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Gyps fulvus - Nationalpark Berchtesgaden

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schon genug geschundenen Lebensgemeinschaften<br />

vertragen wohl kaum eine Anpassung an jagdliches Ertragsdenken.<br />

Greifvogelforschung als Fundament<br />

für Schutzmaßnahmen<br />

Artenschutzmaßnahmen sind nur dann langfristig erfolgversprechend,<br />

wenn sie auf einem Fundament gesicherter<br />

naturwissenschaftlicher Erkenntnisse aufbauen. In<br />

vielen Bereichen des Greifvogelschutzes fehlen uns<br />

trotz der Fülle von Veröffentlichungen der letzten Jahre<br />

immer noch präzise Ergebnisse in bestimmten Detailbereichen.<br />

Gerade in der Greifvogelforschung erscheint<br />

mir eine Symbiose von exakter Wissenschaft mit praktischer<br />

Vogelkunde möglich, ja erstrebenswert.<br />

Dieses Gemisch von Freilanderfahrung, Standortkenntnis,<br />

Interesse, Sachverstand und wissenschaftlichem<br />

know how braucht nur einen Katalysator, um zu einer<br />

Verbindung zu verschmelzen, welche sich den offenen<br />

Fragen auf diesem Gebiet stellt.<br />

Wenn Forschungen einem Gegenstand gelten, der kontrovers<br />

diskutiert wird, der von Vorurteilen und Mutmaßungen<br />

überfrachtet ist, muß in ganz besonderem Maße<br />

das gemeinsame Fundament allen forschenden Suchens<br />

die Verpflichtung zur Wahrheit sein.<br />

Es ist meines Erachtens ein Unding, wenn, abgesehen<br />

von der obsoleten Methodik und den biologischen Mängeln,<br />

der BJV bei seiner flächendeckenden Greifvogelbestandsaufnahme<br />

in Bayern 1980 den Mitarbeitern im<br />

Begleitschreiben zu den Arbeitsunterlagen schon im<br />

voraus eine Überpopulation von Greifvögeln suggeriert<br />

und als Erhebungsziel die Wiedereinführung einer Jagdund<br />

Fangzeit angibt. So können keine objektiven Daten<br />

gewonnen werden, so wird Arbeitskraft vertan.<br />

Die Wandlung des Wissenschaftsbegriffes seit dem 19.<br />

Jahrhundert hat veränderte Bedingungen entstehen lassen.<br />

Das Erkennen um seiner selbst willen ist der empirischen<br />

Einzelforschung gewichen.<br />

Die Notwendigkeit riesiger Forschungsmittel in den Naturwissenschaften<br />

hat ein neues Bezugssystem von<br />

Wissenschaft zu Politik und Staat geformt. Im Vergleich<br />

zu den kostspieligen, apparativ aufwendigen Forschungen<br />

in manchen Bereichen nimmt sich der Mittelbedarf<br />

für angewandte Artenschutzuntersuchungen eher bescheiden<br />

aus. Der Staat und seine Verantwortlichen<br />

müssen aber erkennen, daß diese Sparte angewandter<br />

Biologie mehr finanzielle Förderu"g braucht als bisher.<br />

Die Fragestellungen sind zahlreich, die Antworten werden<br />

dringend gebraucht.<br />

Greifvogelforschung darf nicht durch von außen auferlegte<br />

Gruppenrelevanz eingeengt sein, sie muß von ausgebildeten<br />

Fachleuten betrieben, zumindest geleitet und<br />

verantwortet werden. Um die Freiheit solcher Forschung<br />

zu gewährleisten, muß die öffentliche Hand den finanziellen<br />

Rahmen dazu bereitstellen.<br />

12<br />

Noch viele offene Fragen<br />

in der Greifvogelforschung<br />

Das Dickicht der wuchernden Meinungen über tatsächliche<br />

Greifvogelbestände in unserem Land sollte gelichtet<br />

werden. Die quantitative Ermittlung von Tierbeständen<br />

ist methodisch etwas grundsätzlich anderes als das inventurmäßige<br />

Abzählen irgendwelcher Lagerbestände.<br />

Hierin mag der Grund liegen, daß Bestandszahlen, die<br />

ohne die erforderliche Methodenkritik erarbeitet worden<br />

sind, einer Nachprüfung nicht standhalten. Ein Abweichen<br />

der Zählergebnisse einiger Revierpächter von der<br />

Realität bis zu 700 % wurden von Bezzel bei gezielten<br />

Nachuntersuchungen in Bayern festgestellt! Mildenberger<br />

und Mebs kommen in ihrem soeben veröffentlichten<br />

Vergleich der Greifvogelbestandsermittlung 1979 des<br />

Landesjagdverbandes NRW mit den Erhebungen Rheinischer<br />

Ornithologen beim Sperber zu ähnlich hohen<br />

Zahlen; bei Mäusebussard und Habicht sind die von Jägern<br />

ermittelten Werte im Landesdurchschnitt dreimal<br />

so hoch wie die Greifvogelbestandszahlen der Ornithologen.<br />

Diese Diskrepanz in den Ergebnissen zeigt, wie schwierig<br />

verläßliche Werte über den Brutbestand einiger Greifvögel<br />

zu erheben sind. Damit qualifiziert erarbeitete Ergebnisse<br />

akzeptiert und respektiert werden und nicht,<br />

wie vorgekommen, als praxisferne, wissenschaftliche<br />

Papiertiger beiseite gelegt werden, sollten sich Vogelschützer<br />

wie Jäger daran beteiligen. Daß während solcher<br />

Untersuchungen die Bejagung ruhen muß, versteht<br />

sich von selbst.<br />

Solche Erhebungen können schon aus Mangel an qualifizierten<br />

Mitarbeitern nicht flächendeckend für ein ganzes<br />

Bundesland konzipiert werden, das ist auch nicht<br />

notwendig.<br />

Da Momentaufnahmen in diesem Zusammenhang<br />

kaum von wissenschaftlichem Wert sind, müssen solche<br />

Untersuchungen langfristig in ausgewählten Probeflächen<br />

unternommen werden. So können lokale Populationsschwankungen<br />

erfaßt und ihre Bedeutung für den<br />

Gesamtbestand richtig interpretiert werden. In ein solches<br />

Programm lassen sich Untersuchungen über den<br />

Ausflugerfolg und die Reproduktionsrate einbinden.<br />

Was bestimmt die Populationsdichten der einzelnen<br />

Greifvogelarten?<br />

Die quantitative wie qualitative Erfassung der bedingenden<br />

Parameter ist sicher aufwendig und schwierig, aber<br />

für den Artenschutz bedeutsam. Die thematisch verwandten<br />

Dispersionsuntersuchungen und die Frage<br />

nach den Auslösemechanismen des Zugverhaltens, besonders<br />

bei Mäusebussard und Habicht in höheren Lagen,<br />

müssen weiter geklärt werden.<br />

So scheint beispielsweise die Rückkunft des Habichts in<br />

seine Brutreviere im hinteren Bayerischen Wald von der<br />

Schneelage unabhängig zu sein (Sperber münd!.).<br />

Wie hoch ist die optimale Siedlungsdichte einer Greifvogelart,<br />

wann muß sie als suboptimal bezeichnet werden?

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