Gyps fulvus - Nationalpark Berchtesgaden
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Es waren Egoismus, Nützlichkeits- und Ertragsstreben<br />
um jeden Preis - also im Regelfall auf Kosten der Natur,<br />
die in erschreckendem Umfang immer noch wohlfeile<br />
Münze ist -, die aus diesen Vögeln eine weltweit bedrohte<br />
Gruppe gemacht haben.<br />
Dieses menschliche Fehlverhalten hat Tradition. Ein von<br />
Beuteneid geprägtes Feindverhältnis, das aus einer antiquierten<br />
Schaden/Nutzen-Ideologie seine Wurzeln<br />
zieht, erschwert die Diskussion. Es ist eingebettet in ein<br />
"Macht Euch die Erde untertan« -Denken, das nun fast 2<br />
Jahrtausende lang im abendländischen Kulturkreis moralische<br />
Rechtfertigung für unmoralischen Umgang mit<br />
der Schöpfung abgegeben hat.<br />
Die Kirche hat die längst fällige Neubesinnung ihres<br />
Standortes in dieser Frage auf der diesjährigen Fuldaer<br />
Herbstvollversammlung der kath. Bischöfe Deutschlands<br />
vorgenommen: »Die Vielfalt der Arten der Pflanzen<br />
und Tierwelt gehört zum Grundbestand der Schöpfung,<br />
den der Mensch als Beherrscher und Gestalter dieser<br />
Welt zu hüten hat«.<br />
Dies ist eine deutliche Aufforderung zum Artenschutz.<br />
Artenschutz heißt aber auch Greifvogelschutz.<br />
Bis zum 19. Jahrhundert waren die Greifvögel in das relativ<br />
enge Netz der Artenvielfalt in unserem Land eingebunden.<br />
Als sich dann die reinen Nützlichkeitsdenker,<br />
ob nun in Gestalt von Jägern, Bauern oder Vogelschützern,<br />
dieser Vogelgruppe annahmen, ging es, wie bei allen<br />
anderen leicht erreichbaren Predatoren, mit den Beständen<br />
bergab.<br />
Nach 1945 war ihnen eine kurze Erholungspause vergönnt;<br />
die Anzahl der Tiere hat sich in der folgenden Zeit<br />
aber so verringert, daß die Weihen, der Wanderfalke, die<br />
Milane, der Steinadler und der Habicht lokal ganz verschwanden,<br />
ihre Population auch großräumig gefährdet<br />
war.<br />
In der Zwischenzeit hatte man mehr über die Räuber/<br />
Beute - Beziehung gelernt und genauere Kenntnisse<br />
über die Bestandsregulierungsmechanismen gewonnen.<br />
Der Gefährdungsgrad und die schon zum biologischen<br />
Grundwissen gewordene Wahrheit, daß Greifvögel nicht<br />
ihre Beute regulieren, sondern weitgehend von deren<br />
Erreichbarkeit reguliert werden, haben dazu geführt,<br />
daß 1971 in Bayern für sämtliche Greifvögel Jagdverschonung<br />
verordnet wurde.<br />
Daß dieser Schutz sämtlichen Greifvögeln galt, ist unter<br />
artenschützerischen Gesichtspunkten die einzig richtige<br />
Entscheidung, weil Greifvögel in freier Wildbahn schwierig,<br />
zum Teil extrem schwierig, zu unterscheiden sind.<br />
Will man also eine Art erfolgreich schützen, müssen aufgrund<br />
dieser Verwechslungsgefahr alle Arten geschützt<br />
werden.<br />
Eine Entscheidung, die eine Reihe unserer Nachbarländer<br />
schon erheblich früher vollzogen hatten - die Niederlande<br />
und die Schweiz zum Bespiel.<br />
Die lokale wie weltweite Bedrohung der Greifvögel hat<br />
8<br />
eine Reihe von Entschließungen, Verordnungen und<br />
Gesetzesänderungen bewirkt: Auf internationaler Ebene<br />
entstand das Washingtoner Artenschutzabkommen<br />
und der Europarat verabschiedete das "Übereinkommen<br />
über die Erhaltung wildwachsender Pflanzen und<br />
wildlebender Tiere und natürlicher Lebensstätten in Europa.«<br />
So ist es nach jahrz,ehntelangen Mühen der Vogel- und<br />
Naturschutzorganisation gelungen, in 14 Staaten der<br />
europäischen Gemeinschaft und des Europarates völlige<br />
Jagdruhe für Greifvögel zu erreichen, zuletzt in Griechenland<br />
1979.<br />
Die Rechtssituation im Greifvogelschutz<br />
Zurück nach Deutschland: Bei uns dürfen seit Inkraftreten<br />
der Bundesverordnung über die Jagdzeiten vom 2.<br />
4. 1977 in der gesamten BRD Greifvögel nicht mehr bejagt<br />
werden. Wie schon bei der Festlegung der Jagdverschonung<br />
in Bayern 1971 gibt es, wie allgemein bekannt,<br />
zu diesem generellen Abschußverbot zwei Ausnahmen,<br />
die in den §§ 22 und 27 des Bundesjagdgesetzes<br />
festgelegt sind:<br />
So wird beispielsweise die Jagdbehörde ermächtigt, gemäß<br />
§ 22 Abs. 2 bei Störung des biologischen Gleichgewichts<br />
und nach § 27 Abs. 1 bei übermäßigem Wildschaden<br />
Jagdzeiten festzusetzen bzw. entsprechende Einzelanordnungen<br />
zu treffen.<br />
Soweit - sogut.<br />
Der ganzjährige, großräumige Schutz aller Greifvögel<br />
hat also Gesetzeskraft. Daß zu bestimmten Gesetzen<br />
Ausnahmeregelungen vorhanden sein sollen, wird von<br />
uns nicht bestritten. Wir haben auch den Vollzug akzeptiert,<br />
solange man ihn nicht unter falsch verstandener<br />
Bürgernähe und Verwaltungsvereinfachung delegiert<br />
hat.<br />
Die Neuformulierung des Bundesjagdgesetzes 1976 hat<br />
die Novellierung der Landesjagdgesetze nach sich gezogen.<br />
Im Zuge dieser Entwicklung sind in manchen<br />
Bundesländern - auch in Bayern - die Kompetenzen,<br />
welche die Ausnahmen regeln, von der Regierungsebene<br />
auf die Kreisverwaltungen - also Unteren Jagdbehörden<br />
- übertragen worden.<br />
Es ist dort laut ministeriellem Schreiben vom 11 . Februar<br />
1980 vor Erteilung einer Ausnahme zu prüfen, ob durch<br />
Mäusebussard oder Habicht das biologische Gleichgewicht<br />
örtlich tatsächlich gestört ist. Die Ausnahmevorschriften<br />
sind - so das Ministerium - eng auszulegen.<br />
Es bleibt niemandem verborgen, daß mit erdrückender<br />
Regelmäßigkeit seit Jahren in den Wintermonaten in<br />
den Lokal- und Regionalspalten vieler Zeitungen Berichte<br />
auftauchen, welche die Greifvögel als schädliche,<br />
maßlos gefräßige, in Überzahl vorhandene, gefährliche<br />
Vögel darstellen.<br />
In der Regel beziehenden diese Artikel ihre Aussagen<br />
direkt oder indirekt aus bestimmten Jägerkreisen.<br />
Ein erheblicher Teil der Jägerschaft, der biologisch<br />
denkt und argumentiert, beteiligt sich nicht am Aufbau