BRÜCKENBAUWERKE - zeitschrift-brueckenbau Construction und ...
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Ausgabe 4 . 2011<br />
<strong>BRÜCKENBAUWERKE</strong><br />
Talbrücke über die Schorgast Holzbrücke bei Schwarzach<br />
Severinsbrücke in Köln Brücke bei Harderwijk<br />
Karolinentalbrücke in Eisenach Hardanger-Brücke in Norwegen<br />
Hubbrücke in den Niederlanden<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
x x x<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU ISSN 1867-643X<br />
1
BRÜCKENBAU<br />
CONSTRUCTION & ENGINEERING<br />
wird das große Thema sein,<br />
wenn wir am 7. + 8. Februar 2012<br />
wiederum nach Leipzig<br />
zum<br />
12. Symposium Brückenbau<br />
einladen.<br />
Über 15 hochaktuelle Projekte werden von führenden<br />
Vertretern großer Planungsbüros, Bauunternehmen<br />
<strong>und</strong> Hochschulen sowie von Auftraggebern aus<br />
dem In- <strong>und</strong> Ausland präsentiert.<br />
Wir freuen uns auf Sie.<br />
Wir informieren Sie gerne, wenn Sie die Unterlagen<br />
wie den vorläufigen Themenplan mit Referentenverzeichnis<br />
<strong>und</strong> Teilnahmebedingungen per Mail<br />
(kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de) anfordern.<br />
Ideeller Träger<br />
Deutscher Stahlbau-Verband DSTV<br />
Weitere Informationen <strong>und</strong> Anmeldung<br />
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mit MixedMedia Konzepts<br />
Biebricher Allee 11 b<br />
65187 Wiesbaden<br />
Tel.: 0611/98 12 92-0<br />
Fax: 0611/80 12 52<br />
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Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn<br />
Zur Akzeptanz von Ingenieurbauwerken<br />
Wettbewerbe im (Werte-)Wandel<br />
von Michael Wiederspahn<br />
Architektenwettbewerbe sind populär,<br />
müssen nicht um ihre Legitimation<br />
bangen, sondern dürfen stets auf<br />
Akzeptanz hoffen, werden sie doch von<br />
hochoffizieller Seite als der ideale Weg<br />
angesehen, um die beste Lösung für ein<br />
Struktur-, Konstruktions- oder Gestaltungsproblem<br />
zu ermitteln. Wer wollte<br />
also bezweifeln, dass ihre Auslobung<br />
genauso wichtig wie gewichtig ist<br />
<strong>und</strong> infolgedessen uneingeschränkte<br />
Zustimmung <strong>und</strong> eine möglichst<br />
flächendeckende Anwendung<br />
verdient.<br />
Für die sogenannten Ingenieurwettbewerbe<br />
scheint das hingegen weit weniger<br />
bis gar nicht zu gelten, da sie eher die<br />
Ausnahme bilden, sie in der Regel nur in<br />
Einzelfällen, entweder für (vermeintlich)<br />
exponierte <strong>und</strong> deshalb überwiegend<br />
innerstädtische Standorte oder aber<br />
lediglich unter ausgewählten Rahmen-<br />
oder Randbedingungen, zur Ausschreibung<br />
kommen. Und das wirft beinahe<br />
unweigerlich die Frage auf, warum sie<br />
eine andere, eine wesentlich geringere<br />
Anerkennung <strong>und</strong> damit Verbreitung<br />
erfahren – obwohl ihre Durchführung<br />
auf der gleichen »Richtlinie für Planungswettbewerbe<br />
(RPW 2008)« basiert, mit<br />
ihrer Hilfe ja die gleichen oder zumindest<br />
sehr ähnlich gelagerte Ziele erfüllt<br />
werden sollen <strong>und</strong> auch könn(t)en. Über<br />
die mutmaßlichen Gründe, die vielen<br />
guten oder eben schlechten Motive,<br />
Faktoren <strong>und</strong> Argumente, die hier eine<br />
kleinere bis größere Rolle spielen, lässt<br />
sich natürlich hervorragend diskutieren,<br />
was die eigentliche Ursache indessen<br />
nicht wirklich zu übertünchen vermag:<br />
Bauwerken der technischen Infrastruktur<br />
ermangelt es an Aufmerksamkeit <strong>und</strong><br />
insofern einer adäquaten Wertschätzung<br />
in Politik wie Gesellschaft, für die sie vor<br />
allem zu existieren <strong>und</strong> (dauerhaft) zu<br />
funktionieren haben, <strong>und</strong> zwar unabhängig<br />
von ihren ästhetischen Qualitäten<br />
<strong>und</strong> der ohnehin absurden Behauptung,<br />
sie würden sich dank fehlender Attraktivität<br />
kaum zum Renommieren oder<br />
einem publikumsträchtigen Präsentieren<br />
anbieten.<br />
E D I TO R I A L<br />
Der Ruf nach solchen Ideenkonkurrenzen<br />
gerade für Brücken – zumal es sich bei<br />
ihnen um jene Elemente des Verkehrsnetzes<br />
handelt, die das Orts- wie<br />
Landschaftsbild am meisten <strong>und</strong> zudem<br />
nicht selten über Jahrzehnte prägen –<br />
ist zwar durchaus nachvollziehbar, wird<br />
jedoch immer wieder (fast) ungehört<br />
verhallen, wenn man sich nicht zuvor um<br />
die entsprechenden Voraussetzungen<br />
bemüht <strong>und</strong> ein bisschen (intensiver)<br />
Öffentlichkeitsarbeit betreibt – als ein<br />
Beitrag zur Nachhaltigkeit von Planungsaufgaben,<br />
deren Resultate spätere<br />
Generationen sicherlich gebührend<br />
einzuordnen wissen. Und dennoch:<br />
Ein paar mehr Ingenieurwettbewerbe<br />
dürften es schon heute sein.<br />
Zum Ausklang des Jahres <strong>und</strong> damit<br />
des inzwischen dritten Jahrgangs des<br />
BRÜCKENBAU bedanken wir uns bei<br />
allen Autoren <strong>und</strong> Anzeigenk<strong>und</strong>en,<br />
Abonnenten <strong>und</strong> (sonstigen) Lesern<br />
für die stets ebenso wohlwollende<br />
wie wohlmeinende Mitwirkung – <strong>und</strong><br />
wünschen Ihnen alles Gute, eine gehörige<br />
Portion Glück, Erfolg <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />
sowie einen recht schwungvollen Start in<br />
die kommenden zwölf Monate, in denen<br />
Sie die nächsten vier Ausgaben unserer<br />
noch immer recht jungen Zeitschrift<br />
wiederum mit detaillierten Ein- <strong>und</strong><br />
Ausblicken, f<strong>und</strong>ierten Exkursen <strong>und</strong><br />
mannigfaltigen Anregungen versorgen<br />
werden.<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
3
Einladung<br />
zum<br />
12. Symposium Brückenbau<br />
7. + 8. Februar 2012 in Leipzig<br />
Unter anderem sind folgende Referate in Vorbereitung:<br />
• Eine Großbrücke über die Donau – die Besaka-Brücke in Serbien<br />
• Die neuen Brückenbauwerke am Hauptbahnhof Wien<br />
• Talbrücke Randersacker<br />
• Die neue Sinntalbrücke – Besonderheiten bei Prüfung <strong>und</strong> Überwachung des Taktschiebens<br />
• Neubau einer Stabbogenbrücke über die Mosel<br />
• Bau der neuen Bahnbrücke Kattwyk <strong>und</strong> der Rethebrücke<br />
• Design and <strong>Construction</strong> of Yi Sun-sin Bridge<br />
Haben wir damit bereits Ihr Interesse geweckt?<br />
Falls Sie sich über die weiteren Themen <strong>und</strong> Referenten informieren möchten,<br />
unter www.mixedmedia-konzepts.de fi nden Sie auch diese Veranstaltung,<br />
gehen Sie doch einfach online.<br />
Möchten Sie weitere Informationen, z. B. über den Veranstaltungsablauf<br />
oder zur Anmeldung, dann füllen Sie bitte das beiliegende Formular aus <strong>und</strong><br />
faxen es an uns zurück.<br />
Auch eine Mailanfrage beantworten wir gerne <strong>und</strong> sofort unter<br />
kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de.<br />
Und für einen persönlichen Kontakt steht Frau E. Wiederspahn<br />
unter der Tel.-Nr. 00 49/611/98 12 92-0 gerne zur Verfügung.<br />
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Editorial<br />
3 Wettbewerbe im (Werte-)Wandel<br />
Michael Wiederspahn<br />
Brückenbauwerke<br />
6 Nachhaltigkeit im Brückenbau<br />
Peter Haardt, Cyrus Schmellekamp<br />
13 Talbrücke über die Schorgast<br />
Kurt Schnabel, Christoph Schultheiß<br />
18 Schwerlastbrücke aus Holz bei Schwarzach<br />
Susanne Jacob-Freitag<br />
21 Sanierung der Severinsbrücke in Köln<br />
Frank Sczyslo, Josef Teupe<br />
Brückenausstattung<br />
26 Fahrbahnübergänge in Straßenbrücken<br />
Joachim Braun, Jens Tusche<br />
30 Produkte <strong>und</strong> Projekte<br />
32 Software <strong>und</strong> IT<br />
33 Nachrichten <strong>und</strong> Termine<br />
37 Branchenkompass<br />
39 Impressum<br />
I N H A LT<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
5
<strong>BRÜCKENBAUWERKE</strong><br />
Kriterien, Ziele <strong>und</strong> Bewertungsverfahren<br />
Nachhaltigkeit im Brückenbau<br />
6 BRÜCKENBAU | 4 . 2011<br />
von Peter Haardt, Cyrus Schmellekamp<br />
Brückenbauwerke haben eine hohe<br />
symbolische Kraft <strong>und</strong> prägen<br />
Städte <strong>und</strong> Landschaften. Sie sind<br />
nicht nur für Ingenieure faszinierend,<br />
sondern stellen als bedeutender<br />
Teil der Straßeninfrastruktur<br />
einen hohen gesellschaftlichen<br />
Wert dar. In der heutigen Vergabepraxis<br />
werden Entscheidungen über<br />
Baumaßnahmen maßgeblich durch<br />
die Diskussion über Erstellungs-<br />
<strong>und</strong> einmalige Investitionskosten<br />
beeinflusst. Gr<strong>und</strong> dafür sind auch<br />
die begrenzten finanziellen Ressourcen;<br />
dies führt aber nicht zwangsweise<br />
zu nachhaltigen Lösungen.<br />
Damit Brückenbauwerke ökonomisch<br />
<strong>und</strong> ökologisch optimiert<br />
sowie funktional <strong>und</strong> soziokulturell<br />
angemessen realisiert werden<br />
können, sind weiterentwickelte<br />
Wertungskriterien erforderlich.<br />
Neue Instrumente <strong>und</strong> Methoden<br />
sind gefragt, die derzeit auf Initiative<br />
des B<strong>und</strong>esministeriums für<br />
