

bei se<strong>in</strong>en Leuton im Sumpfland nicht auf Etikette<br />

gehalten, son<strong>der</strong>n zwanglos mit ihnen verkehrt —<br />

aber darstellen durfte das <strong>der</strong> Künstler nicht.<br />

Erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> VI. Dynastie erhielt er dar<strong>in</strong> größere<br />

Freiheit, onfrw-<strong>in</strong>j-ist-f h&t <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Kahn außer<br />

dem Korb auch <strong>die</strong> Hirtenmatte darstellen lassen,<br />

ganz wie bei den Schiffern Deir el Gebräwi I, 5.'<br />

'Ij-nfr-t sitzt bei se<strong>in</strong>er Falirt <strong>in</strong>s Delta wie <strong>die</strong><br />

Fischer auf <strong>der</strong> Matte, zum großen Vergnügen<br />

<strong>der</strong> Bootsmannschaft.'<br />

Auf unserem Bilde wird das Ländliche unter-<br />

strichen duich <strong>die</strong> Auswahl und <strong>die</strong> Unterbr<strong>in</strong>gung<br />

<strong>der</strong> Vorräte. Kij-rn-'nh wählte nicht fe<strong>in</strong>e<br />

' In BlackniaiijMeiilV, Taf. VII liat <strong>der</strong> fischstechende<br />

Grabheir am Heck des Bootes den e<strong>in</strong>fachen geflochtenen<br />

Sitz, <strong>die</strong> Hirtenmatte und e<strong>in</strong>en Sack verstaut, genau wie<br />

<strong>die</strong>se Gegenstände <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fischerhütte Montet, Se<strong>in</strong>es,<br />

Taf. VII, 2 liegen; vergleiche auch Barsanti, SSm-nfr<br />

Annales I, 159.<br />

" Wiedemann-Pürtner, Karlsruhe, Taf. IV.


Abb. S a.


34 Heemänn Junkee.<br />

Gerichte und kostbares Gerät aus se<strong>in</strong>em Haus-<br />

halt, son<strong>der</strong>n bequemte sich ganz <strong>der</strong> Sitte <strong>der</strong><br />

Marschbewohner an. Am Heck steht e<strong>in</strong> gefloch-<br />

tener Korb; es ist <strong>der</strong> Korb <strong>der</strong> gewöhnlichen<br />

Leute und war im Alten Agj'pten durch Jahr-<br />

tausende <strong>in</strong> Gebrauch; er ver<strong>die</strong>nt bei unserer<br />

lückenhaften Kenntnis <strong>von</strong> den wirklichen Ge-<br />

brauchsgegenständen des Volkes e<strong>in</strong>ige Beachtung.<br />

Er ist, wie <strong>die</strong> Innenzeichnuiigen beweisen, aus<br />

Fasern geflochten (Petrie, Deshasheh, Taf. XXI,<br />

A. Z. 44, S. 78), unten breit und sich nach oben<br />

verengend. Der Rand wird durch e<strong>in</strong>en gedreh-<br />

ten Wulst gefestigt (Capart, Rue de tomb.,<br />

Taf. LXXXVH). An zwei gegen<strong>über</strong>liegenden<br />

Stellen ist je e<strong>in</strong>e Schleife angebracht, <strong>der</strong>en<br />

freies Ende am Korb vernäht wurde. An den<br />

Schleifen wurde <strong>der</strong> Henkel befestigt, wie es<br />

sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong> geflochtener Strick. Der Boden ist<br />

leicht geschwungen. Bei <strong>der</strong> Eigenart <strong>der</strong> ägyptischen<br />

Zeichnung ist es nicht klar, ob <strong>der</strong> Korb<br />

unten wie e<strong>in</strong>e Tasche spitz zulief o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en<br />

flachen, etwa l<strong>in</strong>senförmigen Boden hatte, worauf<br />

das freie Aufsitzen zu deuten sche<strong>in</strong>t.<br />

Dieser Korb war e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>er Gebrauchs-<br />

gegenstand. In ihm trägt <strong>der</strong> Säemann das Saat-<br />

gut (Davies, Sheikh Said, Taf. VIII), <strong>in</strong> ihn leeren<br />

<strong>die</strong> Fischer ihre Beute aus (De Morgan,<br />

Orig<strong>in</strong>es I, 176, vgl. Gemnikai I, 17), <strong>in</strong> ihn<br />

sammeln <strong>die</strong> Frauen <strong>die</strong> Lotosblüten (Davies,<br />

Deir el Gebräwi II, Taf. V), legen <strong>die</strong> Bäuer<strong>in</strong>nen<br />

beson<strong>der</strong>e Geschenke für den Grabherrn (L. D. II,<br />

50, Schäfer, Propyl., Abb. 304), schüttet <strong>der</strong><br />

Knecht das Körnerfutter für <strong>die</strong> Gänse (Capart,<br />

Memphis, Abb. 376).<br />

Die Fälle, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong> Korb an se<strong>in</strong>em<br />

Henkel getragen wird, s<strong>in</strong>d auffallen<strong>der</strong>weise<br />

selten; <strong>der</strong> Säemann (siehe oben) hat den Griff-<br />

strick <strong>über</strong> se<strong>in</strong>e l<strong>in</strong>ke Schulter gelegt; <strong>der</strong> Hirt<br />

trägt den Proviant <strong>in</strong> dem Korbe an e<strong>in</strong>em auf<br />

<strong>der</strong> Schulter aufgelegten Stock, wie L. D. II,<br />

102b, Tj bei <strong>der</strong> Vorführung <strong>der</strong> Herden.'<br />

Der Korb <strong>die</strong>nt vor allem auch zum Aufbewahren<br />

<strong>von</strong> Mundvorrat <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Form; so bei<br />

den Mattenflechtern und Netzstrickern im Grab<br />

des Tj — <strong>die</strong> Vogelfänger, Capart, Rue de tomb.,<br />

Taf. LXXXVII, haben den Milchkrug und e<strong>in</strong>e<br />

Flasche h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gesteckt, ähnlich wie <strong>die</strong> Hirten <strong>in</strong><br />

' Der Schiffer Deir el Gebräwi II, Taf. V hat durch e<strong>in</strong>e<br />

<strong>der</strong> Ösen e<strong>in</strong>en Stricli gezogen und hält daran den Korb<br />

auf dem Rücken; ebenso <strong>die</strong> Lotossammler<strong>in</strong>nen ebenda.<br />

Siehe auch den umgehängten Korb bei dem alten Schiffer<br />

im Grab des Tj, Szene des Schifferstechens, Montet, Se<strong>in</strong>es,<br />

Taf III.<br />

<strong>der</strong> Sargkammer unseres Grabes = Taf. XIII —<br />

Flaschen und Brote schauen A. Z. 44, S. 78 <strong>über</strong><br />

den Rand h<strong>in</strong>aus.<br />

Vor allem gehört <strong>der</strong> Korb auch <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />

Papyrusboote und wird hier gerne, wie <strong>in</strong> unserem<br />

Falle, am Heck verstaut. Meist schauen hier<br />

knollenförmige Gebilde <strong>über</strong> den Rand heraus,<br />

<strong>die</strong> sich als Zwiebeln erweisen. Auf unserem Bilde<br />

s<strong>in</strong>d sie braun gefärbt, kle<strong>in</strong>e dunkle, wie Stacheln<br />

wirkende Striche deuten <strong>die</strong> Wurzelfasern an. Daß<br />

man <strong>die</strong> Zwiebeln mit den Knollen nach oben <strong>in</strong><br />

den Korb steckte, zeigt auch Musee Eg. II, Taf. XI,<br />

mit Stielen nach unten, mit Angabe <strong>der</strong> Wurzeln.<br />

Wenn man nun <strong>die</strong> Vorratskörbe <strong>der</strong> Arbeiter,<br />

Fischer, Vogelsteller und Hirten untersucht, f<strong>in</strong>det<br />

man meistens Zwiebeln <strong>in</strong> ihnen, so auf jedem <strong>der</strong><br />

Kähne bei dem Schifferspiel Capart, Memphis,<br />

Abb. 389. Die Zwiebel war also nicht weniger<br />

beliebt und verbreitet wie im heutigen Ägypten.<br />

Sie wird ja auch beim Festmahl <strong>der</strong> Großen <strong>in</strong><br />

Bündeln auf <strong>die</strong> Brottische gelegt; aber hier ist<br />

<strong>die</strong> ,Weiße' säuberlich geschält, während sie <strong>in</strong><br />

den Körben frisch vom Felde verpackt wird. Man<br />

f<strong>in</strong>det dabei <strong>die</strong> schlankeren Formen <strong>der</strong> jungen<br />

Zwiebel wie <strong>die</strong> rundlichen <strong>der</strong> ausgewachsenen.<br />

Die neben dem Korbe liegenden Gemüse s<strong>in</strong>d<br />

nicht e<strong>in</strong>deutig zu bestimmen; <strong>die</strong> sehr langen<br />

Stengel sprechen wohl gegen den Lattich, <strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

den Stilleben <strong>der</strong> Speisedarstellungen so oft<br />

wie<strong>der</strong>kehrt; siehe beispielsweise Gizalll, Abb. 35.<br />

Die Begleitpersonen.<br />

Des Sohnes Hwj-icj-Wr, <strong>der</strong> neben se<strong>in</strong>em Vater<br />

im Boot steht, wurde schon oben S. 7 Erwähnung<br />

getan. In <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Hand hält er e<strong>in</strong>en Sjneß,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en e<strong>in</strong>en Wiedehopf. Den Spieß mochte<br />

er se<strong>in</strong>em Vater zu e<strong>in</strong>em neuen Stoß reichen,<br />

wenn er den ersten mit <strong>der</strong> Beute den Dienern<br />

<strong>über</strong>reicht hatte; o<strong>der</strong> er mochte selbst se<strong>in</strong>e<br />

Kunst zeigen, wie <strong>der</strong> Sohn bei Ssm-nfr IV (siehe<br />

oben) o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Deir el Gebräwi I, Taf. III.<br />

Die Diener stehen am Ufer, <strong>in</strong> zwei <strong>über</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>liegenden<br />

Reihen; <strong>in</strong> dem unteren, dem<br />

Boote näheren Streifen tragen sie <strong>die</strong> bereits<br />

gemachte Beute. Der erste hält je an e<strong>in</strong>er durch<br />

<strong>die</strong> Kiemen gezogenen Schnur e<strong>in</strong>en Barsch und<br />

Oxyr<strong>in</strong>chos, <strong>der</strong> zweite muß den großen Mugil <strong>in</strong><br />

beiden Armen halten; <strong>der</strong> dritte trägt e<strong>in</strong>en Wels<br />

und hält <strong>in</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Hand e<strong>in</strong>en Wiedehopf<br />

bei den Flügeln. Der Wels ist e<strong>in</strong> Grundfisch<br />

und wird wohl gewöhnlich nicht gestochen; viel-<br />

leicht ersche<strong>in</strong>t er hier, um <strong>die</strong> Reichhaltigkeit <strong>der</strong><br />

erbeuteten Fischarten anzuzeigen. Der Wiedehopf<br />

,


Beeicht übek <strong>die</strong> Gkabungen auf dem Fkiedhoe <strong>von</strong> Giza. 35<br />

wurde wolil nebenbei im Diclvicht gefangen und<br />

soll als beliebtes Spielzeug für <strong>die</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit<br />

nach Hause gebracht werden.<br />

In dem oberen Streifen steht <strong>der</strong> Leib<strong>die</strong>ner<br />

des Kij-m-'nh. Er trägt e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> Bedarfsgegenstände<br />

für <strong>die</strong> Körperpflege des Herrn. Denn<br />

ohne <strong>die</strong>se D<strong>in</strong>ge unternimmt er nie e<strong>in</strong>en Aus-<br />

flug. Ob er sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sänfte <strong>über</strong> Land tragen<br />

läßt o<strong>der</strong> zur Jagd <strong>in</strong> den Sümpfen auszieht,<br />

immer begleiten ihn Diener, <strong>die</strong> ihm Sandalen,<br />

Spazierstock, Wedel, auch Kopfstütze und Feld-<br />

bett o<strong>der</strong> gar e<strong>in</strong> Schlafzelt nachtragen. Stets<br />

gehört dazu <strong>der</strong> Leib<strong>die</strong>ner mit dem Klei<strong>der</strong>sack,<br />

wie auf unserem Bilde; oft hält er <strong>in</strong> <strong>der</strong> herab-<br />

hängenden Hand e<strong>in</strong>en Eimer, aus dem <strong>der</strong> Griff?<br />

e<strong>in</strong>es Gegenstandes herausschaut, Giza HI, Abb. 27,<br />

vergleiche Capart, Memphis, Abb. 344. In unserem<br />

Falle faßt <strong>der</strong> Diener <strong>die</strong>sen Gegenstand aufwärts-<br />

gerichtet beim Stiel. An dem sich oben verbreitern-<br />

den Griff ist e<strong>in</strong> Gebilde <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er schmalen<br />

Ellipse mit unten abgeschnittenem Ende angebracht;<br />

<strong>die</strong> Farbe ist gelb. Es muß sich also um Fasern<br />

o<strong>der</strong> Bast handeln, worauf auch <strong>die</strong> senkrechten<br />

L<strong>in</strong>ien <strong>der</strong> Innenzeichnung weisen. Das Ganze ist<br />

also e<strong>in</strong>e Bürste o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> P<strong>in</strong>sel. Auch L. D. II, 50<br />

ist <strong>der</strong> Gegenstand ganz sichtbar; <strong>der</strong> Diener faßt<br />

ihn zusammen mit dem Henkel des Eimers. Er<br />

sieht hier fast wie e<strong>in</strong> breites Szepter aus, kann<br />

aber nach <strong>der</strong> Färbung unseres Bildes nur Stiel<br />

mit Quaste se<strong>in</strong>.' Diese Deutung wird gesichert<br />

durch e<strong>in</strong>e Darstellung im Grabe des Tj, auch<br />

Montet, Scenes, Taf. XIV wie<strong>der</strong>gegeben. Hier<br />

marschieren <strong>die</strong> persönlichen Diener des Grabherrn<br />

auf, wie <strong>der</strong> Barbier, <strong>der</strong> Nägelpfleger und<br />

Le<strong>in</strong>wandbeschließer. An <strong>der</strong> Spitze steht <strong>der</strong><br />

Leib<strong>die</strong>ner (srnsiv), <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Hand den Eimer, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en <strong>die</strong> Bürste; sie besteht hier aus<br />

Fasern, <strong>die</strong> am unteren Ende bis zur Mitte fest<br />

umwickelt s<strong>in</strong>d. Mit <strong>die</strong>ser Faserbürste ließ sich<br />

<strong>der</strong> Herr wohl abreiben, bei se<strong>in</strong>en Ausflügen<br />

<strong>von</strong> Staub und Schweiß re<strong>in</strong>igen; sie <strong>die</strong>nte also<br />

e<strong>in</strong>em äimlichen Zweck wie bei uns Schwamm,<br />

Lufa und Nagelbürste. In dem Eimer aber wird<br />

das Wasser wohl mit Natron gemischt worden<br />

se<strong>in</strong>, das bei den alten Ägyptern <strong>die</strong> Seife vertrat<br />

(Giza III, S. 103 f.).<br />

Vor dem Diener steht e<strong>in</strong> Gestell, dessen<br />

Bedeutung nicht ohne weiteres zu erkennen ist.<br />

Es sieht aus, als stünden zwei A <strong>in</strong> e<strong>in</strong>iger Ent-<br />

fernunff <strong>von</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> und dar<strong>über</strong> sei weiße Le<strong>in</strong>-<br />

wand gespannt. In <strong>der</strong> Tat ist es e<strong>in</strong>e große Reise-<br />

tasche. Schäfer' hat e<strong>in</strong>e solche aus Tj, Taf.<br />

CXXXIII <strong>in</strong> Abb. 33 wie<strong>der</strong>gegeben und ebenda<br />

S. 105 gezeigt, wie hier <strong>die</strong> breite Hauptfläche<br />

und <strong>die</strong> beiden Seitenflächen gezeichnet s<strong>in</strong>d; vergleiche<br />

auch Schäfer, Atlas III, 88. Im Museum<br />

<strong>von</strong> Kairo bef<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e Holzfigur, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>en<br />

Diener mit unserer Reisetasche auf dem Rücken<br />

darstellt; siehe Schäfer, Propyläen 290, Capart,<br />

Memphis, 219. Die Tasche ist wie <strong>in</strong> unserem<br />

Beispiel weiß gefärbt und <strong>die</strong> Innenzeichnung<br />

gibt das Bastgeflecht wie<strong>der</strong>. Die Vor<strong>der</strong>seite zeigt<br />

das gerundete Ende <strong>der</strong> Verschlußklappe, das<br />

auch im Flachbild angedeutet wird; <strong>die</strong> Rückseite,<br />

<strong>in</strong> Ä. Z. 35, S. 121 sichtbar, gibt <strong>die</strong> rechteckige<br />

Fortsetzung <strong>der</strong> Klappe. Am Boden s<strong>in</strong>d kurze<br />

spitze Füße angesetzt, um <strong>die</strong> Tasche beim Nie<strong>der</strong>-<br />

setzen vor Staub und Feuchtigkeit zu schützen.<br />

Auf unserem Bilde haben <strong>die</strong>se Füße <strong>die</strong> Form<br />

niedriger abgestumpfter Kegel, boten also e<strong>in</strong>e<br />

bessere Aufsatzfläche; <strong>der</strong> braunen Farbe nach<br />

waren sie aus Holz.<br />

3. Der Gang.<br />

a. Die Haiiptdarstellung.<br />

(Abb. 9.)<br />

Auf <strong>der</strong> Westwand ist Kij-m-'nh <strong>in</strong>mitten<br />

se<strong>in</strong>er Familie und se<strong>in</strong>er Leute beim Brettspiel<br />

dargestellt. H<strong>in</strong>ter se<strong>in</strong>em Sitz ist e<strong>in</strong> großer Vorhang<br />

an Schleifen aufgehängt. Innenzeichnung und<br />

Farbe des Behanges s<strong>in</strong>d verschwunden. Nach<br />

an<strong>der</strong>en, besser erhaltenen Beispielen, wie Ki-hjf<br />

und äsm-nfr III = Giza III, Taf. II, müssen wir<br />

ihn uns als e<strong>in</strong>e bunte, fe<strong>in</strong>gemusterte Matte vor-<br />

stellen.<br />

Der breite Sessel mit hoher Lehne, auf dem<br />

das Ehepaar Platz genommen hat, ist <strong>der</strong> gleichen<br />

Art wie <strong>der</strong> im Streifen <strong>über</strong> <strong>der</strong> Szene dar-<br />

gestellte n ^^. Doch zeigt <strong>die</strong> Lehne auf unserem<br />

Bilde durchbrochene Arbeit. Der Raum zwischen<br />

den Rahmen ist ganz mit ||, dem sogenannten<br />

Isisblut, gefüllt. Kij-m-'nh hat den l<strong>in</strong>ken Arm, <strong>der</strong><br />

den Wedel hält, <strong>über</strong> <strong>die</strong> Lehne gelegt; Ts-t, wie<br />

üblich e<strong>in</strong> wenig kle<strong>in</strong>er dargestellt, sche<strong>in</strong>t se<strong>in</strong>en<br />

Ellenbogen zu stützen. In Wirklichkeit dürfte ihre<br />

Haltung unmöglich se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> wenig wahrsche<strong>in</strong>licher<br />

ist <strong>die</strong> entsprechende Darstellung L. D. II, 42 a.<br />

Vor dem Grabherrn ist <strong>die</strong> Fläche <strong>in</strong> vier<br />

waagreehte Bildstreifen geteilt, <strong>in</strong> denen <strong>von</strong> oben<br />

' Siehe auch Schäfer, Atlas III, 'J, Gemiiikai. ' Von ägyptischer Kunst'.


36 HE<strong>in</strong>iANN JUNKEK.<br />

angefangen <strong>die</strong> Zuschauer, <strong>die</strong> Musikanten, <strong>die</strong><br />

Spieler und <strong>die</strong> Tänzer<strong>in</strong>nen dargestellt s<strong>in</strong>d. Die<br />

Anordnung, bei <strong>der</strong> <strong>die</strong> Gestalt des Grabherrn<br />

am Ende <strong>der</strong> Wand <strong>die</strong> vor ihm auf verschiedene<br />

Reihen verteilten Darstellungen zusammenfaßt, ist<br />

uns geläufig aus den Szenen des Anschauens <strong>der</strong><br />

Abgaben, des Entgegenuehmens <strong>der</strong> Geschenke<br />

und des Besuchs <strong>der</strong> Schreibstube, ebenso wie<br />

bei dem Betrachten <strong>der</strong> Arbeiten auf dem Felde,<br />

des Fischfangs, des Schiffbaues und des Hand-<br />

werks. Überall ist dabei <strong>der</strong> Verstorbene bloß als<br />

Zuschauer aufgefaßt. In unserem Bilde dagegen<br />

wird er selbst <strong>in</strong> <strong>die</strong> Szene mite<strong>in</strong>bezogen, bildet<br />

ihren Mittelpunkt. Das Brettspiel ist e<strong>in</strong>er <strong>der</strong><br />

seltenen Fälle, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>e organische Verb<strong>in</strong>dung<br />

zwischen den Bildstreifen und dem Grabherrn<br />

hergestellt wird. Man kann nur noch auf das<br />

Prunkmahl verweisen, bei dem er vor den Reihen<br />

<strong>der</strong> Opfer und <strong>der</strong> Gabenbr<strong>in</strong>genden im Lehnstuhl<br />

sitzt und <strong>von</strong> se<strong>in</strong>em Sohne e<strong>in</strong>e Lotosblume ent-<br />

gegennimmt, o<strong>der</strong> auf Szenen <strong>der</strong> Vorführung<br />

<strong>von</strong> Abgaben, bei denen er nach <strong>der</strong> Liste greift,<br />

<strong>die</strong> ihm <strong>der</strong> Oberschreiber <strong>über</strong>reicht. Die Ver-<br />

b<strong>in</strong>dung wird meist durch e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> mittleren<br />

Bildstreifen hergestellt, so daß <strong>der</strong> Übergang <strong>von</strong><br />

den <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren Maßen gezeichneten Gestalten<br />

zu <strong>der</strong> großen Figur des Grabherrn glaubhaft<br />

wird; siehe unter an<strong>der</strong>en L. D. II, 74 c, Akhet-<br />

hetep-Louvre bei Capart, Memphis, Abb. 357,<br />

Paget -Firie, Ptahhetep = Res. acc. 1896,<br />

Taf. XXXV und für das Brettspiel Mrrio-ki,<br />

Taf. CLXXI.<br />

Das sji-


Beeicht <strong>über</strong> <strong>die</strong> Gkabungen adf dem Feiedhof <strong>von</strong> Giza. 37<br />

1. Ranke, S. 29 wird gezeigt, wie das<br />

Spiel hauptsächlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vorzeit beliebt war,<br />

se<strong>in</strong>e Darstellung im Alten Reich selten ist und<br />

später verschw<strong>in</strong>det. Die lei<strong>der</strong> noch nicht ver-<br />

öffentlichten Grabungen <strong>von</strong> Abu-Roäs haben<br />

nach Montet, ebenda, S. 372 f. e<strong>in</strong>e große Menge<br />

<strong>von</strong> Spielfiguren zutage gebracht, darunter solche,<br />

<strong>die</strong> mit König, Turm und Bauer unseres Schach-<br />

spieles ganz auffallende Ähnliciikeit hätten. In<br />

e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Privatgrabe fand man <strong>die</strong> Ste<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>es m/i?i-Spieles zusammen: drei Löwen und<br />

drei Löw<strong>in</strong>nen aus Elfenbe<strong>in</strong> und mehrfarbige<br />

Kugeln, also ganz wie auf <strong>der</strong> Zeichnung im<br />

Grabe des Hsj. Damit s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Ranke, S. 4,<br />

Anm. 3 geäußerten Bedenken gegen <strong>die</strong> Löw<strong>in</strong>nen<br />

h<strong>in</strong>fällig geworden.<br />

2. In se<strong>in</strong>em Kommentar zu den Pyramideu-<br />

texten bespricht Setlie, Bd. III, S. 13 f. den Spruch<br />

332, <strong>in</strong> dem unser Spiel erwähnt wird. Man darf<br />

aber nach Rankes Darlegungen wohl nicht mehr<br />

<strong>von</strong> e<strong>in</strong>em ,Sclilangentopf-Brettspiel' sprechen. Das<br />

Wortzeichen ist <strong>von</strong> <strong>der</strong> O -Vase immer deutlich<br />

unterschieden und stellt <strong>die</strong> Scheibe mit dem<br />

Griff dar. An <strong>der</strong> Lesung mhn kann schon alle<strong>in</strong><br />

auf Grund <strong>von</strong> Medüm 13 ke<strong>in</strong> Zw-eifel se<strong>in</strong>. Zu<br />

<strong>der</strong> wenig folgerichtigen Schreibung bei Jifb-m,<br />

prj-m, itj t-m -\- mhn sei bemerkt, daß e<strong>in</strong>er <strong>der</strong><br />

Fälle vorliegt, <strong>in</strong> denen bei dem Zusammentreffen<br />

<strong>von</strong> zwei m nur e<strong>in</strong>es geschrieben wird; wir be-<br />

gegnen <strong>der</strong> gleichen Auslassung e<strong>in</strong>es m auch bei<br />

dem shi m mit] bei li,'h ist zudem neben <strong>der</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung mit m auch <strong>der</strong> Akkusativ belegt.<br />

Wir werden demnach das ^JY'^^ ^v I ^ unserer<br />

Beischrift mit itj-t m mhn umschreiben müssen,<br />

entsprechend dem'^y^ -Ci i"^^^ Quibell, ^<br />

Excav. Saqq. III, Taf. 64. In <strong>der</strong> <strong>von</strong> Ranke, S. 8<br />

herangezogenen Stelle Pyr. 1866 ist ihhiv mhnj-iv<br />

zu lesen.<br />

3. Zu dem ?nZi?i-Spiel gehören Tierfiguren<br />

und verschiedenfarbige Kugeln. Quibell, ebenda,<br />

S. 20 nimmt an, <strong>der</strong> Spieler habe raten müssen,<br />

wieviel Kugeln und wieviel <strong>von</strong> je<strong>der</strong> Farbe <strong>der</strong><br />

Gegner <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand berge, und nach den gewonnenen<br />

Punkten se<strong>in</strong>e Figuren vorwärtsrücken<br />

dürfen. AA'eun aber <strong>die</strong> Darstellung L. D. II, 61a<br />

mit den Kugeln auf <strong>der</strong> Scheibe richtig ist,^ so<br />

kann das nicht <strong>der</strong> Vorgang se<strong>in</strong>, denn <strong>die</strong> Kugeln<br />

dürften nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand <strong>der</strong> Sj)ieler ersche<strong>in</strong>en.<br />

' Die Bericlitiguiig <strong>der</strong> Zeichnunp; durch Lacau be-<br />

zieht sich wohl nur darauf, daß <strong>die</strong> Spieler Tierliguren <strong>in</strong><br />

den Händen haben, Kankc, ä. 5, Anm. 2.<br />

Klebs, Reliefs, S. 113 nimmt an, daß <strong>die</strong> Spieler<br />

,ihre Kugeln zwischen <strong>der</strong> Schlangenspirale laufen'<br />

lassen; <strong>der</strong> Gedanke ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat nicht <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />

Hand zu weisen. Aber <strong>von</strong> selbst laufen <strong>die</strong><br />

Kugeln nicht, und so könnte <strong>der</strong> trapezförmige<br />

Ansatz <strong>der</strong> Scheibe, <strong>der</strong> als Griff unnötig und<br />

ungeeignet war, dazu ge<strong>die</strong>nt haben, das Brett<br />

zu rütteln und <strong>die</strong> Kugeln <strong>in</strong>s Rollen zu br<strong>in</strong>gen ;<br />

<strong>von</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Endlage wäre dann Vorteil<br />

o<strong>der</strong> Nachteil beim Setzen <strong>der</strong> Tierfiguren ab-<br />

hängig gewesen.<br />

4. Wenn auch <strong>die</strong> Vermutung Rankes, daß<br />

<strong>in</strong> Hsj Löwen und Hunde als Spielfiguren wie<strong>der</strong>-<br />

gegeben seien, sich nicht bestätigt, so s<strong>in</strong>d doch<br />

<strong>in</strong> Abu-Roäs wie<strong>der</strong> Hundefiguren zutage gekommen,<br />

und se<strong>in</strong> Gedanke (S. 6, Anm.), daß es<br />

sich um e<strong>in</strong>e Jagd handle, erhält e<strong>in</strong>e unerwartete<br />

Bestätigung durch den Spruch Pyr. Sethe § 541:<br />

N. D%T%" ^Ikf ö. Sethe,<br />

Komm. III, S. 13 <strong>über</strong>setzt ,T. ist das, was aus<br />

dem Schlangentopf-Brettspiel hervorgegangen ist'.<br />

Das ergibt ke<strong>in</strong>en rechten S<strong>in</strong>n, und es ist hart,<br />

den König mit e<strong>in</strong>em unpersönlichen mo = ,das'<br />

zu vergleichen. Man muß vielmehr <strong>über</strong>setzen<br />

,T. ist <strong>der</strong> Jäger, <strong>der</strong> aus dem m^n-Spiel siegreich<br />

hervorgegangen ist'. Das Wortzeichen für nw =<br />

, Jäger' ist <strong>in</strong> Mtn <strong>der</strong> Mann mit dem Bumerang<br />

und dem Hund an <strong>der</strong> Le<strong>in</strong>e; e<strong>in</strong>e gute Photographie<br />

siehe Capart, Memphis, Abb. 257. Daß<br />

gerade auch bei <strong>der</strong> Löwenjagd <strong>die</strong> Hunde be-<br />

nützt wurden, zeigt das bekannte Bild Davies,<br />

Ptahhetep I, Taf. 22, auf dem <strong>der</strong> Jäger <strong>die</strong><br />

Koppel an <strong>der</strong> Le<strong>in</strong>e hält. Pyr. 541 wird<br />

ohne Wortzeichen geschrieben; vielleicht weil<br />

Jäger und Hund für den Grabraum <strong>in</strong> gleicher<br />

Weise gefährlich waren. Aber auch später f<strong>in</strong>den<br />

sich solche Schreibungen, wie '<br />

T O ^ i<br />

(Vor-<br />

steher <strong>der</strong> Jäger', L.D. II, 133 = Benihassan I, 30,<br />

^^ä-<br />

|VV]<br />

,Jäger <strong>der</strong> Wüste',<br />

Koller 2, 4; siehe Wb. II, 218 und <strong>die</strong> Stellen-<br />

nachweise. — Zu prj vergleicht Sethe ebenda<br />

beim Gericht = den Prozeß<br />

das , Hervorkommen'<br />

gew<strong>in</strong>nen. In unserem Falle ist es das siegreiche<br />

Hervorgehen aus dem Wettkampf = das Spiel<br />

<strong>in</strong>nen.<br />

5. Ob man bei dem mhn <strong>die</strong> Spieler , knobeln'<br />

o<strong>der</strong> <strong>die</strong> Kugeln rollen ließ, immer dachte man<br />

an e<strong>in</strong> Glücksspiel, da ja das Gew<strong>in</strong>nen <strong>von</strong><br />

<strong>die</strong>sen Zufälligkeiten abhängig gemacht wurde.<br />

Aber <strong>die</strong> Beischrift zu unserer Szene wi<strong>der</strong>spricht


38 Hermann Junker.<br />

<strong>die</strong>ser Auffassung : ~J^<br />

| ^—-dJ Ü >ße-<br />

eile dich doch! Spiel doch!' ruft <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Spieler<br />

dem an<strong>der</strong>en zu. Bei Spielen, bei denen <strong>der</strong> Erfolg<br />

vom Zufall abhängt, wie beim Würfeln und<br />

, Knobeln', gibt es ke<strong>in</strong> Überlegen und Zögern.<br />

An<strong>der</strong>s aber, wenn zwar durch Raten o<strong>der</strong> Rollen<br />

e<strong>in</strong>e bestimmte Anzahl <strong>von</strong> Punkten vorgeschrieben<br />

war, es dem Spieler aber freistand, <strong>die</strong>se Punkte<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong>ser o<strong>der</strong> jener Weise auszunützen; wenn er<br />

nachdenken mußte, auf welches <strong>der</strong> ihm erlaubten<br />

Fel<strong>der</strong> er <strong>die</strong> Figur setzen, o<strong>der</strong> welche Figur<br />

er vorziehen solle. Das s<strong>in</strong>d Augenblicke, <strong>in</strong> denen<br />

gewagt und darum <strong>über</strong>legt wird, ähnlich wie bei<br />

Dambrett, Halma o<strong>der</strong> Mühlspiel. Und je<strong>der</strong> weiß,<br />

wie hier e<strong>in</strong> allzu bedächtiger Spieler den Partner<br />

zur Verzweiflung br<strong>in</strong>gen kann und ihm ähnliche<br />

Ausrufe entlockt: , Beeile dich doch! So spiel<br />

doch !' Das Kartenspiel verfügt <strong>über</strong> e<strong>in</strong>en eigenen<br />

Wortschatz für solche Mahnungen.<br />

Die Zuschauer.<br />

In dem obersten Bildstreifen s<strong>in</strong>d fünf Männer<br />

dargestellt, <strong>die</strong> sich we<strong>der</strong> an Spiel noch Musik<br />

beteiligen, und <strong>die</strong> wir daher als Zuschauer be-<br />

zeichnen dürfen. Der erste ist Uivj-wj- Wr, <strong>der</strong> als<br />

Sohn <strong>in</strong> den Kreis gehörte; <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en s<strong>in</strong>d<br />

Beamte des Grabherrn, <strong>die</strong> zur Familienunterhaltung<br />

geladen waren. Wir müssen sie uns, wenn<br />

<strong>über</strong>haupt an e<strong>in</strong>e Verteilung gedacht war, zur<br />

Rechten des Ehepaares denken.<br />

Der Wjii ? , Schreiber des Schatzhauses',<br />

<strong>der</strong> h<strong>in</strong>ter dem Sohne des K^j-m-'nh sitzt, kümmert<br />

sich nicht um Spiel und Konzert, er hat e<strong>in</strong>en<br />

Papyrus hervorgezogen und macht mit se<strong>in</strong>em<br />

Rohr fleißig E<strong>in</strong>tragungen. In <strong>der</strong> rechten Achsel<br />

ist <strong>die</strong> Palette e<strong>in</strong>geklemmt, und vor ihm stehen<br />

Bündel <strong>von</strong> Papyrusrollen <strong>in</strong> verschiedener Größe.<br />

Da <strong>die</strong> Innenzeichnungen verwischt s<strong>in</strong>d, sei für<br />

<strong>die</strong> Deutung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Stücke auf besser er-<br />

haltene Bil<strong>der</strong> verwiesen; für <strong>die</strong> Palette unter<br />

dem Arm auf Biss<strong>in</strong>g, Gemnikai I, Taf. XII,<br />

Giza III, Abb. 8 b, für <strong>die</strong> Bündel <strong>von</strong> Papyrusrollen<br />

Giza III, ebenda, L. D. II, 96 und Montet,<br />

Scenes, Taf. XII. — Der h<strong>in</strong>ter ihm Hockende<br />

ist, trotzdem <strong>die</strong> Beischrift fehlt, als Archivar zu<br />

erkennen. Denn e<strong>in</strong> Schreiber <strong>von</strong> Stand hat<br />

e<strong>in</strong>en solchen immer zur Hilfe neben sich.<br />

und unser Mann hält e<strong>in</strong>e Buchrolle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand<br />

und hat mehrere Aktenbündel vor sich stehen;<br />

vergleiche auch den Archivar Montet, ebenda<br />

und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mastaba des Ki-nj-njsw-t /= Giza II,<br />

Abb. 19. — Die letzten beiden Männer hocken<br />

auf dem Boden und halten ihre Hände <strong>in</strong> ver-<br />

schiedenen Gebärden <strong>der</strong> Ehrfurcht.<br />

c^ Oq\ ül JiL ÜL iTh<br />

ir\ , Verwaltungsrat <strong>der</strong> Totenstiftung' wird sich<br />

auf alle Dargestellten beziehen, Hicj-ivj-Wr wohl<br />

mit e<strong>in</strong>geschlossen, denn wir f<strong>in</strong>den <strong>die</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

des Grabherrn wie<strong>der</strong>holt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Toten<strong>die</strong>nst<br />

beschäftigt; <strong>die</strong>se Anstellung bedeutete zugleich<br />

e<strong>in</strong>e Versorgung für sie.<br />

Das Konzert.<br />

Bei <strong>der</strong> musikalischen Aufführung zählen wir<br />

sieben Mitwirkende. Zuvor<strong>der</strong>st hockt e<strong>in</strong> Sänger<br />

e<strong>in</strong>em Harfenspieler gegen<strong>über</strong>; <strong>die</strong> gleiche Gruppe<br />

wie<strong>der</strong>holt sich anschließend, und hier steht als<br />

Beischrift ? ^ *"^ «:„-.^,.' ,,v,;i fl /l<br />

,S<strong>in</strong>gen' und |1 ^<br />

I<br />

^ j<br />

,Die Harfe schlagen'. Die beiden Instru-<br />

mente s<strong>in</strong>d verschieden; <strong>die</strong> erste Harfe hat e<strong>in</strong>en<br />

breiten, geschwungenen Resonanzboden, bei <strong>der</strong><br />

zweiten zeigt <strong>der</strong> Rahmen nach dem Boden zu<br />

nur e<strong>in</strong>e Verdickung. Es ist nicht etwa e<strong>in</strong>mal<br />

<strong>die</strong> Aufsicht, das an<strong>der</strong>e Mal <strong>die</strong> Seitenansicht<br />

gezeichnet, denn auch <strong>von</strong> <strong>der</strong> Seite gesehen<br />

müßte <strong>der</strong> Resonanzboden e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e L<strong>in</strong>ie zei-<br />

gen. Bei <strong>der</strong> zweiten Harfe sche<strong>in</strong>t das dickere<br />

Endteil gespalten zu se<strong>in</strong>, und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lücke sieht<br />

man dicht nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> stehende Striche, als ob<br />

