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FALSCHE PRIORITÄTEN - Stadtgespräche Rostock

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0.23 __ //// VERANDASTREIT<br />

<strong>Rostock</strong>s Schnäppchen<br />

BJÖRN KLUGER<br />

<strong>Rostock</strong>, das Tor zur Welt - ein Slogan, der weiterhin die aufstrebende<br />

Hansestadt begleiten soll. Eine Reihe von größeren<br />

Unternehmen siedelt im Hafen, die Fähre braucht einen neuen<br />

Anleger, die Kreuzfahrer drängeln um die Wette. Neben diesen<br />

verschiedenen wirtschaftlichen Interessen gibt es aber auch sie<br />

noch – die Einwohner und Einwohnerinnen des „Fleckchens“<br />

Warnemünde. Und die machen mobil. Eine Bürgerinitiative<br />

unter Mitwirkung verschiedener Ingenieure streitet um die Existenz<br />

vieler Anwohner des Bäder- und Touristenortes.<br />

Was ist geschehen?<br />

Seit gut einem Jahr läuft ein Streit um die sogenannten „Veranden“<br />

der Hausbesitzenden. Die Stadt, ausführend das Liegenschafts-<br />

und Bauamtes, versuchte, neue Einnahmen zu generieren.<br />

Unter Berufung auf Landesvorschriften und Eigentumsfragen<br />

verlangt die Hansestadt <strong>Rostock</strong> ein Nutzungsentgelt für<br />

die überbauten Eigentumsflächen der Stadt, auf denen diese<br />

Veranden errichtet worden sind.<br />

Manche von ihnen stehen seit gut 100 Jahren an ihrem Platz,<br />

wurden erweitert, untrennbar mit Hauptgebäuden verbunden<br />

und stets durch die Eigentümer erhalten. Stillschweigend duldete<br />

sie die Stadtverwaltung, kassierte bis 2008 eine Verwaltungsgebühr,<br />

die sie dann aber erließ. Jetzt, zwei Jahre später,<br />

werden die Hauseigentümer/-innen mit dem Anliegen, diesen<br />

Rechtszustand im Sinne der Stadt <strong>Rostock</strong>s zu verändern, erneut<br />

zur Kasse gebeten. Und nun sind mitunter 30.000 bis<br />

40.000 € umgerechnet auf die Nutzfläche. Selbst ein Herstellen<br />

des ursprünglichen Zustandes durch die Eigentümer – von Abriss<br />

bis Rückbau – lassen Erhaltungssatzung / Sanierungssatzung<br />

und Denkmalschutz nicht zu. Aber mal ehrlich – Warnemünde<br />

ohne Veranden in den Gassen und am Alten Strom, was<br />

bleibt dann noch?<br />

Oder steckt dahinter der Versuch, Warnemünde als Luxusort<br />

zu etablieren? Die Mittelmole, das Areal für das Sporthotel, die<br />

„Dünenlandschaft“ für eine Freizeiteinrichtung - alle Grundstücke<br />

in Filetlage gingen weg wie warme Semmeln und dies zu<br />

Grundstückspreisen von 20 bis zu max. 200 €/m2.<br />

Warum zahlte die WIRO als hundertprozentige städtische<br />

Tochter für 70.000 m2 nur 14,0 Mio € (200€/m2), ging die beste<br />

Warnow_Innenstadtlage für die BG Neptun mal eben für<br />

knapp 120 €/m2 über den Tisch, steht das Sporthotel bald auf<br />

einen Grundstück, das für einen Preis von 21 €/m2 in der Parkstraße<br />

in Warnemünde verscherbelt wurde. Wurden hier geringere<br />

Preise im Dienste von Investoreninteressen angesetzt?<br />

Welche Absprachen liefen hinsichtlich der Grundstücksveräußerungen,<br />

welche Zielvereinbarungen konnten die Verkäufe erzielen?<br />

Was soll letztendlich an der Mittelmole entstehen?<br />

Welche Klientel wird sich dort heimisch fühlen dürfen?<br />

Ist das gerecht, dass das Herz Warnemündes einmal mehr von<br />

der Hansestadt in die Zange genommen wird? Sind die Einwohner/-innen<br />

selbst schuld, wenn sie nach dem Grundsatz<br />

von Treu und Glauben auf den Bestandsschutz zu vertrauen?<br />

Das Landgericht <strong>Rostock</strong> sprach 2004 mit dem so genannten<br />

Schippmann-Urteil (AZ. 1 S 161/03) den Einwohnern/-innen<br />

die Rechtmäßigkeit am Eigentum zu und setzte sogar das Einverständnis<br />

der Stadt durch Duldung der bekannten Zustände<br />

voraus. Zudem wurde der wirtschaftliche Nutzen der Stadt für<br />

diese Verandaflächen mit 0 € beziffert. Die Duldung wurde<br />

daraufhin seitens der Stadt durch die Kündigung der „Leihverträge“<br />

am 04.02.2010 unterbrochen. Seitdem hängt der<br />

Haussegen in Warnemünde wieder richtig schief.<br />

Neben dem jahrlangen Vertrauen auf die geduldete Rechtslage<br />

(ob aus Unkenntnis oder Fahrlässigkeit der Stadt sei dahingestellt)<br />

verließen sich die Anwohnenden darauf, dass der Bestandsschutz<br />

ihnen diese Bauten in ihrem Zustand sicherte<br />

(stillschweigender Leihvertrag unter Duldung der Stadt). Neben<br />

der Einstufung der Veranden als Überbau gemeindlicher<br />

Fläche sowie dem Bestandsschutz der entstandenen Anlagen ist<br />

mittlerweile unstrittig, dass eine Geldrente dem Eigentümer<br />

der Grundfläche (hier der Stadt <strong>Rostock</strong>) für den Zeitpunkt<br />

der Grenzüberschreitung zusteht. Bis hierhin sind die Vorstellungen<br />

der Anwohner ziemlich ähnlich. Nun wurde jedoch ein<br />

aktueller Verkehrswert der teilweise seit 100 Jahren bestehenden<br />

Veranden angesetzt. Und nicht nur das. Da die Veranden<br />

bekanntlich zum Ortskern Warnemündes und zur Beschaulich-

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