Verkehr, Bau <strong>und</strong> Stadtentwicklung<br />
untersucht werden. Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> befasst sich eine<br />
Arbeitsgruppe der B<strong>und</strong>esanstalt<br />
für Straßenwesen (BASt) unter<br />
Beteiligung von Experten aus<br />
Forschung <strong>und</strong> Baupraxis mit der<br />
Entwicklung <strong>und</strong> Bereitstellung<br />
von Verfahren der Nachhaltigkeitsbewertung<br />
für Bauwerke der<br />
Straßeninfrastruktur. Ganzheitliche<br />
Wertungskriterien werden derzeit<br />
in Pilotstudien getestet.<br />
1 Einleitung<br />
Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung<br />
ist eine Konzeption der Umweltpolitik,<br />
die auf die Konferenz der Verein-<br />
ten Nationen für Umwelt <strong>und</strong> Entwick-<br />
lung in Rio de Janeiro 1992 zurückgeht.<br />
Leitidee ist eine Entwicklung, die soziale<br />
<strong>und</strong> wirtschaftliche Ansprüche mit den<br />
ökologischen Funktionen der Umwelt<br />
in Einklang bringt. Die drei Säulen der<br />
Nachhaltigkeit (ökologische, ökonomische<br />
<strong>und</strong> soziale Aspekte) sollen zum Maß-<br />
stab politischen Handelns werden. [1]<br />
Die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie<br />
der B<strong>und</strong>esregierung fordert eine ver-<br />
stärkte Berücksichtigung von Aspekten<br />
zur Nachhaltigkeit <strong>und</strong> Klimarelevanz.<br />
Nachhaltiges <strong>und</strong> energieeffizientes<br />
Bauen sind wichtige baupolitische Ziele<br />
des B<strong>und</strong>es. So wurde im B<strong>und</strong>esministerium<br />
für Verkehr, Bau <strong>und</strong> Stadtentwicklung<br />
(BMVBS) gemeinsam mit dem<br />
Umweltministerium <strong>und</strong> Experten aus<br />
Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis ein Leitfaden<br />
Nachhaltiges Bauen erarbeitet. [2] Der<br />
B<strong>und</strong> als Bauherr ist sich seiner Vorbildfunktion<br />
bewusst: Baumaßnahmen des<br />
B<strong>und</strong>es müssen sowohl ökologisch ver-<br />
träglich als auch ökonomisch akzeptabel<br />
<strong>und</strong> soziokulturell angemessen sein.<br />
Auch die Verkehrsinfrastrukturen sind<br />
betroffen. So finden im Bereich der<br />
Ingenieurbauwerke erhebliche Stoffumsätze<br />
statt, welche als Indikator für die<br />
Nutzung von Kapital, Ressourcen <strong>und</strong><br />
Umwelt zu sehen sind; die Zementproduktion<br />
z. B. erzeugt große Mengen an<br />
klimaschädlichen Gasen. Das Bauen<br />
erfordert einen hohen Energieaufwand,<br />
wenn die Ressourcengewinnung in die<br />
Betrachtung einbezogen wird. Weiterhin<br />
verursacht der Verkehr enorme Kosten für<br />
die Nutzer, die Umwelt <strong>und</strong> Dritte. [3]<br />
Das Netz der B<strong>und</strong>esfernstraßen um-<br />
fasst ca. 12.550 km Autobahnen <strong>und</strong><br />
40.700 km B<strong>und</strong>esstraßen. Erhaltung<br />
<strong>und</strong> Ausbau dieses Netzes sind mit hohen<br />
Kosten verb<strong>und</strong>en: Jährlich werden ca.<br />
5.000.000.000 € investiert. Ein modernes<br />
Straßenverkehrsnetz ist ohne Brücken-<br />
<strong>und</strong> Ingenieurbauwerke nicht möglich,<br />
deren Kosten machen aber in der Regel<br />
einen großen Anteil an den Gesamtinvestitionen<br />
bei Straßenbaumaßnahmen<br />
aus. Das Autobahn- <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esstraßennetz<br />
beinhaltet 38.288 Brücken mit einer<br />
Brückenfläche von ca. 29.000.000 m 2<br />
(Stand: 31.12.2008) sowie eine Vielzahl<br />
weiterer Ingenieurbauwerke wie Tunnel,<br />
Lärmschutzeinrichtungen <strong>und</strong> Stützwände.<br />
Das Gesamtanlagevermögen<br />
dieser Bauwerke beläuft sich auf ca.<br />
45.000.000.000 €.<br />
Aus Sicht des Bauherrn geht es in erster<br />
Linie um die Gewährleistung von Mobi-<br />
lität durch ein umweltverträgliches,<br />
wirtschaftliches <strong>und</strong> qualitativ hoch-<br />
wertiges Straßennetz. Mobilität ist einer<br />
der identifizierten Indikatoren der<br />
Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Zu<br />
beachten ist, dass das Netz der Verkehrswege<br />
Deutschlands mit seiner zentralen<br />
Lage in Europa die Hauptlast des Transit-<br />
verkehrs trägt <strong>und</strong> durch den erweiterten<br />
europäischen Binnenmarkt ständig<br />
wachsende Verkehrsströme aufnehmen<br />
wird.<br />
Bei der Verankerung von Nachhaltigkeitsaspekten<br />
im Rahmen von Planung <strong>und</strong><br />
Ausführung von Ingenieurbauwerken<br />
geht es nicht allein um Umweltanforderungen<br />
<strong>und</strong> ökonomische Kriterien.<br />
Gerade im Hinblick auf die internatio-<br />
nale Beschaffung ist die Einhaltung von<br />
Mindestsozialstandards ein wichtiges<br />
Thema. Natürlich ist ein verantwortungsvoller<br />
Umgang mit Steuergeldern<br />
gefordert, was aber nicht bedeutet,<br />
dass die öffentliche Hand immer die<br />
(vermeintlich) kostengünstigste Lösung<br />
wählen sollte. Vielmehr ist auch der<br />
volkswirtschaftliche Mehrwert umweltfre<strong>und</strong>licher<br />
Waren oder Dienstleistungen<br />
zu berücksichtigen.<br />
In den Vordergr<strong>und</strong> rückt zudem die<br />
Thematik der notwendigen Anpassung<br />
der Straßeninfrastruktur an den Klimawandel.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Klimaänderung<br />
nehmen bereits heute extreme Wetterereignisse<br />
zu, deren Einwirkungen auf<br />
Straßen, Verkehr <strong>und</strong> Bauwerke lokal<br />
starke Schäden hervorrufen. Mittels<br />
Anpassungsmaßnahmen können Verkehr<br />
<strong>und</strong> Infrastruktur gegen die Auswirkungen<br />
von Extremniederschlägen, Dauerhitze<br />
oder extremen Windgeschwindigkeiten<br />
geschützt werden. So lassen sich<br />
die Folgekosten der Klimaänderung in<br />
Grenzen halten.
1 Kriterien <strong>und</strong> Ziele einer ganzheitlichen Betrachtung<br />
© B<strong>und</strong>esanstalt für Straßenwesen<br />
2 Nachhaltigkeitsaspekte<br />
im Lebenszyklus<br />
2.1 Kriterien zur Bewertung<br />
Um die Nachhaltigkeitsanforderungen<br />
an die Straßeninfrastruktur zukünftig zu<br />
erfüllen, sind neue Methoden gefragt.<br />
Ziel des Verkehrsbereichs des BMVBS sind<br />
die Verbesserung der Qualität der Bau-<br />
werke <strong>und</strong> die Einführung aufeinander<br />
abgestimmter <strong>und</strong> ganzheitlicher<br />
Instrumente zur Bewertung der Nachhaltigkeit<br />
von Baumaßnahmen. Bei einer<br />
vorgesehenen Lebensdauer der Ingenieurbauwerke<br />
von 100 Jahren <strong>und</strong> mehr<br />
ergeben sich deren Qualität <strong>und</strong> Wert in<br />
Abhängigkeit von Lebenszyklusaspekten.<br />
Die dabei zu berücksichtigenden Phasen<br />
betreffen den Zeitraum der Herstellung,<br />
unterteilt in Planungsphase <strong>und</strong> Bau-<br />
ausführungsphase, die Zeiträume der<br />
Nutzung <strong>und</strong> des Rückbaus.<br />
2 Lebenszyklus von Ingenieurbauwerken<br />
© Aus [4]<br />
2.2 Planung, Ausschreibung, Vergabe<br />
Als ersten Planungsschritt für seine<br />
Straßeninfrastruktur legt der B<strong>und</strong> den<br />
B<strong>und</strong>esverkehrswegeplan vor, der die<br />
Dringlichkeit von Projekten definiert, die<br />
zur Verfügung stehenden Mittel berücksichtigt<br />
<strong>und</strong> Prioritäten für Investitionsentscheidungen<br />
der öffentlichen Hand<br />
setzt. Auf Basis verkehrsträgerüber-<br />
greifender Prognosen findet in diesem<br />
Zusammenhang eine Priorisierung der<br />
Neu- <strong>und</strong> Ausbauprojekte gemäß ihrer<br />
gesamtwirtschaftlichen Bewertung sowie<br />
ökologischen <strong>und</strong> raumordnerischen<br />
Einschränkungen statt. Für die Straßenbauvorhaben<br />
der daraus resultierenden<br />
Bedarfspläne wird von der zuständigen<br />
Straßenbaubehörde eine Vorplanung<br />
ausgearbeitet, zu deren Ermittlung neben<br />
B R Ü C K E N B AU W E R K E<br />
dem Ergebnis einer Umweltverträglichkeitsstudie<br />
auch die Auswirkungen auf<br />
den Verkehr <strong>und</strong> Fragen nach der Finan-<br />
zierung <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit eine Rolle<br />
spielen. Öffentlichkeit <strong>und</strong> Behörden<br />
erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme.<br />
Die Entwurfsarbeit erfolgt mit dem Ziel,<br />
dass<br />
– die Trasse nach Möglichkeit <strong>und</strong><br />
Vertretbarkeit umweltgerecht ist,<br />
– alle Sicherheitsanforderungen erfüllt<br />
sind,<br />
– die erforderliche Leistungsfähigkeit<br />
gewährleistet ist <strong>und</strong><br />
– die notwendige Wirtschaftlichkeit<br />
berücksichtigt wird.<br />
Größere Infrastrukturmaßnahmen erfor-<br />
dern in der Regel ein Raumordnungs-<br />
<strong>und</strong> ein Planfeststellungsverfahren.<br />
Parallel dazu erfolgt eine Umweltverträglichkeitsprüfung,<br />
bei der die Auswirkungen<br />
<strong>und</strong> Verträglichkeit verschiedener<br />
Projektvarianten auf die Umwelt unter-<br />
sucht werden [5]. Zweck der Planfeststellung<br />
ist es, alle betroffenen öffentlichen<br />
<strong>und</strong> privaten Belange miteinander abzu-<br />
wägen <strong>und</strong> unterschiedliche Interessen<br />
auszugleichen. Gerade weil Bau <strong>und</strong><br />
Betrieb einer Straße oft kritische Aus-<br />
wirkungen auf die Umwelt haben können,<br />