<strong>die</strong> Enden <strong>der</strong> Saiten angegeben werden sollten.<br />

Ungewöhnlich ist <strong>die</strong> Angabe <strong>von</strong> Stützen,<br />

auf denen <strong>die</strong> Instrumente unten aufliegen. Bei<br />

<strong>der</strong> zweiten Harfe ist sie ganz gezeichnet, sie sieht<br />

aus wie e<strong>in</strong> auf <strong>die</strong> Seite gelegter Speisetisch; bei<br />

<strong>der</strong> ersten ist nur <strong>der</strong> Fuß zu* sehen, da bei <strong>der</strong><br />

aufsichtigen Darstellung des Resonanzbodens <strong>die</strong><br />

Platte unter <strong>die</strong>sem verschw<strong>in</strong>den mußte.<br />

Den Harfenspielern folgt e<strong>in</strong> Sänger, dem<br />

<strong>die</strong>smal zwei Flötenspieler gegen<strong>über</strong>sitzen. Der<br />

zweite spielt <strong>die</strong> kurze Flöte, <strong>der</strong> erste <strong>die</strong> lange .<br />

Querflöte. Die Beischrift lautet | | ^ unc<br />

'"^J ^!. ^1,<br />

-J<br />

. Die zweite Gruppe <strong>der</strong><br />

Zeichen ist fehlerhaft, läßt sich aber nach Par-<br />

allelstellen leicht berichtigen. Die sciiöne Darstellung<br />

Musee Eg. I, Taf. XXVI = Montet,<br />

Scenes, Taf. XXIV = Klebs, Reliefs, Abb. 88<br />

gibt als Beischrift <strong>über</strong> dem Musiker mit <strong>der</strong><br />

langen Flöte<br />

Flöte J<br />

J<br />

, <strong>über</strong> dem mit <strong>der</strong> kurzen<br />

L. D. II, 74 c steht


gut ausgeschriebenen<br />

Beeiciit <strong>über</strong> <strong>die</strong> Geabungejst auf dem Fkiedhof <strong>von</strong> GizA. 39<br />

entsprechend<br />

J ^ und<br />

J<br />

Vergleiche aber <strong>die</strong> Zusammenstellung <strong>der</strong> Beischriften<br />

Montet, ebenda, S. 363— 364 mit dem<br />

<strong>über</strong> dem Hoboisten. Auf den Bil<strong>der</strong>n liegt<br />

also e<strong>in</strong>e Verwechselung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Benennung <strong>der</strong><br />

Instrumente vor.<br />

Die den Harfen- und Flötenspielern gegen-<br />

<strong>über</strong>sitzenden Sänger hatten nicht nur den Lie<strong>der</strong>-<br />

text vorzutragen, son<strong>der</strong>n auch den Takt anzu-<br />

geben. Wenn sie wie <strong>der</strong> zweite Sänger <strong>die</strong> l<strong>in</strong>ke<br />

Hand an den Kopf legen, so tun sie das zur<br />

Unterstützung des Gesanges, so wie <strong>die</strong> Sänger<br />

im heutigen Ägypten beim Solovortrag ;^ sie<br />

neigen dabei den Kopf e<strong>in</strong> wenig zur Seite, mit<br />

<strong>der</strong> rechten Hand vollführen sie <strong>die</strong> begleitenden<br />

Gebärden. Als solche Gebärden dürfen wir aber<br />

auf den alten Bil<strong>der</strong>n das Ausstrecken <strong>der</strong> Hand<br />

nicht deuten. Denn hier hatte <strong>der</strong> Sänger dem<br />

Musiker <strong>die</strong> Zeiten anzugeben. So müssen wir es<br />

wenigstens auffassen, wenn er, statt <strong>die</strong> Hand<br />

flach auszustrecken, wie auf unserem Bilde, mit<br />

dem Daumen den gekrümmten Zeigef<strong>in</strong>ger be-<br />

rührt, während <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en F<strong>in</strong>ger gerade aus-<br />

gestreckt s<strong>in</strong>d (Musee Eg., ebenda), o<strong>der</strong> wenn er<br />

mit den F<strong>in</strong>gern zu schnalzen sche<strong>in</strong>t.* Daß <strong>die</strong>se<br />

Zeichen für den Spieler bestimmt waren, geht<br />

auch daraus hervor, daß <strong>der</strong> Sänger entgegen<br />

allem Brauch dem Grabherrn den Rücken zuwenden<br />

darf; er muß eben se<strong>in</strong>en Partner wie<br />

e<strong>in</strong> Dirigent leiten und daher ihm gegen<strong>über</strong><br />

sitzen; auf dem eben erwähnten Bilde wendet <strong>der</strong><br />

Flötenspieler den Kopf, um den Handbewegungen<br />

folgen zu können. Darum bezeichnen auch <strong>die</strong><br />

Beiscliriften das S<strong>in</strong>gen als S<strong>in</strong>gen , für (zu = n)<br />

<strong>die</strong> Harfe, <strong>die</strong> Flöte'; das Taktangeben wurde<br />

wohl L. D. n, 74c ausdrücklich genannt, wo bei<br />

dem ersten Sänger h<strong>in</strong>ter dem letzten Harfenspieler<br />

i^ steht.<br />

Diese Zusammenarbeit <strong>von</strong> Sänger und Spieler<br />

läßt uns auch <strong>die</strong> Inschrift verstehen, <strong>die</strong> <strong>über</strong><br />

<strong>der</strong> ersten Gruppe angebracht ist. Es ist <strong>die</strong> erste<br />

,Rede', <strong>die</strong> uns bei <strong>der</strong> Darstellung <strong>von</strong> Spiel und<br />

Gesang begegnet. Die Schriftrichtung weist darauf<br />

h<strong>in</strong>, daß <strong>die</strong> Worte vom Harfenspieler an den<br />

Sänger gerichtet werden:<br />

MVWA AMMIV\<br />

^^ ^^^^1.<br />

.^n^<br />

' aber nicht, vvenu sie e<strong>in</strong> Cliorlied führen.<br />

••' Page<br />

Ü<br />

-ffls^<br />

T T<br />

t-Pirie,Ptahhetep = Kes.acc.l896,Taf. XXXV.<br />

, Halte mit! Tu mir den Gefallen, Geliebter!<br />

Eile und sträuhe dich nicht! Tu es!'<br />

l 7 hat nach Wb. 4, 172 <strong>die</strong> Bedeutung<br />

,sich vere<strong>in</strong>en mit', ,sich gesellen zu'. Hier ist es<br />

absolut gebraucht, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bedeutung ,<br />

mittun',<br />

den Gesang mit dem Spiel vere<strong>in</strong>en. Die Auffor-<br />

<strong>der</strong>ung entspricht nicht ganz dem Bilde, das den<br />

Spieler eifrig beim Schlagen <strong>der</strong> Harfe zeigt,<br />

aber auch den Sänger <strong>die</strong> Hand heben läßt. Doch<br />

wäre es auch zuviel verlangt, daß se<strong>in</strong>e Haltung-<br />

ganz auf <strong>die</strong> Worte abgestimmt se<strong>in</strong> müßte;<br />

<strong>der</strong> Künstler stellte das Paar e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong> <strong>der</strong> üb-<br />

lichen kennzeichnenden Weise dar.<br />

=0" ist uns <strong>in</strong> ähnlichem S<strong>in</strong>ne Erman,<br />

Reden und Rufe, S. 59 erhalten, wo bei e<strong>in</strong>em<br />

Spiele auf e<strong>in</strong>e unverständliche Auffor<strong>der</strong>ung <strong>die</strong><br />

Autwort " gegeben wird, was mit ,ich tue<br />

de<strong>in</strong>en Wunsch' <strong>über</strong>setzt werden muß ;<br />

man kann<br />

höchstens im Zweifel se<strong>in</strong>, ob nicht <strong>in</strong> beiden<br />

Fällen irj-r ib ,nach dem Wunsch' zu lesen ist; es<br />

ist <strong>der</strong> gleiche Zweifel, <strong>der</strong> auch bei jS2>^<br />

u<br />

und ähnlichen Schreibungen auftauchen kann, wo<br />

irj-r und irj mit Objekt belegt ist; siehe Erman,<br />

Reden und Rufe, S. 7. Für <strong>die</strong> Schreibung ^xi^<br />

bei dem Imperativ siehe das irj nn am Schluß<br />

und <strong>in</strong> den Beischriften zu den Schiffen im Sargraum<br />

unter E II.<br />

\<br />

bedeutet e<strong>in</strong>e große Überraschung,<br />

denn hier wird das Demonstrativ pi verwendet,<br />

das <strong>von</strong> Rechts wegen erst im Mittleren Reich<br />

auftreten dürfte. Aber <strong>in</strong> den Reden <strong>der</strong> Leute<br />

des Volkes wird vieles gebraucht worden se<strong>in</strong>,<br />

was erst später Aufnalime <strong>in</strong> <strong>die</strong> Schriftsprache<br />

fand. Zu <strong>der</strong> e<strong>in</strong>fachen Anrede ,<br />

V , Erman, (] (j<br />

ebenda, S. 33, 43, ^<br />

(]<br />

Liebster' siehe<br />

^<br />

,Freund' S. 26. Für <strong>die</strong> verschiedenen Formen<br />

<strong>der</strong> Anrede, mit und ohne Demonstrativum, sei<br />

jetzt auf H. Grapow, Wie <strong>die</strong> Ägypter sich an-<br />

redeten, S. 10 ff. verwiesen; unserem pi mrj<br />

entsprechend ist das ''^ \l [| (1 S. 14.<br />

Das alle<strong>in</strong>stehende —^j^- kann nur e<strong>in</strong>e Kurz-<br />

schreibung für das <strong>in</strong> den Reden und Rufeu liäufig<br />

wie<strong>der</strong>kehrende 35~ se<strong>in</strong>, siehe oben S. 38 und<br />

Erman, ebenda, S. 24, 27.<br />

() ^ ^ ()<br />

^=-<br />

läßt sich nur annähernd bestimmen; da es zwischen<br />

.Eile!' und ,Tu es!' steht, muß im h<strong>in</strong>ter imk


40 Heemäott Junker.<br />

etwas <strong>die</strong>sen Befehlen Entgegengesetztes bezeich-<br />

nen, also etwa ,zögere nicht', , sträube dich nicht'.<br />

Wb. 1, 77 ist aus dem Mittleren Reich e<strong>in</strong><br />

W\ ,wehklagen, jammern' belegt, aber<br />

es ist schwer, e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>die</strong>sem Worte<br />

herzustellen. Die ganze Rede geht darauf h<strong>in</strong>aus,<br />

den Sänger zum baldigen Anstimmen e<strong>in</strong>es Liedes<br />

zu veranlassen; denn <strong>der</strong> Sänger will gebeten<br />

se<strong>in</strong>. Auch unsere Vorsänger bei <strong>der</strong> Grabungs-<br />

arbeit bequemten sich meist erst nach vielen ,qül<br />

ya sidi', sie ließen sicli Zeit zum Überlegen,<br />

welchen Sang sie vortragen sollten. — LI<br />

ist trotz <strong>der</strong> Schreibung mit >=> Imperativisch<br />

zu fassen; es entspricht dem ^sr^ I<br />

Reden und Rufe, S. 10, .33=^<br />

Der Tanz.<br />

O<br />

I Erman,<br />

S. 9.<br />

In dem untersten Bildstreifen ist <strong>der</strong> Tanz<br />

dargestellt. Den Tänzer<strong>in</strong>nen stehen wie üblich<br />

<strong>die</strong> Sänger<strong>in</strong>nen gegen<strong>über</strong>. Diese Art <strong>der</strong> Dar-<br />

stellung ist wohl auf <strong>die</strong> Wie<strong>der</strong>gabe <strong>von</strong> feier-<br />

lichen Tänzen zurückzuführen o<strong>der</strong> auf Darstellungen<br />

auf Königsdenkmälern. Bei e<strong>in</strong>em Tanz<br />

im Familienkreis werden <strong>die</strong> Sänger<strong>in</strong>nen, <strong>die</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> des Grabherrn, schwerlich gestanden<br />

haben. Bei Nj-ioj-ntr (Vorbericht 1928, Taf. VI)<br />

hat <strong>der</strong> Künstler <strong>die</strong> Wirklichkeit wie<strong>der</strong>ge-<br />

geben: L<strong>in</strong>ks sehen wir Frau und Tochter bei<br />

e<strong>in</strong>em zwanglosen Mahle, rechts hocken <strong>die</strong> Sänger<strong>in</strong>nen<br />

auf dem Boden und klatschen den Takt<br />

zum Tanz.<br />

Die Beischrift zum Tanz ist <strong>die</strong> übliche; das<br />

Mj-t <strong>in</strong> mhü-f wurde schon oben S. 8 erwähnt.<br />

Es ist e<strong>in</strong> neuer Beleg, daß bei Musik, Gesang<br />

und Tanz meist Mitglie<strong>der</strong> und Freunde <strong>der</strong><br />

Familie mitwirkten; siehe auch Giza III, S. 213.<br />

Nur selten werden Berufsmusiker erwähnt, wie<br />

<strong>in</strong> dem Morgeukonzert vor Pth-htp, Paget-Pirie,<br />

ebenda; aber auch <strong>der</strong> , Stiftungsbru<strong>der</strong>' ihtj-ior<br />

hat hier zur Harfe gegriffen. Zu dem .Aufseher<br />

<strong>der</strong> Sänger', <strong>der</strong> vom Grabherrn durch Anstellung<br />

im Toten<strong>die</strong>nst versorgt wurde, siehe Giza III,<br />

S. 208.<br />

b. Die Nebendarstellungen.<br />

1. Der Bildstreifen <strong>über</strong> <strong>der</strong> Hauptszene.<br />

(Abb. 10 A.)<br />

Die eben beschriebene Hauptdarstellung ist<br />

nach oben dur'eli e<strong>in</strong>e starke Leiste abgeschlossen.<br />

Dar<strong>über</strong> zieht sich e<strong>in</strong> Bildstreifen, zwischen dem<br />

Architrav <strong>über</strong> dem Kultraum und dem Architrav<br />

<strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>tür <strong>der</strong> Tst. Er zeigt <strong>die</strong> Herrichtung<br />

des Lehnsessels und des Bettes.<br />

Bett und Stuhl f<strong>in</strong>den wir nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> auch<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sargkammer, siehe unter E II, und bei<br />

'l7-j-nj-Wr= Schäfer, Atlas III, 13. Der Grabfund<br />

<strong>der</strong> Htp-hrs II hat uns gelehrt, daß beides auch<br />

zur wirklichen Ausrüstung <strong>der</strong> Königsgräber des<br />

Alten Reiches gehörte. Für <strong>die</strong> spätere Zeit sei<br />

auf <strong>die</strong> Betten und Stühle im Grab des Tutanchamün<br />

verwiesen.<br />

Unsere Darstellung beg<strong>in</strong>nt rechts mit <strong>der</strong><br />

Herrichtung des Stuhles. Es ist e<strong>in</strong> Armsessel<br />

<strong>der</strong> gleichen Art wie <strong>der</strong> auf Abb. 9, mit hoher<br />

Rückenlehne und geschnitzten Füßen; <strong>die</strong> Leisten<br />

des Sitzes enden <strong>in</strong> Papyrusdolden. Zwei Kammer-<br />

<strong>die</strong>ner s<strong>in</strong>d mit dem Stuhl beschäftigt, sie fahren<br />

mit flachen Händen <strong>über</strong> <strong>die</strong> Oberfläche <strong>der</strong><br />

Lehnen. Die Beischrift bezeichnet ihre Tätigkeit<br />

als<br />

ci i \»l\^<br />

whi-s t. Dies ^ohi hat nach<br />

Ausweis des Wörterbuches ganz verschiedene<br />

Bedeutungen: ,Abschütteln des Staubes vom Kör-<br />

per des Toten beim Aufstehen; e<strong>in</strong> Aktenstück<br />

entleeren vom Namen jemandes = Namen tilgen;<br />

e<strong>in</strong>e fertige Matte bearbeiten'. In den Gräbern<br />

wird es verwendet als Beischrift zum Entleeren<br />

<strong>der</strong> Reuse, zum Loslösen des Brotes aus <strong>der</strong> Form,<br />

zum letzten Bearbeiten e<strong>in</strong>er Papyrusmatte mit<br />

kurzen Hölzern o<strong>der</strong> Besen. Für unser Bild ergibt<br />

sich <strong>die</strong> Bedeutung ,den Sessel abwischen, <strong>von</strong><br />

Staub befreien'; sie alle<strong>in</strong> wird dem Arbeiten mit<br />

den flachen Händen entsprechen. Uns mag es<br />

sche<strong>in</strong>en, daß <strong>die</strong> Verwendung e<strong>in</strong>es Staubtuchs<br />

notwendig sei, aber unter e<strong>in</strong>facheren Verhältnissen<br />

genügen <strong>die</strong> Hände, wie ich mich oft genug <strong>in</strong><br />

Ägypten auf dem Lande habe <strong>über</strong>zeugen können.<br />

L<strong>in</strong>ks anschließend wird das Bett hergerichtet.<br />

Es hat <strong>die</strong> übliche Form, e<strong>in</strong> Gestell mit Stier-<br />

füßen und fast waagrechtem Boden, dessen seitliche<br />

Leisten <strong>in</strong> Papyrusdolden enden. Auf ihm liegt<br />

e<strong>in</strong>e Matratze, <strong>die</strong> sich vom Fuß- bis zum Kopf-<br />

ende allmählich verdickt, so daß <strong>der</strong> Schläfer mit<br />

dem Oberkörper höher liegt. Die Füße f<strong>in</strong>den<br />

Halt an e<strong>in</strong>em am Ende senkrecht befestigten<br />

Brett. Am Kopfende liegt <strong>die</strong> .2C- Stütze; mit<br />

ihr füllte <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Seite Ruhende den Raum<br />

zwischen Schulter und Hals. So werden <strong>die</strong> Kopf-<br />

stützen heute noch <strong>von</strong> manchen Sudan -Völkern<br />

benützt. Wenn mau gelegentlich <strong>die</strong> Stütze bei<br />

Mumien unter dem Nacken f<strong>in</strong>det, so sagt das<br />

für den wirklichen Gebrauch nichts, da <strong>die</strong>


Abb. 1(1. Fries und Architrav <strong>über</strong> dem E<strong>in</strong>gang eur Kultkammer.


Beeicht <strong>über</strong> me Grabungen auf deie Fbtediiof <strong>von</strong> Giza. 41<br />

Bettuns <strong>der</strong> Leiche auf dem Kücken durch<br />

<strong>die</strong> Mumifizieruug und <strong>die</strong> Form des Sarges<br />

gegeben war.<br />

An <strong>der</strong> Seite des Bettes steht e<strong>in</strong> Diener,<br />

nach vorn gebeugt, <strong>die</strong> Hände flach auf das Bett<br />

legend. Es soll wohl das Glattstreichen <strong>der</strong> Ma-<br />

tratze dargestellt werden. Mrrw-ki Taf. XCII bis<br />

XCIII = Schäfer, Atlas III, 4 s<strong>in</strong>d zwei Diener<br />

auf das Bett gekrochen und arbeiten ähnlich mit<br />

ihren Händen. Die Beischrift lautet <strong>in</strong> unserem<br />

Falle ^""^^ "^^^ ,Das Aufstellen des Bettes'.<br />

Das bezieht sich nicht auf <strong>die</strong> Handlung des<br />

Kammer<strong>die</strong>ners, son<strong>der</strong>n auf <strong>die</strong> ganze Her-<br />

richtung <strong>der</strong> Lagerstätte. Noch zwei Gehilfen<br />

s<strong>in</strong>d am Bett beschäftigt; <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e steht am Fuß-<br />

ende, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e am Kopfende; vielleicht helfen<br />

sie <strong>die</strong> Matratze zurechtziehen.<br />

Das Bett steht unter e<strong>in</strong>em Schlafzelt, <strong>von</strong><br />

dem <strong>die</strong> Darstellung den Schnitt gibt. Die Zelt-<br />

stangen sitzen <strong>in</strong> schweren konischen Ste<strong>in</strong>sockeln<br />

und enden oben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Knauf mit Sjjitze, <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> Leisten des Zeltdaches e<strong>in</strong>gesetzt s<strong>in</strong>d.<br />

Nach solchen Bil<strong>der</strong>n alle<strong>in</strong> könnten wir uns ke<strong>in</strong>e<br />

richtige Vorstellung <strong>von</strong> <strong>der</strong> Konstruktion <strong>der</strong><br />

Zelte machen. Aber nun besitzen wir aus dem<br />

Grabe <strong>der</strong> Htp-hrs e<strong>in</strong> vollständiges Prunkzelt.<br />

Die breiten Verb<strong>in</strong>dungsleisten, <strong>die</strong> den Staugen<br />

Halt geben, s<strong>in</strong>d auch <strong>in</strong> dem Schlafzelt des<br />

Nb-m-iht L. D. II, 14 wie<strong>der</strong>gegeben. In unserem<br />

Falle sche<strong>in</strong>en sie durch Stangen ersetzt zu se<strong>in</strong>;<br />

o<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d das nur Mittelstangen? Auch sche<strong>in</strong>t<br />

das Zeltdach aus zwei ungleich hohen Teilen zu<br />

bestehen.^ Da aber <strong>der</strong> Verputz weggefallen<br />

ist und es ungewiß bleibt, wie <strong>die</strong> endgültige<br />

Zeichnung ausgesehen hat, wird es vorsichtiger<br />

se<strong>in</strong>, aus <strong>die</strong>ser Ungleichheit ke<strong>in</strong>e Folgerungen<br />

zu ziehen.<br />

Es bleibt noch <strong>die</strong> Frage zu beantworten,<br />

warum das Bett unter e<strong>in</strong> eigenes Zelt gestellt<br />

wurde, da doch im Hause Schlafräume vor-<br />

gesehen waren. Nun zeigen uns mehrere <strong>der</strong><br />

nicht häufigen Darstellungen, daß das Schlafzelt<br />

auf Ausflügen mitgeführt wurde, wie 'Irj-nj-Wr^<br />

Schäfer, Atlas III, 13, Deir el Gebräwi II, 23.<br />

Aber man darf daraus wohl nicht schließen, daß<br />

es <strong>über</strong>haupt nur für den Aufenthalt auf dem<br />

Lande bestimmt war. Denn es tat gute Dienste<br />

wohl auch im Hause, wenn zur Sommerzeit das<br />

Schlafen <strong>in</strong> geschlossenen Räumen (jualvoU wurde.<br />

Da mag man das luftige Zelt auf e<strong>in</strong>er Terrasse<br />

o<strong>der</strong> im Hof aufgestellt haben.<br />

' Vergleiche auch Deir el Gebräwi II, 2:^.<br />

Gfza IV.<br />

Zu dem Schlafzelt schreiten zwei Diener<br />

mit Geräten. Der erste br<strong>in</strong>gt das Schweiß- o<strong>der</strong><br />

Nasentuch, das <strong>der</strong> Grabherr auf den Darstellungen<br />

so oft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand hält. Dazu den Wedel, <strong>der</strong><br />

bei <strong>der</strong> Fliegenplage <strong>in</strong> Ägypten auch im ge-<br />

schlossenen Zelt nicht <strong>über</strong>flüssig gewesen se<strong>in</strong><br />

wird.<br />

Der zweite Diener trägt <strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Hand<br />

den Eimer mit dem Waschwasser und hält im<br />

l<strong>in</strong>ken Arm e<strong>in</strong>en Gegenstand, dessen Bestimmung<br />

nicht ohne weiteres klar ist. Denselben Gegen-<br />

stand trägt <strong>der</strong> Diener S. Hassan, E.xcav. 1930/31,<br />

Abb. 240 unter dem Arm, daneben hat er e<strong>in</strong>en<br />

Klei<strong>der</strong>sack auf dem Rücken und hält wie auf<br />

unserem Bilde den Wassoreimer <strong>in</strong> <strong>der</strong> herabhängenden<br />

Hand. L. D. II, 50 br<strong>in</strong>gt <strong>der</strong> Nagel-<br />

pfleger Nj-Pth e<strong>in</strong> ähnliches Gebilde und dazu<br />

e<strong>in</strong> Paar Sandalen; se<strong>in</strong> h<strong>in</strong>ter ihm schreiten<strong>der</strong><br />

Kollege trägt den Wassereimer mit <strong>der</strong> Bürste<br />

und den Wedel. Die Umgebung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> unser<br />

Gerät auftritt, ist also immer <strong>die</strong> gleiche. In<br />

Frage kommt nur e<strong>in</strong> Gewand o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Sack<br />

für Gewandstücke o<strong>der</strong> für D<strong>in</strong>ge <strong>der</strong> Körper-<br />

pflege. Bei <strong>der</strong> ägyptischen Darstellungsweise ist<br />

e<strong>in</strong>e Entscheidung nicht ohne weiteres zu treffen.<br />

So trägt Schäfer, Atlas III, 8 e<strong>in</strong> Diener e<strong>in</strong><br />

langes rechteckiges Stück, dessen oberer Rand mit<br />

Ösen besetzt zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t, an <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite<br />

stehen <strong>von</strong> ihm zwei Bän<strong>der</strong> im W<strong>in</strong>kel ab; das<br />

sieht auf den ersten Blick wie e<strong>in</strong> Sack aus, ist<br />

aber <strong>in</strong> Wirklichkeit e<strong>in</strong> <strong>der</strong> Länge nach gefalteter<br />

Mantel. Giza III, Abb. 27 trägt ihn <strong>der</strong> Leib-<br />

<strong>die</strong>ner entfaltet, und <strong>der</strong> Borte mit , Ösen' -Ver-<br />

zierung, wohl aus gezwirnten Fäden, begegnen<br />

wir bei dem Mantel <strong>der</strong> Frauenstatue aus dem<br />

Galarza-Grab, Mitteilungen Kairo VIII, Taf. XXI Va<br />

und bei dem gefältelten Schurz Schäfer, Von<br />

äg. Kunst', Abb. 19.<br />

Nun f<strong>in</strong>den wir häufig e<strong>in</strong>e Art <strong>von</strong> langen<br />

schmalen Taschen mit rechteckigem Längsschnitt.<br />

Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> zwei Ausführungen belegt. Bei <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d am oberen verstärkten Rand zwei<br />

Schleifen als Handgriffe angebracht, mit langen<br />

Enden, ähnlich wie bei den oben S. 34 be-<br />

schriebenen Körben; so Capart, Rue de tomb.,<br />

Taf. LXXXVII bei den Vogelfängern und<br />

Schäfer, Atlas III, 9 bei e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> Diener, <strong>die</strong><br />

<strong>der</strong> Sänfte Waschgerät, Klei<strong>der</strong>kiste und Behälter<br />

nachtragen." — In <strong>der</strong> zweiten Ausführung s<strong>in</strong>d<br />

statt <strong>der</strong> Schleifen nur Bandzipfel als Griffe an-<br />

> Vergleiche .luch lil.icU man, Moir IV, Taf. VII bei<br />

dem Gerät im Hiiot.<br />

6


Ld^cJ ool a


Beeicht übek <strong>die</strong> Gkabünüen auf dem Friedhof <strong>von</strong> Giza. 43<br />

gebracht, wie Moiitet, Sceaes, Taf. VII, 2 <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Szene des Netzanfertigens, Taf. IX, 2 bei den<br />

Hirten; Taf. XIII, 2 trägt <strong>der</strong> Nagelpfleger <strong>die</strong>se<br />

Tasche unter dem Ann.<br />

Mit <strong>die</strong>ser zweiten Form ist <strong>die</strong> Tasclie <strong>in</strong><br />

unserer Darstellung <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung zu br<strong>in</strong>gen;<br />

aber es ist nicht <strong>die</strong> gleiche Ausführung. In<br />

allen drei e<strong>in</strong>gangs erwähnten Fällen zeigt <strong>der</strong><br />

obere Abschluß e<strong>in</strong>e Krümmung, während ebenso<br />

regelmäßig bei Ausführung 2 <strong>von</strong> <strong>der</strong> geraden<br />

Oberkante <strong>die</strong> Zipfel im W<strong>in</strong>kel abstehen. Unser<br />

Bild gibt <strong>die</strong> Lösung: Bei allen an<strong>der</strong>en Säcken<br />

ist ke<strong>in</strong>e Spur e<strong>in</strong>es beson<strong>der</strong>en Verschlusses <strong>der</strong><br />

Tasche zu erkennen und <strong>der</strong> Saum zeigt nur<br />

e<strong>in</strong>e Verstärkung; unsere Tasche aber ist durch<br />

e<strong>in</strong>e Klappe geschlossen, <strong>der</strong>en dreieckiges Ende<br />

genau so gezeichnet wird wie- bei dem Verschluß<br />

<strong>der</strong> oben S. 35 beschriebenen Reisetasche.<br />

2. Die Sche<strong>in</strong> tür.<br />

(Abb. 11.)<br />

Am südlichen Ende werden <strong>die</strong> Darstellungen<br />

auf <strong>der</strong> Westwand durch <strong>die</strong> Sche<strong>in</strong>tür <strong>der</strong> Ts-t<br />

abgeschlossen. Nur <strong>der</strong> Architrav tritt aus <strong>der</strong><br />

Wandfläche hervor, <strong>die</strong> Pfosten liegen <strong>in</strong> gleicher<br />

Ebene mit den anschließenden Bil<strong>der</strong>n. Auch ist<br />

<strong>die</strong> Anordnung <strong>der</strong> Tür nicht <strong>die</strong> <strong>in</strong> den Kultkammern<br />

übliche: es fehlt <strong>die</strong> Tafel; unter <strong>der</strong><br />

Mitte des Architravs beg<strong>in</strong>nt <strong>die</strong> schmale Ver-<br />

tiefung, <strong>die</strong> den eigentlichen Zugang darstellen<br />

soll. Das ist <strong>die</strong> e<strong>in</strong>fachere Form, wie sie bei<br />

den Sche<strong>in</strong>türen auf <strong>der</strong> Außenwand <strong>der</strong> Gräber<br />

verwendet wird.<br />

Die Inschrift auf dem Architrav enthält nur<br />

<strong>die</strong> Titel und den Namen <strong>der</strong> Gemahl<strong>in</strong> des Grab-<br />

herrn, nicht auch das Totengebet. Auf den<br />

Pfosten s<strong>in</strong>d Inschriften und Figuren gegengleich<br />

angeordnet; e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Abwechslung ist dadurch<br />

angebracht, daß bei dem Grabherrn <strong>der</strong> Sohn<br />

vor ihm stehend dargestellt ist, sich an das vor-<br />

gesetzte Be<strong>in</strong> des Vaters haltend — <strong>die</strong> kle<strong>in</strong>e<br />

Tochter aber steht h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> Mutter, sich an sie<br />

schmiegend.<br />

Die lebensgroßen Gestalten des Ehepaares<br />

fanden wir bei <strong>der</strong> Entdeckung des Grabes zer-<br />

schlagen, e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> Blöcke, auf denen <strong>die</strong><br />

Flachbil<strong>der</strong> angebracht waren, aus <strong>der</strong> Wand ge-<br />

rissen. Grabräuber hatten offenbar h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong><br />

Sche<strong>in</strong>tür e<strong>in</strong>e Statuenkammer vermutet. Der<br />

Gedanke, daß man <strong>die</strong> Opferstelle <strong>der</strong> geächteten<br />

Frau (siehe oben S. 6) zerstören wollte, ist<br />

abzuweisen, denn man hätte dabei das Bild des<br />

KJj-m-'nJi geschont. Die herausgerissenen Stücke<br />

fanden sich nicht alle wie<strong>der</strong>, so daß <strong>die</strong> Zeichnung<br />

auf Abb. 11 zu e<strong>in</strong>em nicht ger<strong>in</strong>gen Teil e<strong>in</strong>e<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung enthält.<br />

Über den Gestalten ist e<strong>in</strong> Inschriftband <strong>von</strong><br />

vier senkrechten Zeilen angebracht, imd e<strong>in</strong>e<br />

lange senkrechte Zeile läuft vor ihnen dem Rand<br />

<strong>der</strong> mittleren Vertiefung entlang. Über <strong>der</strong> Figur<br />

des Sohnes wurde nachträglich e<strong>in</strong>e Beischrift <strong>in</strong><br />

roter T<strong>in</strong>te zugefügt.<br />

E. Bil<strong>der</strong> und Inschriften <strong>der</strong> unterirdischen Räume.<br />

I. Allgeme<strong>in</strong>es.<br />

1. Die geschichtliche Entwicklung <strong>der</strong><br />

Ausschmückung <strong>der</strong> Sargräume.<br />

Im Alten Reich galt bis zum Ende <strong>der</strong><br />

V. Dynastie das Gesetz, daß <strong>die</strong> Wände des Sargraumes<br />

ohne jeden Schmuck und ohne jede In-<br />

schrift blieben, sowohl <strong>in</strong> den Königsgräbern wie<br />

<strong>in</strong> den Mastabas. Das hatte e<strong>in</strong>en doppelten Grund.<br />

Der Stil <strong>der</strong> IV. Dynastie lehnte <strong>in</strong> den Bauten<br />

jeglichen Bil<strong>der</strong>schmuck ab, er ließ nur <strong>die</strong><br />

Formen und das Material sprechen. Das Wun<strong>der</strong><br />

des Taltempels des Chephren zeigt uns, welche<br />

gewaltige Wirkung gerade durch den Verzicht auf<br />

den Wandschmuck erreicht werden konnte. Und<br />

ebenso <strong>über</strong>wältigend ist <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck <strong>der</strong> Totenkammer<br />

des Cheops mit den glattgeschliffenen<br />

Granitwänden und dem e<strong>in</strong>fachen schmucklosen<br />

Sarg. Auf e<strong>in</strong>e ähnliche Wirkung zielen <strong>die</strong> unter-<br />

irdischen Räume <strong>der</strong> Mastabas, mit <strong>der</strong> fe<strong>in</strong>en<br />

Wandverkleidung aus Tura-Kalkste<strong>in</strong>, dem gleichen<br />

Bodenbelag und dem glatten Sarkophag aus dem-<br />

selben Material.<br />

Als mit <strong>der</strong> V. Dynastie <strong>die</strong> Lockerung des<br />

straffen Stiles begann und Tal- und Totentempel<br />

sich mit farbigen Reliefs bedeckten, blieben <strong>die</strong><br />

Kammern <strong>der</strong> Pyramiden und <strong>die</strong> Sargräume <strong>der</strong><br />

Gräber weiter schmucklos und ohne Inschriften.<br />

Denn es war e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er Grund vorhanden,<br />

gerade <strong>die</strong>se Räume ohne Bildwerk zu lassen.<br />

Lacau hat <strong>die</strong>sen Grund e<strong>in</strong>wandfrei<br />

6*<br />

aus <strong>der</strong>


44 Heemänn Junkek.<br />

Schreibung" <strong>der</strong> Texte nacligewiesen, <strong>die</strong> zuerst<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Pyramide des Wnis auftreten. Die Verstümmelung<br />

<strong>der</strong> Zeichen leben<strong>der</strong> Wesen o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Ersatz solcher Bil<strong>der</strong> durch re<strong>in</strong> phonetische<br />

Schreibung mit Hieroglyphen lebloser Gegenstände<br />

beweisen <strong>die</strong> Furcht, daß <strong>die</strong> Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Menschen<br />

und Tiere dem im Räume ruhenden Toten ge-<br />

fährlich werden könnten. Denn <strong>die</strong> Bil<strong>der</strong>schrift<br />

galt dem Ägypter nicht als etwas Totes, ihr<br />

mußte e<strong>in</strong>e lebendige geistige Kraft <strong>in</strong>newohnen;<br />

vermittelte sie doch Erkenntnisse, wie sie sonst<br />

nur <strong>der</strong> Mensch dem Menschen mitteilt. — E<strong>in</strong><br />

an<strong>der</strong>es Bedenken war, <strong>die</strong> Zeichen <strong>der</strong> Götter<br />

an e<strong>in</strong>em Orte anzubr<strong>in</strong>gen, <strong>der</strong> durch <strong>die</strong> An-<br />

wesenheit <strong>der</strong> Leiche als unre<strong>in</strong> galt. So ver-<br />

stehen wir, wie im Alten Reich auch <strong>der</strong> Sarg<br />

lange ohne Aufschrift blieb. Hier s<strong>in</strong>d zwar auf<br />

dem Ostfriedhof e<strong>in</strong>ige frühe Ausnahmen zu ver-<br />

zeichnen, und <strong>von</strong> den Granitsarkophagen aus den<br />

Mastabas südlich <strong>der</strong> Cheops-Pyramide trug e<strong>in</strong>er<br />

im Palasttor Titel und Namen des Grabherrn —<br />

aber als Regel darf gelten, daß auch auf dem<br />

Sarg' ke<strong>in</strong>e Inschrift angebracht wurde, we<strong>der</strong><br />

Totengebet noch Bezeicimung des Inhabers. Wenn<br />

aber selbst <strong>die</strong> Hieroglyphen verpönt waren, so<br />

durfte an e<strong>in</strong>e Ausschmückung <strong>der</strong> Kammerwände<br />

mit Bildwerk erst recht nicht gedacht werden.<br />

Als nun mit W)iis <strong>die</strong>ser Brauch <strong>in</strong> den<br />

Köuigsgräbern durchbrochen wurde, war das<br />

auch für <strong>die</strong> Mastabas e<strong>in</strong> Zeichen, sich <strong>von</strong> den<br />

bisherigen B<strong>in</strong>dungen freizumachen. Die ersten<br />

Beispiele <strong>der</strong> Ausschmückung <strong>der</strong> Sargkammer<br />

stammen aus dem Anfang <strong>der</strong> VI. Dynastie. Es<br />

wurde <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie <strong>die</strong> Speiseliste aufgezeichnet,<br />

<strong>die</strong> auch <strong>in</strong> den Pyramiden an hervorragen<strong>der</strong><br />

Stelle, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe des Sarkophags, steht. Sie<br />

wird <strong>in</strong> den Gräbern meistens auf <strong>der</strong> Ostwand<br />

im Angesicht des auf <strong>der</strong> Seite ruhenden,<br />

nach Sonnenaufgang blickenden Toten angebracht.<br />

Hat so das Beispiel des Herrschers den An-<br />

trieb gegeben, so ist doch <strong>die</strong> Entwicklung <strong>in</strong><br />

den Privatgräbern ihre eijrenen Weee seffanaen.<br />

Der Verlauf ist nicht an allen Orten <strong>der</strong> gleiche,<br />

und wir müssen den Brauch <strong>in</strong> Giza und den<br />

<strong>in</strong> Sakkära getrennt behandeln.<br />

Sakkära.<br />

In Sakkära haben <strong>die</strong> Grabungen <strong>von</strong> Firth<br />

den Befund während <strong>der</strong> ersten Hälfte <strong>der</strong> VI. Dynastie<br />

erschlossen, Firth-Gui<strong>in</strong>, Teti Pyramid<br />

Cemeteries; — und Jequier, Tombeaux des<br />

Particuliers, gibt uns e<strong>in</strong> Bild vom Schluß <strong>der</strong>-<br />

selben. Firth -Gunn, Taf. II—IV, zeigen <strong>die</strong><br />

Ausmalung des Sargraumes des Mrriv-ki; auf den<br />

langen Seitenwänden nimmt <strong>die</strong> Speiseliste den<br />

größten Raum e<strong>in</strong>; am Ende <strong>der</strong>selben s<strong>in</strong>d, wie<br />

bei den Darstellungen des Prunkmahls, Speisen<br />

aller Art aufgehäuft. Auf <strong>der</strong> Schmalwand, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>gang liegt, werden neben den Opfern<br />

auch <strong>die</strong> Speicher für <strong>die</strong> Körnerfrucht gezeichnet,<br />

und im Freien liegen Haufen <strong>von</strong> nbs, iSd und<br />

an<strong>der</strong>en Früchten. — Bei Ki-gv<strong>in</strong>j (Taf. V)<br />

wechselu auf <strong>der</strong> Südwand Speisen und Speicher,<br />

auf <strong>der</strong> Nordwand liegen unter den Speisen <strong>die</strong><br />

Schlachttiere. — In 'nh-m'-Hr (Taf. VI) steht vor<br />

dem Opfertisch <strong>der</strong> leere Stuhl, auf dem <strong>der</strong> Tote<br />

Platz nehmen soll. Neben den Opfern werden<br />

auch Olgefäße, Beutel mit Schm<strong>in</strong>ke und Kasten<br />

dargestellt.<br />

In den <strong>von</strong> Jequier veröffentlichten Gräbern<br />

mehren sich <strong>die</strong> Gaben, <strong>die</strong> Vorräte werden <strong>in</strong>s<br />

Ungemessene gesteigert. Jetzt treten <strong>die</strong> großen<br />

Speicherhäuser mit den Kornbehältern auf, <strong>die</strong><br />

'-V-' Scheune für den Be-<br />

,<br />

darf des Totenopfers'. Außer den Ölen zum Sal-<br />

ben des Körpers wird auch für Kleidung und<br />

Schmuck gesorgt. Auf Abb. 17 stehen und liegen<br />

<strong>in</strong> Reihen: Flaschen aus Silber, Waschnapf und<br />

Wasserkanne, Klumpen <strong>von</strong> Weihrauch, Ballen<br />

<strong>von</strong> sm'- und 'i^Stoffen, <strong>die</strong> 'nh-t-Troide\, <strong>der</strong><br />

Sndw -t-Schurz. — Abb. 18—19 Stoffballen, Salb-<br />

vasen, Kopfstütze und Schreibzeug. — Abb. 42<br />

auch Halskragen, Abb. 50 Spiegel und Truhen.<br />

Aus <strong>der</strong> Prov<strong>in</strong>z bietet Blackman, Meir IV,<br />

Taf. XVIII e<strong>in</strong> ganz ähnliches Bild. Es kehren<br />

wie<strong>der</strong> <strong>die</strong> Opferliste mit anschließen<strong>der</strong> Dar-<br />

stellung <strong>der</strong> Speisen, <strong>die</strong> Scheunen und Frucht-<br />

baufen; auf Taf. XIX s<strong>in</strong>d zwischen zwei<br />

Prunksche<strong>in</strong>tUren dargestellt Truhen, Stoffballen,<br />

Schmuck und Kopfstütze.^<br />

Der E<strong>in</strong>druck, den <strong>die</strong>se Kammern machen,<br />

ist beklemmend. Es fehlt jede menschliche Ge-<br />

stalt. Da stehen <strong>die</strong> Speicherhäuser mit den<br />

Treppen, aber niemand steigt h<strong>in</strong>auf, <strong>die</strong> Silos<br />

zu füllen, und niemand entleert sie. Die geschlach-<br />

teten Tiere liegen <strong>in</strong> Reihen da, aber ke<strong>in</strong> Toten-<br />

priester nimmt Schenkel und Herz, sie dem Grabherrn<br />

zu br<strong>in</strong>gen. Da steht <strong>der</strong> Stuhl vor dem<br />

Speisetisch, aber niemand sitzt darauf. Das Gefühl<br />

<strong>der</strong> Leere beschleicht uns trotz <strong>der</strong> Fülle <strong>der</strong><br />

Darstellungen. Und das alles, weil <strong>die</strong> mensch-<br />

' Vergleiche auch <strong>die</strong> Sargkammer <strong>der</strong> 'Idiot Taf. XXI f.<br />

mit <strong>der</strong> Opferliste, <strong>der</strong> Darstellung' <strong>der</strong> Speisen, den Frucht-<br />

geb<strong>in</strong>den auf Schlitten, den Opfertieren und den Truhen.


