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Gyps fulvus - Nationalpark Berchtesgaden

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weihe, sind in der flächen mäßig viel kleineren DDR häufiger<br />

als bei uns; der Fischadler ist bei uns ausgestorben;<br />

Ansiedlungsversuche, die bei uns Fischadler immer wieder<br />

von selbst unternehmen, sind alle vereitelt worden<br />

und zwar seit Jahrzehnten. In der DDR war dagegen<br />

nach 1945 eine deutliche Bestandszunahme erkennbar,<br />

begünstigt durch konsequente Jagdruhe und gesetzlichen<br />

Schutz an den Brutplätzen der Fischadler.<br />

Beim Seeadler ergibt sich praktisch das gleiche Bild:<br />

Dem kleinen Häuflein von 5 Brutpaaren in Schleswig­<br />

Holstein, die mit aufwendigen Schutz- und Bewachungsmaßnahmen<br />

von Saison zu Saison hinübergerettet<br />

werden müssen, stehen in der DDR rund 100 Brutpaare<br />

gegenüber: der Bestand ist stabil. An dieser kurzen<br />

Bilanz ändert grundsätzlich auch die Tatsache<br />

nichts, daß die DDR im Vergleich zum heutigen Areal<br />

einiger der genannten Greifvogelarten günstiger liegt.<br />

Der Fischadler war vor 100-150 Jahren zum Beispiel in<br />

allen Teilen der heutigen Bundesrepublik heimisch.<br />

In diesem Zusammenhang wäre noch vieles eine genauere<br />

Untersuchung wert. Schon dieser begrenzte<br />

Vergleich macht aber deutlich, daß wir alles daransetzen<br />

müssen, damit nicht mitten durch Deutschland auch<br />

noch eine neue tiergeographische Grenze entsteht.<br />

Ein Renommee wird verspielt<br />

Bayern war einmal ein Pionierland eines ökologisch richtigen<br />

und sinnvollen Greifvogelschutzes. Mit welchen<br />

Argumenten gehen bestimmte Gruppen daran, dieses<br />

Renommee und möglicherweise auch die Existenz seltener<br />

Greifvogelarten aufs Spiel zu setzen, indem sie eine<br />

Bejagung von Mäusebussard und Habicht fordern?<br />

Begründet wird diese Absicht mit folgenden Argumenten:<br />

(jeweils wörtlich oder sinngemäß zitiert nach jeweils<br />

offiziellen Verlautbarungen des Bayerischen Landesjagdverbandes,<br />

bzw. des Ausschusses für Biotophege<br />

und Naturschutz des Landesjagdverbandes Hessen)<br />

- der Überpopulation vor allem des Habichts, aber auch<br />

des Mäusebussards<br />

- die Naturschutzarbeit der Jägerschaft wird gefährdet,<br />

wenn man Greifvögel ganzjährig schützt<br />

- man müsse die Greifvögel auf die Bestände des Niederwildes<br />

herunterregulieren<br />

- die nachweislich eingetretene Bestandsvermehrung<br />

von Mäusebussard und Habicht ist ursächlich daran<br />

schuld, daß die Niederwildbestände in weiten Teilen<br />

der BRD, insbesondere bei Rebhuhn, Hase, Fasan<br />

und Kaninchen, aber auch die Population der Wildtauben,<br />

Häher und vieler Kleinvögel, stark zurückgegangen<br />

und teilweise in ihrer Existenz bedroht sind.<br />

Pro und contra Habicht und Mäusebussard<br />

Vorerst einmal: Bussard und Habicht hatten bei uns<br />

noch nie natürliche Feinde, die auf die Bestandsentwicklung<br />

dieser Greife einen Einfluß hätten ausüben können.<br />

10<br />

Die Population des Mäusebussards hat bei uns die Phase<br />

der dichteabhängigen Selbstregulation erreicht, die in<br />