muss jeder Aspekt der Umweltverträglichkeit<br />
im Vorfeld einer Projektgenehmigung<br />
geprüft werden. Gesetze, Verordnungen<br />
<strong>und</strong> Richtlinien stellen sicher,<br />
dass der Umwelt bei der Planung von<br />
Straßen Rechnung getragen wird. Hier<br />
ist auch die europäische Flora-Fauna-<br />
Habitat-(FHH-)Richtlinie anzuführen,<br />
mit der ein kontinentweiter Naturschutz<br />
begründet wurde.<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
7
<strong>BRÜCKENBAUWERKE</strong><br />
Die beabsichtigte Baumaßnahme wird<br />
nach Vorliegen der planungs- <strong>und</strong> bau-<br />
rechtlichen Voraussetzungen, Sicherstellung<br />
der Finanzierung <strong>und</strong> Durchführung<br />
des notwendigen Gr<strong>und</strong>erwerbs ent-<br />
sprechend der Vergabe- <strong>und</strong> Vertragsordnung<br />
für Bauleistungen ausgeschrieben.<br />
[6] Während im Bereich der Vor-<br />
planung, wie oben erwähnt, bereits<br />
Nachhaltigkeitskriterien einfließen,<br />
werden Vergabeentscheidungen über<br />
Baumaßnahmen maßgeblich durch die<br />
Diskussion über Erstellungs- <strong>und</strong> ein-<br />
malige Investitionskosten beeinflusst.<br />
Diese Vergabeüberlegung greift zu kurz,<br />
da keine optimierenden Auswirkungen<br />
auf die Qualität des Bauwerks im Hinblick<br />
auf Nachhaltigkeit zu erwarten sind. Ein<br />
wesentlicher Gr<strong>und</strong> für die immer noch<br />
herausragende Bedeutung des Angebotspreises<br />
als Entscheidungskriterium sind<br />
die begrenzten Ressourcen, die in den<br />
letzten Jahren den Druck auf Bauplanungs-<br />
<strong>und</strong> Ausführungskosten verstärkt<br />
haben. Dieses gesamtgesellschaftliche<br />
Problem wirkt sich insbesondere negativ<br />
auf die Qualität der Bauausführung <strong>und</strong><br />
damit auf die Nutzungsflexibilität <strong>und</strong><br />
Dauerhaftigkeit von Infrastrukturen aus.<br />
Nach heute üblicher Kalkulation mit<br />
niedrigen Erstellungskosten erhöhen<br />
sich durch die steigenden Betriebs- <strong>und</strong><br />
Erhaltungskosten die gesamten Lebensdauerkosten<br />
ebenfalls in nicht erwartetem<br />
<strong>und</strong> im Voraus oft kaum kalkulierbarem<br />
Umfang. Eine lebenslange<br />
Gesamtkostenplanung für Infrastrukturen<br />
gibt es in der Regel nicht.<br />
2.3 Ausführung von Brückenbauwerken<br />
Die gr<strong>und</strong>legenden technischen Regel-<br />
werke für die Bemessung <strong>und</strong> Konstruktion<br />
von Brückenbauwerken sind derzeit<br />
noch die DIN-Fachberichte 100–104,<br />
zukünftig sind Eurocodes <strong>und</strong> nationale<br />
Anwendungsdokumente zu berücksichtigen.<br />
Festlegungen des Bauherrn für den<br />
Bereich der Straßenbauverwaltungen<br />
finden sich in den Zusätzlichen Technischen<br />
Vertragsbedingungen <strong>und</strong> Richt-<br />
linien (ZTV-ING) [6]; sie sind von zentraler<br />
Bedeutung für alle technischen Fragen<br />
bei der bauvertraglichen Abwicklung.<br />
Hauptziel ist, Brücken- <strong>und</strong> Ingenieurbauwerke<br />
sicher, dauerhaft, wirtschaftlich<br />
sowie wartungsarm <strong>und</strong> -fre<strong>und</strong>lich<br />
zu errichten sowie die Einhaltung von<br />
Qualitätsstandards <strong>und</strong> die vertragsgemäße<br />
Ausführung sicherzustellen. Für<br />
eine Minimierung der Verkehrsbehinderung<br />
werden zudem kurze Planungs- <strong>und</strong><br />
Bauzeiten angestrebt. Es sind Regeln, die<br />
in der Wissenschaft als richtig erkannt<br />
sind <strong>und</strong> sich aufgr<strong>und</strong> fortdauernder<br />
8 BRÜCKENBAU | 4 . 2011<br />
praktischer Erfahrung der Straßenbauverwaltungen<br />
der Länder bewährt haben.<br />
Die derzeitig gültigen Regelwerke für den<br />
Brückenbau gehen im Hinblick auf die<br />
Gesamtkonstruktion von einer Nutzungsdauer<br />
von 50 Jahren ohne gr<strong>und</strong>hafte<br />
Instandsetzung aus; Elemente der<br />
Brückenausstattung haben zum Teil<br />
deutlich geringere Lebensdauern.<br />
Die bei der Planung zugr<strong>und</strong>e liegenden<br />
Entwurfsprinzipien <strong>und</strong> die daraus resul-<br />
tierende Auslegung der Nutzungsdauer<br />
müssen noch genauer an die bisherigen<br />
Erfahrungen <strong>und</strong> Erkenntnisse der spezi-<br />
fischen Schädigungsmechanismen an-<br />
gepasst werden, anstatt wie bisher nur<br />
auf der Extrapolation von Schädigungen<br />
zu beruhen. Neue Lebensdauerkonzepte<br />
sind zu entwickeln, die stärker wissensbasiert<br />
angelegt <strong>und</strong> weniger deterministisch<br />
orientiert sind. Hierfür gilt es, die<br />
Fortschreibung der Eurocodes in diesem<br />
Sinne zu forcieren.<br />
Systemspezifisch konfektionierte Bau-<br />
stoffe <strong>und</strong> Materialien, die unter den<br />
jeweiligen Anforderungen höhere<br />
Lebensdauern <strong>und</strong> eine höhere Verlässlichkeit<br />
gewährleisten, sind weiterzuentwickeln<br />
<strong>und</strong> in die Praxis zu überführen.<br />
Ebenso sind Bauverfahren mit dem Ziel<br />
weiterzuentwickeln, Bauzeiten zu ver-<br />
kürzen <strong>und</strong> Beeinträchtigungen für<br />
Nutzer <strong>und</strong> die Umwelt zu reduzieren.<br />
Festlegungen zu Fehlertoleranzen <strong>und</strong><br />
Akzeptanzkriterien für Fehler sind zu<br />
erarbeiten. Schlussendlich sind verbesserte<br />
Methoden zur Qualitätssicherung<br />
<strong>und</strong> -überprüfung während der Bauphase<br />
erforderlich; dabei eröffnen Forschungen<br />
auf dem Gebiet der zerstörungsfreien<br />
Werkstoffprüfung neue Aspekte.<br />
2.4 Erhaltung <strong>und</strong> Betrieb<br />
Brücken <strong>und</strong> Ingenieurbauwerke im<br />
Zuge von Straßen erfordern einen nicht<br />
unbeträchtlichen Aufwand zur Aufrechterhaltung<br />
der Verfügbarkeit, der Ver-<br />
kehrssicherheit <strong>und</strong> der Gewährleistung<br />
der geplanten Nutzungsdauer. Die dafür<br />
aufzustellenden Erhaltungsprogramme<br />
binden nicht nur bedeutende Finanzmittel,<br />
sondern beeinflussen die gesamte<br />
Verkehrsinfrastruktur. Bereits geringe<br />
Störungen im Netz durch Verkehrsbeschränkungen<br />
oder durch den Ausfall<br />
einzelner Anlagenteile führen zu starken<br />
Behinderungen mit erheblichen Folge-<br />
kosten für den Straßennutzer sowie zu<br />
negativen Auswirkungen auf die Umwelt.<br />
Aus dem Gr<strong>und</strong> wurde die Erhaltung der<br />
Bauwerke der B<strong>und</strong>esfernstraßen syste-<br />
matisiert. Basis dafür sind regelmäßige,<br />
im Wesentlichen visuelle Bauwerksprüfungen,<br />
mit denen ihre Tragfähigkeit,<br />
Verkehrssicherheit <strong>und</strong> Dauerhaftigkeit<br />
bewertet werden <strong>und</strong> die Dringlichkeit<br />
der Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen<br />
angezeigt wird.<br />
Zukünftige Einflüsse, wie z. B. die Ent-<br />
wicklung des Schwerverkehrs, werden<br />
dabei nicht berücksichtigt. Hinzu kommt,<br />
dass der Brückenbestand in Deutschland<br />
im Hinblick auf die Tragfähigkeit der<br />
Konstruktionen uneinheitlich ist, weil<br />
sich im Laufe der Zeit die Lastmodelle<br />
<strong>und</strong> Konstruktionsregeln weiterentwickelt<br />
haben. Risiken bei der Tragfähigkeit<br />
werden aktuell nur indirekt berücksichtigt:<br />
Es wird angenommen, dass Erhaltungsmaßnahmen<br />
am geschädigten<br />
Bauteil durchgeführt werden, bevor<br />
die Versagenswahrscheinlichkeit einen<br />
unakzeptablen Wert erreicht. Dieser<br />
Ansatz ist jedoch nur unter Voraussetzung<br />
einer Bausubstanz, die ihr Versagen<br />
ankündigt, einer zeitlich unveränderten<br />
Lastsituation <strong>und</strong> ausreichender Erhal-<br />
tungsmittel gültig. Erforderlich sind viel-<br />
mehr eine detailliertere Kenntnis über<br />
den Ist-Zustand, eine Prognose zukünftiger<br />
Entwicklungen <strong>und</strong> eine zuverlässigkeitsorientierte<br />
Analyse <strong>und</strong> Bewertung<br />
der Erkenntnisse in Echtzeit, um Betreiber<br />
<strong>und</strong> Nutzer der Bauwerke kurzfristig zu<br />
informieren <strong>und</strong> Maßnahmen rechtzeitig<br />
einleiten zu können.<br />
3 Systematik der<br />
Nachhaltigkeitsbeurteilung<br />
3.1 Verfahren <strong>und</strong> Projekte<br />
Wie oben dargestellt, werden in den<br />
einzelnen Lebenszyklusphasen eines<br />
Brückenbauwerks bereits umweltbezogene,<br />
ökonomische <strong>und</strong> soziokulturelle<br />
Aspekte in Entscheidungsprozesse<br />
einbezogen. Allerdings erfolgt dies in<br />
unterschiedlichem Umfang <strong>und</strong> mit<br />
unterschiedlichen Ansätzen, die zudem<br />
zum Teil nicht aufeinander abgestimmt<br />
sind. Es fehlt ein auf einheitlichen<br />
Ansätzen basierendes <strong>und</strong> ganzheitliches<br />
Bewertungssystem, das die vielfältigen<br />
Nachhaltigkeitskriterien systematisch<br />
berücksichtigt <strong>und</strong> das für eine Vielzahl<br />
von Aufgabenstellungen zu konzipieren<br />
ist:<br />
– als Werkzeug in der Phase der Vor-<br />
planung <strong>und</strong> der weiteren Entwurfs-<br />
arbeit,<br />
– zur Bewertung von unterschiedlichen<br />
Varianten,<br />
– im Rahmen von Ausschreibung <strong>und</strong><br />
Vergabe,<br />
– zur Begleitung des Projekts in allen<br />
Bauphasen,<br />
– im Rahmen des Erhaltungs-<br />
managements.