TTekjiaxx .TrxKEi;: Giz.v TV. TAF. II.


Beeicht übek <strong>die</strong> Grabungen auf dem Feiedhof <strong>von</strong> Giza. 45<br />

liehen Figuren, <strong>die</strong> wir verniisseu: Vorleser,<br />

Totenpriester, Mundschenk und Schreiber, sich<br />

selbst an den aufgehäuften Vorräten gütlich tun<br />

könnten und <strong>der</strong> Grabherr selbst leer ausgehen<br />

müßte.<br />

In den Kulträumen des Oberbaues hat man<br />

<strong>die</strong> Herstellung <strong>der</strong> Speisen und Kostbarkeiten<br />

wie<strong>der</strong>gegeben, aber <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>samen Raum <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Tiefe nur <strong>die</strong> Erzeugnisse selbst darstellen<br />

lassen. Oben wird gepflügt, gesät, geerntet, unten<br />

stehen <strong>die</strong> vollen Scheunen. Oben werden <strong>die</strong><br />

Opfertiere gebunden und geschlachtet, wird <strong>der</strong><br />

Schenkel abgetrennt, das Herz herausgenommen,<br />

auf den Wänden neben dem Sarge werden <strong>die</strong><br />

geschlachteten Tiere dargestellt, Schenkel und<br />

Herz auf ihnen liegend; <strong>der</strong> Tote muß sich nun<br />

selbst be<strong>die</strong>nen, da ke<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er Leute hier er-<br />

sche<strong>in</strong>en darf. In den Reliefs <strong>der</strong> Kulträurae<br />

verfertigen <strong>die</strong> Tischler und ]\Ietallarbeiter das<br />

Hausgerät, <strong>die</strong> Juweliere arbeiten an dem Schmuck<br />

— unten stehen <strong>die</strong> fertigen Truhen, Kopfstützen<br />

und Gefäße, liegen Halskragen und Schmuck-<br />

häu<strong>der</strong>. In <strong>die</strong>sen Darstellungen haben wir <strong>die</strong><br />

Anfänge für <strong>die</strong> Bemalung und Beschriftung <strong>der</strong><br />

Särge und <strong>der</strong> engen Sargbehälter zu suchen,<br />

<strong>die</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> Zeit zwischen dem Alten und Mittleren<br />

Reiche an mit Opferliste und Gerätefries geschmückt<br />

werden.<br />

Giza.<br />

Die Beispiele für den Wandschmuck <strong>der</strong><br />

Sargkammer s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Giza selten. Als <strong>die</strong> Sitte<br />

mit Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> VI. Dynastie e<strong>in</strong>setzte, hatte <strong>der</strong><br />

große Friedhof längst an Bedeutung verloren,<br />

<strong>die</strong> Bestattungen wurden seltener und gehören<br />

<strong>in</strong> ihrer Mehrzahl allmälilich <strong>der</strong> Jlittelklasse an.<br />

Reiche Begräbnisse gehören zu den Ausnahmen.<br />

Was aber an Malerei <strong>in</strong> den unterirdischen<br />

Räumen erhalten ist, zeigt uns, daß man <strong>in</strong> Giza<br />

<strong>die</strong> Bedenken gegen <strong>die</strong> Anbr<strong>in</strong>gung <strong>von</strong> mensch-<br />

lichen Gestalten im Sargraum nicht ganz teilte.<br />

Wir sehen Vorbericht 1914, Taf. II Klj-hr-Pth auf<br />

<strong>der</strong> Ostwand gegen<strong>über</strong> dem Sarg vor dem Speise-<br />

tisch sitzen, und <strong>in</strong> den Inschriften ist ke<strong>in</strong> Ver-<br />

such gemacht, gefährliche Zeichen zu verstümmeln<br />

o<strong>der</strong> zu ersetzen. Bei i§sm-7ifr /T (Vorbericht 1929,<br />

S. 125) stand <strong>die</strong> Opferliste an <strong>der</strong> gleichen Stelle;<br />

ob <strong>der</strong> Grabherr vor ihr am Speisetisch saß, läßt<br />

sich nicht mehr feststellen, aber auf <strong>der</strong> gleichen<br />

Wand fanden wir südlich des E<strong>in</strong>gangs Spuren<br />

<strong>von</strong> Darstellungen.<br />

Kij-m-'nh hat alle Rücksichten auf den <strong>in</strong><br />

Memphis so streng beobachteten Brauch beiseite-<br />

gelassen und sich <strong>von</strong> jedem Bedenken und je<strong>der</strong><br />

Furcht vor dem Unheil freigemacht, das <strong>die</strong><br />

Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> menschlichen Figuren anrichten könnten.<br />

Die Bil<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sargkammer unterscheiden sich<br />

durch nichts <strong>von</strong> den entsprechenden Darstellungen<br />

<strong>in</strong> den oberen Räumen <strong>der</strong> Gräber. Nur daß<br />

man <strong>die</strong> Speisetischszene <strong>über</strong>haupt wegließ und<br />

gegen<strong>über</strong> dem Sarg <strong>die</strong> Opferliste alle<strong>in</strong> anbrachte,<br />

aber mit den Totenpriesteru, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Riten <strong>der</strong><br />

Speisung vollziehen. Es steht Kij-m-'nh damit<br />

vollkommen alle<strong>in</strong>. Aber sosehr wir auch se<strong>in</strong>e<br />

Ausnahmestellung betonen müssen, so zeigen doch<br />

Kij-hv-Pth und tism-nfr IV, daß <strong>in</strong> Giza se<strong>in</strong> Unter-<br />

fangen nicht so kühn war, wie es <strong>in</strong> Sakkära<br />

hätte ersche<strong>in</strong>en müssen.<br />

2. Die Malerei.<br />

Die Ausschmückung des Sargraumes war<br />

Autgabe des Malers, nicht des Bildhauers. Denn<br />

das Felsgeste<strong>in</strong>, <strong>in</strong> dem <strong>die</strong> Kammer ausgehauen<br />

wurde, ist <strong>von</strong> schlechter Beschaffenheit und un-<br />

jreeisnet für das Ausarbeiten <strong>von</strong> Flachbil<strong>der</strong>n.<br />

Man hätte freilieh den Raum mit besseren<br />

Blöcken verkleiden können, wie das während <strong>der</strong><br />

IV. Dynastie <strong>in</strong> den unterirdischen Kammern<br />

<strong>der</strong> großen Gräber geschab; aber man wählte<br />

das billigere Verfahren, <strong>die</strong> Wände zu glätten,<br />

mit Stuck zu <strong>über</strong>ziehen und auf <strong>die</strong>sen <strong>die</strong><br />

Bil<strong>der</strong> zu malen.<br />

Wäre nicht <strong>die</strong> B<strong>in</strong>dung an leblose Gegen-<br />

stände und <strong>die</strong> Inschriften h<strong>in</strong><strong>der</strong>nd gewesen, so<br />

hätte durch <strong>die</strong> neue Sitte des Wandsehmucks<br />

<strong>der</strong> Sargkammer <strong>die</strong> j\Ialerei e<strong>in</strong>en mächtigen<br />

Auftrieb erfahren. Aber so war ihre Entfaltung<br />

gehemmt, und wenn wir für <strong>die</strong> Szenen <strong>in</strong> Kij-<br />

m-'nh nach Vergleichen <strong>in</strong> <strong>der</strong> ^Malerei suchen,<br />

s<strong>in</strong>d wir auf <strong>die</strong> wenigen Beispiele angewiesen,<br />

<strong>die</strong> uns <strong>in</strong> oberirdischen Kultkammern erhalten<br />

s<strong>in</strong>d. In Betracht kommen dabei:<br />

1. Njsw-t-ntr-piv = Annales 25, S. 180 und<br />

Giza III, S. 51; alle Wände des Pfeilersaales s<strong>in</strong>d<br />

mit Jlalereien bedeckt.<br />

2. Snfric-htp = Fisher, M<strong>in</strong>or Cemetery,<br />

Taf. LIII— LV;' vergleiche Giza III, S. 41.<br />

3. J$nfrw-<strong>in</strong>j-istf=De Morgan, Dahchour<br />

1894/95, Taf. XVIII — XXV; jetzt im Museum<br />

Kairo.<br />

• S. 157: ,The ma<strong>in</strong> walls were of coursed white lime-<br />

stone rough dressed and covered with a coat of hard piukish<br />

white stucco. On this the ma<strong>in</strong> decorative scheme was car-<br />

ried out <strong>in</strong> colour.'


46 Heemaa'n Junxek.<br />

4. Ftkti = L. D. II, 96, Erg. 40, Grab 1<br />

Sakkara.*<br />

Dazu treten <strong>die</strong> Fälle, <strong>in</strong> denen <strong>die</strong> Ausschmückung<br />

<strong>der</strong> Kammer mit Flachbil<strong>der</strong>n vor-<br />

gesehen war, aber nicht vollendet wurde; <strong>die</strong><br />

unfertigen Teile hat man dann nur <strong>in</strong> Farbe<br />

ausgeführt.<br />

5. Prnh = C. Ransom-Williams, The de-<br />

coration of the tomb of Per-neb. E<strong>in</strong>zelne Teile<br />

<strong>der</strong> Wände <strong>in</strong> Malerei, Taf. VI — YIII. Ebenso<br />

Taf. III aus dem Grab des Nj-khc-Hr.<br />

6. Kij-m-nfr-t] siehe Abbildung Gap art,<br />

Memphis, Abb. 244.<br />

7. Für Malereien <strong>in</strong> Gräbern <strong>der</strong> Prov<strong>in</strong>z<br />

siehe Kees, Prov<strong>in</strong>zialkunst, Taf. I— II, und se<strong>in</strong>e<br />

Zusammenstellung S. 10, Anm. 1.<br />

Malerei und Flachbild.<br />

In Ägypten besteht ke<strong>in</strong> grundsätzlicher<br />

Unterschied zwischen dem auf Stuck gemalten<br />

und dem <strong>in</strong> Ste<strong>in</strong> ausgehaueneu Bild, das selbst<br />

immer bemalt war. Man hat mit Recht <strong>die</strong> Bevorzugung<br />

des Reliefs auf se<strong>in</strong>e größere Dauer-<br />

haftigkeit zurückgeführt. War es doch <strong>der</strong> aus-<br />

gesprochene Wunsch des Grabherrn, <strong>die</strong> Bil<strong>der</strong><br />

unvergänglich zu machen, <strong>der</strong> zu dem Versuch<br />

<strong>der</strong> sogenannten Pasten-Mosaik führte; sie wurde<br />

aber bald wohl gerade deshalb aufgegeben, weil<br />

sie sich eben als nicht so dauerhaft herausstellte.<br />

Wi<strong>der</strong>standsfähiger erwies sicli das Flachbild,<br />

mehr noch das versenkte Relief, das man darum<br />

beson<strong>der</strong>s auf den Außenseiten des Grabes an-<br />

brachte. Die Malerei wurde nur da verwendet,<br />

wo es <strong>die</strong> Umstände erfor<strong>der</strong>ten, wie <strong>in</strong> den<br />

Ziegel -Mastabas und <strong>in</strong> den unterirdischen<br />

Kammern. Als Notbehelf ersche<strong>in</strong>t sie <strong>in</strong> den<br />

Fällen, <strong>in</strong> denen <strong>die</strong> Mittel für das Flachbild<br />

nicht mehr ausreichten o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e schnelle Beendigung<br />

des Wandschmucks aus an<strong>der</strong>en Gründen<br />

notwendig war.<br />

Mag es nun auch durchaus gerechtfertigt se<strong>in</strong>,<br />

daß wir Malerei und Flachbild <strong>in</strong> Ägypten grund-<br />

sätzlich gleichstellen, so darf doch <strong>die</strong> Eigenart,<br />

<strong>die</strong> jede Kunst besitzt, nicht ganz außer acht ge-<br />

lassen werden. Die Sprache des P<strong>in</strong>sels ist e<strong>in</strong>e<br />

an<strong>der</strong>e als <strong>die</strong> des Meißels, auch wenn das ge-<br />

meißelte Bild Farben erhält. Beim Flachbild wird<br />

<strong>die</strong> Wirkung durch <strong>die</strong> Modellierung <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong><br />

' Lepsius, Textl, S. 140: .Kle<strong>in</strong>e schlechte Ste<strong>in</strong>e, nur<br />

nach <strong>in</strong>nen gerade Fläche, <strong>die</strong> mit e<strong>in</strong>em dicken Lehm-<br />

<strong>über</strong>zug bekleidet ist, auf dem dann e<strong>in</strong>e Kalklage liegt,<br />

<strong>die</strong> gemalt wurde.'<br />

unterstützt; sie erhalten Körper, auf <strong>der</strong>en Ober-<br />

fläche Licht und Schatten spielen. Die Malerei<br />

kann nur durch L<strong>in</strong>ien und Farben wirken. Auch<br />

sie kann das Körperliche <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> zum Aus-<br />

druck br<strong>in</strong>gen, aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e untergeordnete Stel-<br />

lung verwiesen fehlte <strong>der</strong> Anreiz zur Entfaltung<br />

<strong>die</strong>ser Mittel. — Dem Ste<strong>in</strong>metz waren gewisse<br />

Grenzen für <strong>die</strong> Ausführung gesetzt; <strong>die</strong> fe<strong>in</strong>sten<br />

E<strong>in</strong>zelheiten s<strong>in</strong>d oft schwer mit dem Meißel zu<br />

geben o<strong>der</strong> dürfen beim Ste<strong>in</strong>bild nicht gegeben<br />

werden; <strong>der</strong> Maler ergänzt dann durch <strong>die</strong> farbige<br />

Zeichnung, und <strong>die</strong>se Mischung <strong>der</strong> Ausdrucks-<br />

mittel spüren wir bisweilen. Wenn auch das<br />

Flachbild Malerei se<strong>in</strong> und bleiben will, den<br />

Unterschied fühlen wir doch. Nehmen wir zum<br />

Beispiel <strong>die</strong> berühmten Gänse <strong>von</strong> Medüm; sie<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Meisterwerk <strong>der</strong> Malerei — als Flach-<br />

bild verlören sie zweifellos e<strong>in</strong> Gutteil ihrer<br />

Wirkung. Wir ahnen zugleich, welche Möglich-<br />

keiten <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Malerei durch ihre<br />

B<strong>in</strong>dung an das Flachbild verloreng<strong>in</strong>gen.<br />

Der Maler war freier, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Technik<br />

weniger beschwert als <strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>metz. Er konnte,<br />

wie bei Snfric-ldj), wenn ilim e<strong>in</strong>e Anordnung nicht<br />

gefiel, sie auf <strong>der</strong> Wand leicht tilgen und durch<br />

e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e ersetzen, durfte eher e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>gebung<br />

des Augenblicks folgen. So wird es wohl ke<strong>in</strong><br />

Zufall se<strong>in</strong>, wenn er <strong>in</strong> Njswt-ntr-pic ohne Vorbild<br />

<strong>die</strong> Darstellung <strong>der</strong> Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Wand an-<br />

paßte und <strong>die</strong> Dienerpaare um <strong>die</strong> Fenster des<br />

Statuenraumes gruppierte (Giza III, S. 51). Und<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Malerei begegnen wir zuerst dem fetten<br />

Viehtreiber (Cap art, Memphis, Abb. 244), <strong>der</strong><br />

uns ähnlich aus Mei'r bekannt ist.<br />

E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gehen<strong>der</strong> Vergleich <strong>der</strong> beiden Bild-<br />

arten ist lei<strong>der</strong> zur Zeit nicht möglich. Denn <strong>die</strong><br />

Darstellungen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Grundlage bilden müßten,<br />

s<strong>in</strong>d noch nicht <strong>in</strong> entsprechen<strong>der</strong> Weise ver-<br />

öffentlicht. Wir können leichter <strong>die</strong> Bil<strong>der</strong> ent-<br />

behren, <strong>in</strong> denen <strong>die</strong> für den Ste<strong>in</strong>metz bestimm-<br />

ten Vorzeichnungen behelfsmäßig mit Farben<br />

gefüllt wurden. Aber dr<strong>in</strong>gend erwünscht wäre<br />

e<strong>in</strong>e genaue — möglichst farbige — Wie<strong>der</strong>gabe <strong>der</strong><br />

Malereien aus Snfrw-<strong>in</strong>j-ist-f, denn <strong>die</strong> Abbildun-<br />

gen De Morgans s<strong>in</strong>d nicht genügend. Ebenso<br />

dr<strong>in</strong>gend ist <strong>die</strong> Veröffentlichung <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> aus<br />

dem Pfeilersaal des Njswt-ntr-pw. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite s<strong>in</strong>d wirklich gute farbige Wie<strong>der</strong>gaben <strong>von</strong><br />

Flachbil<strong>der</strong>n des Alten Reichs noch immer zu<br />

selten. E<strong>in</strong> Vergleich mit Aussicht auf e<strong>in</strong> sicheres<br />

Ergebnis ist aber nur möglich, wenn für ihn<br />

durch <strong>die</strong> gefor<strong>der</strong>ten Veröffentlichungen <strong>die</strong><br />

Voraussetzung geschaffen ist.


Bekicht <strong>über</strong> <strong>die</strong> Geabungen auf deji Friedhof <strong>von</strong> Giza.<br />

Die Technik.<br />

Bei Flachbild wie Malerei gilt als Regel,<br />

daß auf <strong>der</strong> Grab wand zunächst e<strong>in</strong>e Reihe <strong>von</strong><br />

Hilfsl<strong>in</strong>ien gezogen wird: <strong>die</strong> Höhe des Sockels<br />

und <strong>die</strong> Oberliuie <strong>der</strong> Darstellung werden eben-<br />

so angegeben, wie <strong>die</strong> seitlichen Begrenzungen.<br />

Die Fläche wird dann <strong>in</strong> Bildstreifen geteilt und<br />

<strong>in</strong> jedem Streifen <strong>die</strong> Stellung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Figuren bestimmt. Senkrechte L<strong>in</strong>ien geben An-<br />

halt für <strong>der</strong>en gerade Stellung und waagrechte<br />

verbürgen <strong>die</strong> gleiche Höhe <strong>von</strong> Kopf, Schulter,<br />

Achsel, Schritt und Knie; siehe so L. D. II, 65,<br />

68, Text I 233—238. Für <strong>die</strong>se Hilfsl<strong>in</strong>ien <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Malerei haben wir e<strong>in</strong>en guten Beleg <strong>in</strong> Snfrw-htp<br />

= M<strong>in</strong>or Cemetery, Taf. LIII—LV.» An Hand<br />

<strong>die</strong>ser Hilfsl<strong>in</strong>ieu wurden dann <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Figuren <strong>der</strong> Darstellung skizziert, meist <strong>in</strong> roter<br />

Farbe, und <strong>von</strong> dem Meister, wenn nötig, ver-<br />

bessert. Dann begann beim Flachbild <strong>die</strong> Arbeit<br />

des Ste<strong>in</strong>metzen, <strong>der</strong> aber <strong>der</strong> Yorzeiclmung durch-<br />

aus nicht immer sklavisch folgte. ^Yar se<strong>in</strong> Bild<br />

fertig, so wurden <strong>die</strong> Farben aufgetragen. Der<br />

Maler zog zunächst wie<strong>der</strong> <strong>die</strong> Umrißl<strong>in</strong>ie; er<br />

verfuhr dabei manchmal ziemlicii selbständig<br />

und wich, wo er es für gut befand, <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />

L<strong>in</strong>ie des Ste<strong>in</strong>metzen ab; es handelt sich freilich<br />

nur um ger<strong>in</strong>gfügigere Än<strong>der</strong>ungen. Endlich<br />

wurden <strong>die</strong> Farben aufgetragen. Das ist <strong>der</strong><br />

ordnungsgemäße Gang <strong>der</strong> Arbeit; er wurde aber<br />

niciit immer so genau befolgt. Die erste Skizze<br />

konnte aucii ohne <strong>die</strong> waagrechten Hilfsl<strong>in</strong>ien<br />

o<strong>der</strong> auch ohne jedes Gerüst gezeichnet werden.<br />

Die unnachahmliche Sicherheit, mit <strong>der</strong> Per-neb<br />

Taf. VI oben <strong>die</strong> Figuren aus freier Hand<br />

entworfen wurden, läßt uns das Können des<br />

Meisters une<strong>in</strong>geschränkt bewun<strong>der</strong>n; siehe auch<br />

ebenda S. 15. Freilich lag <strong>in</strong> dem Weglassen<br />

<strong>der</strong> Hilfsmittel auch e<strong>in</strong>e Gefahr, <strong>der</strong> mancher<br />

weniger begabte und weniger geübte Zeichner<br />

erlegen ist.<br />

Bei <strong>der</strong> Malerei war das Verfahren grund-<br />

sätzlich das gleiciie. Auch hier wird <strong>die</strong> für <strong>die</strong><br />

Darstellung l)estimmte Wandfläche zunächst mit<br />

L<strong>in</strong>ien umrissen, und <strong>in</strong> das Feld wird das Gerüst<br />

<strong>der</strong> Hilfsl<strong>in</strong>ien gesetzt. Dann werden <strong>die</strong> e<strong>in</strong>-<br />

zelnen Figuren und Gegenstände im Umriß ge-<br />

zeichnet, auch <strong>die</strong> Hieroglyphen. Der Maler hatte<br />

dann <strong>die</strong> doppelte Aufgabe, <strong>die</strong> entsprechenden<br />

Farben aufzutragen und <strong>die</strong> bei <strong>der</strong> Skizze weggelassenen<br />

E<strong>in</strong>zelheiten anzubr<strong>in</strong>gen. Diesen Gang<br />

<strong>der</strong> Arbeit kann man noch deutlich verfolgen.<br />

Die Son<strong>der</strong>stellung <strong>der</strong> Malereien <strong>in</strong><br />

K)j-m-'nh.<br />

Die Bil<strong>der</strong> unserer Sargkammer weichen <strong>von</strong><br />

<strong>der</strong> Technik, wie sie eben boschrieben wurde,<br />

<strong>in</strong> wesentlichen Punkten ab. Sie s<strong>in</strong>d <strong>über</strong>haupt,<br />

wie man auf den ersten Blick erkennt, ganz an-<br />

<strong>der</strong>er Art. N. de Garis-Davies bezeichnet sie <strong>in</strong><br />

dem Begleittext <strong>in</strong> <strong>der</strong> Veröffentlichung des Orien-<br />

tal Institute^ als , coarse but lively'. Dies Urteil<br />

ist nur zum Teil zutreffend. Es wird dem beson-<br />

<strong>der</strong>en Charakter <strong>die</strong>ser Malereien nicht gerecht.<br />

Sie mögen gegen<strong>über</strong> den mit pe<strong>in</strong>licher Gewissen-<br />

haftigkeit ausgeführten Bil<strong>der</strong>n an<strong>der</strong>er Gräber<br />

weniger sorgfältig ersche<strong>in</strong>en. Aber <strong>der</strong> Künstler<br />

versuchte- gar nicht, <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Stil zu arbeiten, er<br />

g<strong>in</strong>g se<strong>in</strong>e eigenen Wege. Das wird uns schon<br />

aus se<strong>in</strong>er Arbeitsweise klar. Er bezeichnete zwar,<br />

wie es üblich und geboten war, den Rahmen <strong>der</strong><br />

Darstellungen, teilte das Feld <strong>in</strong> Streifen und<br />

deutete auch <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong>selben <strong>die</strong> Abgrenzung<br />

für bestimmte Hauptteile an, wie <strong>der</strong> Grenzstrich<br />

<strong>über</strong> dem Papyrusdickicht beweist. Die Hilfsl<strong>in</strong>ien<br />

für <strong>die</strong> Figuren aber fehlen vollkommen; sie<br />

können auch nicht nachträglich <strong>über</strong>malt worden<br />

se<strong>in</strong>, wenigstens nicht bei den menschlichen<br />

Figuren, denn <strong>die</strong> an e<strong>in</strong>igen Stellen erhaltenen<br />

Skizzen zeigen ke<strong>in</strong>e Spur <strong>von</strong> ihnen. Dies freiere<br />

Verfahren alle<strong>in</strong> aber stellte noch ke<strong>in</strong>e so auffällige<br />

Beson<strong>der</strong>heit dar; wir sahen, daß es auch <strong>in</strong> den<br />

Kultkammern gelegentlicii geübt wurde. Aber <strong>die</strong><br />

ersten Entwürfe s<strong>in</strong>d ganz eigener Art. E<strong>in</strong><br />

glücklicher Zufall hat uns e<strong>in</strong>ige <strong>von</strong> ihnen er-<br />

halten. So auf <strong>der</strong> Westwand bei <strong>der</strong> Darstellung<br />

<strong>der</strong> Schiffswerft. Die vier Figuren <strong>in</strong> dem freien<br />

Felde neben dem Tor = Taf. X s<strong>in</strong>d nie aus-<br />

geführt worden. Damit niclit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wand er-<br />

hoben werden kann, als sei bei <strong>der</strong> Werft <strong>über</strong>-<br />

haupt nur e<strong>in</strong>e kursive Darstellung beabsichtigt<br />

gewesen, zeigt uns auf dem danebenliegenden Teil<br />

<strong>der</strong> Nordwand e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Figuren <strong>der</strong> Köche Reste<br />

<strong>der</strong> gleichen Art <strong>der</strong> Vorzeichnung, und auch bei<br />

dem Kammer<strong>die</strong>ner, <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Südwand das<br />

Bett bereitet, hat <strong>der</strong> Maler vergessen, <strong>die</strong> Skizze<br />

zu tilgen.<br />

Der Vorzeichner umriß nicht, wie es Sitte<br />

war, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Gestalten, son<strong>der</strong>n gab nur ihr<br />

Skelett: mit e<strong>in</strong>er L<strong>in</strong>ie werden Körper, Arme<br />

und Be<strong>in</strong>e angegeben, <strong>der</strong> Kopf ersche<strong>in</strong>t im<br />

Umriß, kurze Striche deuten <strong>die</strong> Gesiciitsteile an,<br />

e<strong>in</strong>e Verdickung kennzeichnet bei dem Stehenden<br />

<strong>die</strong> Beckengegend, <strong>die</strong> Faust, <strong>die</strong> das Holz faßt,<br />

' Siehe aucli Text, S. 157. ' Ancient Egypti.Tii l'aiiit<strong>in</strong>gs, T,if. II— III.<br />

47


48 Hermann Junkee.<br />

ersche<strong>in</strong>t als e<strong>in</strong>e Verbreiterung des striehartigen<br />

Armes. Diese Skizzen s<strong>in</strong>d trotz größter E<strong>in</strong>fach-<br />

heit voll Ausdruckskraft. Sie er<strong>in</strong>nern an <strong>die</strong><br />

strichartigen Stu<strong>die</strong>nzeichnungen auf Ostrakas,<br />

<strong>die</strong> aus Malerschulen stammen, wie Van<strong>die</strong>r<br />

d'Abba<strong>die</strong>, Catalogue des Ostraca, Nr. 2403.<br />

Auch s<strong>in</strong>d zum Vergleich <strong>die</strong> Illustrationen <strong>von</strong><br />

Papyri heranzuziehen, wie sie sich im Dramati-<br />

schen Ramesseum-Papyrus f<strong>in</strong>den (Sethe, Unter-<br />

suchungen, 10). Vielleicht werden auch <strong>die</strong>Skizzon-<br />

bücher <strong>der</strong> Maler des Alten Reiches hauptsächlich<br />

solche skelettartige Zeichnungen enthalten haben,<br />

neben beson<strong>der</strong>en Mustern für <strong>die</strong> Ausführung<br />

<strong>von</strong> E<strong>in</strong>zelheiten.<br />

Die Strichvorzeichnungen genügten für <strong>die</strong><br />

meisten menschlichen Figuren <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Szenen,<br />

nicht aber <strong>in</strong> gleicher Weise für <strong>die</strong> Schiffe, <strong>die</strong><br />

Möbel, <strong>die</strong> R<strong>in</strong><strong>der</strong> und Vögel. Hier mußten <strong>die</strong><br />

Umrisse angegeben werden. Von Spuren solcher<br />

flott h<strong>in</strong>geworfenen Vorzeichnungen seien erwähnt;<br />

beim mittleren Segelschiff das Masttau am Bug<br />

und se<strong>in</strong>e Befestigung durch e<strong>in</strong>e Schleife — auf<br />

<strong>der</strong> Westwand e<strong>in</strong> Ibis auf dem Papyrusgebüscli<br />

— <strong>die</strong> Kuh am südlichen Ende des oberen<br />

Streifens <strong>der</strong> Westwand. Aber aucii hier ist das<br />

Verfahren e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es als etwa <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mastal)a<br />

des Per-neb, wo auch <strong>die</strong> E<strong>in</strong>zelheiten <strong>in</strong> fe<strong>in</strong>er<br />

Umrißl<strong>in</strong>ie angegeben s<strong>in</strong>d. Der Vorzeichner <strong>in</strong><br />

Kij-m-'nh arbeitete zum Teil mit breitem P<strong>in</strong>sel<br />

und legte Farbflächen an. So malte er <strong>die</strong> Füße<br />

<strong>der</strong> zuletzt erwilimten Kuii auf <strong>der</strong> West wand<br />

ganz <strong>in</strong> Rot vor, oi<strong>in</strong>e Umriß, und aucii <strong>die</strong><br />

Hörner gab er ebenso gleich voll <strong>in</strong> Farbe an.<br />

Der ungewohnten Art <strong>der</strong> Vorzeichnung ent-<br />

sprechend zeigt aucii <strong>die</strong> endgültige Ausführung<br />

e<strong>in</strong>e viel freiere Führung des P<strong>in</strong>sels, als wir es<br />

<strong>von</strong> an<strong>der</strong>en Malereien her gewohnt s<strong>in</strong>d. An<br />

erster Stelle fällt auf, daß e<strong>in</strong> großer Teil <strong>der</strong><br />

Figuren ke<strong>in</strong>e eigene Umrißl<strong>in</strong>ie erhielt. Das ist<br />

für ägyptische Bil<strong>der</strong> etwas Unerhörtes; wir<br />

können sie uns, sei es Flachrelief o<strong>der</strong> Malerei,<br />

ohne beson<strong>der</strong>e Umrahmung nicht denken. Die<br />

Gründe für <strong>die</strong>sen Brauch s<strong>in</strong>d wohl verschiedener<br />

Art. Er ergab sich e<strong>in</strong>mal aus dem Arbeitsvor-<br />

gang; <strong>die</strong> Farben wurden <strong>in</strong> den vorgezeichneten<br />

Umriß e<strong>in</strong>getragen, und <strong>die</strong>s Gerüst war dem<br />

Maler <strong>von</strong> solcher Bedeutung, daß er nicht versuchte,<br />

es zu verdecken, als es se<strong>in</strong>en Zweck<br />

erfüllt hatte. Beim Flaclibild war <strong>der</strong> farbige<br />

Rand zugleich e<strong>in</strong>e Betonung <strong>der</strong> L<strong>in</strong>ie, <strong>die</strong> sich<br />

durch das Erheben <strong>der</strong> Gestalt vom tieferen<br />

Untergrund ergab, und <strong>der</strong>en scharfes Heraus-<br />

treten aus <strong>der</strong> Fläclie macr se<strong>in</strong>erseits auf <strong>die</strong><br />

re<strong>in</strong>e Malerei gewirkt haben. Aber all das wäre<br />

nicht verständlich ohne <strong>die</strong> Erkenntnis <strong>der</strong> Be-<br />

deutung, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Umriß <strong>über</strong>haupt <strong>in</strong> <strong>der</strong> ägyptischen<br />

Kunst hatte: „. . . Was im Grunde doch<br />

alle . . . Mittel <strong>der</strong> ägyptischen Flachkunst, <strong>die</strong><br />

Zeichnung, <strong>die</strong> Malerei und das echte, vor allem<br />

aber eben das versenkte Relief beherrscht, das<br />

ist <strong>die</strong> alle Teilansichten wie e<strong>in</strong> Band zusammen-<br />

schließende, alles Innenwerk <strong>über</strong>wiegende Kraft<br />

des äußeren Umrisses <strong>der</strong> Figuren" (Schäfer,<br />

Von äg. Kunst', S. 79). E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Anregung<br />

zum klaren Herausarbeiten <strong>die</strong>ses Umrisses gab<br />

das Licht Ägyptens, das <strong>die</strong> Gegenstände so<br />

deutlich, oft hart umrandet. Diesem Licht und<br />

<strong>der</strong> re<strong>in</strong>en, durchsichtigen Luft ist es nicht zuletzt<br />

zu verdanken, daß <strong>die</strong> Ägypter <strong>die</strong> großen Meister<br />

im Zeichnen des Umrisses <strong>der</strong> Gestalten wurden.<br />

Für uns, <strong>der</strong>en Auge an e<strong>in</strong>e weichere Um-<br />

grenzung <strong>der</strong> Gegenstände, an e<strong>in</strong> Ine<strong>in</strong>an<strong>der</strong>-<br />

fließen <strong>der</strong> L<strong>in</strong>ien gewöhnt ist, hat <strong>in</strong> <strong>der</strong> ägyp-<br />

tischen Malerei <strong>die</strong> beson<strong>der</strong>e Betonung des<br />