Regelkreisen mit negativer Rückkoppelung arbeitet. Die<br />

Bestände schwanken also um langjährige Mittelwerte.<br />

Ein Verdünnen durch Bejagung ist gar nicht möglich, es<br />

sei denn, man wollte den Bestand an diesen Tieren auf<br />

etwa 20-30 % der gegenwärtigen Höhe herunterschießen.<br />

Das aber, so hoffe ich, will keiner. Die Bejagung ist<br />

also weder notwendig, noch als Regulationsmechanismus<br />

sinnvoll. Aus Gründen des Artenschutzes ist sie<br />

auch lokal abzulehnen.<br />

Der Bestand des Habichts hat sich seit 1970 etwas erhöht.<br />

Besonders in stadtnahen Gebieten scheint Zunahme<br />

eingetreten zu sein. Er ist ebenso dabei, alte Habichtssiedlungsräume<br />

wieder zu besetzen; dabei kommt<br />

der Waldstruktur für die Siedlungsdichte und der Biotopstruktur<br />

für seine Beziehung zur Beute entscheidende<br />

Bedeutung zu. Merkliche Einbußen an Niederwild sind<br />

nur dort zu erwarten, wo die ökologischen Gegebenheiten<br />

stabile Niederwildbestände ohnehin nicht mehr zulassen.<br />

Entscheidend für alle Wildtiere ist die Tragfähigkeit<br />

des Lebensraumes, die durch die essentiellen Biotoprequisiten<br />

weitgehend bestimmt wird.<br />

Auch hier gilt, daß der Habichtbestand niemals höher<br />

sein kann, als es das Nahrungsangebot zuläßt. Der Beutefangerfolg<br />

hängt ab von dessen Häufigkeit, dessen<br />

Verteilungsmuster und dessen Erreichbarkeit.<br />

Wir Menschen sorgen gegenwärtig dafür, daß der Habicht<br />

den Ausfall von Wildtieren in seinem Speisezettel<br />

durch neue Nahrungsquellen kompensieren kann. Das<br />

Angebot von Kleinsäugern, Krähen, Drosseln usw. ist in<br />

unserer Wohlstandsgesellschaft mit ihrem Zivilisationsmüll<br />

jahrelang gewachsen. Erst jetzt beginnt der Vollzug<br />

der im Abfallbeseitigungsgesetz formulierten Bestimmungen<br />

eine langsame Anderung anzudeuten. Gezielte<br />

Fütterungen von Singvögeln und Fasanen addieren sich<br />

zu diesem reichlichen Nahrungsangebot.<br />

Eine Bejagung durch Einzeiabschuß oder die sogenannte<br />

»sinnvolle« Bejagung zur Wiederherstellung des biologischen<br />

Gleichgewichtes kann allein wegen dieser<br />

vorhandenen »Ausweichnahrung« keine Wirkung zeigen,<br />

da Junghabichte in Reviere einwandern, aus denen<br />

Alttiere durch Abschuß oder Abfang beseitigt wurden.<br />

Der Habichtsbestand reagiert außerdem mit früherer<br />

Geschlechtsreife und höheren Nachwuchsraten auf solche<br />

anthropogenen Manipulationen.<br />

Auch hier wäre eine deutlich spürbare Ausdünnung der<br />

Habichtspopulation, ähnlich wie Ende der 60er Jahre,<br />

erst über die Ausrottung in großen Arealen oder Massenfang<br />

möglich. Das widerspräche jedem Gesetz und<br />

jeder Moral.<br />

Verluste an Hausgeflügel durch Habichte sind häufig<br />

maßlos übertrieben, Abwehrmöglichkeiten vorhanden.<br />

Sie müssen nur gewollt und erprobt werden. Die Erstattungsmentalität<br />

unserer Gesellschaft schreit aber viel<br />

leichter nach Entschädigung oder nach Abschuß, als<br />

daß die Betroffenen sich an die Sorgfaltspflicht erinnerten,<br />

die sie der ihnen anvertrauten Kreatur gegenüber zu<br />

übernehmen haben.

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