Ein weiterer Punkt ist, dass das Thema<br />
Nachhaltigkeit nicht abgegrenzt im<br />
Hinblick auf die Bauwerksart »Brücke«<br />
zu betrachten ist. Im Gesamtverkehrssystem<br />
Straße bestehen zwischen allen<br />
Bauwerken (Straße, Brücke, Tunnel) in<br />
den einzelnen Lebenszyklusphasen<br />
(Herstellung, Nutzung, Abbruch) erheb-<br />
liche Wechselbeziehungen. Aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong> sind Bewertungsverfahren für<br />
die Einzelelemente der Straße <strong>und</strong> ihre<br />
Kombination in Form von Streckenzügen<br />
erforderlich.<br />
Der Thematik eines ganzheitlichen<br />
Verfahrens hatte sich zunächst der<br />
Baubereich des BMVBS angenommen.<br />
Der »R<strong>und</strong>e Tisch Nachhaltiges Bauen«<br />
erarbeitete in Zusammenarbeit mit<br />
Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis erste Lösungsansätze.<br />
So wurde mit dem Bewertungssystem<br />
»Nachhaltiges Bauen« eine<br />
nationale Lösung für Büro- <strong>und</strong> Verwaltungsgebäude<br />
entwickelt, die nun<br />
marktbereit zur Verfügung steht.<br />
Entsprechende Informationen sind unter<br />
www.nachhaltigesbauen.de im Internet<br />
zu finden.<br />
Für den Bereich der Straßeninfrastruktur<br />
ist die vom BMVBS initiierte BASt-Projektgruppe<br />
»Nachhaltigkeitsbewertung der<br />
Straßeninfrastrukturen« von besonderer<br />
Bedeutung. Derzeit werden von dieser<br />
Gruppe allgemeine Bewertungskonzepte<br />
<strong>und</strong> Kriterien für die unterschiedlichen<br />
Bauwerke Brücke, Straße, Tunnel <strong>und</strong><br />
ganze Streckenzüge erarbeitet. In einer<br />
Vorstufe wurde bereits ein Verfahren zur<br />
Nachhaltigkeitsbewertung von Brückenbauwerken<br />
entwickelt, das derzeit im<br />
Rahmen einer Pilotstudie verifiziert <strong>und</strong><br />
eventuell angepasst wird. [8] Danach<br />
erfolgt seine Veröffentlichung.<br />
Ausgangspunkt ist das System »Nachhaltiges<br />
Bauen«, das speziell auf die<br />
Bewertung der Zukunftsfähigkeit von<br />
Büro- <strong>und</strong> Verwaltungsgebäuden über<br />
deren Lebenszyklus auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
quantifizierbarer Messgrößen ausgerichtet<br />
ist. Das System hat Modellcharakter<br />
für andere Anwendungsbereiche, wie z. B.<br />
Infrastrukturen. Für die Kriteriengruppen<br />
»Ökologische Qualität«, »Ökonomische<br />
Qualität«, »Soziokulturelle <strong>und</strong> funktionale<br />
Qualität«, »Technische Qualität« <strong>und</strong><br />
»Prozessqualität« wurden insgesamt 63<br />
Einzelkriterien gebildet sowie Bewertungsverfahren<br />
in Verbindung mit Grenz-,<br />
Referenz- <strong>und</strong> Zielwerten entwickelt, die<br />
in eine Gesamtbewertung münden. Im<br />
internationalen Vergleich ist dieses<br />
System sehr detailliert <strong>und</strong> als ganzheitlich<br />
zu bezeichnen.<br />
3 Deutsches Gütesiegel Nachhaltiges Bauen<br />
© Aus [9]<br />
Diese Systematik wurde in [8] für<br />
Brückenbauwerke weiterentwickelt.<br />
Dabei konnten einzelne Teilkriterien<br />
entfallen bzw. mussten infrastrukturtypische<br />
Aspekte neu aufgenommen<br />
<strong>und</strong> Gewichtungen von Einzelkriterien<br />
angepasst werden. Wesentliche Elemente<br />
sind die Ermittlung der Lebenszykluskosten<br />
(Life-Cycle-Costs, LCC) <strong>und</strong> die<br />
Ökobilanzierung (Life-Cycle-Assessment,<br />
LCA). [10]<br />
Weitere Projekte, die sich derzeit unter<br />
Mitwirkung der BASt mit der Erarbeitung<br />
von Konzeptionen für die Bewertung der<br />
Nachhaltigkeit von Brückenbauwerken<br />
beschäftigen, sind SBri <strong>und</strong> NABRÜ. Im<br />
EU-Projekt »Sustainable steel-composite<br />
bridges in built environment« (SBri) soll<br />
ein Softwaretool zur Bewertung sowohl<br />
ökologischer als auch ökonomischer<br />
Qualitäten entstehen. Die BASt ist hier<br />
an der Definition von Lebenszyklus-<br />
Szenarien beteiligt <strong>und</strong> kann zur Ent-<br />
wicklung von Schadensmodellen im<br />
Hinblick auf den Korrosionsschutz an<br />
Stahl-Verb<strong>und</strong>brücken beitragen. Das<br />
vom B<strong>und</strong>esministerium für Wirtschaft<br />
<strong>und</strong> Technologie (BMWi) geförderte<br />
Forschungsvorhaben der Arbeitsgemeinschaft<br />
industrieller Forschungsvereinigungen<br />
(AiF) »Ganzheitliche Bewertung<br />
von Stahl- <strong>und</strong> Verb<strong>und</strong>brücken nach<br />
Kriterien der Nachhaltigkeit« hat das Ziel,<br />
einen sogenannten Nachhaltigkeitsindex<br />
Brücke (NIB) zu erstellen, welcher in der<br />
Ausschreibung <strong>und</strong> Vergabe Anwendung<br />
finden soll. Die Ergebnisse dieser Projekte<br />
werden von Seiten der BASt-Projektgruppe<br />
»Nachhaltigkeitsbewertung der<br />
Straßeninfrastrukturen« berücksichtigt.<br />
B R Ü C K E N B AU W E R K E<br />
3.2 Life-Cycle-Costs<br />
Die ökonomische Säule des Nachhaltigen<br />
Bauens berücksichtigt die Gesamtwirtschaftlichkeit<br />
eines Gebäudes. Dies<br />
beinhaltet die Optimierung der Gesamtkosten<br />
über den kompletten Lebenszyklus<br />
eines Bauwerks sowie die wirt-<br />
schaftliche Optimierung der Zeitpunkte<br />
für Investitionen, Erneuerungs- <strong>und</strong><br />
Wartungszyklen. So werden bisher die<br />
Entscheidungen über die Realisierung<br />
eines Projektes lediglich über die Höhe<br />
der (einmaligen) Investitionskosten<br />
getroffen. Die meisten Kosten entstehen<br />
jedoch während der Nutzungsphase.<br />
Darüber hinaus sind die indirekten<br />
externen Kosten als zusätzliche Aufwendungen,<br />
die durch die Beeinträchtigung<br />
für den Nutzer entstehen, zu berücksichtigen.<br />
Das Ziel einer Bewertung ökonomischer<br />
Kriterien im Rahmen von<br />
Nachhaltigkeitsbetrachtungen ist die<br />
Minimierung von Lebenszykluskosten<br />
sowie der Beeinträchtigungen im<br />
Rahmen der Nutzung von Verkehrs-<br />
infrastrukturbauwerken.<br />
Die Kostenbestandteile im Lebenszyklus<br />
eines Infrastrukturbauwerks können in<br />
Herstellung, Nutzung <strong>und</strong> Abbruch<br />
aufgegliedert werden. Die Herstell- <strong>und</strong><br />
Abbruchkosten lassen sich unter Berück-<br />
sichtigung der gegebenen Parameter<br />
abschätzen, während die Schwierigkeit<br />
bei der Ermittlung der Erhaltungskosten<br />
über den gesamten Lebenszyklus in der<br />
Prognostizierbarkeit des Erfordernisses<br />
<strong>und</strong> des Ausmaßes von Erhaltungsmaßnahmen<br />
liegt. Diese werden aktuell über<br />
die Nutzungsdauern der einzelnen Aus-<br />
stattungselemente ermittelt. Generell<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
9
<strong>BRÜCKENBAUWERKE</strong><br />
sind Infrastrukturbauwerke für eine<br />
Lebensdauer von 100 Jahren ausgelegt.<br />
Über diesen langen Zeitraum muss es<br />
ermöglicht werden, die anfallenden<br />
Kosten annähernd vorherzubestimmen,<br />
um so Entscheidungen vorzubereiten,<br />
die langfristig einen Nutzen haben <strong>und</strong><br />
gleichzeitig (trotz eventuell höherer<br />
Investitionskosten) die späteren Generationen<br />
sowie die benötigten Ressourcen<br />
entlasten. Weiterhin ist zu beachten,<br />
dass infolge der Durchführung von<br />
Baumaßnahmen bei der Herstellung,<br />
der Erhaltung <strong>und</strong> dem Abbruch durch<br />
Verkehrseinschränkungen <strong>und</strong> damit für<br />
die Nutzer externe Kosten in Form von<br />
zusätzlichen Aufwendungen für Zeitverlust,<br />
Mehrverbrauch von Kraftstoffen<br />
oder durch verändertes Unfallgeschehen<br />
entstehen.<br />
Entwicklungsziel aktueller Arbeiten ist die<br />
Bereitstellung eines möglichst objektiven,<br />
transparenten <strong>und</strong> handhabbaren Ver-<br />
fahrens zur Bewertung ökonomischer<br />
Kriterien im Rahmen von Nachhaltigkeitsbetrachtungen.<br />
Aus Transparenzgründen<br />
werden Lebenszyklus- <strong>und</strong> externe<br />
Kosten getrennt voneinander bilanziert.<br />
Eine positive Bewertung lässt sich bei-<br />
spielsweise durch bauliche Vorkehrungen<br />
anstreben, wie etwa durch die Verwendung<br />
von Bauteilen oder Materialien mit<br />
einer erhöhten Nutzungsdauer, innovative<br />
konstruktive Bauweisen mit redu-<br />
ziertem Erhaltungsaufwand oder ver-<br />
kürzter Bauzeit, qualitätsverbessernde<br />
Maßnahmen im Herstellprozess oder<br />
prüf- bzw. erhaltungsgerechtes Bauen.<br />
Im Gegensatz zu den Bewertungsverfahren<br />
für den Hochbau spielen dabei<br />
indirekte (externe) Effekte oftmals eine<br />
wesentliche Rolle <strong>und</strong> können schnell ein<br />
enormes Kostenniveau erreichen. Daher<br />
muss neben der generellen Forschungs-<br />
<strong>und</strong> Entwicklungstätigkeit am Bewertungssystem<br />
vor allem auch ein wissenschaftlich<br />
f<strong>und</strong>iertes <strong>und</strong> dennoch für<br />
die praktische Anwendung taugliches<br />
Werkzeug erarbeitet werden, das die<br />
indirekten Effekte wirkungsvoll in das<br />
Gesamtkonzept zu integrieren hilft. Um<br />
dabei zu verhindern, dass das Gesamtresultat<br />
zu stark von einzelnen Aspekten,<br />
z. B. den externen Kosten, dominiert wird,<br />
erscheint die Einführung eines detaillierten<br />
<strong>und</strong> ausgewogenen Punkte- <strong>und</strong><br />
Wertesystems, vergleichbar mit der<br />
Vorgehensweise im Hochbau in Form<br />
von Ziel-, Grenz- <strong>und</strong> Referenzwerten,<br />
sinnvoll.<br />
10 BRÜCKENBAU | 4 . 2011<br />
3.3 Life-Cycle-Assessment<br />
Sowohl die Bautätigkeit bei der Erstellung<br />
von Infrastrukturen als auch deren<br />
Betrieb <strong>und</strong> Unterhaltung haben Aus-<br />
wirkungen auf die Umwelt. Die direkten<br />
Auswirkungen wie Lärm, Staub <strong>und</strong><br />
Schadstoffemissionen betreffen unmittelbar<br />
Mensch, Boden <strong>und</strong> Wasser. Mit<br />
ökologischen Bilanzierungen, dem<br />
Life-Cycle-Assessment (LCA), werden<br />
nun auch die indirekten Auswirkungen<br />
eines Produktes, eines Verfahrens oder<br />
einer Tätigkeit auf die Umwelt im Verlauf<br />
der gesamten Lebenszeit bewertet.<br />
Dabei wird die Verwendung bestimmter<br />
Ressourcen quantitativ durch »Inputs«,<br />
wie Energie, Rohstoffe, Wasser, bemessen.<br />
Zudem werden die Emissionen als<br />
»Outputs« in Luft, Wasser <strong>und</strong> Boden,<br />
die mit dem untersuchten System in<br />
Verbindung zu bringen sind, beurteilt.<br />
Eingangsgrößen für LCA-Verfahren sind<br />
die Stoffströme, welche im Rahmen eines<br />
Verfahrens anfallen.<br />
Im Zuge einer Ökobilanz werden derzeit<br />
sogenannte Environmental Product<br />
Declarations (EPDs) für Bauprodukte<br />
entwickelt, die neben den Wirkungskategorien<br />
Treibhauspotential (GWP),<br />
Abiotischer Ressourcenverbrauch (ADP),<br />
Ozonabbaupotential (ODP), Versauerungspotential<br />
(AP), Eutrophierungspotential<br />
(EP) <strong>und</strong> Bodennahes Ozonbildungspotential<br />
(POCP) zugleich den<br />
Primärenergieverbrauch erneuerbarer<br />
<strong>und</strong> nicht erneuerbarer Energien berück-<br />
sichtigen. Betrachtet wird der Produktlebenszyklus<br />
im Hinblick auf die Her-<br />
stellung, den Transport der wesentlichen<br />
Rohstoffe, den des Produktes sowie die<br />
Verwertung bzw. Entsorgung am Ende<br />
der Nutzungsdauer.<br />
Ohne Stahl <strong>und</strong> Beton lassen sich weit-<br />
gespannte Bauwerke mit hohen veränderlichen<br />
Lasten nicht wirtschaftlich<br />
errichten. Da bei der Realisierung von<br />
Brücken- oder Tunnelbauwerken aber<br />
erhebliche Massen von Stahl <strong>und</strong> Beton<br />
benötigt werden, sind diese im Sinne<br />
der Nachhaltigkeit optimiert einzusetzen.<br />
Erfordert der Baustoff Stahl bei der<br />
Herstellung einen hohen Aufwand an<br />
Primärenergie bzw. werden hohe Mengen<br />
an Treibhausgasen emittiert, muss bei<br />
der Betrachtung des Lebenszyklus auch<br />
die besondere Recyclingfähigkeit von<br />
Stahl als Sek<strong>und</strong>ärmaterial einfließen.<br />
Als weitere Vorzüge sind der hohe Grad<br />
an industrieller Vorfertigung <strong>und</strong> somit<br />
eine verhältnismäßig kurze Bauzeit, die<br />
leichte Demontierbarkeit sowie die relativ<br />
einfache Verstärkung von Bauwerken<br />
durch Aufschweißen von Blechen zu<br />
berücksichtigen.<br />
Dem Betonbau kommt im Hinblick auf<br />
Nachhaltigkeit, Ressourcenverbrauch<br />
<strong>und</strong> Klimawandel ebenfalls eine heraus-<br />
ragende Bedeutung zu, zumal die<br />
Zementproduktion erhebliche Mengen<br />
klimaschädlicher Gase erzeugt: Aus ihr<br />
resultieren ca. 5 % des weltweit ausgestoßenen<br />
CO 2-Gases. Demgegenüber<br />
sind als Vorteile die Dauerhaftigkeit,<br />
Gestaltungsfreiheit <strong>und</strong> Mengenverfügbarkeit<br />
sowie seine Wirtschaftlichkeit<br />
bei Brücken mit einer Spannweite von ca.<br />
40 m zu nennen. Der Bestand der Brücken<br />
im B<strong>und</strong>esfernstraßennetz verdeutlicht,<br />
dass insbesondere im Betonbau die<br />
Prozessverbesserung im Hinblick auf eine<br />
nachhaltige Entwicklung vorangetrieben<br />
werden muss, um im Bauwesen möglichst<br />
auf breiter Ebene wirksam zu werden.<br />
4 Fazit<br />
Für den Bereich der B<strong>und</strong>esfernstraßen<br />
gewinnen Nachhaltigkeitsaspekte<br />
aufgr<strong>und</strong> neuer Herausforderungen<br />
zunehmend an Bedeutung. Der Klimawandel,<br />
vom Menschen zu verantwortende<br />
Katastrophen, absehbare wirtschaftliche<br />
Rahmenbedingungen<br />
zukünftiger Generationen sowie die<br />
Sicherstellung der vorhandenen Infra-<br />
struktur als Lebensgr<strong>und</strong>lage unserer<br />
Gesellschaft rücken in den Fokus der<br />
politischen Diskussion. Bekannt ist, dass<br />
die bisher eingesetzten finanziellen Mittel<br />
für den Erhalt der Straßeninfrastruktur<br />
unzureichend sind <strong>und</strong> dass sich daran<br />
zukünftig eher nichts ändern wird. Diese<br />
Situation birgt die Herausforderung, noch<br />
effizienter <strong>und</strong> effektiver im Hinblick auf<br />
Nachhaltigkeitskriterien zu planen, zu<br />
bauen <strong>und</strong> zu erhalten. Die Berücksichtigung<br />
ökonomischer, ökologischer <strong>und</strong><br />
sozialer Kriterien bedingt Lebenszyklusbetrachtungen<br />
<strong>und</strong> erhöhte Ansprüche<br />
an die Qualität von Planung <strong>und</strong> Aus-<br />
führung.