Umrisses durch e<strong>in</strong>e farbige L<strong>in</strong>ie etwas Befrem-<br />

dendes; <strong>die</strong> Gestalten sche<strong>in</strong>en uns e<strong>in</strong>gespannt,<br />

zu schroff vom H<strong>in</strong>tergrund abgesetzt. Die ganz<br />

guten ägyptischen Künstler wußten um <strong>die</strong>ses<br />

Gefühl, das durch e<strong>in</strong>e <strong>über</strong>triebene Betonung<br />

des Umrisses ausgelöst wird, und suchten es durch<br />

e<strong>in</strong>e vermittelnde Farbe <strong>der</strong> L<strong>in</strong>ie zu mil<strong>der</strong>n.<br />

Der Meister <strong>von</strong> Medüm zeichnete den Umriß<br />

<strong>der</strong> Gänse bei den dunkleren Teilen schwarz,<br />

bei den helleren rot, <strong>über</strong> den fe<strong>in</strong>en dunklen<br />

Fe<strong>der</strong>n des Rückens verschw<strong>in</strong>det er.<br />

In Kij-m-'nh hat <strong>der</strong> Maler <strong>in</strong> den meisten<br />

Fällen, immer bei den kle<strong>in</strong>en menschlichen Ge-<br />

stalten, auf e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Umrißl<strong>in</strong>ie verzichtet.<br />

Sie fehlt auch bei manchen größeren Figuren, wie<br />

bei den Gabenbr<strong>in</strong>genden nördlich des E<strong>in</strong>gangs.<br />

Er verwendet sie hauptsächlich bei verschieden-<br />

farbigen Flächen, wie bei den Opfergaben,<br />

Kuchen, Frücliten, Fleischstücken, bei den Ge-<br />

räten, bei den bunten Matten des Kab<strong>in</strong>enbehan-<br />

ges. Hier könnte man manchmal an e<strong>in</strong>en Behelf<br />

denken. Doch will <strong>die</strong>se Erklärung durchaus<br />

nicht <strong>über</strong>all genügen. Die farbige Umrißl<strong>in</strong>ie<br />

wird entschieden bei hellen Flächen bevorzugt.<br />

Die braunen R<strong>in</strong><strong>der</strong> s<strong>in</strong>d ohne sie gemalt, <strong>die</strong><br />

hellen dagegen weisen sie immer auf. Das kann<br />

nur so gedeutet werden, daß <strong>die</strong> dunkeln Tiere<br />

sich <strong>von</strong> dem weißlich-grauen H<strong>in</strong>tergrund genügend<br />

abhoben, bei den hellen aber <strong>die</strong> Betonung<br />

des Umrisses notwendig erschien. Ganz e<strong>in</strong>wandfrei<br />

zeigt sich das bei den scheckigen Kühen am<br />

Südende <strong>der</strong> AVestwand; auf iiirem Rücken tragen


Bekicht übek <strong>die</strong> Gkäbungen auf dem Fkiedhüe <strong>von</strong> GizA. 49<br />

sie e<strong>in</strong>en breiteren dunkeln Streifen, <strong>der</strong> ohne e<strong>in</strong>-<br />

schließende L<strong>in</strong>ie blieb, man erkennt noch das Ab-<br />

setzen des P<strong>in</strong>sels; <strong>die</strong> weißlich gefärbten Körper-<br />

teile s<strong>in</strong>d wie üblich umrahmt. Der Unterschied<br />

kann nur aus dem Streben nach klarem Umriß<br />

erklärt werden, und <strong>die</strong> Behandlung <strong>der</strong> dunkler<br />

gefärbten Flächen zeigt, daß bei <strong>der</strong> üblichen<br />

Art des Malens <strong>die</strong> unterschiedslose Anwendung<br />

<strong>der</strong> Umrißliuie nur auf Überlieferung beruhte.<br />

— Der Maler ist übrigens <strong>in</strong> unserer Kammer<br />

nicht immer folgerichtig vorgegangen; <strong>die</strong> Bäuer<strong>in</strong><br />

mit <strong>der</strong> gelben Fleischfarbe und dem weißen<br />

Kleid erhielt <strong>über</strong>haupt ke<strong>in</strong>e Uuirißl<strong>in</strong>ien, <strong>die</strong><br />

hockende Köch<strong>in</strong> auf <strong>der</strong> Nordwand nur im<br />

Rücken.<br />

Die meisten Figuren s<strong>in</strong>d freihändig gemalt<br />

worden; <strong>die</strong> skelettartige Vorzeichnung bot wenig<br />

Hilfe. Dabei setzte sich <strong>der</strong> Maler oft genug auch<br />

<strong>über</strong> <strong>die</strong>se Skizzen e<strong>in</strong>fach h<strong>in</strong>weg. Hat sich auch<br />

bei dem sorgfältigen Verfahren des Flachbildes<br />

<strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>metz nicht immer genau an <strong>die</strong> Umrisse<br />

des Vorzeiehners gehalten, und <strong>der</strong> Maler nicht<br />

an das Flachbild, so waren es doch nur ger<strong>in</strong>g-<br />

fügige Än<strong>der</strong>ungen, <strong>die</strong> man sich erlaubte. So<br />

wie <strong>in</strong> unserem Falle etwa <strong>der</strong> Maler bei <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>en Kuh <strong>die</strong> Halsl<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong> wenig än<strong>der</strong>te, bei<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en <strong>die</strong> Bauch- und Be<strong>in</strong>l<strong>in</strong>ie. Ganz<br />

an<strong>der</strong>s aber zeigt er se<strong>in</strong>e Selbständigkeit, wenn<br />

er den Ibis auf dem Papyrus an e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e<br />

Stelle setzt, den Bug des Schiffes nach <strong>der</strong> Seite<br />

rückt, <strong>der</strong> Kuh e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Gehörn gibt. Ganz<br />

abgesehen da<strong>von</strong>, daß er auch <strong>die</strong> Beischriften<br />

und ihre Stelle im Bilde nach Gutdünken än<strong>der</strong>t.<br />

— Wir haben also bei vielen Gestalten e<strong>in</strong> ganz<br />

freies, ohne Hilfsl<strong>in</strong>ien und ohne Umrißzeichnung<br />

e<strong>in</strong>fach mit dem P<strong>in</strong>sel h<strong>in</strong>gesetztes Bild vor uns.<br />

Dabei wird auf e<strong>in</strong>e gleichmäßige Füllung <strong>der</strong><br />

Figuren mit <strong>der</strong> Farbe weniger Gewicht gelegt;<br />

wir können oft genug noch <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen P<strong>in</strong>sel-<br />

striche verfolgen. Manchmal vermißt man auch<br />

<strong>die</strong> genaue, sorgfältige Ausführung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zel-<br />

heiten. Da gerät e<strong>in</strong>mal <strong>der</strong> Arm des Segel richters<br />

zu dünn, <strong>der</strong> Fuß des Steuermanns zeigt e<strong>in</strong>en<br />

Klecks an <strong>der</strong> Ferse, <strong>die</strong> Hand <strong>der</strong> Bäuer<strong>in</strong>, <strong>die</strong><br />

den Korb stützt, ist zu lang, <strong>der</strong> Viehtreiber stellt<br />

den vorgesetzten Fuß nicht ganz auf den Boden<br />

auf. Körperhaltung und Gebärden <strong>der</strong> Figuren<br />

s<strong>in</strong>d wie <strong>in</strong> den entsprechenden Szenen <strong>der</strong> Flach-<br />

bil<strong>der</strong>, und doch nicht ganz gleich. Gerade durch<br />

<strong>die</strong> größere Ungebundenheit <strong>in</strong> <strong>der</strong> P<strong>in</strong>selführung<br />

ersche<strong>in</strong>en sie frischer, lebendiger. — Es verbleibt<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck dos H<strong>in</strong>geworfenen, Skizzenhaften.<br />

Die Bil<strong>der</strong> haben nicht <strong>die</strong> letzte Ausführung und<br />

Giza IV.<br />

Vollendung, aher gerade dar<strong>in</strong> liegt ihr Reiz, <strong>der</strong><br />

Reiz des Entwurfes, <strong>der</strong> Stu<strong>die</strong>. Wir sehen den<br />

Meister noch bei <strong>der</strong> Arbeit und spüren etwas<br />

<strong>von</strong> se<strong>in</strong>er Person.<br />

Nicht daß unserem Maler <strong>die</strong> übliche Art<br />

vollendeter Ausführung fremd gewesen wäre. Man<br />

betrachte nur <strong>die</strong> Gänse und Enten auf <strong>der</strong> Nordwand<br />

= Taf. Vn. Ihnen hat er se<strong>in</strong>e ganze Liete<br />

gewidmet; es s<strong>in</strong>d Stücke sauberster Arbeit. Aber<br />

an<strong>der</strong>e Darstellungen wollte er eben nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

gleichen pe<strong>in</strong>lich sorgfältigen Ausführung malen.<br />

Wir begegnen dem gleichen Unterschied bei den<br />

Inschriften. Da, wo <strong>der</strong> Text wie e<strong>in</strong> Zierband<br />

sich <strong>über</strong> <strong>die</strong> Speiseliste h<strong>in</strong>zieht, s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Hiero-<br />

glyphen sorgfältig gemalt, mit Innenzeichnung;<br />

ebenso <strong>in</strong> den Beischriften zu den Gabenbr<strong>in</strong>genden<br />

und zu den Gänsen. Ganz an<strong>der</strong>s aber, wo <strong>die</strong><br />

Reden <strong>der</strong> Schiffer wie<strong>der</strong>gegeben werden, o<strong>der</strong><br />

£:ar bei <strong>der</strong> Angabe des Inhalts <strong>der</strong> Le<strong>in</strong>en- und<br />

Gerätekammer. Hier wählt man <strong>die</strong> Abkürzungen,<br />

wie wir sie später aus den Sarg<strong>in</strong>schriften und<br />

<strong>über</strong>haupt aus <strong>der</strong> streng religiösen Literatur<br />

kennen. Es s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> sogenannten ,Kursiv-Hiero-<br />

glyphen', <strong>die</strong> hieratische Buchschrift <strong>der</strong> ältesten<br />

Zeit; siehe Möller, Hieratische Paläographie I,<br />

S. 3. Zierschrift und Kursivschrift werden <strong>in</strong><br />

unserer Kammer <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> entsprechend<br />

verwendet, und ihr Wechsel bestätigt, daß <strong>der</strong><br />

Künstler mit Überlegung hier <strong>die</strong> fe<strong>in</strong>ere, dort<br />

<strong>die</strong> , kursivere' Malart anwendete. Se<strong>in</strong>e nur an<br />

sauberste Arbeit gewohnten Kollegen mögen <strong>die</strong>ses<br />

Abweichen <strong>von</strong> <strong>der</strong> Überlieferung mißbilligt haben,<br />

<strong>von</strong> ihrem Standpunkt aus nicht mit Unrecht.<br />

Auch mag es wahr se<strong>in</strong>, daß <strong>der</strong> ungebundenere<br />

Stil auch hastige Arbeit verrät. Aber das kann<br />

unsere Freude an den flott und frisch h<strong>in</strong>gewor-<br />

fenen Bil<strong>der</strong>n nicht stören. Sonst dürften wir uns<br />

ja auch <strong>der</strong> flüchtigen Stu<strong>die</strong>nzeichnungen auf<br />

den Ostrakas nicht freuen. Gerade wegen <strong>die</strong>ser<br />

ihrer Eigenart ist uns <strong>die</strong> Ausschmückung <strong>der</strong><br />

Sargkammer so wertvoll.<br />

3. Die Verteilung <strong>der</strong> Darstellungen.<br />

Die Verteilung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Szenen auf <strong>die</strong><br />

verschiedenen Wände <strong>der</strong> Kultkammer war nicht<br />

dem Zufall <strong>über</strong>lassen, ihre Anordnung steht <strong>in</strong><br />

engster <strong>in</strong>nerer Beziehung zu <strong>der</strong> Bedeutung des<br />

Raumes und zu den Riten, <strong>die</strong> hier vollzogen<br />

wurden. Auf <strong>der</strong> Westwand, gegen<strong>über</strong> dem Sarg<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Tiefe, ist <strong>die</strong> Hauptsche<strong>in</strong>tUr angebracht,<br />

durch <strong>die</strong> <strong>der</strong> Verstorbene heraustreten soll, um<br />

<strong>die</strong> Opfer <strong>in</strong> Empfang zu nehmen. Die Sche<strong>in</strong>tür-<br />

7


50 Hekmakn Junkee.<br />

tafel zeigt ihn am Speisetisch sitzend. Die Szene<br />

<strong>der</strong> Speisung wird auf <strong>der</strong> anschließenden süd-<br />

lichen Schmalwand angebracht, nahe <strong>der</strong> Stelle,<br />

an <strong>der</strong> <strong>die</strong> Totenpriester <strong>die</strong> Opfer nie<strong>der</strong>legen und<br />

ihre Riten vollziehen. Auf <strong>der</strong> Westwand stehen<br />

zu Anfang gerne <strong>die</strong> speisetragenden Diener<br />

o<strong>der</strong> <strong>die</strong> Vertreter <strong>der</strong> Dörfer mit Abgaben und<br />

Geschenken; auf <strong>der</strong> Nordwand besichtigt <strong>der</strong><br />

Grabherr das Verzeichnis <strong>der</strong> Opfer; Näheres<br />

siehe Giza III, S. 56 ff. Als <strong>die</strong> Szenen des täg-<br />

lichen Lebens ihren E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> den Kultraum<br />

hielten, wurde ihnen zumeist <strong>die</strong> Ostwand zu-<br />

gewiesen. Die Schiffe, <strong>die</strong> den Grabherrn zu den<br />

verschiedenen Stationen <strong>der</strong> Totenfahrt führen,<br />

haben ihre Stelle <strong>über</strong> <strong>der</strong> Tür o<strong>der</strong> wenigstens<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong>en Nähe.<br />

Vergleichen wir <strong>die</strong>se Anordnung mit <strong>der</strong><br />

Bil<strong>der</strong>folge <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sargkammer des Kij-m-'nh, so<br />

sche<strong>in</strong>t zunächst alles an <strong>der</strong> verkehrten Stelle<br />

zu stehen, wie <strong>die</strong> Speisung auf <strong>der</strong> Ostwand, <strong>die</strong><br />

Darstellungen aus <strong>der</strong> Landwirtschaft auf <strong>der</strong>West-<br />

wand. Und doch s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> gleichen Vorstellungen<br />

hier wie dort wirksam. Den oberirdischen Kult-<br />

raum betreten <strong>die</strong> Besucher <strong>von</strong> Osten her, <strong>der</strong><br />

Grabherr kam aus <strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>tür im Westen her-<br />

vor, und <strong>die</strong> Zeremonien <strong>der</strong> Speisung s<strong>in</strong>d nahe<br />

<strong>die</strong>ser Stelle wie<strong>der</strong>gegeben. In <strong>der</strong> unterirdischen<br />

Kammer liegt <strong>der</strong> Grabherr im Sarge, den Kopf<br />

im Norden, das Gesicht nach Osten gewendet;<br />

man zeichnet daher auf <strong>die</strong> alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Blickfeld liegende Ostwand <strong>die</strong> Opferliste auf,<br />

damit er sie lese und dadurch <strong>der</strong> Speisen teilhaft<br />

werde. Dieser Vorstellung begegnen wir vere<strong>in</strong>zelt<br />

auch <strong>in</strong> den Kulträumen, wo bei osm-nfr I <strong>die</strong><br />

Listen gegen<strong>über</strong> <strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>tür auf <strong>der</strong> Ostwand<br />

stehen, dem hervortretenden Toten vor Augen.<br />

Der entsprechende Gedanke kommt zum Aus-<br />

druck bei Kij-hr-Pth und Ssm-nfr IV (siehe oben<br />

S. 45) und bei den früheren Sargverzierungen,<br />

wie bei 'Idiv 11 und Mrj-ih, Vorberieht 1914,<br />

S. 29 L<br />

Nachdem nun <strong>die</strong>se Verlegung <strong>von</strong> <strong>der</strong> Westwand<br />

auf <strong>die</strong> Ostwand gefor<strong>der</strong>t war, ergab sich<br />

e<strong>in</strong>e entsprechende Umordnung für <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Darstellungen <strong>von</strong> selbst. Denn <strong>die</strong> Speisung bil-<br />

dete immer den Kern des Bil<strong>der</strong>schmucks, auf den<br />

<strong>die</strong> Verteilung <strong>der</strong> übrigen Szenen Rücksicht<br />

nehmen mußte. Da ke<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Sargraum Bil<strong>der</strong>-<br />

folgen aufweist, hat <strong>der</strong> Maler <strong>die</strong> Anordnung, <strong>die</strong><br />

im folgenden geschil<strong>der</strong>t wird, selbständig ge-<br />

troffen. Er gruppierte um <strong>die</strong> Speiseliste <strong>die</strong><br />

Riten, <strong>die</strong> wir sonst auf <strong>der</strong> Sche<strong>in</strong>tür und an-<br />

schließend auf <strong>der</strong> Süd- und Westwand f<strong>in</strong>den.<br />

Am Nordende <strong>der</strong> Wand, neben dem E<strong>in</strong>gang,<br />

wurden <strong>die</strong> , Dorfvertreter' untergebracht.<br />

Die Südwand br<strong>in</strong>gt anschließend <strong>in</strong> vier<br />

Reihen e<strong>in</strong>e Anhäufung <strong>von</strong> Opfern verschiedener<br />

Art; darunter ist das Schlachten <strong>der</strong> Opfertiere<br />

dargestellt. Denken wir uns wie <strong>in</strong> den Kultkammern<br />

den Grabherrn l<strong>in</strong>ks davorsitzend, so<br />

hätten wir <strong>die</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem ,Prunkmahl',<br />

das e<strong>in</strong>e Entwicklung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>fachen Speisetisch-<br />

szene darstellt. Hier aber, wo <strong>der</strong> Verstorbene nicht<br />

im Bild ersche<strong>in</strong>t, ist <strong>die</strong> Darstellung mit <strong>der</strong><br />

daneben auf <strong>der</strong> Ostwand liegenden zu e<strong>in</strong>er<br />

E<strong>in</strong>heit zu verb<strong>in</strong>den, das Inschriftband mit dem<br />

Totengebet wird fortlaufend <strong>über</strong> beide Szenen<br />

geführt = TaL XVI und XVII. Auf <strong>der</strong> west-<br />

lichen Hälfte <strong>der</strong> Wand werden <strong>in</strong> den beiden<br />

unteren Reihen Musik und Tanz dargestellt. Die<br />

Bil<strong>der</strong> stehen <strong>in</strong> den Kultkammern oft auf <strong>der</strong><br />

Südwand unter dem Totenmahl, wie bei iV/V,<br />

R^-ior II und Ssm-nfr III; sie s<strong>in</strong>d also hier ganz<br />

am rechten Platze. Dar<strong>über</strong> ist <strong>in</strong> zwei Reihen<br />

<strong>die</strong> Ausrüstung <strong>der</strong> Kammer des Grabherrn<br />

wie<strong>der</strong>gegeben.<br />

Die Westwand hat ganz <strong>die</strong> Rolle <strong>der</strong> Ostwand<br />

<strong>der</strong> oberirdischen Kulträume <strong>über</strong>nehmen<br />

müssen, auf <strong>der</strong> gewöhnlich <strong>die</strong> Darstellungen<br />

aus <strong>der</strong> Landwirtschaft Platz f<strong>in</strong>den. Im unteren<br />

Bildstreifen <strong>der</strong> südliciien Hälfte werden auf<br />

engem Raum Pflügen und Ernten zusammengefaßt,<br />

im oberen <strong>die</strong> Viehzucht. Am Südende<br />

<strong>der</strong> beiden Reihen sehen wir <strong>die</strong> Hirten beim<br />

Mahle. Auf <strong>der</strong> nördlichen Hälfte steht an-<br />

schließend e<strong>in</strong>e Szene aus dem Leben im Papyrussumpf;<br />

rechts da<strong>von</strong> s<strong>in</strong>d Werft, Gerätehaus und<br />

Le<strong>in</strong>wandkammer dargestellt, darunter <strong>die</strong> Frucht-<br />

speicher.<br />

Die Nordwand wird <strong>von</strong> den Schiffen be-<br />

herrscht, <strong>von</strong> denen drei stromauf, zwei stromab<br />

fahren. Sie stehen an <strong>der</strong> richtigen Stelle, nahe<br />

<strong>der</strong> Tür; bei <strong>der</strong> ger<strong>in</strong>gen Höhe des Raumes<br />

war e<strong>in</strong> Anbr<strong>in</strong>gen <strong>über</strong> dem E<strong>in</strong>gang unmöglich.<br />

An<strong>der</strong>erseits mag <strong>die</strong> Nordu-and gewählt worden<br />

se<strong>in</strong>, weil <strong>die</strong> Totenfahrt zunächst zu den Stätten<br />

des Delta g<strong>in</strong>g; auf <strong>der</strong> Nordwand des Pfeiler-<br />

saales ist <strong>die</strong> ganze Fahrt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mastaba des<br />

Nb-khü-Hr dargestellt, siehe Mitteilungen Kairo IX,<br />

S. 1 ff. — Der untere Teil <strong>der</strong> Wand zeigt rechts<br />

<strong>in</strong> dem oberen Streifen Gänse, Enten und Tauben,<br />

<strong>in</strong> dem unteren <strong>die</strong> vier Fruchtgeb<strong>in</strong>de auf Schlitten<br />

und e<strong>in</strong>e Anzahl <strong>von</strong> großen Broten und Krügen.<br />

L<strong>in</strong>ks anschließend stehen <strong>die</strong> Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bier-<br />

bereitung und des Kochens und Bratens <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Küche, siehe Taf. VII—VIII.


Beeicht übee <strong>die</strong> Geabungen auf dem Feiedhof <strong>von</strong> Giza. 51<br />

II. Die Emzelbesclireibimg-.<br />

1. Die Nordwand.<br />

a. Die ol)ere Bildreihe: Die Schiffe.<br />

a) Die Beschreibung.<br />

Den oberen Bildstreifen füllt ganz <strong>die</strong> Dar-<br />

stellung <strong>der</strong> Scliiffalirt. Drei Segelboote fabren<br />

bei günstigem W<strong>in</strong>de stromauf, und zwei Last-<br />

schiffe treiben mit gekapptem Mast den Fluß<br />

h<strong>in</strong>unter. — Schiffe gehören schon <strong>in</strong> den Gräbern<br />

<strong>der</strong> frühen V. Dynastie zu dem Wandsehmuck<br />

<strong>der</strong> Kammern, und <strong>in</strong> <strong>der</strong> zweiten Hälfte des<br />

Alten Reiches werden <strong>die</strong> Darstellungen <strong>der</strong><br />

Schiffahrt immer reicher. Man sollte daher er-<br />

warten, daß uns alles Wissenswerte <strong>über</strong> den<br />

Bau und <strong>die</strong> Ausrüstung <strong>der</strong> Fahrzeuge, <strong>über</strong><br />

das Segeln und iMauövrieren bekannt sei. In <strong>der</strong><br />

Tat aber verbleiben noch viele Fragen offen, und<br />

unsere Bil<strong>der</strong> mit ihren frisch erhaltenen Farben,<br />

<strong>die</strong> jede E<strong>in</strong>zelheit klar erkennen lassen, stellen<br />

e<strong>in</strong> willkommenes ergänzendes Material dar, aus<br />

dem manche neue Erkentnisse gewonnen werden<br />

konnten.<br />

Das erste Boot = Taf. III = Ancient Eg.<br />

Pa<strong>in</strong>t<strong>in</strong>gs, Taf. II, ist e<strong>in</strong> Segler mit stark er-<br />

höhtem h<strong>in</strong>terem Teil und breiten, gerade ab-<br />

schließenden Enden. Die Brustwehr ist auf <strong>die</strong><br />

Mitte des Schiffes beschränkt. Die Erhöhung,<br />

<strong>die</strong> sich am l<strong>in</strong>ken Ende <strong>über</strong> dem Bordrand<br />

zeigt, ist nicht etwa e<strong>in</strong> Schutzgitter um das<br />

Achterdeck, wie bei den Seeschiffen, Borchardt,<br />

Sahure'II, Taf. XII—XIII, o<strong>der</strong> wie entsprechend<br />

am Vor<strong>der</strong>deck <strong>der</strong> Lastschiffe L. D. II, 62, 103 b,<br />

104b, De Morgan, Dahchour 1894/95, Taf. XX,<br />

son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e Erhöhung des Achterdecks, <strong>die</strong><br />

den Steuerleuten bei dem stark abfallenden Schiffs-<br />

boden e<strong>in</strong>e ebene Standfläche geben soll. Rück-<br />

wärts liegen <strong>die</strong> Bretter auf dem Deck o<strong>der</strong> auf<br />

e<strong>in</strong>em Schiffsbalken auf und werden vorn und<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte durch aufgesetzte Balken gestützt.<br />

Am Außenbord ist vorn bei dem Piloten und<br />

rückwärts bei dem Segelrichter je e<strong>in</strong> schwarzes<br />

Rechteck aufgemalt. Man kann es nicht etwa<br />

als E<strong>in</strong>schnitt <strong>in</strong> <strong>die</strong> Bordwand auffassen, zum<br />

Auflogen des Laufbrettes, denn <strong>die</strong> Lücke müßte<br />

durch e<strong>in</strong>e helle Farbe gekennzeichnet se<strong>in</strong>; auch<br />

hätte <strong>der</strong> jMaler den Piloten und den Segelrichter<br />

nicht den Fuß ausgerechnet auf <strong>die</strong>se Stelle setzen<br />

lassen. E<strong>in</strong>e Durchsicht <strong>der</strong> Denkmäler hat er-<br />

geben, daß <strong>die</strong> gleichen dunkeln Rechtecke sich<br />

auch bei an<strong>der</strong>en Booten an <strong>der</strong> gleichen Stelle<br />

zeigen, wie L. D. II, 28, II 96 (mittleres Boot),<br />

Deshasheh, Taf. VI. Es sollen durch den Fleck<br />

wohl <strong>die</strong> Stoßkissen, <strong>die</strong> , Fen<strong>der</strong>', angegeben<br />

werden. Solche s<strong>in</strong>d bei e<strong>in</strong>em Modell aus Me'ir<br />

genau an den gleichen Stellen angebracht, siehe<br />

Reisner, Models of ships and boats, Taf. XII,<br />

Nr. 4872; mehr unseren heutigen Fen<strong>der</strong>n entsprechend<br />

s<strong>in</strong>d es birnförmige Ballen. Boreux,<br />

Nautique, S. 416 deutet den Ballen am Vor<strong>der</strong>schiff<br />

<strong>in</strong> gleicher Weise, möchte aber <strong>in</strong> dem<br />

an<strong>der</strong>en e<strong>in</strong>en Anker sehen. Doch spricht gerade<br />

<strong>die</strong> Entsprechung <strong>der</strong> Ballen mit den Rechtecken<br />

auf den Flachbil<strong>der</strong>n gegen e<strong>in</strong>e solche Annahme.<br />

Die Höhe des Bootsdecks läßt sich nicht mit<br />

Sicherheit bestimmen. Nach dem Standplatz des<br />

Grabherrn und dem <strong>der</strong> vor ihm beschäftigten<br />

Leute zu urteilen, läge es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Brust-<br />

wehr; aber das ist natürlich unmöglich. Der Maler<br />

wollte nur <strong>die</strong> ganze Gestalt Kij-m-'nh's wie<strong>der</strong>-<br />

geben. Wahrsche<strong>in</strong>hch lag es e<strong>in</strong> wenig tiefer<br />

als <strong>der</strong> Bordrand, wie auch bei manchen Last-<br />

schiffen, so L. D. II, 62. Die neben <strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>e<br />

gezeichneten nach vorne gebeugten Matrosen s<strong>in</strong>d<br />

stehend, nicht hockend, zu denken (siehe weiter<br />

unten), und <strong>die</strong> Ergänzung ihrer Gestalt ergibt<br />

<strong>die</strong> Lage des Decks. — Vom Mast bis zum Heck<br />

ist das Deck mit weißem Segeltuch <strong>über</strong>spannt,<br />

und unter <strong>die</strong>sem Sonnendach wurde e<strong>in</strong>e Kab<strong>in</strong>e<br />

für den Grabherrn hergerichtet; farbige Matten<br />

bilden ihre Wände. Auch am Heck wurde e<strong>in</strong>e<br />

Matte aufgehängt, wohl als Schutz gegen den W<strong>in</strong>d.<br />

Mast und Segel. Der Mast des Bootes ist<br />

<strong>der</strong> übliche Doppel- o<strong>der</strong> Bockmast. Se<strong>in</strong>e Füße<br />

stecken <strong>in</strong> Schuhen, <strong>die</strong> wohl im Schiffsboden be-<br />

festigt waren; siehe Reisner, Models, Taf. IV,<br />

Nr. 4808 und Boreux, Nautique, S. 350 ff. Die<br />

beiden Mastbäume s<strong>in</strong>d durch zahlreiche Ver-<br />

strebungen verbunden. Unten ist, wie oft, etwa<br />

<strong>in</strong> Manneshöhe e<strong>in</strong> schweres doppeltes? Querholz<br />

angebracht, das an beiden Seiten <strong>über</strong> <strong>die</strong> Bäume<br />

h<strong>in</strong>ausragt, während nach dem oberen Ende zu<br />

<strong>die</strong> B<strong>in</strong>dehölzer wie <strong>die</strong> Sprossen e<strong>in</strong>er Leiter be-<br />

festigt zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>en. Ob das <strong>der</strong> Wirklichkeit<br />

entspricht, stehe dah<strong>in</strong>; bei den Seeschiffen jeden-<br />

falls s<strong>in</strong>d auch <strong>die</strong> oberen Querhölzer aufgelegt,<br />

ihre Enden zeigen Durchbohrungen, <strong>die</strong> als Ösen<br />

für <strong>die</strong> Haltetaue des Mastes <strong>die</strong>nen; siehe Sahure'<br />

II, Taf. XII— XIII. An <strong>der</strong> Spitze waren<br />

<strong>die</strong> Bäume aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgearbeitet. Die Art <strong>der</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung ist freilich nur selten zu erkennen;<br />

e<strong>in</strong>e Kappe sche<strong>in</strong>t jedenfalls ausgeschlossen; aber<br />

es f<strong>in</strong>den sich Beispiele, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Baum<br />

länger und an <strong>der</strong> Innenseite <strong>der</strong> Spitze so ge-<br />

7*


52 Heemänw Junker.<br />

arbeitet ist, daß <strong>der</strong> kürzere Baum e<strong>in</strong>paßt; siehe<br />

Reisner, Models, Abb. 191 und Boreus, Nau-<br />

tique, S. 356. In unserem Falle deutet <strong>der</strong> Mittel-<br />

stricli an, daß <strong>die</strong> Bcäume an <strong>der</strong> Spitze <strong>in</strong>nen<br />

abgeflacht waren. Dies Ende wurde dann zu-<br />

sammengestiftet und mit Tauen fest umwickelt,<br />

wie das <strong>die</strong> Beispiele Borchardt, Sabure' II,<br />

Taf. XII—XIII klar zeigen. Unser Bild gibt <strong>die</strong><br />

Umschnürung im e<strong>in</strong>zelnen nicht wie<strong>der</strong>, deutet<br />

sie aber durch <strong>die</strong> hellere Farbe an; das wird<br />

ganz deutlich bei den gekappten Masten <strong>der</strong> Last-<br />

schiffe Taf. VI. An <strong>der</strong> Mastspitze ist e<strong>in</strong>e halb-<br />

kreisförmige Ose angebracht, klarer bei Boot 2<br />

und 3 zu sehen. Der Mast wurde durch starke<br />

Taue <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Stellung gehalten und gegen<br />

Schwankungen <strong>in</strong>folge des W<strong>in</strong>ddrucks des Segels<br />

geschützt. E<strong>in</strong> Haltetau läuft <strong>von</strong> <strong>der</strong> Mastspitze<br />

zum Bug und zum Heck des Schiffes, dort jedesmal<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em R<strong>in</strong>g befestigt. Die B<strong>in</strong>dung zeigt<br />

nur beim Bug-R<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>e Schleife, ebenso bei den<br />

beiden an<strong>der</strong>en Seglern; wohl weil hier das Tau<br />

gelöst wurde, wenn man den Mast nach rückwärts<br />

nie<strong>der</strong>legte. Die seitlichen Haltetaue laufen <strong>von</strong><br />

dem oberen Teil des Mastes zu den beiden Bord-<br />

wänden. Unser Zeichner läßt sie alle h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong><br />

Kab<strong>in</strong>e verschw<strong>in</strong>den, als ob sie nur am Back-<br />

bord befestigt wären; <strong>in</strong> Boot 2 s<strong>in</strong>d sie alle vor<br />

<strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>enwand gezeichnet. In <strong>der</strong> Tat waren<br />

sie symmetrisch auf beide Seiten verteilt. Die<br />

Befestigung an den Mastbäumen ist nicht ange-<br />

geben; nur bei Boot 2 siebt man, wie <strong>die</strong> obersten<br />

Taue <strong>in</strong> Ösen gebunden werden, <strong>die</strong> wohl wie<br />

bei Sahure', ebenda, Taf. XIII, am Ende <strong>der</strong> Quer-<br />

verb<strong>in</strong>dungen des Mastes angebracht s<strong>in</strong>d.^<br />

Das große rechteckige Segel hängt zwischen<br />

den Raaen und ist an beide vollkommen festge-<br />

knüpft. Die zahlreichen B<strong>in</strong>dungen s<strong>in</strong>d durch<br />

senkrechte dunkle Streifen auf dem helleren Holze<br />

angegeben. In Wirklichkeit muß das Verhältnis<br />

<strong>der</strong> Farben umgekehrt se<strong>in</strong>: helle Baststricke o<strong>der</strong><br />

Flachsstricke auf dem braunen Holz; aber es s<strong>in</strong>d<br />

auf dem Bilde wohl <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fachheit halber alle<br />

Stricke dunkel gemalt. — Die obere Raa war<br />

an <strong>der</strong> Mastspitze befestigt; an e<strong>in</strong>er Öse <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Mitte ihrer Oberseite. Diese Öse ist nur auf den<br />

Darstellungen sichtbar, <strong>die</strong> beim Stromabfahren<br />

des Bootes <strong>die</strong> Raaen auf <strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> den<br />

Stützstangen zeigen, wie L. D. II, 103 b. Man<br />

könnte nun annehmen, daß es genügte, <strong>die</strong> Hiß-<br />

' Mrrw-kl, Taf. CXL und CXLII zeigen uns jetzt <strong>die</strong><br />

untere Befestigung <strong>der</strong> Taue: am Bordrand waren starke<br />

Schleifen angebracht, <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>die</strong> Enden geknüpft wurden.<br />

taue an <strong>die</strong>ser Öse zu befestigen und durch den<br />

R<strong>in</strong>g an <strong>der</strong> Mastspitze laufen zu lassen; denn<br />

wenn man <strong>die</strong> Enden <strong>der</strong> Taue, <strong>die</strong> auf unserem<br />

Bilde zwischen den Masten sichtbar s<strong>in</strong>d, am Deck<br />

festmachte, wurde <strong>die</strong> Raa <strong>in</strong> ihrer Lage gehalten.<br />

Aber es sche<strong>in</strong>t, daß man sie <strong>in</strong> dem R<strong>in</strong>g des<br />

Mastes festknüpfte. Denn bei dem Herabholen<br />

des Segels sehen wir auf dem ersten Boote des<br />

Akhethetep-Louvre = Boreux, Nautique, Taf. III<br />

e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> Matrosen zur Mastspitze klettern. Da<br />

es sich dabei nicht wie beute <strong>in</strong> Ägypten um<br />

das Reffen <strong>der</strong> Le<strong>in</strong>wand handeln kann, wird er<br />

<strong>die</strong> B<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Raa an <strong>der</strong> Mastspitze lösen<br />

—• wollen. Die untere Raa war <strong>in</strong> gleicher Weise<br />

am Deck o<strong>der</strong> am Fuß. des Mastes befestigt. Doch<br />

ist <strong>die</strong> Art des Festmacbens nicht erkennbar.<br />

Vielleicht gibt uns Mrj-ib L. D. II, 22 e<strong>in</strong>e An-<br />

deutung, nach e<strong>in</strong>er genaueren Zeichnung, <strong>die</strong><br />

Schäfer <strong>in</strong> Atlas IV veröffentlichen wird.<br />

An <strong>die</strong> beiden Enden <strong>der</strong> oberen Raa ist<br />

das Lenktau des Segels befestigt, mit Knoten und<br />

Schleife. Die e<strong>in</strong> wenig nach oben gekrümmten<br />

und verdickten Enden <strong>der</strong> Raa verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n das<br />

Herausrutschen des Taues beim Manövrieren. In<br />

den meisten Fällen ist das Lenktau aus e<strong>in</strong>em<br />

Stück und geht durch e<strong>in</strong>en auf dem Deck an-<br />

gebrachten R<strong>in</strong>g; durch <strong>die</strong> Spannung und Reibung<br />

bleibt es dann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, <strong>die</strong> ihm <strong>der</strong><br />

