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Gyps fulvus - Nationalpark Berchtesgaden

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zum Glück in sachkundige Hände geraten war, sehr<br />

rasch und kam in den Zoo zurück. Es war überaus erstaunlich,<br />

wie schlagartig die neu hinzugekommenen<br />

Gänsegeier, die zuvor überaus scheu und ängstlich<br />

waren, sich dem Verhalten der übrigen Gruppe anglichen.<br />

Es konnte beobachtet werden, daß sie sich sofort<br />

von Besuchern berühren und streicheln ließen.<br />

Die direkte Eingliederung in die Gruppe scheint von<br />

besonderer Bedeutung zu sein. Im Freiland (Rauristal),<br />

wo einer der wichtigsten Schlafplätze der freilebenden<br />

übersammernden Gänsegeier liegt, wurde<br />

zunächst versucht, analog vorzugehen.<br />

Ein Futterplatz wurde beschickt und zwei Gänsegeier<br />

in eine kleine Voliere, die an der dem Futterplatz zugewandten<br />

Seite durch eine Schiebetür geöffnet werden<br />

konnte, eingesetzt. Da die ausgelegten Tierkadaver<br />

drei Tage lang nicht von Geiern angenommen<br />

wurden, entschlossen wir uns, die Geier ohne Sichtkontakt<br />

mit freilebenden Artgenossen freizulassen.<br />

Letztere überflogen regelmäßig den Futterplatz in<br />

großer Höhe und wir hofften, sie würden Anschluß finden.<br />

Zwei weitere Gänsegeier wurden in der Abenddämmerung<br />

in den oberen Bereich der Schlafwand<br />

transportiert und dort in Sichtweite zur Wand am<br />

Waldboden freigesetzt. Beiden Geiern gelang es am<br />

nächsten Morgen, sich in die abfliegenden Artgenossen<br />

zu mischen. Einer der beiden wirkte jedoch beim<br />

Kreisen unsicher, kam immer tiefer und wir verloren<br />

ihn schließlich aus dem Blickfeld. Von diesen vier freigelassenen<br />

Gänsegeiern wurden drei zurückgemeldet.<br />

Zwei davon wurden stark abgemagert und flugunfähig<br />

in Talnähe in Mittersill und in Oberbayern aufgegriffen.<br />

Beide erholten sich rasch wieder. Der dritte<br />

Vogel wurde im Frühjahr nach der Freilassung im<br />

Mölltal verludert aufgefunden. Die Todesursache ließ<br />

sich aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes<br />

nicht mehr eruiren, doch vermuten wir, daß auch dieser<br />

Vogel keinen Anschluß an die freilebenden Geier<br />

gefunden hat und deshalb nicht in der Lage war, sich<br />

ausreichend zu ernähren.<br />

Ausschlaggebend für den schlechten Erfolg dürfte<br />

auch der zu späte Zeitpunkt der Freisetzung gewesen<br />

sein. Die Geier wurden erst im September freigelassen<br />

und hatten deshalb nur wenige Wochen Zeit, Anschluß<br />

zu finden. Diese Versuche sollen mit einigen<br />

Modifikationen in den nächsten Jahren fortgesetzt<br />

werden, da sie auch wertvolle Hinweise für die geplante<br />

Wiedereinbürgerung des Bartgeiers in den Alpen<br />

liefern können.<br />

Von 600 bisher freigelassenen Greifvögeln und Eulen<br />

erhielten wir bisher 40 Ringrückmeldungen. Insgesamt<br />

6 davon betrafen Tiere, die verhungert bzw.<br />

hochgradig abgemagert waren (3 Gänsegeier, 3<br />

Schleiereulen). Alle anderen Rückmeldungen beziehen<br />

sich auf Individuen, die durch ein Trauma (Freßfeinde,<br />

Abschuß, Fallenfang, Kraftfahrzeuge und Züge<br />

usw.), weiters durch Ertrinken und andere Ursachen<br />

ums Leben gekommen waren. Vier Individuen<br />

wurden lebend gefangen, kontrolliert und anschließend<br />

wieder freigelassen.<br />

44<br />

Wir glauben deshalb, daß die beschriebenen Methoden,<br />

mit Ausnahme der letzteren, durchaus praxisreif<br />

sind und empfohlen werden können. Wir sind deshalb<br />

zuversichtlich, auch hinsichtlich unserer großen<br />

Geierarten, Gänsegeier und Bartgeier, Techniken zu<br />

finden, die eine risikoarme und schonende Verwilderung<br />

gewährleisten.<br />

Literaturhinweise:<br />

COOPER, J.E. u. GIBSON L. (1980): The assessment 01 health in casualty<br />

birds 01 prey intended lor release.<br />

The Veterinary Record 4, 12, 340-341<br />

HERRLINGER, E. (1973): Die Wiedereinbürgerung des Uhus (Bubo<br />

bubo) in der Bundesrepublik Deutschland.<br />

Bonner Zoologische Monographien 4, pp. 151<br />

MEYBURG, B. U. (1971): Versuche zur künstlichen Steigerung der<br />

Vermehrungsrate des Schreiadlers (Aquila pomarina) zu seinem<br />

Schutze. Beitr. Vogelkd., Leipzig 17,207-227.<br />

MEYBURG, B.U. u. GARZ6N HEYDT J. (1973): Sobre la proteccion<br />

de Aquila Imperial (Aquila heliaca adalberti) aminorando artilimente<br />

la mortandad juvenil.<br />

Ardeola XIX, 107-128.<br />

MEYBURG, B.-U. (1978): Productivity manipulation in wild eagles.<br />

Bird 01 Prey Management Technignes. T.G. beer Ed. 1978 British<br />

Falconers' Club 81-83.<br />

Anschrift des Verfassers:<br />

Ass.-Arzt Dr. Hans Frey<br />

Institut für Parasitologie<br />

und Allg. Zoologie der<br />

Veto Med. Universität Wien<br />

Linke Bahngasse 11<br />

A-1030 Wien

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