Für die einzelnen Lebenszyklusphasen<br />
besteht weitgehendes Entwicklungspotential:<br />
– Planung <strong>und</strong> Ausschreibung: Einbeziehung<br />
lebenslanger Gesamtkostenplanungen<br />
in Entscheidungsprozesse,<br />
Einbeziehung von Nachhaltigkeitsaspekten<br />
in Ausschreibung <strong>und</strong><br />
Vergabe, Berücksichtigung von Nach-<br />
haltigkeitsaspekten in PPP-Modellen.<br />
– Ausführung: Entwicklung neuer<br />
Lebensdauerkonzepte für die Konstruktion<br />
von Bauwerken, Fortschreibung<br />
der Regelwerke im Hinblick auf<br />
Nachhaltigkeit, Weiterentwicklung<br />
von Baustoffen <strong>und</strong> Bauverfahren zur<br />
Erhöhung der Lebensdauer, Verkürzung<br />
von Bauzeiten <strong>und</strong> Reduktion von<br />
Auswirkungen auf Dritte, Entwicklung<br />
verbesserter Methoden der Qualitätssicherung<br />
<strong>und</strong> -überprüfung.<br />
– Erhaltung: Optimierte Erhaltungsstrategien,<br />
zuverlässigkeitsorientiertes<br />
Erhaltungsmanagement, Einbeziehung<br />
intelligenter Systeme.<br />
Die Nachhaltigkeitsbewertung stellt ein<br />
wesentliches Hilfsmittel zur Realisierung<br />
zukunftsfähiger Ingenieurbauwerke dar.<br />
Gr<strong>und</strong>legend ist die Entwicklung ganz-<br />
heitlicher Beurteilungskriterien <strong>und</strong><br />
entsprechender Bewertungsverfahren<br />
für Verkehrsinfrastrukturen unter<br />
Berücksichtigung von Lebenszyklusaspekten.<br />
Ziel ist ein wissenschaftlich<br />
f<strong>und</strong>iertes <strong>und</strong> dennoch für die praktische<br />
Anwendung taugliches Werkzeug<br />
für Straßenbauverwaltungen.<br />
Autoren:<br />
Dr.-Ing. Peter Haardt<br />
Dipl.-Umweltwiss. Cyrus Schmellekamp<br />
B<strong>und</strong>esanstalt für Straßenwesen,<br />
Bergisch Gladbach<br />
B R Ü C K E N B AU W E R K E<br />
Anmerkungen <strong>und</strong> Literatur<br />
[1] Die Br<strong>und</strong>tland-Kommission prägte 1987 den<br />
Begriff der Nachhaltigen Entwicklung als »eine<br />
Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen<br />
Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten<br />
künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen<br />
Bedürfnisse zu befriedigen«.<br />
[2] B<strong>und</strong>esministerium für Verkehr, Bau <strong>und</strong><br />
Wohnungswesen: Leitfaden Nachhaltiges Bauen.<br />
Hrsg. v. B<strong>und</strong>esamt für Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung.<br />
Berlin 2011.<br />
[3] Lünser, H.: Ökobilanzen im Brückenbau. Basel 1999.<br />
[4] Schach, R., et al.: Lebenszykluskosten von Brückenbauwerken;<br />
in: Bauingenieur, Band 81, 2006.<br />
[5] Mitusch, K.; Liedtke, G.: Der Planungsverlauf von<br />
Megaprojekten. Forschungs-Informations-System<br />
(FIS) des BMVBS, 2011.<br />
[6] Handbuch für die Vergabe <strong>und</strong> Ausführung von<br />
Bauleitungen im Straßen- <strong>und</strong> Brückenbau<br />
(HVA-B-Stb), Ausgabe 2006.<br />
[7] B<strong>und</strong>esanstalt für Straßenwesen (BASt): Zusätzliche<br />
Technische Vertragsbedingungen <strong>und</strong> Richtlinien<br />
für Ingenieurbauwerke (ZTV-ING). Bergisch<br />
Gladbach 2010.<br />
[8] Mielecke, T., et al.: Entwicklung einheitlicher<br />
Bewertungskriterien für Infrastrukturbauwerke<br />
im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Schlussbericht zum<br />
FE 15.0494/2010/FRB, 2010 (unveröffentlicht).<br />
[9] Hegner, H.-D.: Nachhaltiges Bauen in Deutschland.<br />
Bewertungssystem des B<strong>und</strong>es für Büro- <strong>und</strong><br />
Verwaltungsbauten; in: Stahlbau, Band 79, 2010.<br />
[10] Graubner, C.-A., et al.: Nachhaltigkeitsbewertung<br />
für die Verkehrsinfrastruktur; in: Bauingenieur,<br />
Band 85, 2010.<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
11
<strong>BRÜCKENBAUWERKE</strong><br />
12 BRÜCKENBAU | 4 . 2011<br />
Die Folgen des Klimawandels<br />
sind groß. Seine Opfer klein.<br />
Mit der Erwärmung des Klimas drohen Kindern Gefahren wie<br />
Mangelernährung oder Malaria. Helfen Sie uns, Kinder heute zu<br />
versorgen <strong>und</strong> sie auf die Veränderungen von morgen vorzubereiten.<br />
Spendenkonto 300 000, BLZ 370 205 00, www.unicef.de
Wettbewerbsverfahren <strong>und</strong> Preisträger<br />
Talbrücke über die Schorgast<br />
von Kurt Schnabel, Christoph Schultheiß<br />
Das Staatliche Bauamt Bayreuth<br />
hat im Jahr 2010 den ersten Realisierungswettbewerb<br />
für ein Ingenieurbauwerk<br />
in Oberfranken ausgelobt.<br />
Gegenstand des Verfahrens war<br />
eine Talbrücke mit direkt anschließender<br />
Galerie über eine Bahnlinie<br />
im Landkreis Kulmbach. Nachfolgend<br />
werden Aufgabe, Anforderungen<br />
<strong>und</strong> die prämierten Entwürfe<br />
vorgestellt.<br />
1 Situation<br />
Das Bauwerk ist Bestandteil der geplanten<br />
Umfahrung von Kauerndorf <strong>und</strong><br />
Untersteinach im Zuge der B<strong>und</strong>esstraße<br />
289. Die B 289 verläuft als eine der<br />
wichtigsten Hauptverkehrsachsen in<br />
West-Ost-Richtung quer durch den<br />
Landkreis Kulmbach <strong>und</strong> weist in den<br />
beiden Ortschaften eine Verkehrsbelastung<br />
von 16.000–19.000 Kfz/24 h auf.<br />
Die »B 289, OU Kulmbach/Ost–Untersteinach«<br />
ist im geltenden Bedarfsplan<br />
für die B<strong>und</strong>esfernstraßen als Projekt des<br />
»Vordringlichen Bedarfs« enthalten. Mit<br />
Planfeststellungsbeschluss der Regierung<br />
von Oberfranken vom 24. Juli 2009<br />
besteht vollziehbares Baurecht.<br />
Die neue B<strong>und</strong>esstraße bewegt sich in<br />
einem durch die FFH-Richtlinie geschützten<br />
Naturraum, dessen Entwicklungs-<br />
<strong>und</strong> Erhaltungsziele nicht wesentlich<br />
beeinträchtigt werden dürfen. Deshalb<br />
bilden ein 720 m langer Tunnel nördlich<br />
von Kauerndorf <strong>und</strong> eine 420 m lange<br />
Brücke über das Schorgasttal mit vor-<br />
geschalteter, 140 m langer Galerie über<br />
die Bahnlinie Bamberg–Hof am westlichen<br />
Ortsrand von Untersteinach die<br />
zentralen Elemente der Planung.<br />
2 Wettbewerbsteilnehmer<br />
In Anlehnung an ein Schreiben des<br />
B<strong>und</strong>esministeriums für Verkehr, Bau<br />
<strong>und</strong> Stadtentwicklung (BMVBS), in dem<br />
den Auftragsverwaltungen der Länder<br />
die Durchführung von Realisierungswettbewerben<br />
für Ingenieurbauwerke<br />
in exponierter Lage nahegelegt wird,<br />
hat das Staatliche Bauamt Bayreuth im<br />
März 2010 die Bekanntmachung eines<br />
nichtoffenen Wettbewerbs nach § 3 (2) RPW<br />
veröffentlicht. Teilnahmeberechtigt<br />
waren Arbeitsgemeinschaften aus<br />
Bauingenieuren <strong>und</strong> Architekten, wobei<br />
die eingegangenen Bewerbungen an-<br />
hand vorab festgelegter objektiver<br />
Kriterien geprüft <strong>und</strong> bewertet worden<br />
sind. Für die Teilnahme am Wettbewerb<br />
wurden schließlich fünf Bewerber ausge-<br />
wählt <strong>und</strong> zugelassen. Die Bearbeitung<br />
der Wettbewerbsaufgabe fand in der Zeit<br />
zwischen 13. August <strong>und</strong> 25. Oktober 2010<br />
(verbindlicher Abgabetermin) statt.<br />
Der Auslober erwartete sich von den<br />
eingereichten Arbeiten gut gestaltete<br />
Bauwerke mit optimalen Lösungen in<br />
Bezug auf Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Nach-<br />
haltigkeit, Funktion, Konstruktion,<br />
Innovation <strong>und</strong> Bauverfahren.<br />
3 Preisgelder <strong>und</strong> Zeitplan<br />
Die Wettbewerbssumme in Höhe von<br />
115.000 € netto setzte sich zusammen<br />
aus dem Honorarmindestsatz für die<br />
Phase 2 der Leistungsbereiche Objektplanung<br />
(13 % aus § 43 HOAI) <strong>und</strong> Trag-<br />
werksplanung (10 % aus § 50 HOAI). Sie<br />
entsprach infolgedessen dem Honorar<br />
eines freiberuflich Tätigen für die<br />
Vorplanung.<br />
Die Summe wurde aufgeteilt in ein Bear-<br />
beitungshonorar in Höhe von 9.000 € für<br />
jeden der fünf Teilnehmer sowie in die<br />
Preisgelder in Höhe von 35.000 €, 21.000 €<br />
<strong>und</strong> 14.000 € <strong>und</strong> damit im Verhältnis<br />
von 50 %, 30 % <strong>und</strong> 20 % für die Plätze<br />
1 bis 3.<br />
B R Ü C K E N B AU W E R K E<br />
Das Bearbeitungshonorar beinhaltete<br />
auch den Mehraufwand für die Anfertigung<br />
eines Einsatzmodells, mit der<br />
Herstellung des Basismodells wurde ein<br />
externer Modellbauer beauftragt.<br />
Der zeitliche Ablauf sah folgendermaßen<br />
aus:<br />
– Bekanntmachung: 27.03.2010<br />
– Ende Bewerbungsfrist: 29.04.2010<br />
– Preisrichtervorbesprechung:<br />
17.06.2010<br />
– Versand der Unterlagen: 13.08.2010<br />
– Kolloquium: 15.09.2010<br />
– Beantwortung der Rückfragen:<br />
20.09.2010<br />
– Abgabe der Wettbewerbsbeiträge:<br />
25.10.2010<br />
– Vorprüfung: 10.11.2010<br />
– Preisgerichtssitzung: 11.11.2010<br />
– Eröffnung der Ausstellung: 17.12.2010<br />
4 Preisgerichtssitzung<br />
Die Preisgerichtssitzung fand am<br />
11. November 2010 in den Räumen der<br />
Regierung von Oberfranken statt. Als<br />
Fachpreisrichter waren vertreten:<br />