Segelrichter gegeben hat. Unsere Bil<strong>der</strong> lassen<br />

auch bei Boot 2 und 3 <strong>die</strong> Art <strong>der</strong> Befestigung<br />

nicht erkennen; jedenfalls ist es unwahrsche<strong>in</strong>lich,<br />

daß es lose h<strong>in</strong>g. Denn bei e<strong>in</strong>em Segel <strong>von</strong><br />

solcher Größe wäre es unmöglich gewesen, das<br />

Tau so zu handhaben. — Wir müssen es übrigens<br />

<strong>der</strong> Großzügigkeit des Zeichners zugute halten,<br />

daß er den Segelrichter unter dem Sonnensegel<br />

auf Deck arbeiten läßt. So kann er natürlich<br />

nicht gestanden haben, da <strong>die</strong> Arme des Taues<br />

durch das Dach gehen müßten. Die Darstellung<br />

ist e<strong>in</strong>fach <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em Vorbild <strong>über</strong>nommen wor-<br />

den, bei dem das H<strong>in</strong>terdeck ohne Sonnenschutz<br />

war, wie Deshasheh, Taf. VI, Ki-nj-njhv-tl Giza II,<br />

Abb. 22, Tj, Taf. LXXXI. In Wirklichkeit gehört<br />

unser Segelricbter auf das Dach des Deckaufbaues,<br />

wie Tj, Taf. LXXVII, Dahchour, 1895, Taf. XIX.<br />

Der Segelrichter ist <strong>in</strong> lebhafter Bewegung<br />

dargestellt, den vorgesetzten Fuß aufgestemmt,<br />

den an<strong>der</strong>en weit nach rückwärts gestreckt; ähn-<br />

lich auf Boot 3; bei Ki-nj-njsio-t steht er mit<br />

gespreizten Be<strong>in</strong>en und wirft den Oberkörper zurück,<br />

o<strong>der</strong> er hat sich auf den Boden gesetzt und<br />

stemmt <strong>die</strong> Füße auf, se<strong>in</strong> Körpergewicht nutzend,<br />

Tj, Taf. LXXIX. Trotz e<strong>in</strong>iger Bil<strong>der</strong>, <strong>die</strong> ihn


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Beeicht übee <strong>die</strong> Geabungen auf dem Feiedhof <strong>von</strong> Giza. 53<br />

wie bei unserem zweiten Boot o<strong>der</strong> Deir el Ge-<br />

bräwi II, Taf. XIX vollkommen ruhig und ent-<br />

spannt wie<strong>der</strong>geben, gew<strong>in</strong>nt man den E<strong>in</strong>druck,<br />

daß er e<strong>in</strong> vielbeschäftigter Mann war, <strong>der</strong> fl<strong>in</strong>k zu-<br />

greifen und oft se<strong>in</strong>e ganze Kraft e<strong>in</strong>setzen mußte.<br />

Läge aber <strong>in</strong> Wirklichkeit das Richten des<br />

Segels ihm alle<strong>in</strong> ob, o<strong>der</strong> auch nur <strong>die</strong> Haupt-<br />

arbeit, so hätte er Übermenschliches zu leisten.<br />

Wer e<strong>in</strong>mal das Segel e<strong>in</strong>es kle<strong>in</strong>en Bootes, des<br />

sogenannten , Kutters', bei heftigem W<strong>in</strong>d auf dem<br />

Nil be<strong>die</strong>nt hat, kennt <strong>die</strong> starke Spannung des<br />

Taues, den unwahrsche<strong>in</strong>lich heftigen Druck des<br />

Segels, und kann sich nicht erklären, wie e<strong>in</strong><br />

Mann alle<strong>in</strong> e<strong>in</strong> so mächtiges Segel regiert. Die<br />

Lösung liegt dar<strong>in</strong>, daß <strong>die</strong> Hauptarbeit des<br />

Segelstellens bei <strong>der</strong> unteren Raa geleistet wurde.<br />

Zwar hat man auch bisher angenommen, daß<br />

<strong>die</strong>se entsprechend <strong>der</strong> oberen gewendet werden<br />

müsse, aber man hat <strong>in</strong>folge <strong>der</strong> eigentümlichen<br />

Darstellungs weise nicht erkannt, daß bei den<br />

meisten Seglern das Manöver wie<strong>der</strong>gegeben<br />

und <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er größeren Anzahl Matrosen aus-<br />

geführt wird.<br />

Auf Taf. III sehen wir neben <strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>e<br />

acht Leute mit vorgebeugtem Oberkörper und<br />

gesenkten Armen, und <strong>in</strong> ähnlicher Haltung zwei<br />

weitere, aber hockend, l<strong>in</strong>ks <strong>der</strong> unteren Raa,<br />

neben dem Grabherru. An<strong>der</strong>e Darstellungen<br />

zeigen, daß hier e<strong>in</strong> Fehler vorliegt und daß <strong>die</strong><br />

beiden Leute neben dem Segel genau <strong>die</strong> gleiche<br />

Haltung haben müßten wie <strong>die</strong> Mannschaft neben<br />

<strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>e; siehe so unser zweites Boot, Mrj-ib<br />

L.D. II, 22, Ki-nj-njküt I Giza II, Abb. 22,<br />

Akhethetep-Louvre, Boreux, Nautique, Taf. III.<br />

Wenn <strong>die</strong> neben dem Segel stehenden Matrosen<br />

größer gezeichnet werden als ihre Kameraden am<br />

Bordrand, so geschieht das, weil <strong>der</strong> Maler bei<br />

ersteren ke<strong>in</strong>e Rücksicht auf Überschneidungen<br />

zu nehmen brauchte, während er bei letzteren<br />

<strong>die</strong> Köpfe unter dem Teppichmuster halten mußte.<br />

Bei Boot 3 s<strong>in</strong>d hier <strong>die</strong> Leute <strong>über</strong>haupt weg-<br />

gelassen, um <strong>die</strong> Gestalt des Grabherrn nicht zu<br />

stören. In an<strong>der</strong>en Beispielen ist <strong>die</strong> Größe <strong>der</strong><br />

Mannschaften bei<strong>der</strong> Gruppen <strong>die</strong> gleiche. Der<br />

unterschied <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zahl erklärt sich auf ähnliche<br />

Weise: Der Grabherr mußte geson<strong>der</strong>t stehen,<br />

vor ihm noch e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er freier Raum bleiben.<br />

Aus dem gleichen Grunde wurden <strong>die</strong> Matrosen<br />

an <strong>der</strong> Bordwand nach l<strong>in</strong>ks gerückt, sie durften<br />

erst <strong>in</strong> Höhe <strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>e beg<strong>in</strong>nen. — Faßt man,<br />

was sich aus den verschiedenen Wie<strong>der</strong>gaben des<br />

gleichen Bildes ergibt, zusammen, so zeigt sich,<br />

daß auf beiden Seiten des Bootes, Steuerbord und<br />

Backbord, je e<strong>in</strong>e lange Reihe <strong>von</strong> Matrosen auf-<br />

gestellt war, angefangen <strong>von</strong> den Enden <strong>der</strong><br />

unteren Raa bis zum Ende <strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>e. Hat man<br />

das e<strong>in</strong>mal erkannt und hält sich dabei <strong>die</strong> Ge-<br />

setze <strong>der</strong> ägyptischen Zeichner vor Augen, so<br />

wird es klar, daß <strong>die</strong> beiden Reihen gar nicht<br />

an<strong>der</strong>s wie<strong>der</strong>gegeben werden konnten.<br />

Die Haltung <strong>der</strong> Matrosen ist immer <strong>die</strong><br />

gleiche: sie stehen mehr o<strong>der</strong> m<strong>in</strong><strong>der</strong> gebückt,<br />

<strong>die</strong> Arme hängen parallel herab o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er <strong>der</strong><br />

Arme ist e<strong>in</strong> wenig vorgestreckt. Was soll aber<br />

<strong>die</strong>se Stellung und Armhaltung bedeuten? E<strong>in</strong>e<br />

Ruhestellung ist es nicht, wie ich bei Ki-nj-njsw-t<br />

angenommen hatte; das verbieten schon <strong>die</strong> Hal-<br />

tungen <strong>in</strong> Boot 1— 3. Die Matrosen s<strong>in</strong>d im<br />

Gegenteil <strong>in</strong> voller Tätigkeit, aber <strong>die</strong> strenge,<br />

zurückhaltende Darstellungsweise ließ das nicht<br />

sofort erkennen. Je<strong>der</strong> Zweifel wird durch das<br />

Bild Petrie, Deshasheh, Taf. VI behoben; hier,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Prov<strong>in</strong>z, s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> B<strong>in</strong>dungen des Stiles<br />

nicht so stark, und außerdem ist das Grab <strong>in</strong><br />

das spätere Alte Reich zu setzen. Da ist <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />

Matrosen neben <strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>e mehr Leben gekommen;<br />

zwei <strong>von</strong> ihnen geben Zeichen mit hocherhobenem<br />

Arm, e<strong>in</strong> dritter hält <strong>die</strong> Hand zum<br />

Kopf. Aber alle s<strong>in</strong>d, wie auch ihre sonstige<br />

Haltung beweist, <strong>in</strong> <strong>der</strong> gleichen Beschäftigung<br />

wie <strong>die</strong> auf an<strong>der</strong>en Darstellungen an <strong>der</strong>selben<br />

Stelle arbeitenden Matrosen, und ihre Arbeit<br />

kann ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e se<strong>in</strong> als das Richten <strong>der</strong> un-<br />

teren Raa; das zeigen schon <strong>die</strong> an ihrem an<strong>der</strong>en<br />

Ende dicht neben dem Segel Beschäftigten. Die<br />

Lage ist also folgende: Die untere Segelstange<br />

war wie <strong>die</strong> obere <strong>in</strong> ihrer Mitte durch e<strong>in</strong>e Ose<br />

so befestigt, daß sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ebene leicht nach<br />

je<strong>der</strong> Richtung h<strong>in</strong> beweglich war. An jedem<br />

<strong>der</strong> beiden Enden war e<strong>in</strong> Lenktau angebracht.<br />

Die Taue liefen durch <strong>die</strong> Hände <strong>der</strong> Matrosen,<br />

<strong>die</strong> steuerbord und backbord h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> auf-<br />

gestellt waren und nach dem Kommando anzogen<br />

o<strong>der</strong> nachließen. L^m <strong>die</strong> Raa <strong>in</strong> <strong>der</strong> gewünschten<br />

Stellung zu halten, mußten <strong>die</strong> Leuktaue um<br />

e<strong>in</strong>en Zapfen o<strong>der</strong> durch e<strong>in</strong>e Öse laufen; durch<br />

<strong>die</strong> Reibung erhielten sie Halt, und zugleich<br />

wurde vermieden, daß sie beim Ziehen zu stark<br />

aus ihrer waagrechten Lage kamen. E<strong>in</strong> solcher<br />

Zapfen ist vielleicht Reisner, Models, Abb. 196<br />

erhalten; siehe Boreux, ebenda, S. 379.<br />

So lag <strong>die</strong> Hauptarbeit des Segelrichtens <strong>in</strong><br />

den Händen <strong>der</strong> Matrosen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> untere Raa<br />

lenkten, und nun verstehen wir, wie das Richten<br />

<strong>der</strong> oberen Raa auch <strong>in</strong> den großen Booten e<strong>in</strong>em<br />

Mann alle<strong>in</strong> <strong>über</strong>geben werden konnte; er hatte


54 Heemann Junkee.<br />

sie nur <strong>der</strong> Stellung <strong>der</strong> unteren anzupassen.^<br />

Inwieweit beim Kreuzen <strong>die</strong> Richtung <strong>der</strong> beiden<br />

Segelstangen gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verschoben wurde,<br />

wissen wir nicht. Jedenfalls hätte dabei unser<br />

Segelrichter e<strong>in</strong>en schweren Standpunkt gehabt.<br />

Vorn am Bug des Bootes steht e<strong>in</strong> kegel-<br />

förmiger Gegenstand bedeuten<strong>der</strong>en Umfangs.<br />

Aßmann hat <strong>in</strong> Sahure'' II, S. 149 f. zuerst den<br />

Gedanken ausgesprochen, daß er e<strong>in</strong> Brot dar-<br />

stelle, e<strong>in</strong>e Opfergabe für glückliche Fahrt des<br />

Schiffes. Unsere Nachweise auf Boot 1 und 2, <strong>die</strong><br />

ersten, bei denen <strong>die</strong> Farbe erhalten ist, bestätigen<br />

<strong>die</strong>se Annahme vollkommen. Denn wir haben<br />

liier den gleichen gelblichen Farbton des unteren<br />

Teiles und <strong>die</strong> allmählich rotbraun werdende<br />

Spitze wie bei den großen Opferbroten, <strong>die</strong> im<br />

unteren Streifen dargestellt s<strong>in</strong>d; siehe Taf. VII.<br />

Das zweite Boot, Taf. IV, gleicht dem<br />

ersten <strong>in</strong> allen wesentlichen D<strong>in</strong>gen, so daß nur<br />

<strong>die</strong> Unterschiede <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>zelheiten hervorzu-<br />

heben s<strong>in</strong>d. So zeigt <strong>der</strong> Rumpf e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong> wenig<br />

abweichenden Bau, er ist schlanker, <strong>die</strong> Enden<br />

spitzen sich stärker zu. Das Stoßkissen ist nur<br />

am Bug angebracht. Der Mast zeigt <strong>die</strong> Ose an<br />

<strong>der</strong> Spitze deutlich und weist zwei Paar weitere<br />

Ösen für <strong>die</strong> seitlichen Masttaue auf; <strong>die</strong>se s<strong>in</strong>d<br />

so gezeichnet, als ob sie alle am Rand des Steuer-<br />

bords befestigt wären. Von <strong>der</strong> Mastspitze laufen<br />

nach dem Heck zwei Taue, "wohl weil <strong>der</strong> stärkste<br />

Druck auf den Mast bei vollem Segel aus <strong>die</strong>ser<br />

Richtung kam. Das nach dem Bug laufende Tau<br />

war <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vorzeichnung stärker nach l<strong>in</strong>ks<br />

gerückt; man sieht noch den R<strong>in</strong>g, <strong>die</strong> Schleife<br />

und e<strong>in</strong> Stück des Taues. Beide Steuerru<strong>der</strong><br />

stecken <strong>in</strong> R<strong>in</strong>gen; im ersten Boot sche<strong>in</strong>en sie<br />

frei gehandhabt zu werden, aber es liegt vielleicht<br />

nur e<strong>in</strong>e Nachlässigkeit des Malers vor. — Bei<br />

dem Sonnendach ist, wohl ebenfalls durch e<strong>in</strong>en<br />

Irrtum, <strong>der</strong> vor<strong>der</strong>e Pfosten nicht wie<strong>der</strong>gegeben;<br />

es sieht so aus, als ob es vorn am Mast befestigt<br />

wäre. Auf <strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>e sitzt e<strong>in</strong> Matrose, <strong>der</strong> <strong>die</strong><br />

Befehle des am Bug stehenden Kapitäns dem<br />

Segelrichter zu <strong>über</strong>mitteln hatte. Dieser Ver-<br />

b<strong>in</strong>dungsmann fehlt auch sonst auf den ent-<br />

sprechenden Bil<strong>der</strong>n fast nie; er wird <strong>in</strong> unserem<br />

Falle auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beischrift ausdrücklich erwähnt<br />

als whmw. Er kann sich <strong>von</strong> se<strong>in</strong>er Stelle aus<br />

' Für <strong>die</strong> doppelte Lenkung des Segels ist das Boot<br />

aus dem Grab des 'Ipj, Capart, Memphis, Abb. 172 lehrreich;<br />

es trägt e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eres Hochsegel, mit Lenktauen an beiden<br />

Stangen. Die obere Kaa wird <strong>von</strong> dem Steuermann gelenkt,<br />

<strong>die</strong> untere <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em tiefer sitzenden Segelrichter.<br />

mit dem unter dem Sonnendach stehenden Segel-<br />

richter schwer verständigen; <strong>die</strong>ser gehörte <strong>von</strong><br />

Rechts wegen auf das Dach; siehe oben S. 52.<br />

Wie stark wir mit Zufälligkeiten bei <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>gabe <strong>der</strong> Mannschaft rechnen müssen,<br />

zeigt sich bei den Matrosen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> untere Raa<br />

zu richten hatten. Statt <strong>der</strong> acht, <strong>die</strong> auf Boot 1<br />

neben <strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>e stehen, sehen wir nur sieben,<br />

nur weil man <strong>die</strong> Taue hier durchlaufen ließ und<br />

den letzten Mann nicht h<strong>in</strong>ter ihnen zeichnen<br />

wollte. Die Segelrichter an <strong>der</strong> Backbordseite<br />

hat man <strong>die</strong>smal richtig, stehend, nicht hockend,<br />

dargestellt, und dadurch war Raum für e<strong>in</strong>en<br />

dritten Mann gewonnen.<br />

Das dritte Schiff, Taf. V, weicht <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Bau <strong>von</strong> den übrigen ganz ab; es hat <strong>die</strong><br />

Gestalt <strong>der</strong> Boote aus Papyrusstengeln, <strong>der</strong>en<br />

gefällige Form nachgeahmt wurde, als man <strong>die</strong><br />

Fahrzeuge aus Holz baute. Die Nachweise für<br />

e<strong>in</strong>e so ausgesprochene Anlehnung an das Vorbild<br />

s<strong>in</strong>d nicht allzuhäufig. Bei Njhv-t-nfr, Giza III,<br />

Abb. 29, sche<strong>in</strong>t das kle<strong>in</strong>e Fahrzeug, das dem<br />

Schii? mit dem Grabherrn voranfährt, wirklich<br />

noch e<strong>in</strong> Papyruskahn zu se<strong>in</strong>, doch war das<br />

kle<strong>in</strong>e Ru<strong>der</strong>boot mit Kab<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Ki-nj-njsto-t,<br />

Giza II, Abb. 22, wohl aus Holz gebaut. Sichere<br />

Belege für Holzschiffe <strong>die</strong>ser Art s<strong>in</strong>d unter an-<br />

<strong>der</strong>en Tj, Taf. LXXV, Deir el Gebräwi II,<br />

Taf. XIX, Holwerda-Boeser, Leiden I, Taf. XX.<br />

Bei unserem Schiff ist alles viel e<strong>in</strong>facher<br />

gehalten wie bei Boot 1 und 2: Es fehlt <strong>die</strong> Brust-<br />

wehr, statt <strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>e ist auf Zeltpflöcken e<strong>in</strong><br />

Sonnendach gespannt. Unter ihm sitzt Kij-m-'nh<br />

auf dem Deck; das ist ganz unerhört. Nach <strong>der</strong><br />

<strong>über</strong>lieferten Anordnung sollte <strong>der</strong> Grabherr vor<br />

<strong>der</strong> Kajüte stehen; er darf sich dabei auf den<br />

langen Stock lehnen, soll aber <strong>die</strong> gerade Haltung<br />

nicht aufgeben. Ausnahmen aus dem früheren<br />

Alten Reich s<strong>in</strong>d ganz selten. So sitzt SSm-nfr I<br />

L. D. II, 28 im zweiten Boot auf e<strong>in</strong>em Sessel<br />

an Deck, im ersten steht er lässig auf se<strong>in</strong>en<br />

Stab gelehnt. Mit <strong>der</strong> VI. Dynastie wird man<br />

nachsichtiger, so L. D. II, 96 = Grab 1 Sakkära,<br />

De Morgan, Dahchour 1894/95, Taf. XIX und<br />

aus <strong>der</strong> Prov<strong>in</strong>z Petrie, Deshasheh, Taf. VI, Kees,<br />

Prov<strong>in</strong>zialkunst, Taf. I (Hierakonpolis). Daß<br />

K)j-m-'nh e<strong>in</strong>fach auf den Deckplanken sitzt,<br />

bleibt e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfall. Vielleicht haben wir uns<br />

das Fahrzeug kle<strong>in</strong>er zu denken und schlichter<br />

gehalten, nur mit dem Notwendigsten versehen.<br />

— Vor dem Grabherrn steht se<strong>in</strong> Schreiber, e<strong>in</strong>e<br />

Papyrusrolle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand, e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e unter <strong>der</strong><br />

Achsel. — Von den Segelrichtern bei <strong>der</strong> unteren


<strong>Bericht</strong> übek <strong>die</strong> Geabungen auf dem Fkiedhof <strong>von</strong> GIza.<br />

Raa s<strong>in</strong>d nur drei auf <strong>der</strong> Backbordseite ge-<br />

zeichnet; für <strong>die</strong> Steuerbordreilie war ke<strong>in</strong> ge-<br />

eigneter Raum vorhanden.<br />

Die Lastboote = Taf. VI =: Ancient Eg.<br />

Pa<strong>in</strong>t<strong>in</strong>gs, Taf. III.<br />

L<strong>in</strong>ks <strong>von</strong> dem dritten Segler fahren <strong>in</strong> ent-<br />

gegengesetzter Richtung zwei Transportschiffe.<br />

Sie haben den plumpen Bau, <strong>der</strong> <strong>die</strong>sen Fahrzeugen<br />

eignet. Beide gehören dem <strong>von</strong> Boreux,<br />

Nautique, S. 259, Klasse A genannten Typ an,<br />

bei dem <strong>die</strong> Heckkab<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>e Fortsetzung des<br />

Mittelaufbaues zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t. Freilich ist bei<br />

<strong>der</strong> großzügigen Darstellungsweise unseres Malers<br />

auf E<strong>in</strong>zelheiten ke<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er Wert zu legen.<br />

Die Ilauptkab<strong>in</strong>e ist an ihrem Ende auf dem<br />

H<strong>in</strong>terdeck aufsteigend gezeichnet, wie e<strong>in</strong> wenig<br />

auch bei dem Boot L. D. II, 62. Sie zeigt außer<br />

den senkrechten Seitenpfosten noch sich kreuzende<br />

Querlatten, <strong>die</strong> dem Gestell größere Festigkeit<br />

geben sollen. Das Dach <strong>der</strong> anschließenden Heck-<br />

kab<strong>in</strong>e ist bei dem ersten Schiff <strong>von</strong> rechts ganz<br />

flach gezeichnet, bei dem zweiten nur wenig<br />

geneigt. 1 Im Gegensatz zu an<strong>der</strong>en Darstellungen,<br />

wie L. D. II, 62 und 104 b, wo e<strong>in</strong>e starke Wölbung<br />

ansregreben ist. Man hat <strong>die</strong>se Form des Auf-<br />

baues am Heck mit <strong>der</strong> e<strong>in</strong>es , Souffleurkastens'<br />

verglichen. Doch da hätten es <strong>die</strong> Steuerleute<br />

nicht leicht gehabt, e<strong>in</strong>en festen Stand auf dem<br />

Dach zu behalten. Die Frau am Steuer L. D. II,<br />

104 b sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat <strong>in</strong> ständiger Gefahr,<br />

h<strong>in</strong>abzurutschen. Vielleicht hatten aber nur <strong>die</strong><br />

Seitenwände <strong>die</strong>se gebogene Form und das e<strong>in</strong><br />

wenig tiefer gelegene Dach war flacher, worauf<br />

L. D. II, 62 zu weisen sche<strong>in</strong>t, wo <strong>der</strong> letzte<br />

Mann nur <strong>von</strong> den Knien an sichtbar ist. — An<br />

<strong>der</strong> Vor<strong>der</strong>- und H<strong>in</strong>terwand <strong>der</strong> Mittelkab<strong>in</strong>e<br />

ragen gegabelte Stangen als Träger des um-<br />

gelegten Mastes ganz unwahrsche<strong>in</strong>lich hoch<br />

empor. So hoch, gut <strong>in</strong> halber Masthohe, kann<br />

natürlich das Traggestell nicht gewesen se<strong>in</strong>;<br />

man vergleiche nur <strong>die</strong> Stützen auf den Proviant-<br />

booten L. D. II, 103 b o<strong>der</strong> <strong>die</strong> Lage <strong>der</strong> Masten<br />

Bor char dt, Sahure' II, Taf. XI—XII. Wir tun<br />

unserem Maler gewiß niclit Unrecht, wenn wir<br />

annehmen, daß er sich e<strong>in</strong>fach Raum schaffen<br />

wollte für <strong>die</strong> Darstellungen auf den Kab<strong>in</strong>en,<br />

den Steuermann und den Hirten mit dem R<strong>in</strong>d.<br />

Der Mast ist übrigens e<strong>in</strong> wenig sorglos aufgelegt.<br />

Beim rechten Schiff liegen beide Bäume<br />

auf <strong>der</strong> h<strong>in</strong>teren Gabel, <strong>in</strong> <strong>der</strong> vor<strong>der</strong>en läuft e<strong>in</strong>er<br />

' Für flachere Bedachung siehe auch <strong>die</strong> Lastbooto Tj,<br />

Taf. XXI und XXII.<br />

unter ihr weg; beim l<strong>in</strong>ken Schiff sche<strong>in</strong>t <strong>der</strong><br />

ganze Blast nur mit e<strong>in</strong>em Baum <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gabel<br />

zu hängen. Das ist natürlich alles Nachlässig-<br />

keit <strong>der</strong> Zeichnung; für <strong>die</strong> richtige Lage siehe<br />

L. D. II, 103 b.<br />

Auf dem Dach <strong>der</strong> Hauptkab<strong>in</strong>e liegt <strong>in</strong><br />

beiden Fällen e<strong>in</strong> scheckiges R<strong>in</strong>d. Der Hirt,<br />

<strong>der</strong> vor ihm kauert, hält es mit <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Hand<br />

am Kieferseil, <strong>die</strong> an<strong>der</strong>e legt er beschwichtigend<br />

an den Kopf des Tieres, das <strong>in</strong> <strong>der</strong> ungewohnten<br />

Umgebung und bei den Bewegungen des Schiffes<br />

leicht unruhig wird und auszubrechen droht.<br />

Diese Darstellung <strong>der</strong> R<strong>in</strong><strong>der</strong> auf dem Dach des<br />

Aufbaues erregt Bedenken. Abgesehen da<strong>von</strong>,<br />

daß das Dach <strong>die</strong> Tiere wohl kaum getragen<br />

hätte, war es nicht möglich, sie h<strong>in</strong>aufzubr<strong>in</strong>gen.<br />

Wir dürfen uns daher wohl vorstellen, daß R<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

und Hirten sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>e befanden, wie<br />

Holwerda-Boeser, Leiden I, Taf. XX unter dem<br />

Sonnendach — o<strong>der</strong> neben ihr, wie L. D. II,<br />

104 b — ,<br />

55<br />

daß sie aber dar<strong>über</strong> gezeichnet wurden,<br />

wie etwa <strong>der</strong> Inhalt e<strong>in</strong>er Schüssel <strong>über</strong> dem<br />

Rand; und war e<strong>in</strong>e Unterbr<strong>in</strong>gung wie L. D. II,<br />

104 b geme<strong>in</strong>t, so wollte <strong>der</strong> Maler vermeiden,<br />

<strong>die</strong> Gruppe gegen den H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>e<br />

zu zeichnen, und wählte e<strong>in</strong>fach <strong>die</strong> dar<strong>über</strong>-<br />

liegende freie Fläche.<br />

Am Vor<strong>der</strong>teil <strong>der</strong> Boote ist e<strong>in</strong> Schutzgitter<br />

eben angedeutet. Hätten wir nicht entsprechende<br />

Nachweise, so könnte <strong>die</strong> Zeichnung auch an<strong>der</strong>s,<br />

vielleicht als Ru<strong>der</strong>bank, gedeutet werden. Aber<br />

es gehört das Schutzgitter gerade zu <strong>die</strong>ser Art<br />

<strong>der</strong> Lastboote; vielleicht wurde es wegen <strong>der</strong><br />

Tiere angebracht, <strong>die</strong> man mitführte. Der Ver-<br />

gleich mit den Abbildungen L. D. II, 62, 103 b,<br />

104b, Holwerda-Boeser, Leiden, Taf. XX, De<br />

Morgan, Dahchour, Taf. XX läßt ke<strong>in</strong>en Zweifel<br />

an unserer Deutung aufkommen. Son<strong>der</strong>bar ist<br />

nur, daß auf dem Bild, beson<strong>der</strong>s bei dem vor-<br />

<strong>der</strong>en Boot, <strong>die</strong> L<strong>in</strong>ie schräg verläuft. Vielleicht<br />

hatte <strong>der</strong> Rumpf des Schiffes auf <strong>der</strong> Vorzeichnung<br />

e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Bordl<strong>in</strong>ie, <strong>der</strong> das Gitter<br />

parallel lief, und bei <strong>der</strong> Ausführung unterließ<br />

<strong>der</strong> Maler, beide L<strong>in</strong>ien wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

zu br<strong>in</strong>gen. Auf den oben erwähnten<br />

Darstellungen stehen <strong>die</strong> Ru<strong>der</strong>er neben dem<br />

Gitter o<strong>der</strong> stemmen e<strong>in</strong>en Fuß darauf o<strong>der</strong> sitzen<br />

rittl<strong>in</strong>gs auf ihm.<br />

Die beiden Boote fahren dicht h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>,<br />

so dicht, daß <strong>die</strong> Gefahr e<strong>in</strong>es Aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>stoßens<br />

besteht. Der Pilot des h<strong>in</strong>teren Fahrzeuges stemmt<br />

sich daher mit liciden Händen gegen das Heck<br />

des vor<strong>der</strong>en Bootes. Es ist e<strong>in</strong>e Situation, wie


56 Hermann Jünkee.<br />

sie L. D. II, 96 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beischritt geschil<strong>der</strong>t, aber<br />

auf dem Bilde nicht so deutlich gemacht wird<br />

wie <strong>in</strong> unserem Falle. Sie f<strong>in</strong>det sich aber ganz<br />

entsprechend bei Mrrw-ki auf Taf. CXL.<br />

Die Vorzeichnung zu unserer Darstellung ist<br />

noch an mehreren Stellen sichtbar; so bei dem<br />

rechten Boot an den Verb<strong>in</strong>dungshölzern und an<br />

<strong>der</strong> Spitze des Mastes, am zurückgesetzten Be<strong>in</strong><br />

des Steuermannes und bei den Ru<strong>der</strong>blättern.<br />

Die Tiere.<br />

Über den beiden ersten Seglern und <strong>über</strong> den<br />

Lastschiffen s<strong>in</strong>d iMänner dargestellt, <strong>die</strong> e<strong>in</strong> R<strong>in</strong>d<br />

am Seil führen. Bei dem papyrusförmigen Boot<br />

ist <strong>die</strong> Wie<strong>der</strong>gabe wohl nur unterblieben, weil<br />

ke<strong>in</strong> geeigneter Raum vorhanden war. — Die<br />

beiden Leute <strong>über</strong> den Lastbooten tragen e<strong>in</strong>en<br />

merkwürdigen Schurz, <strong>der</strong> an <strong>die</strong> sndw-t er<strong>in</strong>nert.<br />

Sie führen je e<strong>in</strong>en gefleckten Ochsen herbei,<br />

<strong>von</strong> denen <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e am Kieferseil gehalten wird;<br />

bei dem an<strong>der</strong>en Tiere ist <strong>der</strong> Strick an e<strong>in</strong>er<br />

Schleife befestigt, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Umschnürungen <strong>von</strong><br />

Maul und Hals zusammenhält. Da gleichgeartete<br />

R<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> den Booten liegen, beide <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Hirten betreut, soll <strong>die</strong> obere Darstellung viel-<br />

leicht <strong>die</strong>selben Tiere nach <strong>der</strong> Landung zeigen.<br />

— Die abweichenden L<strong>in</strong>ien <strong>der</strong> Vorzeichnung<br />

s<strong>in</strong>d bei dem zweiten R<strong>in</strong>d noch deutlich zu<br />

erkennen.<br />

Bei den Segelbooten f<strong>in</strong>den wir an <strong>der</strong> gleichen<br />

Stelle oft <strong>die</strong> Matrosen, <strong>die</strong> am Ufer laufen, um<br />

beim Landen und Festmachen des Schiffes zu<br />

helfen. Man könnte sich vorstellen, daß auf<br />

unserem Bilde den ankommenden Grablierrn<br />

Bauern mit Geschenken erwarten. Denn daß es<br />

Bauern se<strong>in</strong> sollen, zeigt <strong>der</strong> Schilfschurz des<br />

zweiten Mannes. Auch ist <strong>die</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

mit <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> Gabenbr<strong>in</strong>genden auf <strong>der</strong><br />

Ostwand nicht zu verkennen. Dort wird <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

oberen Reihe ebenfalls e<strong>in</strong> weißes und e<strong>in</strong> braunes<br />

Kalb herbeigebracht, und das Seil ist <strong>in</strong> gleicher<br />

Weise <strong>über</strong> <strong>der</strong> Fessel e<strong>in</strong>es Vor<strong>der</strong>fußes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Schleife gebunden.<br />

Die Bauern mit ihren Geschenken passen<br />

freilich nicht recht zu <strong>der</strong> Landung, <strong>die</strong> nach<br />

den Beischriften im Westen, nahe <strong>der</strong> Totenstadt<br />

stattf<strong>in</strong>den soll. Da erwartete man, am Ufer <strong>die</strong><br />

Totenpriester mit Opfergaben zu sehen. Diese<br />

auch sonst zutage tretenden Gegensätze zwischen<br />

dem ausgesprochenen S<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Fahrten und <strong>der</strong><br />

Art ihrer Darstellung müssen im folgenden<br />

eigens behandelt werden.<br />

ß) Die Deutung.<br />

In den älteren Mastabas haben <strong>die</strong> Fahrten<br />

zu Schiff ausnahmslos religiösen Charakter: <strong>der</strong><br />

Grabherr wird zur Nekropole im Westen und zu<br />

den Orten gefahren, an denen <strong>die</strong> <strong>über</strong>lieferten<br />

Totenfeiern stattfanden. Diese Deutung wird<br />

durch <strong>die</strong> Beischriften klar erwiesen. Mrj-ib,<br />

Ssm-nfr I, Ki-nj-njsw-t I und an<strong>der</strong>e kennen nur<br />

<strong>die</strong>se Reise<br />

Speisefeld',<br />

nach dem Westen', das Segeln zum<br />

, ,<br />

das ,Kommen <strong>von</strong> Bute', das ,Fahren<br />

nach Heliopolis', das ,Fahren zum Speisefeld,<br />

zum großen Gott'.<br />

In späterer Zeit erst treten daneben Darstellungen<br />

<strong>der</strong> Schiffahrt auf, <strong>die</strong> nur das Leben<br />

auf dem Flusse wie<strong>der</strong>geben wollen, das Reisen<br />

zu und <strong>von</strong> den Gütern des Grabherrn, das Her-<br />

beibr<strong>in</strong>gen <strong>von</strong> Frucht o<strong>der</strong> Vieh auf Lastbooten.<br />

Aber auch jetzt wiegen <strong>die</strong> Fahrten zum Westen<br />

noch immer vor, das Ziel <strong>der</strong> meisten Schiffe<br />

bleibt <strong>die</strong> Totenstadt ; man werfe nur e<strong>in</strong>en Blick<br />

auf <strong>die</strong> Zusammenstellung <strong>der</strong> Beischriften <strong>in</strong><br />

Er man. Reden und Rufe, S. 53 f.<br />

Bei allen <strong>die</strong>sen Darstellungen aber er<strong>in</strong>nert<br />

nichts an e<strong>in</strong>e Trauerfahrt. Der Grabherr ist<br />

immer als Leben<strong>der</strong> wie<strong>der</strong>gegeben. Er steht<br />

aufrecht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Schiffe o<strong>der</strong> lehnt sich auf<br />

se<strong>in</strong>en Stab o<strong>der</strong> sitzt unter dem Sonnendach;<br />

se<strong>in</strong>e Schreiber erstatten ihm <strong>Bericht</strong>, se<strong>in</strong> Diener<br />

bereitet ihm <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>e das Bett.* Nichts<br />

zeigt an, daß <strong>die</strong> Reise zum Westen geht. Auch<br />

<strong>die</strong> Offiziere und Matrosen benehmen sich wie<br />

auf e<strong>in</strong>er täglichen Fahrt; ke<strong>in</strong>e Gebärde <strong>der</strong><br />

Trauer ist zu sehen, es geht im Gegenteil alles<br />

sehr lebhaft und munter zu. — Erst <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

VI. Dynastie treten Darstellungen auf, <strong>die</strong> uns den<br />

wirklichen Verlauf <strong>der</strong> Begräbnisfahrt zeigen; sie<br />

s<strong>in</strong>d Mitteilungen Kairo IX, S. 1 ff. zusammen-<br />

gestellt und behandelt worden. Da wird <strong>der</strong> Sarg<br />

auf e<strong>in</strong>em Boote zum Westen gefahren, unter<br />

dem Wehklagen <strong>der</strong> dr-t und den Sprüchen <strong>der</strong><br />

, Vorleser'. Am Ufer liegen reiche Totenopfer,<br />

und bei je<strong>der</strong> weiteren Station auf <strong>der</strong> Fahrt im<br />

Kanal wie<strong>der</strong>holen sich Opfer und Klagen.<br />

Nun lehren uns <strong>die</strong> Beischriften, daß ke<strong>in</strong><br />

Unterschied se<strong>in</strong> kann zwischen <strong>die</strong>sen <strong>der</strong> Wirk-<br />

lichkeit entsprechend dargestellten Begräbnis-<br />

fahrten und den früheren, <strong>die</strong> den Grabherrn<br />

lebend und froh auf se<strong>in</strong>er Reise zum Westen<br />

zeigen. Das muß e<strong>in</strong>mal klar ausgesprochen<br />

werden, denn nur so wird <strong>der</strong> ganze Wi<strong>der</strong>spruch<br />

zwischen S<strong>in</strong>n und Wie<strong>der</strong>gabe bei den üblichen<br />

1 Mn-w-kL Taf. CXLI.


Hkkmaxx .IrxKKit: Gi/,A TV. TAF. Y.<br />

IS<br />

bo


Bekicht <strong>über</strong> <strong>die</strong> Gkabungen auf dem Feiediiof vox GizA. 57<br />

Bil<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Schiffahrt offenbar. Außerlicli unter-<br />

scheiden sich <strong>die</strong>se Fahrten nicht <strong>von</strong> den Reisen,<br />

<strong>die</strong> <strong>der</strong> Grabherr zur Besichtigung se<strong>in</strong>er Güter<br />

unternahm, und meist lassen nur <strong>die</strong> Beischriften<br />

erkennen, daß <strong>die</strong> Reise <strong>die</strong>ses Mal zur Totenstadt<br />

führt.' — Wenn man nach den Gründen für <strong>die</strong>se<br />

merkwürdige Wie<strong>der</strong>gabe sucht, so könnte ange-<br />

führt werden, daß <strong>die</strong> Leiche als unre<strong>in</strong> galt und<br />

daher auch <strong>die</strong> Wie<strong>der</strong>gabe des Sarges <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Kultkammer vermieden wurde. Aber das alle<strong>in</strong><br />

erklärt das vollkommene Abrücken <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />

Wirklichkeit nicht. Die Begräbnisfahrt war e<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>malige, aber <strong>die</strong> Opferstätten, <strong>die</strong> besucht<br />

wurden, beson<strong>der</strong>s das Speisefeld, blieben dem<br />

seligen Toten für immer bestimmt. Das bestätigen<br />

uns Sprüche <strong>der</strong> frühen Totenliteratur. Das<br />

frühere Alte Reich bevorzugte <strong>die</strong>sen s<strong>in</strong>nbild-<br />

lichen Charakter <strong>der</strong> Fahrt, wie es <strong>über</strong>haupt <strong>in</strong><br />

den Darstellungen nur das Leben und Weiter-<br />

leben des Grabherrn verewigen will. Darum hielt<br />

man aus den Kulträumen alles fern, was an <strong>die</strong><br />

schmerzlichen Augenblicke des Todes und an <strong>die</strong><br />

Trauer <strong>der</strong> Bestattung er<strong>in</strong>nerte. Vergebens sucht<br />

man nach e<strong>in</strong>em Anzeichen, daß es sich um e<strong>in</strong>en<br />

Verstorbenen und nicht um e<strong>in</strong>en Lebenden<br />

handelt, dem Opfer und Riten gelten. Die drt<br />

ersche<strong>in</strong>en im Grabe des Ki-nfr als Opfernde<br />

und nicht als Wehklagende; und wenn als be-<br />

merkenswerte Ausnahme <strong>der</strong> Sohn des Dbknj<br />

das Begräbnis se<strong>in</strong>es Vaters darstellen läßt, so<br />

wird <strong>der</strong> Transport <strong>der</strong> Statue und nicht des<br />

Sarges wie<strong>der</strong>gegeben,- und vor <strong>der</strong> Statue auf dem<br />

Grabe opfern <strong>die</strong> Priester und tanzen <strong>die</strong> Frauen.<br />

Erst viel später, als man <strong>der</strong> Wirklichkeit größere<br />

Zugeständnisse machte, stellte man den schmerz-<br />

lichen Abschied vom Leben dar, das Klagen <strong>der</strong><br />

Hausgenossen, den Transport des Sarges <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />

tc'h-t. Jetzt nimmt man auch ke<strong>in</strong>en Anstand<br />

mehr, <strong>die</strong> Totenfahrt wie<strong>der</strong>zugeben, wie sie sich<br />

<strong>in</strong> Wahrheit vollzog.<br />

Y)<br />

Die Beischriften.<br />

Die Inschriften, <strong>die</strong> <strong>über</strong> den zum Westen<br />

segelnden Schiffen angebracht s<strong>in</strong>d, beschränken<br />

sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> früheren Zeit meist auf wenige er-<br />

läuternde Worte. Später wird man gesprächiger,<br />

und <strong>die</strong> Zeilen enthalten meist Befehle, <strong>die</strong> bei<br />

' E<strong>in</strong>e leise Andeutung liegt vielleicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Auswahl<br />

<strong>der</strong> Schitt'e <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Darstellungen : Segler und P.ipyrus-<br />

boote; das er<strong>in</strong>nert an <strong>die</strong> verschiedenen Fahrzeuge <strong>der</strong><br />

«irkli<strong>die</strong>n Totenfahrt, siehe auch unten S. 73.<br />

' Unveröffentlichte Darstellung.<br />

G!za IV.<br />

<strong>der</strong> Fahrt erteilt werden, auch Antworten und<br />

Ausrufe. Die kurzen ,Reden' bei den Darstellungen<br />

s<strong>in</strong>d schwerer zu <strong>über</strong>setzen als e<strong>in</strong> zusammen-<br />

hängen<strong>der</strong> Text. Sie s<strong>in</strong>d auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Volkssprache<br />

gehalten, Gespräche bestimmter Klassen, <strong>die</strong> ihre<br />

beson<strong>der</strong>en Ausdrücke verwenden; das gilt be-<br />

son<strong>der</strong>s <strong>von</strong> <strong>der</strong> Schiffahrt, für <strong>die</strong> <strong>über</strong>all auf<br />

<strong>der</strong> Welt e<strong>in</strong> eigenes Wörterbuch besteht. So<br />

kommt es, daß <strong>der</strong> Übersetzer gerade hier sehr<br />

mit Fragezeichen arbeiten muß; siehe Erman,<br />

Reden und Rufe, S. 53 f.,<br />

S. 435 f., Montet, Scenes, S.<br />

Boreux, Xautique,<br />

350 f. — Da ist <strong>der</strong><br />

starke Zuwachs durch <strong>die</strong> Beisehriften zu unseren<br />

Schiffen beson<strong>der</strong>s willkommen. Sie geben uns<br />

bei e<strong>in</strong>igen bisher zweifeliiaften Stellen volle Klar-<br />

heit, ergänzen bekannte Texte und bereichern<br />

unsere Kenntnis <strong>der</strong> Fachsprache durch neue<br />

Ausdrücke.<br />

\9^<br />

Erstes Boot.<br />

(Taf. VL)<br />

^e|o><br />

, Achte auf das Lenktau! — Der Kanal des<br />

Westens! — So wahrlich ist es gut!'<br />

Mit rjs r Ip- beg<strong>in</strong>nen zahlreiche Zurufe. Sie<br />

enthalten e<strong>in</strong>e Mahnung an den Segelrichter, das<br />

Lenktau <strong>in</strong> richtiger Stellung zu halten. Denn<br />

mit "v* 's werden <strong>die</strong> Taue bezeichnet, <strong>die</strong> <strong>von</strong><br />

den Enden <strong>der</strong> oberen Raa zum Heck gehen. Es<br />

s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> ,Arme' des Segels. Jequier verweist<br />

im Bullet<strong>in</strong> Inst. fr. IX, S. 73 auf Kapitel 99 des<br />

Totenbuchs, wo das Steuerbord-Lenktau <strong>der</strong> rechte<br />

Arm des Re'-Atum, das <strong>der</strong> Backbordseito se<strong>in</strong><br />

l<strong>in</strong>ker Arm genannt wird. Das Bild ist ganz ver-<br />

ständlich, wenn man <strong>die</strong> beiden Hälften <strong>der</strong><br />

oberen Segelstange als <strong>die</strong> Schultern ansieht. Die<br />

Auffor<strong>der</strong>ung rjs r lir wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beischrift zum<br />

zweiten Boot ausdrücklich an den Segelricliter<br />

gerichtet, stellt also e<strong>in</strong> Kommando für <strong>die</strong> Fahrt<br />

dar und kann nicht mit , [blicke] wachsam nach<br />

oben" o<strong>der</strong> ähnlieh <strong>über</strong>setzt werden, auch wenn<br />

das Deutezeichen des Taues bei ^ fehlt.<br />

^~~ w- bildete <strong>von</strong> jeher e<strong>in</strong>e Schwierigkeit.<br />

Giza III, S. 184 wurde nachgewiesen, daß <strong>die</strong><br />

ältesten und maßgebenden Stellen für <strong>die</strong> Über-<br />

setzung Kanal des Westens' sprechen. Ich sehe<br />

,<br />

nachträglich, daß auch Boreux, Nautique, S. 146,<br />

Anm. ü und vor ihm Maspero mr ähnlich als ,lac'<br />

aufgefaßt haben. Erman, Reden und Rufe, S. 54<br />

Wli. II, 4.')0.


58 Hermann Jünkee.<br />

<strong>über</strong>setzt ,ich (?) will den Westen' nur auf Grund<br />

e<strong>in</strong>er Schreibuiio: ^^^t^.<br />

ältere Schreibung aber ist<br />

^^<br />

31r -ki.T- Die<br />

; siehe auch<br />

<strong>die</strong> Zusammenstellung <strong>in</strong> Montet, Scenes, S. 356,<br />

denen noch Njkv-t-nfr h<strong>in</strong>zuzufügen ist. Nun ist<br />

<strong>die</strong> Auslassung des Suffixes <strong>der</strong> 1. sg. im Alten<br />

Reich zwar häufig belegt, aber entscheidend muß<br />

wohl <strong>der</strong> Brauch <strong>in</strong> den Beischriften se<strong>in</strong>; und<br />

<strong>die</strong>se setzen <strong>in</strong> den allermeisten Fällen bei den<br />

Verben mit drittem sehwachem Stammlaut das<br />

Doppelschilfblatt, wie ^32>- (1 (I ,ich tue' beweist,<br />

das nur ausnahmsweise .-32=- geschrieben wird.<br />

Wenn nun im selben Text (Boot 3)<br />

/ni-<br />

für<br />

<strong>die</strong> 1. sg. steht, so muß ^~~- (Boot 1 und 2)<br />

e<strong>in</strong>e audei-e Verbalform se<strong>in</strong>, o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es<br />

Wort.<br />

Unter dem ,Westen' haben wir immer <strong>die</strong><br />

Begräbnisstätte zu verstehen. Der Ruf ,Ich will<br />

zum Westen' wäre daher verständlich im Munde<br />

des Grablierrn, <strong>der</strong> auf dem Boot zum Friedhof<br />

geführt wird, aber mitten im Kommando des<br />

Piloten nimmt er sich son<strong>der</strong>bar aus. Die Mann-<br />

schaft kann ausrufen ,Wie schön ist es doch,<br />

nach dem schönen Westen zu fahren, <strong>in</strong> Frieden,<br />

im Fiieden zu dem westliehen Bergland' (Mrric-kJ,<br />

Taf. CXLI); sie schil<strong>der</strong>t damit <strong>die</strong> friedvolle<br />

Heimfahrt des Grabherrn. Aber niemand <strong>von</strong> den<br />

Leuten will selbst zum Westen'. — Das ^"^<br />

,<br />

IaIa <strong>in</strong> Mrrw-k) könnte übrigens mit gleichem<br />

Rechte als Particip. perf. pass, gedeutet werden =<br />

, Geliebter', es ist so gerade <strong>in</strong> Mrriv-ki belegt;<br />

siehe Erman, Reden, S. 43. Vielleicht ist mrj-j<br />

imn-t <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beischrift Taf. CXLI daher gar<br />

nicht wie das mr imn-t <strong>der</strong> übrigen Belegstellen<br />

zu deuten, zumal Mrrw-ki sich auch <strong>in</strong> den an-<br />

<strong>der</strong>en Beischriften nicht an <strong>die</strong> <strong>über</strong>lieferten<br />

Wendungen hält: ,Wie schön ist doch <strong>die</strong>ser<br />

W<strong>in</strong>d, me<strong>in</strong> Genosse! Das ist etwas Schönes <strong>von</strong><br />

<strong>der</strong> Hathor (für) den Geliebten des Westens'<br />

(den Grablierrn).- Jedenfalls geht es nicht an,<br />

nach <strong>die</strong>sem e<strong>in</strong>en ungewöhnlich geschriebenen<br />

und <strong>in</strong> ungewöhnlicher Umgebung stehenden Be-<br />

leg das normale tnr imn-t zu deuten.<br />

' ,Ich <strong>über</strong>setze „ich will", weil <strong>die</strong> S. 50, Anm. 3 an-<br />

geführte Stelle das Wort so ausschreibt.'<br />

' O<strong>der</strong> <strong>der</strong> W<strong>in</strong>d wird als Wohltat <strong>der</strong> üathor und als<br />

Liebl<strong>in</strong>g des Westens bezeichnet. Das paßt alles viel besser<br />

<strong>in</strong> den Zusammenhang .als ,icli will zum Westen'.<br />

Nun läßt sich für den ,<br />

Kanal des Westens'<br />

noch e<strong>in</strong>e ganz bestimmte Bedeutung nachweisen,<br />

<strong>die</strong> dem Ausruf erst den rechten S<strong>in</strong>n gibt. Nach<br />

Mitteilungen Kairo IX, S. 37 wird <strong>der</strong> Sarg mit dem<br />

Trauergeleite zunächst auf größeren Booten auf<br />

dem Nil zur Landungsstelle am Westufer gebracht,<br />

zur Mündung des Kanals, <strong>der</strong> vom Fluß zum Westgebirge<br />

führt. Das Festmachen <strong>der</strong> Schiffe am<br />

Nilufer wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mastaba <strong>der</strong> 'Idwt als das<br />

eigentliche , Landen' p<br />

bezeichnet; <strong>die</strong> Ma-<br />

trosen halten am Ufer das Tau. Die Schlußfahrt<br />

<strong>über</strong> <strong>die</strong> heiligen Stätten zur Nekropole wird erst<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> VI. Dynastie dargestellt. Die früheren<br />

Bil<strong>der</strong> geben nur <strong>die</strong> Fahrt bis zu <strong>die</strong>sem Kanal<br />

wie<strong>der</strong>, auch nicht eigentlich <strong>die</strong> Reise dorth<strong>in</strong>,<br />

son<strong>der</strong>n den Augenblick des Landens, wie <strong>die</strong><br />

Matrosen am Ufer beweisen.* — Da ist <strong>der</strong> Aus-<br />

ruf des Ka])itäns ,Der Kanal des Westens!' vollkommen<br />

am Platze; er will sagen ,Da ist jetzt<br />

<strong>der</strong> Kanal, dem wir zusteuern, vf'w nähern uns<br />

dem Ziel unserer Fahrt'. Diese Lage ist ganz<br />

klar bei e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> ältesten Beispiele, Ssm-vfr I,<br />

L. D. II, 28. Da steht beim ersten Schiff nur<br />

\<br />

W«, bei dem zweiten ,Sieh, da ist <strong>der</strong><br />

Platz, an dem man landet'; vergleiche Giza III,<br />

S. 185. Die Stellung <strong>von</strong> mr imn-t <strong>in</strong>mitten an<strong>der</strong>er<br />

Sätze hat nichts Befremdendes, Kommandos<br />

und Ausrufe können sehr wohl abwechseln; auch<br />

den an<strong>der</strong>en hier <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeile vere<strong>in</strong>igten Rufen<br />

begegnen w'ir weiter unten <strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Umgebung.<br />

@Id p.<br />

ist ganz verschieden <strong>über</strong>-<br />

setzt worden: Erman, Reden, S. 55 ,Denn es ist<br />

gute Zeit', Montet, Scenes, S. 352 ,Aujourd'hui<br />

c'est la belle tete', Boreux, Nautique, S. 454,<br />

Anm. 4 gibt den Anfang mit ,(Fais) a<strong>in</strong>si(?)' wie<strong>der</strong><br />

und hat damit richtig <strong>in</strong> mj-niv e<strong>in</strong> ,so' vermutet.<br />

Die Bildung ist ganz <strong>in</strong> Ordnung, da nw im<br />

Alten Reich häufig neutrisch verwendet wird, wie<br />

« ^ 1 ^^ iDas ist sehr schön', Reden<br />

und Rufe, S. 22, ndr nw ,<br />

halte das', und häufig<br />

<strong>in</strong> Widmungsformeln, siehe Giza III, S. 161—162.<br />

Mj-niB ist also nichts an<strong>der</strong>es als e<strong>in</strong> Vorläufer<br />

des neuägyptischeu 1/ (1 ""^ ,so'; siehe Wörter-<br />

buch II, 44.<br />

ist nicht etwa e<strong>in</strong>e Verschreibung für p,,<br />

das man bei dem normalen =, p erwartete;<br />

' Siehe auch das Nie<strong>der</strong>holen des Segels auf den Booten<br />

des Akhethetep-Louvrc, Boreu.x, Nautique, Taf. III.


Akhethetep-Louvre gibt<br />

Beeicht üukk <strong>die</strong> Gkabüngex auf dem Fkiediiof <strong>von</strong> Giza. 59<br />

<strong>die</strong> verstärkende enklitische Partikel, <strong>die</strong> am<br />

häufigsten bei e<strong>in</strong>em nachdrücklichen Wunsch<br />

verwendet wird. Sie kann aber auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Nom<strong>in</strong>alsatz stehen;' wir haben nunmehr durch<br />

unseren Ruf weitere Belege <strong>der</strong> Art Pyr. § 1042,<br />

1417 — ® I heißt nicht , guter Anfang', wir<br />

s<strong>in</strong>d ja im Gegenteil dem Ende <strong>der</strong> Fahrt nahe.<br />

Es ist e<strong>in</strong>fach , Gutes' und <strong>in</strong> dem Zusammenhang<br />

mit ,gut' zu <strong>über</strong>setzen; im Nom<strong>in</strong>alsatz kann ja<br />

entgegen unserem Sprachgebiauch ke<strong>in</strong> Adverb<br />

als Prädikat stehen.<br />

,So ist es gut' ist als e<strong>in</strong>facher Ausruf, ohne<br />

Verb<strong>in</strong>dung mit dem vorhergehenden Satz zu<br />

fassen. Denn mit mj-mv tp-nfr kann <strong>der</strong> Text<br />

auch beg<strong>in</strong>nen, wie Akhethetep-Louvre zeigt. Der<br />

S<strong>in</strong>n kann nur se<strong>in</strong>, daß, wie <strong>in</strong> unserem Falle,<br />

<strong>der</strong> Pilot zunächst e<strong>in</strong> Kommando für <strong>die</strong> Steue-<br />

rung gegeben hat, und, als <strong>der</strong> Segelrichter Folge<br />

leistete, ausrief: ,So ist's recht!' Das ist e<strong>in</strong> Ruf,<br />

wie man ihn heute unter den gleichen Umständen<br />

auf den Nilbooten hört. Nach e<strong>in</strong>em aufgeregten,<br />

mit Handbewegungen begleiteten Zuruf an den<br />

Steuermann o<strong>der</strong> an den Segelrichter folgt das<br />

O<br />

wenig klassische ,kwajis kide'.<br />

Diese Auslegung wird bekräftigt durch <strong>die</strong><br />

1<br />

I<br />

mehrfach belegte Verb<strong>in</strong>dung <strong>von</strong> mj-mv i tp-nfr<br />

2)10 mit I ^^ *^ ^"'^ I. Beispiele siehe<br />

Er man, Reden, S. 55, Monte t. Scenes, S. 352.<br />

Erman erklärte <strong>die</strong> Wendung als unverständlich,<br />

Maspcro, Etudes egypt. I, 124 <strong>über</strong>setzt ,Marais<br />

du Bon', Montet ,Le tempsC?) est beau'. — Wh. IV,<br />

208 br<strong>in</strong>gt mit<br />

zusam-<br />

men, ohne freilich e<strong>in</strong>e Deutung des Rufes zu<br />

geben; es verweist Aveiter auf I<br />

Dyn. XVIII, Art des Fahrens'.<br />

"jl<br />

'<br />

ist<br />

aus<br />

- Pyr. Sethe§ 2122<br />

entsprechen sich "^ [| (| N. r^ -Ji<br />

und i^-rii<br />

TN rn\ ^;<br />

L J<br />

G ^<br />

vergleiche aucii §2125. Darnach he-<br />

deutet f:hhr dpw soviel wie hnj = ,za Wasser<br />

fahren'. Das Substantiv shij-t zeigt, daß das Verbum<br />

auch ohne Objekt gebraucht werden konnte.<br />

Die angeführten Stellen beweisen ferner, daß e<strong>in</strong><br />

IV. <strong>in</strong>f. vorliegt, shhc, shij.<br />

Siehe Wli. I, 1.<br />

kann darum nur <strong>die</strong> 1. pl. <strong>der</strong> emphatischen sdm-f-<br />

Form se<strong>in</strong>, bei <strong>der</strong> <strong>der</strong> dritte Radikal verdoppelt,<br />

<strong>der</strong> schwache ihm angeglichen wird. Sethe, Verbum<br />

II, § 290 f. werden e<strong>in</strong>ige Beispiele solcher<br />

IV. iuf. mit } als drittem Radikal <strong>in</strong> <strong>der</strong> gleichen<br />

Form angeführt<br />

E<strong>in</strong> als Nomen verwendeter Inf<strong>in</strong>itiv<br />

kann <strong>in</strong> sSU nicht vorliegen<br />

da <strong>die</strong> IV. <strong>in</strong>f. im<br />

Inf<strong>in</strong>itiv den dritten Radikal nicht verdoppeln,<br />

mag <strong>die</strong> Inf<strong>in</strong>itivform weiblich o<strong>der</strong> männlich<br />

se<strong>in</strong>. — So müssen wir also <strong>über</strong>setzen: ,Wir<br />

fahren gut.' I als Adverb ohne <strong>die</strong> Präposi-<br />

tion «=r=» kennen wir im Alten Reich bei dem<br />

häufigen krs-tw-f nfr.<br />

Der Pilot gibt also mit SsU-n nfr se<strong>in</strong>er Be-<br />

friedigung Ausdruck, daß se<strong>in</strong>e Kommandos be-<br />

folgt wurden und das Schiff richtigen Kurs hat.<br />

So erklärt sich auch <strong>die</strong> Verknüpfung mit mj-<br />

nio 3 ip nfr jjw; man könnte geradezu <strong>über</strong>setzen<br />

,So ist es recht, so fahren wir gut'. Man beachte<br />

auch, wie <strong>in</strong> guten Beispielen, <strong>die</strong> durch den<br />

Wechsel <strong>der</strong> Schriftrichtung <strong>die</strong> Reden kennzeichnen,<br />

unser Ruf nicht wie e<strong>in</strong> Kommando<br />

etwa an den Segelrichter ergeht. Tj, Taf. LXXX<br />

= Montet, Scenes, Abb. 45 ruft <strong>der</strong> mittlere <strong>der</strong><br />

Schiffsoffiziere, <strong>die</strong> am Bug stehen, mit zurück-<br />

gewendetem Kopf <strong>der</strong> Steuerleitung das , Achte<br />

auf das Lenktau!' zu; <strong>die</strong> Zeile weist nach dem<br />

Heck, während das ssU-n nfr, das <strong>der</strong> erste<br />

Offizier geradeaus blickend spricht, <strong>die</strong> Schrift-<br />

i'ichtung nach dem Bug hat.<br />

Die Beischrift zum zweiten Boot.<br />

T^ yVWWA<br />

(Taf. VI.)<br />

M/wvww<br />

^Zi /WWWA 1 ^c;^<br />

^^^ ^ ^^<br />

, Achte auf das Lenktau, o Meister des<br />

Wassers! — Halte gute Richtung, <strong>in</strong>dem du e<strong>in</strong><br />

vj-hnw bist. — Der .<br />

. . W<strong>in</strong>d,<br />

er ist h<strong>in</strong>ter dem<br />

BofehlsUbermittler. — (Da ist) <strong>der</strong> Kanal des<br />

Westens! — Halte (darum) nach Westen, dem<br />

sciiönen Weg!'<br />

Bei <strong>der</strong> Erklärung <strong>von</strong> sb)tj-mir müssen wir<br />

weiter ausholen. In <strong>der</strong> Schiffersprache gab es e<strong>in</strong><br />

ib) für , Lenkung', ,<br />

Steuerung' und e<strong>in</strong> ib) o<strong>der</strong><br />

iiblj für .Steuermann', .Lcnhor'. Das erste Wort


60 Hermann Junkeb.<br />

liegt <strong>in</strong> Meir IV, Taf. XVI, Text S. 44—45 vor:<br />

Blackmail <strong>über</strong>setzt ,Aye, aye [lit. I am do<strong>in</strong>g<br />

(so)] the steer<strong>in</strong>g oar is well directed, my com-<br />

rade', und bemerkt zu sb): ,tlie stroke after ib)<br />

must be the determ<strong>in</strong>ative of that word (the<br />

teacher's stick?) ... (I can only be end<strong>in</strong>g of the<br />

pseudopart. 3 mase. s<strong>in</strong>g. (Sethe)'. Doch muß man<br />

<strong>über</strong>setzen: ,Ich führe das Steuer, und me<strong>in</strong>e<br />

Steuerung ist richtig, me<strong>in</strong> Genosse!' irj kmw<br />

entspricht dem sonst erst aus dem Mittleren Reich<br />

belegten jXT:^ ö ^ (J IV ,das Steuer handhaben'.*<br />

Der Strich h<strong>in</strong>ter sb) ist = vii', | das<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong> Schiffer auch vom Fahrwasser<br />

ausgesagt wird, wie Tj, Taf. LXXVIII .<br />

hf<br />

Q ,Das ist das richtige Fahrwasser'. In un-<br />

serer Beischrift und beim dritten Boot bedeutet es<br />

,im richtigen Fahrwasser halten'. — P ~?^ ist J<br />

uns <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Titel aus <strong>der</strong> Masfaba des ^ndmib<br />

erhalten = L.D. II, 76 = Sethe, Urk. I, 67; neben<br />

dem ^ n und ^ü ? wird auf dem Boot<br />

e<strong>in</strong> ^i. 1*=="! P Ipk" genannt; er ist <strong>der</strong> , Vor-<br />

steher <strong>der</strong> Steuerleute', und I<br />

J<br />

':;^ ^^<br />

<strong>in</strong> Me'ir<br />

ist , Steuerung, Leitung' zu <strong>über</strong>setzen. Das geht<br />

auch aus dem Folgenden hervor.<br />

Das Fem<strong>in</strong><strong>in</strong>um sblt kennen wir aus L. D.<br />

II, 96: jS2>-<br />

Er man, Reden, S. 55 <strong>über</strong>setzt: , Halte nach<br />

Osten für <strong>die</strong> Talfahrt! Tue wie ich es lehre! ',2<br />

Montet, Scenes, S. 354 ,Fais la regle'. Aber es<br />

muß heißen: ,Halte <strong>die</strong> (angegebene) Richtung!,<br />

Daß wir neben dem männlichen sbl e<strong>in</strong> sb)-t <strong>in</strong><br />

ähnlicher Bedeutung haben, ist nicht befremdend;<br />

man denke nur an irio und irxc-t , Abgabe, Steuer',<br />

Giza III, S. 83. Von sb]t wird <strong>die</strong> Nisbe ibltj ge-<br />

bildet. L. D. II, 71b ist bei Bi;<br />

das Ende sicher I<br />

J<br />

M^J<br />

zu lesen; es wird <strong>von</strong><br />

' Montet, Scenes, S. 412 <strong>über</strong>setzt ,.Ie fais gouveruail<br />

normal, camarade'.<br />

' Er dachte wohl an das ^n^-<br />

!)<br />

(] £ P J "^ , siehe<br />

Montet, ebenda, S. 172.<br />

Erman, Reden, S. 11 bemerkt, daß hier ibl<br />

, Lehrer' als Anrede gebraucht se<strong>in</strong> könne; aber<br />

es muß sbltj gelesen werden. In unserer Bei-<br />

schrift ist I<br />

J A AAA/^ <strong>die</strong> Bezeichnung e<strong>in</strong>er<br />

Person, denn es kann im Zusammenhang nur als<br />

Vokativ gefaßt werden; es ist <strong>der</strong> Lehrer, Leiter<br />

des Fahrwassers. Das entspricht ganz e<strong>in</strong>em an-<br />

<strong>der</strong>en Titel, <strong>der</strong> sich auf e<strong>in</strong> ähnliches o<strong>der</strong> gar<br />

auch das gleiche Amt an Bord bezieht; es ist <strong>der</strong><br />

^=«<br />

Wassers<br />

;<br />

siehe<br />

WM« £smiv-miu , Leiter des Fahr-<br />

weiter unten. Man fügte dem<br />

,Lenker' o<strong>der</strong> , Leiter' noch das mio h<strong>in</strong>zu<br />

wie wir etwa ,Kapitän zur See' sagen.<br />

Zu =^ vergleiche man das oben er-<br />

wähnte sb)-j mi'-j aus MeYr und das <strong>in</strong>w mi' aus<br />

Tj. In dem Zusammenhang unserer Beischrift<br />

kann es nur ,<br />

richtig steuern' bedeuten. (1 ';:::::7^<br />

ist iw-k, als E<strong>in</strong>leitung e<strong>in</strong>es Nebenumstandes<br />

gebraucht. ^, könnte sowohl als ,<strong>in</strong>' gefaßt<br />

werden wie als m des Gleichse<strong>in</strong>s. Das nj-hnw<br />

müßte entsprechend entwe<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Gewässer be-<br />

zeichnen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en ,zum hnw Gehörigen'. Wb.III,<br />

373 ist e<strong>in</strong> lr){ o\ "^^ seit <strong>der</strong> XVIII. Dy-<br />

nastie belegt; es bezeichnet sowohl den Strom,<br />

den Nil, wie ,Bach' und , Brunnen'; es wird unser<br />

hnw se<strong>in</strong>. Man muß daher nj-hnw als , E<strong>in</strong>er, <strong>der</strong><br />

zum Fluß gehört' fassen; <strong>die</strong> gleiche Bildung liegt<br />

<strong>in</strong> 7ij-mS' als Bezeichnung des Kriegsschiffs vor,<br />

und wohl auch <strong>in</strong> nj-hnm, dem Namen e<strong>in</strong>er Salbe,<br />

<strong>von</strong> dem Änm-Krug abgeleitet. Der S<strong>in</strong>n unserer<br />

Stelle könnte <strong>der</strong> se<strong>in</strong>, daß <strong>der</strong> Segelrichter sich<br />

durch <strong>die</strong> gute Lenkung des Schiffes als echter<br />

Flußschiffer erweisen solle, wie wir entsprechend<br />

<strong>von</strong> e<strong>in</strong>em , echten Seemann' reden.<br />

Der mit tjw beg<strong>in</strong>nende Teil ist mehrfach<br />

aus an<strong>der</strong>en Gräbern <strong>über</strong>liefert, aber immer mit<br />

hik; soTj LXXX ^\'<br />

vgl.<br />

Mai<br />

Mast. D 39. E<strong>in</strong>e lehrreiche Variaute ffibt<br />

L.D., Erg. 20<br />

l^ J^^^T^ ,Der<br />

schöne W<strong>in</strong>d ist <strong>in</strong> de<strong>in</strong>em Rücken'. Das whm, <strong>von</strong><br />

Erman, Reden, S. 55 uu<strong>über</strong>setzt gelassen, wurde<br />

<strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>n: ,sicli wie<strong>der</strong>holen', ,<strong>von</strong> neuem' ge-<br />

faßt. Siehe Sethe <strong>in</strong> Borchardt, Sahure' II, S. 84,<br />

Boreux, Nautique, S. 453, Montet, Scenes 353<br />

,Le vent <strong>der</strong>riere toi redouble'. Diese Auslegung<br />

kann angesichts unseres Textes nicht mehr auf-<br />

so


Hekjianx Junker: Giz.v lY TAF. YI.


Beeicht <strong>über</strong> <strong>die</strong> Gkabüngen auf dem Friedhof <strong>von</strong> GizA. 61<br />

recliterhalten werden. 117^?««' muß <strong>die</strong> Bezeichnung<br />

e<strong>in</strong>er Person se<strong>in</strong>. Denn <strong>der</strong> Ausweg, daß hi-j<br />

, h<strong>in</strong>ter mir' <strong>über</strong>setzt werden könne, ist un-<br />

möglich, da <strong>der</strong> W<strong>in</strong>d nicht h<strong>in</strong>ter dem Piloten<br />

se<strong>in</strong> kann, <strong>der</strong> am Bug des Schiffes vor dem<br />

Segel steht; auch ist <strong>in</strong> den Rufen mit hi-k deut-<br />

lich e<strong>in</strong>e rückwärts im Boote bef<strong>in</strong>dliche Person<br />

geme<strong>in</strong>t. Wb. I, 344 wird ]^, J_^^^ als<br />

Beamtentitel, beson<strong>der</strong>s bei Offizieren und Aufsehern,<br />

angegeben; <strong>die</strong> Belege beg<strong>in</strong>nen mit dem<br />

Mittleren Reich. Der ichmw kann <strong>in</strong> unserem<br />

Falle nur <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>e hockende Mann<br />

se<strong>in</strong>, <strong>der</strong> <strong>die</strong> Kommandos <strong>der</strong> am Bug stehenden<br />

Offiziere dem Segelrichter und den Steuerleuten<br />

<strong>über</strong>mittelt, wie<strong>der</strong>holt (tchm). Tj, Taf. LXXVII<br />

ruft zum Beispiel <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Spitze des Schiffes<br />

-^ -4= I „ „ w^^^^ ,Halte<br />

westlich, zum Wasserweg', und <strong>der</strong> Befehls<strong>über</strong>-<br />

mittler auf dem Dach <strong>der</strong> Kab<strong>in</strong>e wendet sich<br />

um und ruft das gleiche Kommando dem Segel-<br />

richter zu; <strong>die</strong> Schrift ist hier auf letzteren<br />

gerichtet.<br />

h<strong>in</strong>ter ßw läßt sich nicht mit Sicherheit<br />

deuten; es wird vielleicht e<strong>in</strong> schmückendes Bei-<br />

wort se<strong>in</strong>, denn L. D., Erg. 20 steht an entsprechen-<br />

<strong>der</strong> Stelle I .<br />

xa>^ ;<br />

1%<br />

In Erman, Roden S. 55 lautet e<strong>in</strong> Ruf<br />

Vi da nach unserem<br />

Text sicher T:^ zu ergänzen ist, verbliebe für e<strong>in</strong><br />

zweites i—r wohl ke<strong>in</strong> Raum mehr, »nr als , Kanal'<br />

zu fassen geht wohl nicht an, und an e<strong>in</strong>e Form<br />

A'on mrj ,lieben' zu denken verbietet wohl <strong>die</strong><br />

Schreibung.<br />

Die letzte Zeile enthält e<strong>in</strong>en selbständigen<br />

Ruf, den man sonst gerne an den Anfang <strong>der</strong><br />

Rede setzt. Die kurzen Worte s<strong>in</strong>d dem S<strong>in</strong>n<br />

nach zu fassen, als ,Da ist jetzt <strong>der</strong> Kanal, <strong>der</strong><br />

zum großen Westen führt. Halte darum nacii<br />

Steuerbord, den schönen Weg'. Nach unserem<br />

Text ist jetzt L. D., Erg. 3 zu verbessern<br />

izi<br />

zu lesen<br />

mt-^h 4=^ ^<br />

<strong>die</strong> Mitte ist<br />

Die ungewöhnliche<br />

Sehreibung des Imperativs ist auch <strong>in</strong> un-<br />

serer Masfaba mehrfach belegt.<br />

J*<br />

Die Beischrift zum dritten Boot.<br />

\\


62 Heemakn Junkek.<br />

Rec. 30, S. 185 beweisend. Die Stelle ist für <strong>die</strong><br />

verschiedenen uns hier beschäftigenden Fragen so<br />

wichtig, daß sie ausführlich wie<strong>der</strong>gegeben wird :<br />

,Ich ei'glänze <strong>in</strong> dem Schiffe auf <strong>der</strong> Steueroord-<br />

seite, ich besteige das Schiff auf <strong>der</strong> Backbordseite<br />

B<br />

ik±A^-^\^A<br />

I<br />

<strong>in</strong><br />

O<br />

N.<br />

J^<br />

•^^ |\ ^<br />

I I I<br />

^1<br />

C<br />

a<br />

G<br />

;^—<br />

U<br />

o<br />

N. ^<br />

-^^ Ä Ich b<strong>in</strong> gekommen und leite<br />

das Fahrwasser' — ich lenke <strong>die</strong> Fahrt im Schiff<br />

<strong>der</strong> Hathor — ich fahre stromauf am Heck (weilend)<br />

— und sitze da unter den Offizieren vom<br />

Heck — ich fahre stromauf am Bug (weilend) —<br />

und sitze da unter de<strong>in</strong>en „Leitern" (Offizieren<br />

vom Bug) — N. ist e<strong>in</strong>er <strong>von</strong> <strong>die</strong>sen de<strong>in</strong>en<br />

Leitern — N. ist e<strong>in</strong> „Leiter des Fahrwassers"<br />

— <strong>der</strong> <strong>die</strong> Fahrt im Boote <strong>der</strong> Hathor lenkt'.<br />

Der Verklärte soll also <strong>in</strong> den vier Teilen<br />

des Schiffes nach Belieben Aufenthalt nehmen<br />

und dort Befehlsgewalt haben. Am Heck sitzt er<br />

unter den imj-w lymw-to, <strong>die</strong> nach <strong>der</strong> Gegen<strong>über</strong>stellung<br />

mit den hrp-iu dort komman<strong>die</strong>ren und<br />

zu den sim-iu ihw gehören. Bei den hrp-io denkt<br />

man an <strong>die</strong> Kapitäne, <strong>die</strong>, e<strong>in</strong>en y- artigen Gegen-<br />

stand <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand haltend, am Bug des Schiffes<br />

Befehle erteilen. Es ist nicht das übliche Holz-<br />

zepter; das obere Ende sieht wie e<strong>in</strong> Quast aus,<br />

ist Giza ni, Abb. 29 gelb gefärbt und hat als<br />

Innenzeichnung senkrechte rote L<strong>in</strong>ien; siehe auch<br />

Borchardt, Sahure*' II, Taf. XI. Das Abzeichen<br />

führen nicht ausschließlieh <strong>die</strong> Deckoffiziere <strong>der</strong><br />

Seeschiffe, wieBorehardt, ebenda, S.156 und Bo-<br />

reux, Nautique, S. 472 angenommen wird. Der Stab<br />

wird auch auf den Nilbooten <strong>von</strong> den gleichen<br />

Offizieren geführt, wie Gizalll, Abb. 29 auf jedem<br />

<strong>der</strong> drei Holzschiffe, vgl auch Boreux, ebenda,<br />

Taf. II bei Akhethetep-Louvre. Der Titel | steht<br />

' Das ist: das Schiff im Fahrwasser.<br />

I<br />

m?<br />

Tj, Taf. LXXX <strong>über</strong> den drei Offizieren am Bug:<br />

Sl ,<br />

'—' ^^<br />

bei dem am Lande laufenden<br />

,<br />

Leiter <strong>der</strong> Mannschaften des<br />

Stiftungsgutes'. Alle drei tragen als Zeichen ihrer<br />

Würde e<strong>in</strong> kurzes Seil, das wir auch auf vielen<br />

an<strong>der</strong>en Darstellungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand <strong>der</strong> Offiziere<br />

f<strong>in</strong>den. — Die Lesung hrp ist nicht so ganz sicher,<br />

da das Abzeichen y nicht <strong>die</strong> übliche Form des hrp-<br />

Zepters hat. An<strong>der</strong>erseits ist aber das hrp skdw-t<br />

wohl nicht da<strong>von</strong> zu trennen; A'gl. auch Lacau,<br />

'^<br />

Textes rel. Rec. 33, S. 32 '^ I I<br />

"^ —-<br />

^ -i—ü I<br />

^, „ , ,<br />

^ y ^ ,Du ersche<strong>in</strong>st<br />

am Vor<strong>der</strong>teil des Schiffes und lenkst auf <strong>der</strong><br />