– Dr.-Ing. Heinz-Hubert Benning,<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Verkehr, Bau<br />
<strong>und</strong> Stadtentwicklung,<br />
– Ministerialrat Karl Goj, Oberste<br />
Baubehörde im Bayerischen Staats-<br />
ministerium des Innern,<br />
– Abteilungsdirektorin Marion Resch-<br />
Heckel, Regierung von Oberfranken,<br />
– Ltd. Baudirektor Bernhard Kraus,<br />
Regierung von Oberfranken,<br />
– Prof. Dipl.-Ing. Burkhard Pahl,<br />
Bayerische Architektenkammer,<br />
– Prof. Dr.-Ing. Michael Pötzl, Bayerische<br />
Ingenieurekammer-Bau.<br />
Weiterhin wirkten vier Vertreter der<br />
Kommunalpolitik, der Landrat des Land-<br />
kreises Kulmbach, der Bürgermeister<br />
sowie zwei Gemeinderäte der Gemeinde<br />
Untersteinach, als Sachpreisrichter an<br />
der Entscheidung mit.<br />
Drei Entwürfe wurden mit Preisen be-<br />
dacht. Sie bildeten gleichzeitig die engere<br />
Wahl <strong>und</strong> zeichnen sich durch gelungene<br />
Lösungsansätze unter Berücksichtigung<br />
der für die Aufgabe definierten Randbedingungen<br />
aus.<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
13
<strong>BRÜCKENBAUWERKE</strong><br />
1 Erster Preis: Gesamtansicht der Brücke<br />
© BPR/SBR/SRP<br />
5 Siegerentwurf<br />
Der Siegerentwurf der Arbeitsgemeinschaft<br />
BPR Dr. Schäpertöns & Partner,<br />
München, SBR Schultz-Brauns & Reinhart<br />
Architekten, München, <strong>und</strong> SRP Schneider<br />
& Partner, Kronach, sieht ein oben-<br />
liegendes Tragwerk aus sechs Pylonen<br />
mit je zehn Schrägkabeln <strong>und</strong> einem<br />
leichten Verb<strong>und</strong>querschnitt mit torsions-<br />
steifem Stahlkasten als Brückenüberbau<br />
vor. Das Preisgericht wertete die Wett-<br />
bewerbsarbeit als selbstbewussten Auf-<br />
tritt in der Schorgastaue, der mit einer<br />
insgesamt harmonischen Einfügung in<br />
den sensiblen Landschaftsraum eine<br />
Synthese bildet. Die Lösung der Unterbauten<br />
zeugt von großer Transparenz,<br />
die der Überbauten von Signifikanz.<br />
Insgesamt ist der Entwurf ein überzeugender<br />
Beitrag zur Baukultur <strong>und</strong> geprägt<br />
von Innovationswillen <strong>und</strong> gestalterischer<br />
Kraft.<br />
Die Gesamtstützweite des Brückenentwurfs<br />
beträgt 426 m <strong>und</strong> setzt sich<br />
zusammen aus fünf Mittelfeldern mit je<br />
67,20 m <strong>und</strong> zwei Randfeldern mit je 45 m<br />
Länge. Ergänzt um die Galerie über die<br />
Bahnlinie ergibt sich somit eine Gesamtlänge<br />
des Bauwerks von ca. 560 m.<br />
14 BRÜCKENBAU | 4 . 14<br />
2011<br />
Der Überbau stellt eine Kombination aus<br />
der Tragwirkung eines Durchlaufträgers<br />
(Balken) mit der einer Schrägseilbrücke<br />
mit einseitig angeordneten Abspannungen<br />
dar. Durch die gewählte Schräg-<br />
seilstruktur kann er äußerst schlank<br />
konzipiert werden: Bei einer Konstruktionshöhe<br />
von 1,80 m weist er eine<br />
Schlankheit von l/h = 37 auf. Dieses<br />
Tragsystem ist für Straßenbrücken<br />
äußerst ungewöhnlich.<br />
2 Perspektive des Verkehrsteilnehmers<br />
© BPR/SBR/SRP<br />
Der Überbau besteht aus einem Verb<strong>und</strong>querschnitt<br />
mit einem asymmetrischen,<br />
torsionssteifen, dicht geschweißten<br />
Stahlkasten <strong>und</strong> einer über Kopfbolzendübel<br />
mit der Stahlkonstruktion verb<strong>und</strong>enen<br />
Fahrbahnplatte aus Leichtbeton.<br />
Bei den Anschlusspunkten der Abspannungen<br />
ist er durch Querschotte ver-<br />
stärkt. An den beiden Endauflagern sind<br />
Gleitlager <strong>und</strong> Übergangskonstruktionen<br />
vorgesehen, der Bewegungsruhepunkt<br />
befindet sich in Bauwerksmitte.<br />
3 Charakteristische Schnitte<br />
© BPR/SBR/SRP
Die ca. 28 m hohen, im Verhältnis 1:3 zur<br />
Kurveninnenseite hin geneigten Pylonen<br />
sowie die gegenläufig angeordneten<br />
R<strong>und</strong>stützen werden in Stahl bzw. Stahl-<br />
Beton-Verb<strong>und</strong> ausgeführt <strong>und</strong> sind über<br />
integrierte Querträger mit dem Überbau<br />
biegesteif gekoppelt. Dadurch ist das<br />
Bauwerk in Querrichtung ausgesteift,<br />
die Aussteifung in Längsrichtung erfolgt<br />
durch einen fünffeldrigen biegesteifen<br />
Rahmen mit zwei verschieblich gelagerten<br />
Randfeldern. Ebenso sind die V-för-<br />
migen Pfeiler aus Pylonen <strong>und</strong> R<strong>und</strong>stützen<br />
mit der als Betonsockel konzi-<br />
pierten Pfahlkopfplatte <strong>und</strong> dadurch<br />
mit den Großbohrpfählen biegesteif<br />
verb<strong>und</strong>en. Durch diese semiintegrale<br />
Bauweise kommt der Interaktion<br />
zwischen Bauwerk <strong>und</strong> Baugr<strong>und</strong><br />
besondere Bedeutung zu.<br />
4 Zweiter Preis: Gesamtansicht der Brücke<br />
© Ingenieurgemeinschaft Setzpfandt/ PPL Architektur <strong>und</strong> Stadtplanung<br />
Für die Montage des vorgefertigten<br />
mehrzelligen Brückenüberbaus sind<br />
Hilfsstützen vorgesehen. Auch die Pylo-<br />
nen <strong>und</strong> R<strong>und</strong>stützen werden im Werk<br />
vorgefertigt, vor Ort in Köcherf<strong>und</strong>amente<br />
eingestellt <strong>und</strong> ausbetoniert. Anschließend<br />
wird die Fahrbahnplatte betoniert<br />
<strong>und</strong> werden die Schrägseile montiert, so<br />
dass insgesamt ein hoher Vorfertigungsgrad<br />
erreicht wird.<br />
Die Galerie über die Bahnlinie ist als<br />
integrales Bauwerk mit kreuzweise vor-<br />
gespannter Platte geplant, wobei zur<br />
Freihaltung des Lichtraumprofils im<br />
Gleisbereich die Deckenplatte in erhöhter<br />
Lage betoniert <strong>und</strong> nach dem Rückbau<br />
des Traggerüstes abgesenkt wird.<br />
Die Errichtungskosten für die beiden<br />
Teilbauwerke Talbrücke <strong>und</strong> Galerie sind<br />
auf 19.500.000 € veranschlagt. Der<br />
Siegerentwurf ist damit im Vergleich zu<br />
den Lösungen der anderen Preisträger<br />
ca. 4.000.000 € teurer.<br />
5 Charakteristische Schnitte<br />
© Ingenieurgemeinschaft Setzpfandt/ PPL Architektur <strong>und</strong> Stadtplanung<br />
B R Ü C K E N B AU W E R K E<br />
6 Weitere Preise<br />
Der zweite Preis ging an das Bewerberteam<br />
Ingenieurgemeinschaft Setzpfandt,<br />
Weimar, <strong>und</strong> PPL Architektur <strong>und</strong><br />
Stadtplanung, Hamburg:<br />
– Die Schorgasttalquerung wird als<br />
Balkenbrücke über sieben Feldern mit<br />
einem zweistegigen Stahlverb<strong>und</strong>querschnitt<br />
<strong>und</strong> V-förmigen Stützen<br />
ausgeführt.<br />
– Die südliche Galeriewand wird<br />
aufgelöst <strong>und</strong> durch zwei V-förmige<br />
Stützen ersetzt. Dadurch bietet sich<br />
dem Betrachter in gestalterischer<br />
Hinsicht von Süden ein Bauwerk über<br />
zehn Felder.<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
15
<strong>BRÜCKENBAUWERKE</strong><br />
Den dritten Preis erhielt das Ingenieurbüro<br />
Leonhardt, Andrä <strong>und</strong> Partner,<br />
Nürnberg:<br />
– Der Entwurf sieht für die Talbrücke<br />
eine Stahlbeton-Verb<strong>und</strong>bauweise mit<br />
einstegigem Stahl-Hohlkasten vor, der<br />
sich den unterschiedlichen Anforderungen<br />
in Höhe <strong>und</strong> Breite anpasst. Die<br />
Untersicht des Brückenüberbaus zeigt<br />
sich in Querrichtung waagrecht.<br />
– Die Galerie über dem Gleisbereich<br />
wird beidseitig geöffnet <strong>und</strong> durch<br />
Einzelpfeiler sowie ein zusätzliches<br />
Widerlager ersetzt.<br />
16 BRÜCKENBAU | 4 . 2011<br />
6 Dritter Preis: Gesamtansicht der Brücke<br />
© Leonhardt, Andrä <strong>und</strong> Partner GmbH<br />
7 Charakteristische Schnitte<br />
© Leonhardt, Andrä <strong>und</strong> Partner GmbH<br />
7 Ausstellung<br />
Zum Abschluss des Verfahrens wurden<br />
alle Wettbewerbsarbeiten im Rahmen<br />
einer Ausstellung gezeigt. Bei deren<br />
Eröffnung am 17. Dezember 2010 im<br />
Landratsamt Kulmbach waren auch die<br />
drei Preisträger anwesend <strong>und</strong> haben<br />
ihre Entwürfe erläutert. Erster Bürgermeister<br />
Heinz Burges dankte hierbei für<br />
die Einbindung seiner Gemeinde im<br />
Wettbewerb: »So konnten wir mitbestimmen<br />
<strong>und</strong> würden uns freuen, wenn der<br />
Siegerentwurf jetzt auch so realisiert<br />
werden könnte. Die tanzende Brücke hat<br />
auch den Vertretern aus Untersteinach<br />
am besten gefallen.«<br />
8 Fazit <strong>und</strong> Ausblick<br />
Insgesamt wurden trotz des zusätzlichen<br />
Verwaltungs-, Kosten- <strong>und</strong> Zeitaufwands<br />
die Erwartungen an den Wettbewerb<br />
erfüllt. Es wurden fünf unterschiedliche<br />
Lösungen eingesandt, die im Vergleich<br />
zum Amtsentwurf viele kreative <strong>und</strong><br />
innovative Ideen aufgezeigt haben.<br />
Das Interesse der Ingenieurbüros war<br />
ebenfalls sehr groß, da die Durchführung<br />
eines Wettbewerbs im Brückenbau eine<br />
gute Möglichkeit bietet, die Leistungen<br />
der Architekten <strong>und</strong> Bauingenieure in<br />
der Öffentlichkeit darzustellen <strong>und</strong> das<br />
Interesse an dem Projekt zu wecken.<br />
Nach Durchführung des VOF-Verhandlungsverfahrens<br />
im April 2011 wurde der<br />
Wettbewerbssieger mit der Erstellung<br />
des Bauwerksentwurfs beauftragt. Die<br />
erforderlichen Baugr<strong>und</strong>untersuchungen<br />
sind abgeschlossen, der geotechnische<br />
Bericht wird bis Ende Februar 2012<br />
folgen. Die Vorlage des Bauwerksentwurfs<br />
ist für Sommer 2012 vorgesehen.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Kurt Schnabel<br />
Dipl.-Ing. Christoph Schultheiß<br />
Staatliches Bauamt Bayreuth
B R Ü C K E N B AU W E R K E<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
17
<strong>BRÜCKENBAUWERKE</strong><br />
Entwurf, Konstruktion <strong>und</strong> Montage<br />
Schwerlastbrücke aus Holz bei Schwarzach<br />
von Susanne Jacob-Freitag<br />
Bei der Ausführung der neuen<br />
60-t-Schwerlastbrücke bei<br />
Schwarzach wünschte das Staatliche<br />
Bauamt Passau die Verwendung<br />
von Holz. Nicht nur weil es<br />
ein im Holzbrückenbau erfahrenes<br />
Amt ist, sondern auch weil man die<br />
Verbindung zum nahe gelegenen<br />
Bayerischen Wald damit zum Aus-<br />
druck bringen wollte. Die demnächst<br />
fertiggestellte Sprengwerkstruktur<br />
mit einem Plattenbalken<br />
als Fahrbahnplatte erfüllt dieselben<br />
wirtschaftlichen Anforderungen<br />
wie eine konventionelle Stahlbetonbrücke,<br />
was eine Bedingung war.<br />
1 Einleitung<br />
Nimmt der Durchgangsverkehr überhand,<br />
ist es eine Frage der Zeit, wann eine<br />
Alternative gesucht wird. Das war auch<br />
bei den drei an der B<strong>und</strong>esstraße B 533<br />
liegenden niederbayerischen Orten<br />
Schwarzach, Hengersberg <strong>und</strong> Buch der<br />
Fall, die von ca. 9.000 Kfz/d durchfahren<br />
werden. Und so konnten die Lärm-<br />
geplagten im Jahr 2010 aufatmen, als die<br />
Ortsumgehung Schwarzach beschlossen<br />
wurde.<br />
An der 5,20 km langen Strecke sind<br />
insgesamt acht Brücken entstanden bzw.<br />
befinden sich kurz vor der Fertigstellung.<br />
Eine davon ist aus Holz <strong>und</strong> in jeder<br />
Hinsicht einen genaueren Blick wert –<br />
einerseits weil es sich um eine schwerlasttaugliche<br />
Sprengwerkkonstruktion<br />
von 28,64 m Länge <strong>und</strong> 5 m Breite<br />
handelt, andererseits aber weil es die<br />
dritte dieser Art ist, die das Staatliche<br />
Bauamt Passau errichtet, <strong>und</strong> zwar in<br />
optimierter Form: Die bereits 1998 <strong>und</strong><br />
2008 realisierten zwei Bauwerke, die<br />
erste eine 30-t- <strong>und</strong> die zweite eine<br />
60-t-Brücke, wurden mit V-förmigen<br />
Stützen konzipiert, so dass eine jetzt<br />
ausgereifte dritte Variante folgt.<br />
18 BRÜCKENBAU | 4 . 2011<br />
1 Montierte Sprengwerkbrücke<br />
© Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG<br />
2 Konzept <strong>und</strong> Anforderungen<br />
Die Entwurfs- <strong>und</strong> Detailplanung erarbei-<br />
tete das Staatliche Bauamt Passau in<br />
enger Kooperation mit der Hochschule<br />
Rosenheim. Wie bei den Vorgänger-<br />
brücken wurden für die Fahrbahn ein<br />
Plattenbalken in reiner Holzbauweise <strong>und</strong><br />
für das Sprengwerk, das ihn trägt, zwei<br />
geneigte, V-förmige Stützenpaare vor-<br />
gesehen. Die Vorteile dieser Konstruktion<br />
resultieren aus der Materialeffizienz.<br />
Das heißt, die Querschnitte der Längsträger<br />
<strong>und</strong> V-Stützen können trotz hoher<br />
Verkehrslasten aus folgenden Gründen<br />
relativ schlank dimensioniert werden:<br />
– Die Stützen verringern durch ihre<br />
Schrägstellung die mittlere Spannweite<br />
<strong>und</strong> vergrößern die Randfelder, so<br />
dass sich eine günstige Verteilung<br />
von 8,20 m + 11,50 m + 8,20 m ergibt;<br />
die Wahl von senkrechten Pfeilern war<br />
wegen des Lichtraumprofils nicht<br />
möglich.<br />
– Die Platte kann im Verb<strong>und</strong> mit den<br />
Balken bzw. Längsträgern sowohl<br />
Zug- als auch Druckkräfte aufnehmen.<br />
– Die Radlasten verteilen sich durch die<br />
kreuzweise verleimte Brettsperrholzplatte<br />
nahezu gleichmäßig über die<br />
Fahrbahnfläche, <strong>und</strong> die einzuleitenden<br />
Kräfte fallen an den Stützen-<br />
auflagern kleiner aus als bei anderen<br />
Alternativen.<br />
Hinzu kam, dass die Brücke, wie bei<br />
modernen Holzbrücken inzwischen<br />
üblich, einen geschlossenen Belag erhal-<br />
ten sollte, der die darunterliegende<br />
Konstruktion wie ein Dach schützt.<br />
Dies waren sowohl ökonomische als auch<br />
ästhetische Kriterien, denn das Holztragwerk<br />
hatte genauso wirtschaftlich zu<br />
sein wie ein Massivbau. In vielen Details<br />
wurden sogar ähnliche Lösungen ange-<br />
strebt, um so die Holzbrücke mit der<br />
Regelbauweise in Beton vergleichen<br />
zu können.
3 Herstellung des Plattenbalkens<br />
Als der Entwurf fertig war, erfolgte die<br />
Ausschreibung, basierend auf der Holz-<br />
brückennorm DIN 1074 <strong>und</strong> den derzeit<br />
gültigen Lastannahmen nach DIN-Fachbericht<br />
101.<br />
Während für die Stützen <strong>und</strong> die vier<br />
Längsträger nur Brettschichtholz, aus<br />
Gründen der erhöhten Witterungsresistenz<br />
in Lärche, in Frage kam, wählten die<br />
Planer zur zweiachsigen Lastabtragung<br />
Brettsperrholz (BSP) für die Platte: Das<br />
mehrlagige BSP wird aus rechtwinklig<br />
zueinander verklebten Brettlagenschichten<br />
gefertigt <strong>und</strong> weist dadurch eine<br />
Tragfähigkeit in Längs- <strong>und</strong> Querrichtung<br />
auf. Die besondere Herausforderung<br />
lag nun darin, den statischen Verb<strong>und</strong><br />
zwischen der Platte <strong>und</strong> den Längsträgern<br />
zum eigentlichen Plattenbalkenquerschnitt<br />
herzustellen, da man einen<br />
zu 100 % flächigen Anschluss benötigt.<br />
Die Entscheidung fiel deshalb zugunsten<br />
einer Verleimung als bester Lösung.<br />
Dieser statische Verb<strong>und</strong> des Plattenbalkens<br />
ermöglicht zudem schlankere<br />
Längsträger, deren Abmessungen sich<br />
hier zu b x h = 40 cm x 70 cm ergeben,<br />
wobei ihre Höhe zu den Endauflagern<br />
hin auf 57 cm abnimmt.<br />
Da Brettschichtholzquerschnitte ferti-<br />
gungsbedingt nur bis zu einer Breite von<br />
30 cm realisiert werden können, musste<br />
man die Längsträger blockverleimen,<br />
das heißt, 2 x 20 cm breite Träger seitlich<br />
miteinander zu einzelnen, 40 cm breiten<br />
Trägern verkleben. Die Herstellung der<br />
28,64 m langen <strong>und</strong> 3,95 m breiten<br />
BSP-Platte zwang aber ebenfalls zu ein<br />
paar Kunstgriffen: Sowohl wegen der<br />
»offenen Zeit« des Klebers, also jenes<br />
Zeitraums, in dem er sich verarbeiten<br />
lässt, als auch wegen der marktgängigen,<br />
kleinteiligen Brettsperrholzplatten war es<br />
nicht möglich, die gesamte Platte auf ein-<br />
mal zu produzieren. So wurden zunächst<br />
vier Einzelteile gefertigt <strong>und</strong> diese dann<br />
in einem zweiten Arbeitsschritt zur end-<br />
gültigen Plattengröße mit Schraubpressleimungen<br />
am Längs- <strong>und</strong> am Querstoß<br />
zusammengesetzt. Eine 39 mm dicke<br />
Kertoplatte fungiert dabei als Feder, die<br />
Schrauben sorgten dabei für den nötigen<br />
Pressdruck <strong>und</strong> blieben auch nach dem<br />
Abbinden des Leims im Holz. Zu guter<br />
Letzt mussten noch die Längsträger mit<br />
der 24,30 cm dicken BSP-Platte zum<br />
tragenden Plattenbalkenquerschnitt<br />
blockverleimt werden.<br />
B R Ü C K E N B AU W E R K E<br />
2 3 Längsschnitt <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>riss<br />
© Staatliches Bauamt Passau/Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG<br />
4 Fahrbahnbelag als »Dach«<br />
Als Fahrbahnbelag wählten die Planer<br />
eine 7 cm dicke Asphaltschicht, davon<br />
3,50 cm Guss- <strong>und</strong> 3,50 cm Walzasphalt.<br />
Als Unterkonstruktion dienen eine durch<br />
Lattung unterlüftete Holzwerkstoff-<br />
platte <strong>und</strong> eine zweilagige Abdichtung,<br />
zwischen dem insgesamt 17 cm hohen<br />
Fahrbahnaufbau <strong>und</strong> der BSP-Platte<br />
wurde außerdem eine weitere zweilagige<br />
Abdichtung angeordnet. Die Fahrbahn<br />
selbst wurde also in Art eines Daches<br />
ausgebildet. Sie kragt zudem seitlich<br />
so weit über die tragende Struktur aus,<br />
dass das Holz vollkommen im Regenschatten<br />
liegt. Ein Quergefälle von 2,50 %<br />
<strong>und</strong> ein Längsgefälle von 1,50 % sorgen<br />
darüber hinaus für die notwendige<br />
Entwässerung. Und seitlich am Plattenbalken<br />
sowie an den Stützen wurden als<br />
Witterungsschutz zusätzlich Bekleidungsbretter<br />
angebracht: Dank all dieser Maß-<br />
nahmen zählt die neue Sprengwerkbrücke<br />
nach DIN 1074 zum Typus der<br />
geschützten Brücke.<br />
Bei Belägen für Straßenbrücken aus Holz<br />
greifen Planer heute auch deshalb gerne<br />
auf Asphalt zurück, weil er im Unterschied<br />
zu einem Bohlenbelag den Belas-<br />
tungen beim Befahren, insbesondere<br />
aber beim Bremsen <strong>und</strong> Beschleunigen<br />