Steuerbordseite'. Zu dem Verbum ssm-mw und dem<br />

Nomen iSm-iv mw vgl. man Blackman, Meir IV,<br />

Taf. XVI, Test 44/45, wo das "^ ^ %<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Beischrift <strong>über</strong> e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> Boote<br />

jetzt e<strong>in</strong>e festere Bedeutung erhält. Auf <strong>die</strong><br />

entsprechende Bildung I<br />

Ja"<br />

"«"« wurde S. 60<br />

h<strong>in</strong>gewiesen. Beide, Shmc-miv und sbHj-mw, s<strong>in</strong>d<br />

auf dem h<strong>in</strong>teren Teil des Schiffes beschäftigt,<br />

und ihnen liegt es ob, das Fahrzeug <strong>in</strong> dem<br />

richtigen Fahrwasser zu halten. E<strong>in</strong>e Gleich-<br />

setzung aber kann daraus nicht gefolgert werden ;<br />

zu den ssnuv-mto müssen auch <strong>die</strong> <strong>in</strong>ij-io Itmic-w<br />

gehören, <strong>die</strong> am Heck standen und <strong>die</strong> Lenkung<br />

des Schiffes durch <strong>die</strong> Steuerru<strong>der</strong> zu beauf-<br />

sichtigen hatten. Bei den gewöhnlichen Schiffen<br />

genügte hier e<strong>in</strong> Offizier, und <strong>von</strong> <strong>die</strong>sem ist <strong>in</strong><br />

unserer Beischrift <strong>die</strong> Rede: <strong>der</strong> , Leiter' am Bug<br />

ruft dem Segelrichter zu, daß nach den gleichen<br />

Kommandos auch <strong>der</strong> Ohei'steuermann arbeite.<br />

hit-k hr mw f<strong>in</strong>det sich noch e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong><br />

Akhethetep-Louvre = Boreux, Nautique, Taf. III<br />

vor dem zweiten Boot: Q ^ w^ J^ D<br />

l<br />

'v' 's . Um<br />

mit dem Schluß des Rufes<br />

zu beg<strong>in</strong>nen, hat t) nichts mit t)w ,W<strong>in</strong>d' zu tun,<br />

wie Boreux, ebenda, S. 454 annimmt: voici le<br />

vent. Unser Beleg zeigt, daß fj = ,Mann' <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Anrede vorliegt; so wie Mrrw-ki, Erman, Reden,<br />

wir fahren mit ]\lij an Bord', das heißt: bedenke,<br />

daß wir unseren Herrn bei uns haben, und strenge<br />

dich darum beson<strong>der</strong>s an. T) pw dUifte e<strong>in</strong>e


Beeicht übee <strong>die</strong> Geabt<strong>in</strong>gen auf dem Fkiedhof <strong>von</strong> Giza.<br />

ähnliche Bedeutung haben wie das heutige ,yä<br />

rägil!'. Bei beson<strong>der</strong>s dr<strong>in</strong>glicher Mahnung, bei<br />

<strong>der</strong> oft e<strong>in</strong> leiser Vorwurf mitschw<strong>in</strong>gt, läßt man<br />

<strong>die</strong> üblichen freundlicheren Anreden weg und sagt<br />

,0 Mann!'.<br />

Für hit-k lir mio , De<strong>in</strong>en Leib (halte <strong>über</strong>) das<br />

Wasser' hat Boreux, ebenda, <strong>die</strong> ansprechende<br />

Vermutung geäußert, daß <strong>der</strong> Ausdruck zunächst<br />

für <strong>die</strong> Ru<strong>der</strong>er verwendet worden sei, um sie<br />

beim Ausholen und nach vorne Beugen zu äußer-<br />

ster Kraftanstrengung aufzumuntern, und daß dann<br />

<strong>der</strong> Ruf <strong>über</strong>haupt als starke Aufmunterung galt.<br />

Man darf wohl auch auf den entsprechenden Ruf<br />

D •^ wA^AA h<strong>in</strong>weisen:* , R<strong>in</strong><strong>der</strong>-<br />

hirt, halte de<strong>in</strong>e Hand <strong>über</strong> das Wasser.' Der<br />

Hirt streckt den Arm flach aus, den Zeigef<strong>in</strong>ger<br />

vorstreckend. So soll <strong>in</strong> unserem Falle <strong>der</strong> Leib<br />

flach <strong>über</strong> dem Wasser liegen. Man möchte an<br />

e<strong>in</strong>e scherzhafte Anspielung an den Hirtenruf<br />

denken. Jedenfalls aber sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e Deutung als<br />

böser Wunsch ausgeschlossen; denn <strong>die</strong> Schiffer<br />

fluchen nicht, wenigstens <strong>die</strong> altägjptischen nicht.<br />

Bei ihnen geht alles höflich zu; wie man auch<br />

sonst bei den Reden und Rufen' , ke<strong>in</strong>en Flüchen<br />

begegnet. Sie waren wohl vorhanden, wenn auch<br />

vielleicht nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> erstaunlichen Fülle wie bei<br />

den heutigen Nachfahren <strong>der</strong> Leute, aber <strong>die</strong><br />

vornehme Art <strong>der</strong> Ägypter verbot es, <strong>die</strong>se häß-<br />

lichen ZornesausbrUche auch noch zu verewigen.<br />

H<strong>in</strong>ter t) pw ist e<strong>in</strong>e leere Zeile, <strong>die</strong> wohl<br />

nach Art <strong>der</strong> Beischrift zu Boot 2 zu füllen war<br />

,Kanal des großen Westens'. Die beiden Zeilen<br />

<strong>über</strong> dem Heck des Bootes s<strong>in</strong>d anzuschließen,<br />

wozu man oben S. 59 vergleiche. Die Worte<br />

Stehen <strong>über</strong> dem Segelrichter und können nicht<br />

<strong>von</strong> ihm gesprochen se<strong>in</strong>, da er sich sonst selbst<br />

anredete. Auch kann man sie nicht auf das an-<br />

schließende Schiff beziehen, denn das Lastboot<br />

fährt <strong>in</strong> entgegengesetzter Richtung und hat den<br />

Mast umgelegt. Die eigentümliche Verteilung <strong>der</strong><br />

Zeilen erklärt sich e<strong>in</strong>fach so, daß <strong>der</strong> Zeichner<br />

<strong>die</strong> Beischrift dah<strong>in</strong> setzte, wo er Raum fand,<br />

ohne sich son<strong>der</strong>lich darum zu kümmern, ob <strong>die</strong><br />

örtliche Verb<strong>in</strong>dung mit dem Rufenden e<strong>in</strong>ge-<br />

halten wurde.<br />

Da <strong>in</strong> unserem Text neue Ausdrücke für <strong>die</strong><br />

Schiffahrt auftreten und an<strong>der</strong>e, schon belegte erst<br />

ihre richtige Deutung fanden, werden im folgenden<br />

<strong>die</strong> besprochenen Wörter zusammengestellt:<br />

ISuispiele siehe KniiMii, Kuileii, S. 30.<br />

\<br />

^<br />

c?<br />

63<br />

= ,whnw' <strong>der</strong> BefehlsUbermittler,<br />

<strong>der</strong> <strong>die</strong> Komman-<br />

dos des Piloten an <strong>die</strong><br />

Steuerung weitergibt.<br />

= m!' 1. <strong>in</strong> guter Richtung se<strong>in</strong>, vom<br />

Fahrwasser und <strong>von</strong> <strong>der</strong> Steue-<br />

O<br />

rung;<br />

2. <strong>in</strong> guter Richtung halten, vom<br />

Segelrichter.<br />

mj-nw ,so .<br />

= mw als Fahrwasser; auch <strong>in</strong> sbitj-mio<br />

und ssiiiw-mw.<br />

1<br />

vir imn-t Kanal, <strong>der</strong> vom Nil<br />

zur Nekropole im Westgebirge<br />

führt.<br />

^ = rjs r hv , achte auf das Lenktau'.<br />

hmio Steuerru<strong>der</strong><br />

\. irj hmw das Steuer handhaben;<br />

A. R.<br />

2. +Iö^l!l<br />

wnj /»«•«'-»" Offi-<br />

zier am Heck, <strong>der</strong> <strong>die</strong> Steuerung<br />

zu <strong>über</strong>wachen hatte.<br />

:= hi-p? Offizier im Vor<strong>der</strong>teil des Schiffes.<br />

^ '-' =<br />

; D<br />

I "A"<br />

I<br />

J<br />

J<br />

—8<br />

hrp vom Lenken <strong>der</strong> Schiffahrt.<br />

"^ ^^ ''^'^ Leitung, Steuerung.<br />

-^ ^ sb)j Steuermann, <strong>in</strong> imjri shijw.<br />

A = §hht Steuerung, <strong>in</strong> ivj-shi-t.<br />

A :^ &hUj Steuermann, <strong>in</strong> ibUj-viw.<br />

J^i<br />

= ss»i((() , Leiter' als Titel <strong>von</strong><br />

/vvvvw\<br />

Schiffsoffizieren.<br />

^ üSiii-mw das Schiff im Fahr-<br />

wasser leiten ; da<strong>von</strong> :<br />

\^ j^ WW« .4Sm(iv}-mw Titel<br />

<strong>der</strong> Schiffsoffiziere am Heck,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> Steuerung beaufsich-<br />

tigten.<br />

= iSU emphatische idm-f-Form<br />

<strong>von</strong> islj, fhij fahren.


G4 Hermann Jdnkee.<br />

H). Die untere Bildreihe.<br />

a) Der östliche Teil.<br />

(Taf. VII.)<br />

Auf <strong>der</strong> unteren Hälfte <strong>der</strong> Nordwand s<strong>in</strong>d<br />

rechts für den Grabherrn bestimmte Gaben dar-<br />

sestellt. Dieser östliche Teil ist wie<strong>der</strong>um <strong>in</strong> zwei<br />

Streifen zerlegt. Den oberen nimmt <strong>die</strong> Dar-<br />

stellung des Geflügels e<strong>in</strong>. Von je<strong>der</strong> Art wird<br />

e<strong>in</strong> Paar wie<strong>der</strong>gegeben und <strong>über</strong> jedem Tier<br />

steht se<strong>in</strong>e Bezeichnung: I<br />

<br />

T, J, J,<br />

I Ci LJ t—<br />

1<br />

'r—' T . Die Deutezeichen fehlen bei den<br />

Namen, weil das Geflügel ja selbst jedesmal <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er beson<strong>der</strong>en Gestalt gemalt ist. Die Auf-<br />

zählung entspricht genau <strong>der</strong> Anordnung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Speiseliste <strong>der</strong> VI. Dynastie; siehe oben S. 26<br />

und unten S. 89. i<br />

Jedem Tier ist nachträglich <strong>in</strong> Kursivschrift<br />

'-WW M ^^ -¥- ,für K}j-m-'nh' zugefügt worden.<br />

Wir begegnen <strong>der</strong> gleichen späteren Beischrift<br />

bei <strong>der</strong> Opferdarstellung auf <strong>der</strong> Ostwand, wo<br />

fast bei je<strong>der</strong> Zeremonie dem Titel e<strong>in</strong> n Kij-m-'nh<br />

angehängt ist. Diese ängstliche Vorsicht, alles<br />

noch e<strong>in</strong>mal namentlich auf den Grab<strong>in</strong>haber zu<br />

beziehen, erklärt sich aus den oben S. 44 behan-<br />

delten Vorschriften <strong>über</strong> <strong>die</strong> Ausschmückung <strong>der</strong><br />

Grabkammer. Kij-m-'nh hatte zwar alle Vorurteile<br />

<strong>über</strong>wunden und den Raum wie e<strong>in</strong>e Kultkammer<br />

ausmalen lassen. Dann sche<strong>in</strong>en aber docii Beden-<br />

ken aufgetaucht zu se<strong>in</strong>; er fürchtete, daß <strong>die</strong><br />

auf den Bil<strong>der</strong>n dargestellten Diener sich an<br />

se<strong>in</strong>em Opfergut vergreifen könnten. Denn wenn<br />

schon solche Vorstellungen bei den Schriftzeichen<br />

bestanden, <strong>die</strong> Menschen darstellten, wieviel eher<br />

mociiten dann <strong>die</strong> <strong>über</strong> den Gaben auf den<br />

Schiffen arbeitenden Matrosen o<strong>der</strong> <strong>die</strong> daneben<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Küche beschäftigten Leute e<strong>in</strong>es Tages<br />

sich an dem schönen Geflügel gütlich tun; und<br />

darum erhält jedes Tier den ausdrücklichen Vermerk<br />

,für K)j-m-'nh\<br />

Bei <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Beschreibung <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Sargkammer wurde auf <strong>die</strong> flotte Malweise<br />

h<strong>in</strong>gewiesen, <strong>die</strong> mit den E<strong>in</strong>zelheiten oft e<strong>in</strong> wenig<br />

sorglos verfährt. Bei dem Fe<strong>der</strong>vieh aber hat<br />

sich <strong>der</strong> Künstler beson<strong>der</strong>e Mühe gegeben und<br />

' In früheren Listen wird gelegentlich <strong>die</strong> Srnn-Guns<br />

genannt, wie bei Njhc-t-nß- Gizalll, S. 99; Tgl. auch Giza II,<br />

S. 85f. .Sie gehört aber nicht zu dem gewöhnlichen Mahl,<br />

son<strong>der</strong>n war bestimmten Zeremonien vorbehalten, wie dem<br />

J<br />

nicht nur <strong>die</strong> Umrißl<strong>in</strong>ie für jede Art meisterhaft<br />

getroffen, son<strong>der</strong>n auch <strong>die</strong> Innenzeichnung mit<br />

Sorgfalt und Liebe ausgeführt, wenn sich dabei<br />

auch <strong>die</strong> Eigenart se<strong>in</strong>er P<strong>in</strong>selführung nicht<br />

verleugnet.<br />

Unter dem Geflügel stehen <strong>von</strong> rechts ange-<br />

fangen zunächst vier Geb<strong>in</strong>de auf Schlitten. Sie<br />

s<strong>in</strong>d viermal waagrecht umwunden, und da-<br />

zwischen ist jedesmal e<strong>in</strong>e kreuzförmige B<strong>in</strong>dung<br />

angebracht. An <strong>der</strong> Spitze steht als Verzierung<br />

nach beiden Seiten e<strong>in</strong>e Papyrusdolde heraus.<br />

— Diese Geb<strong>in</strong>de spielen im Totenkult e<strong>in</strong>e be-<br />

son<strong>der</strong>e Rolle, aber <strong>über</strong> ihre Bedeutung gehen<br />

<strong>die</strong> Ansichten ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Unser Beispiel gibt<br />

durch <strong>die</strong> Verzierung des oberen Abschlusses<br />

e<strong>in</strong>en neuen Anhalt für <strong>die</strong> Lösung <strong>der</strong> Frage.<br />

Es tritt durch sie e<strong>in</strong> klarer Zusammenhang mit<br />

den Kornbehältern zutage, denen wir auf den<br />

Erntedarstellungen begegnen. Über sie wird bei<br />

<strong>der</strong> Beschreibung <strong>der</strong> Westwand zu handeln se<strong>in</strong>.<br />

Sie zeigen <strong>die</strong> gleichen am oberen Ende heraus-<br />

ragenden Papyrusdolden, und es ersche<strong>in</strong>t ausge-<br />

schlossen, daß man <strong>die</strong> beson<strong>der</strong>e Verzierung bei<br />

e<strong>in</strong>em Gegenstand verwendete, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en<br />

Zweck <strong>die</strong>nte. So wird <strong>die</strong> <strong>von</strong> Biss<strong>in</strong>g, Gem-<br />

nikai II, S. 29 ausgesprochene Vermutung bestätigt,<br />

daß es sich um Fruchtgeb<strong>in</strong>de' , handelt.<br />

Er hatte unter an<strong>der</strong>em beobachtet, daß sie<br />

neben <strong>der</strong> Szene des Kornmessens stehen; <strong>die</strong><br />

gleiche Verumständung liegt nun auch Mrriv-ki,<br />

Taf. CXV— CXVI vor. Jetzt, wo wir <strong>die</strong> Ge-<br />

b<strong>in</strong>de <strong>in</strong> <strong>der</strong> gleichen Form sehen wie <strong>die</strong><br />

Speicher, denen das Saatkorn entnommen wird<br />

(Taf. XII a), wird <strong>der</strong> Zusammenhang noch deut-<br />

liciier: es s<strong>in</strong>d selbst kle<strong>in</strong>e Kornspeieher, <strong>die</strong>, im<br />

Totenkult verwendet, als Vorrat für <strong>die</strong> Speisung<br />

des Verstorbenen herbeigebracht werden. Bei<br />

<strong>die</strong>ser feierlichen E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gung werden sie häufig<br />

mit Fe<strong>der</strong>n geschmückt, <strong>die</strong> man oben senkrecht<br />

e<strong>in</strong>steckt. — L. Klebs, Reliefs, S. 43, br<strong>in</strong>gt <strong>die</strong><br />

Geb<strong>in</strong>de mit den , Scheunen' zusammen, <strong>die</strong> uns<br />

auf den ältesten Opferlisten begegnen, wie<br />

Murray, Saqq. Mast. I, Taf. I— II; siehe auch<br />

Giza I, Taf. XXVII, XXIX. Aber es liegt nur<br />

e<strong>in</strong> sachlicher Zusammenhang vor, <strong>die</strong> Gegen-<br />

stände s<strong>in</strong>d nicht <strong>die</strong> gleichen. Denn <strong>die</strong> L<strong>in</strong>ien,<br />

auf denen <strong>die</strong> Scheunen stehen, stellen ke<strong>in</strong>e<br />

Kufen dar, <strong>die</strong> Erhöhungen f<strong>in</strong>den sich an beiden<br />

Enden und s<strong>in</strong>d auf guten Zeichnungen durch<br />

parallele Striche geteilt, was bei e<strong>in</strong>er Wie<strong>der</strong>-<br />

gabe <strong>von</strong> Holz unmöglich wäre; siehe auch unten<br />

unter c ß. — Die Verschnürungen s<strong>in</strong>d nicht zur<br />

Verzierung angebracht, son<strong>der</strong>n sollen dem aus


Hi;i;jrA\x Jixkf.r: Giza T~\ TAF. Yir.<br />

--U<br />

>-,


Bekicut <strong>über</strong> <strong>die</strong> Gkabungen auf dem Fkieühuf vox GizA.<br />

Nilsclilamm gefertigten Behälter festeren Halt<br />

geben.<br />

An <strong>die</strong> Behälter reihen sich l<strong>in</strong>ks Speisen<br />

und Getränke. Zunächst große kegelförmige<br />

Brote, gelblich mit gebräunter Spitze, <strong>der</strong> Art,<br />

wie wir sie als Opfer am Bug <strong>der</strong> Boote kenneu-<br />

gelernt haben. Sie stehen auf glockenförmigen<br />

Gebilden, den Formen, <strong>in</strong> denen sie gebacken<br />

wurden. Auf <strong>der</strong> Westwand steht zwar e<strong>in</strong> ganz<br />

an<strong>der</strong>s geformter Kuchen auf e<strong>in</strong>em solchen Ton-<br />

gefäß; aber <strong>von</strong> Haus aus kann es nicht als<br />

Untersatz ge<strong>die</strong>nt haben, da es unten spitz zu-<br />

läuft; man stellte es darum auch gelegentlich auf<br />

e<strong>in</strong> Q. Diese örfi-Näpfe s<strong>in</strong>d ursprünglich nur<br />

Formen zum Backen <strong>von</strong> bestimmten Brotsorten;<br />

das Brot reichte man <strong>in</strong> <strong>der</strong> Form; ob nun <strong>die</strong><br />

Zeichnungen mit dem dar<strong>über</strong>stehenden Brote<br />

andeuten sollen, daß <strong>der</strong> Napf das Brot enthält,<br />

o<strong>der</strong> ob mau es herausgenommen und umgekehrt<br />

aufgesetzt hat, stehe dah<strong>in</strong>. Das. handliche Gefäß<br />

wurde dann <strong>über</strong>haupt als Brot- und Kuchen-<br />

schüssel verwendet, wie das Bild auf <strong>der</strong> West-<br />

wand, Giza III, Abb. 16 und an<strong>der</strong>e Beispiele<br />

zeigen. Das erklärt wohl auch <strong>die</strong> große Zahl<br />

solcher Näpfe, <strong>die</strong> wir bei den Grabungen <strong>in</strong><br />

Giza fanden. Siehe auch Balcz, Mitteilungen<br />

Kairo IV, S. 210f. — In den 6rfi-Näpfen wird<br />

audi e<strong>in</strong> Brot gebacken, das für <strong>die</strong> Bierbereitung<br />

benötigt wurde; es wird freilich ganz an<strong>der</strong>er<br />

Art gewesen se<strong>in</strong> wie das für <strong>die</strong> Mahlzeit be-<br />

stimmte. Es folgen vier mit Nilschlamm ver-<br />

schlossene Krüge; <strong>über</strong> <strong>die</strong> senkrechte weiße<br />

L<strong>in</strong>ie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> schwarzen Kappe siehe<br />

unten unter 4 c. L<strong>in</strong>ks reihen sich verschiedene<br />

Brote an: zwei große (^-kmhiv, <strong>über</strong> denen e<strong>in</strong><br />

verziertes Gebäck e<strong>in</strong>er psn-Form liegt — und<br />

e<strong>in</strong> weißes Brot mit gebräunter Spitze.<br />

ß) Der westliche Teil.<br />

Die westliche Hälfte <strong>der</strong> unteren Bild-<br />

reihen wird <strong>von</strong> den Darstellungen <strong>der</strong> Küclie,<br />

des Brotbackens und <strong>der</strong> Bierbereitung e<strong>in</strong>genommen<br />

= Taf. VIII. — Im oberen Streifen<br />

sehen wir <strong>die</strong> Köche bei <strong>der</strong> Arbeit. Reciits<br />

rührt e<strong>in</strong>er <strong>der</strong>selben mit e<strong>in</strong>em Stab <strong>in</strong> dem<br />

Kochtopf, den er mit <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken Hand an dem<br />

Henkel festhält. Es ist <strong>der</strong> %. | ^ O, | % ^<br />

jr/j-


66 Hekmann Junker.<br />

Darstellungen uiclit leicht, den wirklichen Verlauf<br />

<strong>der</strong> Arbeit zu verfolgen, so kann er natürlich<br />

aus unserem Bild nicht abgelesen werden. Den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Szenen muß daher <strong>der</strong> Platz angewiesen<br />

werden, <strong>der</strong> ihnen bei genaueren Wie<strong>der</strong>gaben<br />

<strong>der</strong> Vorgänge zukommt. — Rechts stehen zwei<br />

schwere Bottiche; ihre Größe und Form paßt<br />

zu den Behältern, <strong>in</strong> denen <strong>die</strong> Brauer mit ihren<br />

Fußen das Gemisch stampfen, Wiedemann-P.,<br />

Karlsruhe, Taf . VI, und aus e<strong>in</strong>em ähnlichen Gefäß<br />

wird es <strong>in</strong> das Sieb gegossen, um es <strong>von</strong> allen<br />

festen Bestandteilen zu re<strong>in</strong>igen ^ (1 ^ T:;, • siehe<br />

Holwerda-Boeser, Leiden I, Taf.X. Auf unserem<br />

Bilde ist ja auch daneben <strong>der</strong> Brauer dargestellt,<br />

<strong>der</strong> mit den Händen <strong>in</strong> dem Sieb rührt. Die<br />

Flüssigkeit r<strong>in</strong>nt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> baucliiges Gefäß mit e<strong>in</strong>-<br />

gezogenem Hals und auswärts strebendem Rand,<br />

<strong>in</strong> den das Sieb e<strong>in</strong>gepaßt ist. Unter dem Rand<br />

sitzt das stark gekrümmte Ausgußrohr, durch<br />

das <strong>die</strong> gefilterte Flüssigkeit später <strong>in</strong> <strong>die</strong> hohen<br />

Bierkrüge gegossen wird, wie Tj, Taf. LXXXHI.<br />

Das Gefäß steht auf kegelförmigen Böcken, ähn-<br />

lich wie <strong>der</strong> Kochtopf <strong>in</strong> <strong>der</strong> oberen Darstellung.<br />

Hier zeigen sich kle<strong>in</strong>e, aber bemerkenswerte<br />

Abweichungen <strong>von</strong> <strong>der</strong> üblichen Wie<strong>der</strong>gabe des<br />

Gefäßes, das, wie <strong>die</strong> Zusammenstellung Balcz,<br />

ebenda IV, S. 217 f., Abb. 67 und 68 zeigt, e<strong>in</strong>en<br />

Wulstrand und e<strong>in</strong>e kurze, weniger gekrümmte<br />

Ausgußröhre bat und auf e<strong>in</strong>em runden Untersatz,<br />

meist aus Flechtwerk, steht.^ — In <strong>der</strong> Mitte<br />

knien zwei Bäcker an e<strong>in</strong>em niedrigen Tisch<br />

mit zugespitzten und nach <strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>gezogenen<br />

Füßen. Sie formen mit ihren Händen den Teisr,<br />

<strong>der</strong> rechte zu e<strong>in</strong>em langen ovalen, <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ke zu<br />

e<strong>in</strong>em runden Brot. Die Beischriften nennen <strong>die</strong><br />

Tätigkeit auf an<strong>der</strong>en Darstellungen Skr-psn.<br />

Unter psn haben wir uns aber nicht e<strong>in</strong>e be-<br />

son<strong>der</strong>e Form des Brotes, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Art des Teiges vorzustellen. Die meisten Laibe<br />

werden dabei oval und rund geformt, wie auf<br />

unserem Bild; daher auch das D<br />

Tj, Taf. LXXXIV gegen<br />

D<br />

^^<br />

ebenda. Daneben aber treten auch<br />

O Leiden<br />

^^7 -förmige<br />

Brote auf, wie Leiden ebenda sowohl bei <strong>der</strong><br />

Darstellung des Teigknetens wie beim Erhitzen<br />

des Ofens {iti-'pr-t). Vor allem aber sei auf e<strong>in</strong><br />

Gebäck aufmerksam gemacht, das stark an unsere<br />

' Nur Holwerda-Boeser, Leiden I, Taf. X zeigt e<strong>in</strong>e<br />

ähnliche Art <strong>der</strong> Festigung des Bottichs; er ist hier zwischen<br />

kegelförmigen Böcken e<strong>in</strong>gekeilt.<br />

,Hörnchen' o<strong>der</strong> , Kipfel' er<strong>in</strong>nert; <strong>der</strong> Teig wird<br />

wohl zuerst ganz flach ausgebreitet und dann<br />

gerollt. Das Rollen wird anschaulich und unmiß-<br />

verständlich Tj, Taf. LXXXV wie<strong>der</strong>gegeben,<br />

unter <strong>der</strong> Überschrift g—.<br />

\\\\\<br />

, während<br />

es <strong>in</strong> Leiden unter dem Skr-psn mite<strong>in</strong>bezogen ist;<br />

<strong>die</strong> so geformten Kipfel' , s<strong>in</strong>d hier unter dem<br />

Gebäck auf dem Tische dargestellt, und <strong>in</strong> Tj<br />

trägt sie <strong>der</strong> Bäcker unter den c^- und O -Broten<br />

zum Backofen. — Dieser Ofen ist am Ende des<br />

Streifens dargestellt: auf dem Boden stehen (im<br />

Kreis) <strong>die</strong> kegelförmigen Feuerböcke, zwischen<br />

denen <strong>die</strong> Glut angefacht wird. Dar<strong>über</strong> werden<br />

<strong>die</strong> Formen aus gebranntem Ton aufgeschichtet<br />

und erhitzt. S<strong>in</strong>d sie genügend durchhitzt, so<br />

legt man den Teig h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, <strong>der</strong> <strong>in</strong> ihrer Glut<br />

bäckt. Da <strong>der</strong> Teig nicht wie bei an<strong>der</strong>en Brot-<br />

sorten flüssig e<strong>in</strong>geschüttet wurde, mußte <strong>der</strong> Teig-<br />

kneter darauf achten, daß <strong>die</strong> Stücke, <strong>die</strong> er<br />

bildete, ungefähr <strong>die</strong> Größe <strong>der</strong> Formen hatten.<br />

Auf unserem Bilde fehlt <strong>der</strong> Mann, <strong>der</strong> den Ofen<br />

schürt, wie bei Tj, <strong>in</strong> Leiden und bei den meisten<br />

an<strong>der</strong>en Darstellungen. E<strong>in</strong> Bäcker ist an den<br />

Ofen herangetreten und berührt zwei <strong>der</strong> Formen<br />

mit den F<strong>in</strong>gerspitzen; er prüft, ob sie schon<br />

genügend erhitzt s<strong>in</strong>d; bei <strong>der</strong> entsprechenden<br />

Darstellung Wiedemann-P., Karlsruhe, Taf. IV<br />

steht als Beischrift: ,Laß das psn kommen, das<br />

... ist sehr heiß.' Der E<strong>in</strong>fachheit lialber hat<br />

<strong>der</strong> Maler nur <strong>die</strong> ovalen Brotformen wie<strong>der</strong>-<br />

gegeben; man vergleiche aber dazu Karlsruhe,<br />

Leiden und Tj an den angeführten Stellen. —<br />

E<strong>in</strong> zweiter Ofen steht im unteren Bildstreifen<br />

darunter; hier s<strong>in</strong>d auf ähnlichen Feuerböcken<br />

<strong>die</strong> bd}-FoTmen aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>getürmt, mit <strong>der</strong><br />

Öffnung nach <strong>in</strong>nen und nach unten. An <strong>der</strong><br />

Deutung des Bildes kann ke<strong>in</strong> Zweifel se<strong>in</strong>, da<br />

wir <strong>die</strong>se Öfen auch <strong>in</strong> zahlreichen Modellen be-<br />

sitzen. Unter den Dienerfiguren, <strong>die</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

zweiten Hälfte des Alten Reiches <strong>in</strong> den Statuenraum<br />

gestellt werden, f<strong>in</strong>den sich vorzugsweise<br />

<strong>die</strong> Kornreiber<strong>in</strong>nen, Bierbrauer und <strong>die</strong> Männer<br />

und Frauen, <strong>die</strong> den Ofen schüren. Man sieht<br />

dabei, daß <strong>die</strong> Brotformen im Dreieck lose an-<br />

e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gelegt werden, den Boden nach außen;<br />

nach oben rücken <strong>die</strong> Lagen immer enger zusammen,<br />

und <strong>die</strong> Pyramide wird an <strong>der</strong> Spitze<br />

mit e<strong>in</strong>er umgestülpten Form geschlossen. •— Am<br />

Ofen kauert e<strong>in</strong>e Frau, <strong>die</strong> das Feuer schürt;<br />

sie hält, wie auf den Flach- und Rundbil<strong>der</strong>n<br />

üblich, e<strong>in</strong>e Hand vor das Gesicht, um sich vor<br />

<strong>der</strong> Hitze und den beim Schüren herausstiebenden


Beeicht übet? bit; Ghabf-^ge-x auf dem Friedhof vox Giza. 67<br />

Funken zu schUtzeu. Sie trägt nur e<strong>in</strong>en Le<strong>in</strong>en-<br />

schurz und hält ihr kurzes Haar mit e<strong>in</strong>er weißen<br />

B<strong>in</strong>de zusammen, <strong>die</strong> am H<strong>in</strong>terkopf geknotet ist;<br />

<strong>die</strong> Enden hängen lang herab. — E<strong>in</strong>e ebenso<br />

gekleidete Frau reibt daneben das Korn auf dem<br />

Mahlste<strong>in</strong>. Da sie hier alle<strong>in</strong> ist, zwischen Arbeiten<br />

an<strong>der</strong>er Art, läßt sich nicht mit Sicherheit fest-<br />

stellen, welche Tätigkeit sie im beson<strong>der</strong>en aus-<br />

übt, das grobe Schroten o<strong>der</strong> das fe<strong>in</strong>e Mahlen,<br />

denn es werden <strong>in</strong> den Beischriften <strong>über</strong> den<br />

M üller<strong>in</strong>nen das •=*=> ^^<br />

und das hh I<br />

unterschieden; <strong>in</strong> Wiedemann<br />

- P., Karlsruhe,<br />

Taf. VI hockt wie auf unserem Bilde <strong>die</strong> Müller<strong>in</strong><br />

neben dem Mann vor den Krügen und wird als<br />

ndjt M bezeichnet; siehe Ä. Z. 75, S. Q>Q. Dieser<br />

Mann hat sechs große Bierbehälter vor sich<br />

stehen, <strong>die</strong> mit e<strong>in</strong>er kegelförmigen Nilschlammkappe<br />

verschlossen s<strong>in</strong>d; er hält se<strong>in</strong>e Arme um<br />

den ersten Krug und se<strong>in</strong>e Tätigkeit wird auf<br />

,<br />

an<strong>der</strong>en<br />

^<br />

Darstellungen als ^ .n V (1 o<strong>der</strong><br />

Verschließen des Bieres' bezeichnet.<br />

2. Die Westwand.<br />

Ihrer Glie<strong>der</strong>ung entsprechend s<strong>in</strong>d auf <strong>der</strong><br />

Wand Darstellungen verschiedener Art verteilt.<br />

Am Nordende stand <strong>die</strong> ganze Fläche <strong>der</strong> Mauer<br />

zur Verfügung, und hier ist sie <strong>in</strong> drei Bildstreifen<br />

aufg-eteilt. Ansci<strong>die</strong>ßend war <strong>der</strong> untere Teil durch<br />

<strong>die</strong> Vorrichtung zum Auflegen des Sargdeckels<br />

verbaut, so daß nur Raum für zwei schmale<br />

Streifen verblieb.<br />

a. Der nördliche Teil: Die Vorratsräame.<br />

a) Die Fruchtspeicher.<br />

In den beiden unteren Reihen stehen <strong>die</strong><br />

Speicher für Früchte und Getreide. Darstellungen<br />

<strong>die</strong>ser Art fehlen <strong>in</strong> den Kultkammern. Bei <strong>der</strong><br />

Ernte o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Aussaat lernen wir gelegentlich<br />

Kornbehälter kennen; o<strong>der</strong> es werden bei <strong>der</strong><br />

Bierbereitung auch <strong>die</strong> Speicher gezeigt, denen<br />

<strong>die</strong> zu mahlende Frucht entnommen wird, wie<br />

Tj TjXXXIV; o<strong>der</strong> es werden sonst beim Zumessen<br />

Speicher abgebildet, wie Gemnikai (siehe oben)<br />

o<strong>der</strong> Mrrw-ki, Taf. CXVI. Nie aber s<strong>in</strong>d sie Gegen-<br />

stand e<strong>in</strong>es beson<strong>der</strong>en Bildes, wie etwa im Mitt-<br />

leren Reich voll Stolz <strong>die</strong> großen Fruchtscheunen<br />

gezeigt werden. Dagegen geboren sie, bald nachdem<br />

<strong>die</strong> Ausschmückung <strong>der</strong> Sargkanimor aufkam,<br />

zum festen Bestand <strong>der</strong> dort verwendeten Mil<strong>der</strong>.<br />

I<br />

Neben <strong>der</strong> Speisenliste und den Opfergaben s<strong>in</strong>d <strong>die</strong><br />

Kornspeicher das e<strong>in</strong>zige, was unsere Kammer mit<br />

<strong>der</strong> üblichen Ausmalung <strong>der</strong> unterirdischen Räume<br />

geme<strong>in</strong>sam hat. Diese berücksichtigt <strong>in</strong> erster<br />

L<strong>in</strong>ie <strong>die</strong> Nahrung des Grabherrn. Es genügte<br />

nicht, <strong>die</strong> fertigen Speisen wie<strong>der</strong>zugeben, man<br />

wollte ihm auch <strong>die</strong> Mittel verschaffen, sich aus<br />

ungeheuren Vorräten an Rohstoffen immer wie<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong> neues Mahl zu bereiten. Daher ersche<strong>in</strong>en<br />

<strong>die</strong> Scheunen auch unter den Bil<strong>der</strong>n, <strong>die</strong> man<br />

auf den <strong>in</strong>neren Sargwänden anbrachte, wie An-<br />

cient Egyptian Pa<strong>in</strong>t<strong>in</strong>gs, Taf. V.<br />

Der Gedanke war übrigens nicht neu. Auf<br />

den ältesten Opferlisten fehlen <strong>die</strong> meisten <strong>der</strong><br />

vielen Brotsorten, <strong>die</strong> später e<strong>in</strong> Kernstück <strong>der</strong><br />

Speisekarte ausmachen. Dafür aber ersche<strong>in</strong>en<br />

dort am Fuß <strong>der</strong> Tafel <strong>die</strong> Scheunen mit den<br />

verschiedenen Sorten <strong>von</strong> Früchten und Getreiden,<br />

hier noch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er älteren Form, siehe oben S. 64.<br />

Man hat also e<strong>in</strong>en ganz alten Brauch wie<strong>der</strong><br />

aufgegriffen, wenn auch das Bild e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es ge-<br />

worden ist. Denn unterdessen hatte <strong>die</strong> Landwirt-<br />

schaft Fortschritte gemacht, es waren große feste<br />

Speicher aufgekommen, verschiedener Art für <strong>die</strong><br />

großen Vorräte und für den täglichen Gebrauch,<br />

für Früchte und für Korn.<br />

Die Behälter für <strong>die</strong> Früchte s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

oberen Reihe dargestellt. Die e<strong>in</strong>geschriebenen<br />

Inhaltsangaben s<strong>in</strong>d stark verblaßt; man erkennt<br />

<strong>in</strong> dem ersten Bau <strong>von</strong> rechts «--7«, im zweiten<br />

dib = Feigen, im dritten nhs. — Die grauschwarze<br />

Färbung zeigt an, daß <strong>die</strong> Speicher aus Nilsehlamm<br />

aufgeführt wurden, das heißt daß es<br />

Ziegelbauten s<strong>in</strong>d. Ihre Form weicht <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> darunter abgebildeten kegelförmigen Korn-<br />

behälter wesentlich ab. Sie er<strong>in</strong>nern stark an<br />

<strong>die</strong> prj-mc-Ba.nten m, <strong>die</strong> unterägyptischen Paläste,<br />

denen <strong>die</strong> Särge nachgebildet wurden. Das gibt<br />

uns für <strong>die</strong> Auslegung <strong>der</strong> Zeichnung e<strong>in</strong>en F<strong>in</strong>ger-<br />

zeig. Wir haben wohl nicht Rundbauten mit e<strong>in</strong>er<br />

Kuppel vor uns, son<strong>der</strong>n rechteckige Kammern<br />

mit Gewölbebedachung, ähnlich den Scheunen<br />

h<strong>in</strong>ter dem Ramesseum; sie s<strong>in</strong>d wie <strong>die</strong>se dicht<br />

ane<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gebaut. Die senkrechten Zwischenmauern<br />

wurden vielleicht heller gezeichnet, um<br />

sie hervorzuheben; am oberen Ende s<strong>in</strong>d sie nach<br />

außen abgeschrägt. Für weitere Beispiele siehe<br />

Jequier, Tomb, des Part., Abb. 16, 51, 117 und<br />

Mrrw-ki, Taf. C\XVI.<br />

Die diclit <strong>über</strong> dem Boden bef<strong>in</strong>dliche Öffnung<br />

ist durch e<strong>in</strong>e Tür verschlossen. Sie weist<br />

sechs Querhölzer auf, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Bretter zusammen-<br />

9*


68<br />

halten. Am oberen Ende bezeichnet e<strong>in</strong> breites<br />

Band den <strong>über</strong> <strong>die</strong> Öffnung gelegten Türbalken.<br />

Es liegt trotz <strong>der</strong> großen Maße nur e<strong>in</strong>e Schiebe-<br />

tür vor; <strong>der</strong> Maler hat sich offenbar <strong>in</strong> den Ver-<br />

hältnissen geirrt, als er <strong>die</strong> Öffnung so hoch<br />

und so breit wie<strong>der</strong>gab wie bei den Türen <strong>der</strong> dar-<br />

<strong>über</strong>liegenden beiden Kammern. Siehe dagegen<br />

Jequier, ebenda, Abb. 51, wo auch <strong>der</strong> Verschluß<br />

durch Schnur und Tonsiegel angegeben wird; hier<br />

liegt aber <strong>die</strong> Öffnung zu hoch, wie e<strong>in</strong> Vergleich<br />

mit Abb. 117 zeigt.<br />

Die darunter abgebildeten Kornspeicher s<strong>in</strong>d<br />

wohl ihrer größeren Anzahl wegen <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>erem<br />

Maßstab gehalten. Man wollte für je e<strong>in</strong>e <strong>der</strong><br />

zahlreichen Sorten des Getreides e<strong>in</strong>en Speicher<br />

vorbehalten. Lei<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> e<strong>in</strong>gezeichneten Namen<br />

<strong>die</strong>ser Sorten fast ganz verblaßt. — Die<br />

Speicher haben fast <strong>die</strong> gleiche Form, wie wir<br />

ihr auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> ganzen späteren Zeit bei <strong>der</strong><br />

gewöhnlichen Getreidewirtschaft begegnen. Es<br />

s<strong>in</strong>d runde, mit e<strong>in</strong>er Kuppel versehene Nilschlammbauten,<br />

mit e<strong>in</strong>er seitlichen oberen Öffnung zum<br />

E<strong>in</strong>schütten <strong>der</strong> Frucht und e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Schiebe-<br />

tür kurz <strong>über</strong> dem Boden zur Entnahme. Konnte<br />

man früher daran zweifeln, daß man im Alten<br />

Reich schon e<strong>in</strong>e Kuppel kannte, so haben <strong>die</strong><br />

Grabungen <strong>der</strong> <strong>Akademie</strong> den Beweis erbracht,<br />

daß damals auch viereckige Räume e<strong>in</strong> Kuppel-<br />

dach erhalten konnten; siehe den Vorraum <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Mastaba des Snb Vorbericht 1927, Taf. I und<br />

S. 101 f. Seitdem haben sich Spuren e<strong>in</strong>er Kup])el<br />

<strong>über</strong> e<strong>in</strong>em wesentlich größeren Raum gefunden,<br />

e<strong>in</strong>er Kammer des Hm-Mnw südlich Chephren;<br />

und <strong>über</strong> dem Nordschacht des osm-nfr III war<br />

e<strong>in</strong>e Kuppel aus Ste<strong>in</strong> angebracht, Gizalll, Abb. 6<br />

und S. 26. So wird im Alten Reich <strong>die</strong> Über-<br />

kuppelung des Rundbaues <strong>der</strong> Speicher erst recht<br />

ke<strong>in</strong>e Schwierigkeiten bereitet haben. — An <strong>der</strong><br />

Spitze tragen <strong>die</strong> Speicher e<strong>in</strong>en Knauf, <strong>der</strong> wohl<br />

als Verzierung gedacht ist. O<strong>der</strong> war es <strong>der</strong> Ver-<br />

schluß e<strong>in</strong>er runden Öffnung, durch <strong>die</strong> man das<br />

Getreide e<strong>in</strong>schüttete?<br />

Das Auftreten <strong>von</strong> verschiedenen Formen<br />

<strong>der</strong> Kornspeicher bedarf <strong>der</strong> Erklärung. In un-<br />

serem Falle sche<strong>in</strong>t <strong>der</strong> Inhalt bestimmend zu se<strong>in</strong> :<br />

<strong>die</strong> <strong>über</strong>wölbten Speicher enthalten Früchte, <strong>die</strong><br />

<strong>über</strong>kuppelten Korn. Aber <strong>die</strong>se Trennung will<br />

für den grundsätzlichen Unterschied nicht allzuviel<br />

besagen. Es sche<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>e Gründe dafür zu<br />

sprechen, daß <strong>die</strong> großen rechteckigen Kammern<br />

mit Tonnengewölbe für <strong>die</strong> Aufspeicherung <strong>von</strong><br />

großen Getreidemengen bestimmt waren, <strong>die</strong> run-<br />

den kle<strong>in</strong>eren mit Kuppeldach für das Korn des<br />

Heemann Junkee.<br />

täglichen Bedarfs. Da, wo wir Scheunen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

eigenen großen Hof mit Säulenvorbau begegnen,<br />

s<strong>in</strong>d sie fast ausschließlieh <strong>der</strong> Art wie unsere<br />

Bauten <strong>der</strong> oberen Reihe, mit flachem Gewölbe<br />

und hochgeführten Zwischenwänden; nie haben<br />

sie den für <strong>die</strong> Behälter <strong>der</strong> unteren Reihe be-<br />

zeichnenden spitzen oberen Abschluß mit Knauf;<br />

siehe so <strong>die</strong> oben aus Jequier, ebenda, Abb. 51 ff.<br />

erwähnten Abbildungen. — An<strong>der</strong>erseits treten<br />

<strong>die</strong> Formen mit Kuppeldach gerade da auf, wo<br />

<strong>die</strong> Frucht zum unmittelbaren Verarbeiten entnommen<br />

wird. So Tj, Taf. LXXXIV, wo bei <strong>der</strong><br />

Darstellung des Backens und Bierbrauens <strong>die</strong><br />

Behälter mit Knauf auf e<strong>in</strong>em gemauerten Unter-<br />

satz stehen; e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Leute läßt eben Korn aus,<br />

das nebenan verrieben werden soll. Dabei steht<br />

O n ^ -^ ,Die Scheune, <strong>die</strong> im pr-<br />

<strong>in</strong>' ist'; für <strong>die</strong> Verb<strong>in</strong>dung des Bierbrauens mit<br />

dem.pf-sn' siehe auch Wiedemann-P., Karlsruhe,<br />

Taf. VI (zweimal) und Ä. Z. 75, S. 68. — Zehn<br />

<strong>der</strong> gleichen runden Behälter stehen auf e<strong>in</strong>em<br />

ziemlich hohen Untersatz L. D. II, 103a; aus<br />

ihnen erhalten <strong>die</strong> Weber<strong>in</strong>nen ihren Lohn. Endlich<br />

f<strong>in</strong>den wir vier gleichgeartete Speicher auf dem<br />

Untersatz <strong>in</strong> v. Bis s<strong>in</strong>g, Gemnikai II, Taf. VIII;<br />

vor ihnen wird das Getreide gemessen, und <strong>in</strong><br />

dem darunterliegenden Streifen ist das Schleppen<br />

<strong>der</strong> Fruciitgeb<strong>in</strong>de dargestellt. — So ist <strong>der</strong><br />

Schluß wohl gerechtfertigt, daß im Alten Reich<br />

zwischen großen <strong>über</strong>wölbten Kornspeichern zu<br />

scheiden ist, <strong>die</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geschlossenen Hof neben-<br />

e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gebaut waren, und den kle<strong>in</strong>eren runden<br />

<strong>über</strong>kuppelten Behältern, <strong>in</strong> denen <strong>die</strong> Frucht<br />

bereitgehalten wurde, <strong>die</strong> dem täglichen Gebrauch<br />

<strong>die</strong>nte.<br />

ß) Die Le<strong>in</strong>wandkammer.<br />

Unmittelbar <strong>über</strong> den ersten drei Speichern<br />

<strong>der</strong> oberen Reihe f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e Darstellung,<br />

<strong>die</strong> e<strong>in</strong>zig <strong>in</strong> ihrer Art ist. Es werden uns <strong>die</strong><br />

Le<strong>in</strong>wandkammer, das Gerätemagaz<strong>in</strong> und <strong>die</strong><br />

Werft des Kij-m-'nh gezeigt. Freilich nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Art, daß wir das Anfertigen <strong>der</strong> Gegenstände,<br />

<strong>die</strong> Weberei und Tischlerei zu sehen bekommen.<br />

Der Zeichner begnügte sich damit, <strong>in</strong> dem ersten<br />

Raum den Inlialt anzugeben, bei dem zweiten<br />

zählt er auch <strong>die</strong> Instrumente auf, <strong>der</strong>en sich <strong>der</strong><br />

Tischler be<strong>die</strong>nt. Nur bei <strong>der</strong> Werft s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige<br />

Werkleute bei <strong>der</strong> Arbeit <strong>in</strong> Vorzeichnung er-<br />

halten, aber nicht ausgeführt worden. Der Haupt-<br />

wert wird also auf <strong>die</strong> <strong>in</strong> den Räumen aufge-<br />

speicherten Vorräte gelegt. Dazu stimmt <strong>die</strong> <strong>über</strong>-


Hermaxx Junker: GizA IV. TAF. VIII.<br />

i


Beeicht üeer <strong>die</strong> Geabtjngex auf dem Fkiedhof <strong>von</strong> GizA.<br />

kommene listenartige Aufführuug mit <strong>der</strong> Angabe<br />

<strong>von</strong> pliantastisclien Zahlen. — So wie <strong>die</strong> Bil<strong>der</strong><br />

jetzt vor uns stehen, waren sie ursprünglich nicht<br />

geplant, wenigstens nicht <strong>in</strong> allen E<strong>in</strong>zelheiten.<br />

Senkrechte Striche <strong>über</strong> <strong>der</strong> Oberl<strong>in</strong>ie sche<strong>in</strong>en<br />

auf e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e E<strong>in</strong>teilung <strong>der</strong> Fel<strong>der</strong> zu weisen.<br />

Die Tür zu <strong>der</strong> Le<strong>in</strong>wandkanimer wurde nach-<br />

träglich aufgemalt; <strong>die</strong> obere Schwelle ragt mitten<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> Zeichen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> und verdeckt sie teilweise.<br />

In <strong>der</strong> Gerätekammer war zunächst e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e<br />

E<strong>in</strong>teilung <strong>der</strong> Streifen vorgesehen bei dem ersten<br />

;<br />

Wort sntr sieht man noch, wie das s=) ursprüng-<br />

lich unter ]<br />

stand, da, wo jetzt <strong>die</strong> Zahlenangabe<br />

steht. Dagegen f<strong>in</strong>den wir <strong>in</strong> Zeile 5 das -jdl)<br />

<strong>der</strong> Vorzeichnung und <strong>der</strong> Ausführung <strong>in</strong> gleicher<br />

Höhe, nur e<strong>in</strong> wenig gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verschoben.<br />

Die Liste <strong>der</strong> Stoffe <strong>in</strong> <strong>der</strong> Le<strong>in</strong>wandkammer<br />

versetzt uns um Jahrhun<strong>der</strong>te zurück; sie könnte<br />

genau so auf e<strong>in</strong>er Grabtafel aus dem Anfang<br />

des Alten Reiches stehen. Läge e<strong>in</strong>e ununter-<br />

brochene Überlieferung vor, so erregte das Auf-<br />

treten des Verzeichnisses ke<strong>in</strong>e Verwun<strong>der</strong>ung.<br />

Aber <strong>die</strong> Geschichte <strong>der</strong> Liste ist sehr kurz;<br />

ihre Blütezeit fällt <strong>in</strong> <strong>die</strong> IV. Dynastie. Sie ist<br />

hauptsächlich vertreten <strong>in</strong> den Gräbern <strong>von</strong> Medüm<br />

und Sakkära aus <strong>der</strong> Zeit des Snfrw und<br />

auf den Grabplatten <strong>von</strong> Giza aus <strong>der</strong> Zeit des<br />

Cheops und Chephren. Nur wenige Belege stammen<br />

aus <strong>der</strong> V. Dynastie, wie SSm-nfr I und<br />

Mrj-ih. Dann verschw<strong>in</strong>det sie. In den Opferlisten<br />

wird noch vere<strong>in</strong>zelt <strong>der</strong> idmj -StoR aufgeführt,<br />

wie äsi-t-htp Giza II, S. 181 und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abschrift<br />

Njhü-t-nfr Giza III, Abb. 9a— b; aber sonst wird<br />

<strong>in</strong> dem Verzeichnis nur angegeben: ,zwei Gewand-<br />

stücke {lüiihw)'. Aus <strong>die</strong>sem Zurücktreten <strong>der</strong><br />

Stoffarten <strong>in</strong> den Listen darf man freilich nicht<br />

schließen, daß sie für den Verstorbenen <strong>von</strong><br />

ger<strong>in</strong>gerer Bedeutung geworden wären. Denn <strong>in</strong><br />

den Beischriften zu dem Opfertisch fehlt das<br />

1 T (Tausend an Gewandstücken' nie, und auf<br />

1<br />

den Bil<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Kammer br<strong>in</strong>gen <strong>die</strong> Diener dem<br />

Grabherrn allerlei Stoffe und GewandstUcke.<br />

Mittelbar hierher zu rechnen s<strong>in</strong>d auch <strong>die</strong> häufi-<br />

gen Darstellungen <strong>der</strong> Besichtigung <strong>der</strong> Gewebe,<br />

wie bei Mrj4b L.D. II, 20, Ptlylitp L. D. II, 103,<br />

Akhethetep-Louvre = Capart, Memphis, Abb. 357,<br />

/^'Sm-n/r 71 ' Vorbericht 1929, S. 121f., änb Vor-<br />

bericht 1927, S. 114, L.D., Erg. 34. Endlich s<strong>in</strong>d<br />

<strong>die</strong> vielen Darstellungen <strong>der</strong> Flachsernte heran-<br />

zuziehen; sie betreffen ebenso <strong>die</strong> Versorgung des<br />

Toten mit Kleidang, wie <strong>die</strong> Kornernte Vorräte<br />

für se<strong>in</strong>e Nahrung br<strong>in</strong>gen soll.<br />

In dem Verschw<strong>in</strong>den <strong>der</strong> Gewandlisten liegt<br />

also nur das Aufhören e<strong>in</strong>es Brauches bei <strong>der</strong><br />

Bebil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kammer vor. Das wird deutlich,<br />

wenn wir uns <strong>die</strong> Vorräte ansehen, <strong>die</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />

VI. Dynastie an <strong>in</strong> dem Sargraum dargestellt<br />

werden. Da liegen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mastaba des ^Idj Ballen<br />

des sm'- und 'i-^-Stoffes unserer Liste, Je qui er,<br />

ebenda, Abb. 17, vergleiche auch 18; ebenso bei<br />

Snj Abb. 42; siehe auch Meir IV, Taf. XIX. —<br />

Unser Verzeichnis erhält somit e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e<br />

Bedeutung. Da es ungefähr <strong>in</strong> <strong>die</strong> gleiche Zeit<br />

wie <strong>die</strong> <strong>von</strong> Jequier veröffentlichten Gräber ge-<br />

hört, erkennt man, daß <strong>die</strong> alten Listen weiter-<br />

lebten, ohne <strong>in</strong> den Mastabas <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung zu<br />

treten, und daß <strong>die</strong> Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sargkammern sie<br />

als Grundlage nahmen. E<strong>in</strong> Beispiel <strong>der</strong>selben<br />

Zeit zeigt, daß man gelegentlich <strong>die</strong> Stoffe selbst<br />

als Beigabe dem Toten <strong>in</strong> den Sarg legte, Vor-<br />

bericht 1914, S. 36, 'Idw II mit zwei Le<strong>in</strong>en-<br />

ballen; das e<strong>in</strong>e Stück war <strong>von</strong> fe<strong>in</strong>ster, das an-<br />

<strong>der</strong>e <strong>von</strong> gröberer Webart.<br />

Die Liste nennt vier Gewebearten: J^ idmj,<br />

—S SSV, J^t 1 snf-nfr und *== 'i-t. Sie ersche<strong>in</strong>en<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> gleichen Reihenfolge unter an<strong>der</strong>em<br />

auf <strong>der</strong> Grabplatte des Wp-m-nfrt =^ Klobs,<br />

Reliefs, Abb. 5 und auf <strong>der</strong> Stele des Nfrj,<br />

Museum Kairo, Daressy <strong>in</strong> Rec. 14, S. 165. Über<br />

an<strong>der</strong>e Anordnungen siehe Giza I, S. 177 f. — Bei<br />

idmj wird wie üblich das J^ <strong>über</strong> jedem Rechteck<br />

wie<strong>der</strong>holt, doch hat es <strong>der</strong> Zeichner aus Unacht-<br />

samkeit nur sechsmal statt achtmal gesetzt. Unter<br />

<strong>die</strong> Stoffangabe werden <strong>in</strong> Rechtecken bestimmte<br />

nähere Bezeichnungen gesetzt, <strong>von</strong> ^ abwärts<br />

bis 3; für 9—5 s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Zahlwörter geschrieben,<br />

für 4—8 MM und M^. In <strong>die</strong>sen Zahlen hatte<br />

man Angaben <strong>über</strong> <strong>die</strong> Qualität <strong>der</strong> Stoffe gesehen :<br />

, Dreifaden- Gewebe' usw. Stevenson-Smith<br />

kommt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>gehenden Untersuchung: The<br />

Old K<strong>in</strong>gdom l<strong>in</strong>en list (A.Z. 71, S. 134ff.) zu<br />

e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Ergebnis: ,The l<strong>in</strong>en list would<br />

then represent by its head<strong>in</strong>gs certa<strong>in</strong> qualities<br />

of cloth differenciated by f<strong>in</strong>eness, colour and<br />

material employed, while its subdivisions represent<br />

the width of the cloth employed and the amounts<br />

of the material to be supplied.'<br />

Unter den Gowandlisten steht <strong>in</strong> zwei eigenen<br />

Fel<strong>der</strong>n - 1^ (] ^ ö'l'l<br />

69


70 Hehmaxx Junket?.<br />

Ill V \ V<br />

,23.600 ri«;;-. «-Krüge Öl'. H<strong>in</strong>ter<br />

o o o<br />

hat<br />

noch wenigstens e<strong>in</strong> Zeichen gestanden, das dann<br />

durch den später aufgemalten Türrahmen verdeckt<br />

wurde. Darnach ist nicht 'd ,Fett' geme<strong>in</strong>t, son-<br />

<strong>der</strong>n 1-^ ^^ ö ,01'. So steht auch auf <strong>der</strong> ohen<br />

erwähnten Stele des Nfrj nach <strong>der</strong> Gewandliste<br />

w S T ,<br />

.= D =— w /w>.vwv<br />

=<br />

es folgt <strong>die</strong> i'ir-Salbe; siehe auch das<br />

Giza III, Abb. ol c. Zu dem Namen<br />

des Kruges vgl. Wb. V, 549 [v^ ^ und '^ «^<br />

als Salbgefäß.<br />

y) Das Gerätemagaz<strong>in</strong>.<br />

Der Inhalt des Raumes wird wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> Form<br />

<strong>von</strong> Listen gegeben, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Gegenstände und<br />

ihre Zahl nennen. Erwähnt werden Öle, Hausrat<br />

und Werkzeuge. Die beiden ersten Gruppen er-<br />

sche<strong>in</strong>en <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Gewandliste ähnlichen An-<br />

ordnung, <strong>die</strong> Werkzeuge dagegen werden h<strong>in</strong>ter-<br />

e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, ohne E<strong>in</strong>teilung <strong>in</strong> Fel<strong>der</strong> aufgeführt.<br />

Das hat se<strong>in</strong>en guten Grund. Denn Öle und<br />

Hausgerät s<strong>in</strong>d schon aus alten Listen belegt;<br />

es bestand also e<strong>in</strong>e Überlieferung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Form<br />

<strong>der</strong> Aufzählung. Die Werkzeuge dagegen werden<br />

hier zum erstenmal zusammengestellt. In <strong>der</strong> Liste<br />

ersche<strong>in</strong>en Bestandteile ganz verschiedenen Alters :<br />

<strong>die</strong> Nennung <strong>der</strong> Öle erfolgt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Fassung,<br />

<strong>die</strong> sich erst im Laufe <strong>der</strong> V. Dynastie herausgebildet<br />

hat; <strong>die</strong> Geräteliste greift auf den Anfang<br />

des Alten Reiches zurück; <strong>die</strong> Werkzeuge aus<br />

Kupfer wurden <strong>von</strong> alters her vor den Sarg<br />

gelegt, gewiß nach e<strong>in</strong>er bestimmten Anweisung,<br />

aber <strong>die</strong>se war uns nicht schriftlich <strong>über</strong>liefert.<br />

ö<br />

1<br />

c^cy ööo<br />

Weihraucli und Öle.<br />

-f\ c^<br />

TffilJ- o<br />

Ci<br />

^<br />

Unter den Namen <strong>der</strong> Salben stehen <strong>die</strong><br />

Zahlen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> gewünschte Menge angeben. Sie<br />

schwanken zwischen 1000, bei njhnm und sft,<br />

und 90.000, bei hhj-t timw. Das ist natürlich<br />

re<strong>in</strong>e Willkür. — Vor den Salben wird wie üblich<br />

<strong>der</strong> Weihrauch genannt; hier ohne Deutezeichen<br />

geschrieben. Es müßte O stehen, da es sich hier<br />

wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Opferliste nicht um <strong>die</strong> Räucherung,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>die</strong> Vorräte an Weihrauch handelt. In<br />

den Sargkammern werden entsprechend <strong>die</strong><br />

Weihrauchklumpen (pJrf) wie<strong>der</strong>gegeben; siehe<br />

Jequier, ebenda, Abb. 17.<br />

Die aufgezählten Öle s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> gleichen wie<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> späteren Fassung <strong>der</strong> Opferliste; siehe<br />

Giza III, S. 98 f. Die früher bevorzugten Sorten<br />

ihr, 'ntjw werden nicht mehr erwähnt. Unser<br />

Verzeichnis weicht <strong>von</strong> <strong>der</strong> üblichen Reihenfolge<br />

ab: 1. stj-hb, 2. Ijknw, 3. sft, 4. njhnm, 5. twhv-t,<br />

a.hitj-t-'i, 1. liHj-t-tlmw. Das beruht wohl e<strong>in</strong>fach<br />

auf e<strong>in</strong>er Nachlässigkeit des Schreibers. Er nimmt<br />

es ja auch mit den Schreibungen <strong>der</strong> Namen<br />

nicht genau. Das g^<br />

bei^<br />

,:^c^ ööö<br />

an e<strong>in</strong> h)tj-f-' zu denken, das wie j|<br />

ist natürlich<br />

ist nicht etwa<br />

g^ (Giza III,<br />

Abb. 31) e<strong>in</strong>e Verstärkung bedeuten könnte; es<br />

liegt wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Verschreibung vor, veranlaßt<br />

durch das vorhergehende liHj-t-'&. Auch dürfen wir<br />

nicht als neue Schreibung für tlmio aufnehmen,<br />

neben ) O, ) >?.<br />

Salben und Öle waren dem Ägypter auch<br />

im Totenkult so wichtig, daß er sich nicht damit<br />

begnügte, alle gewünschten Sorten namentlich<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Opferliste aufzuführen; er legte auch <strong>die</strong><br />

dazugehörigen Vasen, Sche<strong>in</strong>gefäße <strong>in</strong> Alabaster<br />

o<strong>der</strong> gebranntem Ton vor den Sarg; auf den<br />

Flachbil<strong>der</strong>u br<strong>in</strong>gen <strong>die</strong> Diener Salböle zusammen<br />

mit den Klei<strong>der</strong>n; o<strong>der</strong> es werden <strong>die</strong> Salbgefäße<br />

mit Inhaltsangabe eigens dargestellt, wie Giza III,<br />

Abb. 31,1 m^^ gQ auch bei <strong>der</strong> Ausschmückung<br />

<strong>der</strong> Sargkammer wie auf unserer Südwand und<br />

Jequier, ebenda, Abb. 18 und 19. Sie fanden sich<br />

schon <strong>in</strong> <strong>der</strong> VI. Dynastie auf den Innenwänden<br />

<strong>der</strong> Särge, wie bei Mrr-t-its, Vorbericht 1914,<br />

S. 29. Das ist wichtig für <strong>die</strong> Entstehung des<br />

Sargschmuckes; siehe auch oben <strong>die</strong> Darstellung<br />

<strong>der</strong> Speicher S. G7 und <strong>die</strong> Darstellung <strong>der</strong> Werk-<br />

zeuge unten S. 72.<br />

Das Verzeichnis <strong>der</strong> Geräte.<br />

Auch für <strong>die</strong> Aufzeichnung <strong>der</strong> Listen des<br />

Hausgeräts <strong>in</strong> den Gräbern war <strong>der</strong> Anfang <strong>der</strong><br />

IV. Dynastie <strong>die</strong> Blütezeit, wenn auch <strong>die</strong> Verzeichnisse<br />

selbst auf e<strong>in</strong>e wesentlich frühere Epoche<br />

weisen. Dann teilten sie das Schicksal <strong>der</strong> Gewand-<br />

' Siehe auch das Herbeischleppen riesiger (Jlgefäße<br />

auf Schlitten, wie Mrrw-kf, Taf. LXIX f.


Beeicht <strong>über</strong> <strong>die</strong> Grabungen auf dem Friedhof <strong>von</strong> GizA.<br />

liste; sie treten noch vere<strong>in</strong>zelt <strong>in</strong> <strong>der</strong> frühen<br />

V. Dynastie auf, bei Ssm-nfr I und Mrj-ih, und<br />

verschw<strong>in</strong>den dann. Aber sie waren nicht <strong>in</strong> Vergessenheit<br />

geraten, wie unser Beleg zeigt. Manche<br />

<strong>der</strong> hier aufgezählten Gegenstände werden <strong>in</strong> den<br />

Darstellungen <strong>der</strong> Kulträume dem Grabherrn als<br />

Gaben gebracht, angefangen <strong>von</strong> MUi L. D. II, 4;<br />

siehe beispielsweise Giza III, Abb. 27 neben <strong>der</strong><br />

Sche<strong>in</strong>tür Diener mit dem ^si-Bett, <strong>der</strong> Kopfstütze,<br />

dem Stock und den Sandalen; Whm-ki:<br />

Diener<strong>in</strong>nen mit dem (^6n-Kasten und dem Wasch-<br />

napf (Klebs, Reliefs, Abb. 9). Auch s<strong>in</strong>d <strong>die</strong><br />

Darstellungen <strong>der</strong> <strong>in</strong> den Listen genannten Ge-<br />

genstände im Haushalt des Grabherrn heran-<br />

zuziehen, da ihm se<strong>in</strong> Besitz im Jenseits ver-<br />

bleiben soll; ebenso <strong>die</strong> Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Tischlerei<br />

mit den fertigen Möbelstücken, Betten, Truhen,<br />

Kopfstützen. Das alles <strong>die</strong>nt zur Erklärung<br />

unserer Liste und des Wandschmucks <strong>in</strong> den<br />

Sargräumen. Auf unserer Südwand f<strong>in</strong>den wir<br />

<strong>die</strong> Betten, Sessel, Kopfstütze, Truhen; Jequier,<br />

ebenda, Abb. 17— 19 <strong>die</strong> Krüge, Kopfstütze,<br />

Schreibzeug, Schmuck, Abb. 50 <strong>die</strong> Truhen;<br />

siehe auch oben S. 44. Auch bei den Geräten<br />

führt somit, trotz e<strong>in</strong>iger W^andlungen, e<strong>in</strong> deutlich<br />

erkennbarer Weg <strong>von</strong> den Listen aus dem Anfang<br />

des Alten Reiches <strong>über</strong> <strong>die</strong> Darstellungen <strong>in</strong> den<br />

Kulträumeu zu dem Bil<strong>der</strong>schmuek <strong>der</strong> Sargkammern<br />

und <strong>der</strong> Särge. Unsere Liste beweist<br />

das Weiterleben auch <strong>von</strong> beson<strong>der</strong>en Zusammen-<br />

stellungen <strong>der</strong> für das Jenseits gewünschten Geräte.<br />

1- ^^ '^;=i<br />

^t-t, das Bett mit vier Füßen,<br />

wie es auf <strong>der</strong> Südwand dargestellt ist; sieiie<br />

aucli das tcd-t H-t auf <strong>der</strong> Westwand des Gan-<br />

ges = Abb. 10. — Das Wort ist liier ohne <strong>die</strong><br />

Endung -^ geschrieben, aber das mag Nachlässig-<br />

keit se<strong>in</strong> und genügt wohl niclit, um e<strong>in</strong>e männ-<br />

liclic Nebenform H zu erschließen.<br />

2.<br />

P<br />

^yi I ü-^ s-t-hn&j , Stuhl zum Sitzen',<br />

\f^=.^ n \f==5. s-t n ht, <strong>der</strong> wolil nur als Rücken-<br />

lehne <strong>die</strong>nte; siehe unten 3 und Südwand. s-thmSj<br />

ist bisher nicht belegt; Wb. III, 97 wird nur e<strong>in</strong><br />

J<br />

I—<br />

I<br />

-^^A<br />

'" ganz an<strong>der</strong>em S<strong>in</strong>ne als<br />

,Woi<strong>in</strong>sitz' erwäl<strong>in</strong>t. Auf <strong>der</strong> Südwand wird unter<br />

den Geräten e<strong>in</strong> Stuhl ganz e<strong>in</strong>facher Form neben<br />

dem it-t-V>ett dargestellt; <strong>in</strong> ilim werden wir<br />

unseren , Stuhl zum Sitzen' zu erkennen iiabcii,<br />

und nicht <strong>in</strong> dem hohen Lehnstulil, <strong>der</strong> auf <strong>der</strong><br />

Westwand des Ganges neben dem Schlafzelt<br />

aufgestellt ist.<br />

3. ^ ist woiil das r^<br />

gsi <strong>der</strong> Liste Murray, Saqq. Mast. I, Taf. II, siehe<br />

Wb. V, 206. Das ^ ist wohl irrtümlich gesetzt<br />

und berechtigt nicht zur Annahme e<strong>in</strong>es gsi-t.<br />

71<br />

Trotz <strong>der</strong> eigentümlichen Form<br />

<strong>der</strong> ersten beiden Zeichen ist "W ^ zu- lesen;<br />

denn <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geräteliste Petrie, Medüm, Taf. XIII<br />

und Ssm-vfr I L. D. II, 28 steht vor Nr. 5 e<strong>in</strong><br />

dankenlos X<br />

^^ .<br />

Unser<br />

Schreiber hat ge-<br />

statt W geschrieben, und das<br />

folgende Zeichen gleicht eher e<strong>in</strong>em ""^ als<br />

e<strong>in</strong>em •-^=-^ .<br />

5_ '\^ msi rfsV-Kasten, entspricht Petrie,<br />

Medüm. Taf. XIII y\\^ U=^ ,<br />

L. D. II, 28<br />

6. ^^ p "^ (res ^ Kopfstütze. Sie ist sowohl<br />

unter den Geräten <strong>der</strong> Südwand wie bei <strong>der</strong><br />

Bereitung des Bettes auf <strong>der</strong> Westwand des<br />

Ganges dargestellt. Sie tritt auch sonst <strong>in</strong> den<br />

Bil<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Sargkammer auf, wie Jequier, ebenda,<br />

Abb. 18, ebenso <strong>in</strong> den Gerätefriesen.<br />

7. ^ c=D Im = Truhe, auch Petrie, Me-<br />

dum, Taf. XIII vor hrj-t-' genannt. Sie <strong>die</strong>nte zur<br />

Aufbewahrung des Le<strong>in</strong>ens; Capart, Memphis,<br />

Abb. 357 steht <strong>über</strong> den Leuten, <strong>die</strong> Stoffe <strong>in</strong><br />

,<br />

e<strong>in</strong>e große rechteckige Truhe legen, \ \\<br />

-<br />

ra ,<br />

8. '^ _ii hrjt-',\Vh.lU, 394, e<strong>in</strong> ovaler<br />

Holzbehälter, hauptsächlich zum Aufbewahren <strong>von</strong><br />

Akten bestimmt; für Form und Verschnürung<br />

siehe Giza III, Taf. V.<br />

9. -^ ^ ri tm) ? Wir kennen e<strong>in</strong> tmi als<br />

Lesezeichen; es stellt e<strong>in</strong> Futteral mit zwei<br />

Bogen dar: '^ ^7 Ö; neben <strong>der</strong> hohen schlanken<br />

Form kommt e<strong>in</strong>e breitere, unten gerundete vor,<br />

bei <strong>der</strong> <strong>die</strong> Bogen niclit li<strong>in</strong>ter- o<strong>der</strong> nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

stehen, son<strong>der</strong>n mit dem Rücken gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

gesetzt sclie<strong>in</strong>on; siehe Wb. V, 307. Aber ke<strong>in</strong>e<br />

<strong>der</strong> beiden Formen will zu unserem Zeichen<br />

passen. Es sielit mehr wie e<strong>in</strong> Gewandstück mit


72 Hermann JünkeE.<br />

Bäu<strong>der</strong>n aus. Man könnte daher an e<strong>in</strong>e aller-<br />

d<strong>in</strong>gs sehr starke Verschreibung denken, an das<br />

S? '^®''<br />

P nYT' Liste Murray, Saqq. Mast. I,<br />

Taf. I; vgl. Wb. II, 32 und ^ Jj.<br />

J^<br />

10. ^ ®g [^=;i Hi^


[Il-KMAXN JlNKKl;: Gi/-A IV<br />

TAF. IX.


Hi:i;iiAXX .TixKKi;: Gizv TV TAF. X.<br />

\Ve^t\v;llla: Wnfl mil 1 l;iii.l\vrrkcrM mir1 rlon I.istPii ilei- Scliiffo und Schirt'-stcile.


Beeicht übee <strong>die</strong> Geabungen auf dem Feiedhof <strong>von</strong> (jiza.<br />

9. nach Wb. V, 386 ist O III'<br />

aus dem Alten Reich belegt, e<strong>in</strong> m<strong>in</strong>eralischer<br />

Stoff, <strong>der</strong> aus Elefant<strong>in</strong>e geholt wird.<br />

Die Aufzeichnung <strong>der</strong> Werkzeuge <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Liste hängt mit dem Brauch zusammen, dem<br />

Verstorbenen neben Speise und Trank auch e<strong>in</strong>e<br />

Anzahl Kupfer<strong>in</strong>strumente vor den Sarg zu legen.<br />

In <strong>der</strong> Urzeit sollte er möglichst viel <strong>von</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Besitz, beson<strong>der</strong>s kostbare Sachen, als Grabbei-<br />

gabe erhalten, und zu den wertvollsten D<strong>in</strong>gen<br />

gehörte damals das Kupfer, das vor allem bei<br />

Instrumenten verwendet wurde. So ist das Auf-<br />

treten <strong>von</strong> den Metallteilen <strong>der</strong> Werkzeuge, Äxte,<br />

Meißel und Messer <strong>in</strong> den Gräbern <strong>der</strong> Frühzeit<br />

zu erklären. Im Alten Reich begnügte man sich<br />

mit e<strong>in</strong>em Satz <strong>von</strong> kle<strong>in</strong>en Sche<strong>in</strong><strong>in</strong>strumenten.<br />

Hier treten bestimmte Formen auf, und wir<br />

müssen annehmen, daß für sie e<strong>in</strong> geordnetes<br />

Verzeichnis vorhanden war. E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Frage<br />

ist, was <strong>der</strong> Tote mit den Werkzeugen anfangen<br />

sollte. Wenn er im Jenseits se<strong>in</strong>en Hausiialt<br />

weiterführte, waren <strong>die</strong>se Kupfersachen <strong>von</strong> Wert<br />

für <strong>die</strong> Anfertigung <strong>der</strong> Geräte, <strong>der</strong>en er bedurfte.<br />

In dem benachbarten Hof <strong>der</strong> Werft sehen wir<br />

<strong>die</strong> Arbeiter Axt und Dächsei handhaben und<br />

<strong>in</strong> dem Tiegel Metall schmelzen. Sie benützen<br />

also e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gerätekammer auf-<br />

bewahrten Werkzeuge. Ebensogut hätte <strong>der</strong><br />

Zeichner bei <strong>die</strong>ser, statt nur <strong>die</strong> Möbel aufzuzählen,<br />

<strong>der</strong>en Anfertigung darstellen können, und<br />

damit wäre <strong>der</strong> Rest <strong>der</strong> Instrumente <strong>in</strong> Gebrauch.<br />

Wir dürfen daher wohl annehmen, daß unsere<br />

Liste den Zweck hatte, <strong>die</strong> Werkstätten des Grabherrn<br />

im Jenseits mit dem notwendigen Werk-<br />

zeug zu versehen.<br />

8) Die Werft.<br />

Die <strong>in</strong> <strong>der</strong> letzten Kammer aufgezeichnete<br />