besser standhält. Asphaltbeläge haben<br />
eine größere Dauerhaftigkeit, schlagen<br />
zugleich jedoch kostenmäßig mehr zu<br />
Buche als eine hölzerne Variante.<br />
Gleichzeitig gilt es, die geringeren Auf-<br />
wendungen für den Unterhalt der Brücke<br />
aufgr<strong>und</strong> des geschlossenen Belags<br />
dagegenzurechnen <strong>und</strong> damit langfristig<br />
kostengünstig zu sein.<br />
4 Querschnitt<br />
© Staatliches Bauamt Passau/<br />
Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
19
<strong>BRÜCKENBAUWERKE</strong><br />
5 Ausbildung der Kappen<br />
Die Randbalken, also Kappen, sind für<br />
Anpralllasten bis 100 kN ausgelegt. Zur<br />
Verankerung der als Stahlbetonfertigteile<br />
ausgeführten Elemente dienen Stahlkonsolen,<br />
die auf die Enden der Stahlquerträger<br />
aufgeschraubt wurden.<br />
Letztere sind als Querschotts mit oben<br />
durchlaufendem Flansch im Abstand von<br />
4 m zwischen den Längsträgern eingebaut.<br />
Mit diesem Anschluss konnte die<br />
abgedichtete Holzbrückentafel unangetastet<br />
bleiben <strong>und</strong> gleichzeitig die hori-<br />
zontale wie vertikale Lasteneinleitung<br />
konstruktiv getrennt werden.<br />
5 Vorfertigung im Werk<br />
© Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG<br />
6 Transport des Überbaus<br />
© Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG<br />
6 Transport <strong>und</strong> Montage<br />
Alle Brückenbauteile, die Fahrbahnplatte<br />
<strong>und</strong> die Stützen, wurden in der Werkhalle<br />
in Schwäbisch Hall vorgefertigt. Den<br />
Transport ins 300 km entfernte Schwarzach<br />
legte der beauftragte Spediteur in<br />
einer Nacht zurück: Der 28,64 m lange<br />
<strong>und</strong> 3,95 m breite Brückenüberbau<br />
konnte als Ganzes angeliefert werden.<br />
Das Aufstellen der Sprengwerkstützen<br />
am ersten Tag war noch relativ einfach.<br />
20 BRÜCKENBAU | 4 . 2011<br />
7 Einfädeln des Plattenbalkens<br />
© Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG<br />
Schwieriger gestaltete sich am zweiten<br />
Tag das Einheben bzw. Einfädeln der 45 t<br />
schweren Fahrbahnplatte in die Stahlbleche<br />
der Stützenköpfe, was aber<br />
letztendlich ebenfalls gut funktioniert<br />
hat. Die »Restarbeiten« mit der Anordnung<br />
der Stahlbetonkappen, der<br />
Montage des Geländers <strong>und</strong> dem Auf-<br />
bringen des 7 cm dicken Asphaltbelags<br />
wurden im Anschluss durchgeführt.<br />
Die Brücke wird voraussichtlich im<br />
Frühjahr 2012 eröffnet, <strong>und</strong> die neue<br />
B<strong>und</strong>esstraße soll im Sommer 2012 ihrer<br />
Bestimmung übergeben werden. Die<br />
Schwarzacher, Bucher <strong>und</strong> Hengersberger<br />
freuen sich schon heute auf den Tag, ab<br />
dem sie die r<strong>und</strong> 9.000 Fahrzeuge, die<br />
jetzt vorbeidonnern, nicht mehr ertragen<br />
müssen.<br />
Autorin:<br />
Dipl.-Ing. (FH) Susanne Jakob-Freitag<br />
Karlsruhe<br />
Bauherr<br />
Freistaat Bayern,<br />
vertreten durch:<br />
Oberste Baubehörde im<br />
Bayerischen Staatsministerium des Innern, München<br />
Staatliches Bauamt Passau<br />
9 Bauwerk vor der Fertigstellung<br />
© Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG<br />
8 Verankerung der Kappen<br />
© Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG<br />
Entwurfsplanung:<br />
Staatliches Bauamt Passau,<br />
Bauoberrat OR Konrad Breuherr,<br />
Dipl.-Ing. (FH) Karl-Heinz Sperlein<br />
Hochschule Rosenheim,<br />
Prof. Dr.-Ing. Johann Pravida<br />
Tragwerksplanung <strong>und</strong> Ausführung<br />
Schaffitzel + Miebach Faszination Brücken GmbH,<br />
Lohmar<br />
Schaffitzel Holzindustrie GmbH & Co. KG,<br />
Schwäbisch Hall<br />
Prüfingenieur<br />
Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter, München
Maßnahmen zur Erneuerung der Seilbeschichtung<br />
Sanierung der Severinsbrücke in Köln<br />
von Frank Sczyslo, Josef Teupe<br />
Ein jedes Bauwerk bedarf der Pflege<br />
<strong>und</strong> bisweilen einer Instandsetzung.<br />
Handelt es sich aber um eine<br />
Schrägseilbrücke, kommt den Seilen<br />
<strong>und</strong> Kabelbündeln naturgemäß<br />
eine besondere Bedeutung zu,<br />
da ihre Funktionstüchtigkeit stets<br />
<strong>und</strong> zudem uneingeschränkt<br />
gewährleistet bleiben muss. Wie<br />
die entsprechenden Vorkehrungen<br />
aussehen <strong>und</strong> welche Einzelmaßnahmen<br />
sie umfassen, wird hier am<br />
Beispiel der Severinsbrücke näher<br />
erläutert.<br />
1 Einführung<br />
1.1 Historie der Brücke<br />
Die Severinsbrücke in Köln verbindet<br />
das Severinsviertel mit dem rechts-<br />
rheinischen Stadtteil Köln-Deutz. Das<br />
im »Kölner Brückengrün« gehaltene<br />
Stahlbauwerk wurde in den Jahren<br />
1956–1959 als seilverspannte Balkenbrücke<br />
mit einem A-förmigen Pylon<br />
errichtet, der eine Höhe von 77,20 m hat.<br />
Entworfen von Gerd Lohmer <strong>und</strong> Fritz<br />
Leonhardt, weist sie eine Gesamtlänge<br />
von 691 m auf, wobei die Hauptspannweite<br />
302 m beträgt. Sie ist zudem<br />
29,50 m breit <strong>und</strong> verfügt über ein<br />
Stahlgewicht von 8.300 t.<br />
Zur Ausführung kam sie mit je sechs<br />
ober- <strong>und</strong> unterstromig angeordneten<br />
Kabelbündeln aus vollverschlossenen<br />
Einzelseilen von unterschiedlicher Anzahl<br />
(4, 9, 12, 16 Seile), aber stets gleichen<br />
Einzeldurchmessern von 69 mm, 73 mm<br />
bzw. 85 mm. Diese quadratischen bzw.<br />
rechteckigen Kabelbündel laufen teil-<br />
weise über Sattellager, teilweise enden<br />
die Einzelseile im Pylon. Sie sind ungefähr<br />
von der Mitte des Gehweges aus schräg<br />
zum Pylonkopf oberhalb der Straßenbahnschienen<br />
orientiert <strong>und</strong> liegen<br />
zusätzlich gegen die Horizontalachse<br />
leicht gedreht im Raum.<br />
1 Severinsbrücke im Bau, um 1958<br />
© B<strong>und</strong>esanstalt für Straßenwesen<br />
1.2 Vorangegangene Maßnahmen<br />
Ab 1988 wurde der Korrosionsschutzanstrich<br />
der Severinsbrücke zum ersten<br />
Mal voll erneuert, diese Maßnahme betraf<br />
die Unteransicht, den Pylon <strong>und</strong> die<br />
Kabel. Die eingesetzten Befahranlagen<br />
hatten aber noch keine maximalen<br />
Pressungen auf den Kabeln einzuhalten,<br />
so dass die Fahrwerke wesentlich ein-<br />
facher zu dimensionieren waren. Als<br />
Beschichtungssysteme wurden auf den<br />
Unteransichts- <strong>und</strong> Pylonflächen bereits<br />
Systeme nach Blatt 87 der TL 918 300<br />
der Deutschen Bahn AG bzw. der<br />
ZTV-KOR-Stahlbauten verwendet:<br />
Zinkstaubgr<strong>und</strong>-, Epoxidharzzwischen-<br />
<strong>und</strong> Polyurethandeckbeschichtung.<br />
Auf den Kabeln kam nach dem Strahlen<br />
das damals zugelassene Beschichtungssystem<br />
von Sigma Unitecta zur Anwendung,<br />
bestehend aus CM-Primer, teilweise<br />
Zinkchromat (Folic PCR) <strong>und</strong> 2k-PUR<br />
Folic Ena EG SQ bzw. Bicompon 1432 SQ.<br />
Die Innenseiten der Kabel wurden seit<br />
dem Bau der Brücke aber nicht instandgesetzt<br />
<strong>und</strong> sind mit einer Gr<strong>und</strong>-<br />
beschichtung gemäß DV 807, Stoff<br />
Nr. 4634.55 versehen. Die einzelnen<br />
Drähte der Seile wurden vor dem Ver-<br />
schließen durch ein Bleimennigebad<br />
(DV 807, Stoff Nr. 4634.75) gezogen, die<br />
Kabel sollten voll injiziert werden.<br />
B R Ü C K E N B AU W E R K E<br />
2 Instandsetzung ab 2010<br />
2.1 Auszuführende Leistungen<br />
Sie umfassen die Vollerneuerung des<br />
Korrosionsschutzes des Pylon (außen)<br />
<strong>und</strong> der Kabel. Erstere erfolgt gemäß<br />
DIN EN ISO 12 944 bzw. ZTV-ING Teil 4<br />
Abschnitt 3: Korrosionsschutz von<br />
Stahlbauten.<br />
Die vorhandene Beschichtung war<br />
zunächst mittels Druckluftstrahlen zu<br />
entfernen (Normreinheitsgrad: SA 2 ½),<br />
der neue Beschichtungsaufbau wurde in<br />
Anlehnung an das Blatt 87 dann so<br />
gewählt:<br />
– Gr<strong>und</strong>beschichtung: 2-K-EP Zinkstaub<br />
(687.03) mit 70 μm,<br />
– Kantenschutz: 2-K-EP Zinkphosphat<br />
(687.06),<br />
– Zwischenbeschichtung: 2-K-EP<br />
Eisenglimmer (687.12/13), 1 x ZB<br />
(oberhalb Sprühnebelbereich), 2 x ZB<br />
(Sprühnebelbereich), 3 x ZB (Wasser-<br />
wechselzone) mit je 80 μm,<br />
– Deckbeschichtung: 2-K-PUR in Kölner<br />
Brückengrün mit 80 μm.<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
21
<strong>BRÜCKENBAUWERKE</strong><br />
Die Vollerneuerung des Korrosions-<br />
schutzes der Kabel wird gemäß<br />
DIN EN ISO 12 944 bzw. ZTV-KORStahlbauten,<br />
Ausgabe 2002, Tabelle A.2,<br />
Bauteilnummer 7 für unverzinkte Seile<br />
durchgeführt, <strong>und</strong> zwar mit nachstehendem<br />
Aufbau:<br />
– 2 x Gr<strong>und</strong>beschichtung: Sika Cable FE<br />
Primer mit je 50 μm,<br />
– 2 x Zwischenbeschichtung: Sika Cable<br />
TOP 1, 3 x ZB im Tausalzsprühbereich<br />
bis 15 m oberhalb des Brückendecks<br />
mit je 150 μm,<br />
– Deckbeschichtung: Sika Cable TOP 2 in<br />
Kölner Brückengrün mit 60 μm.<br />
Zur Verkittung nach der zweiten GB<br />
kommt Sika Cable Flex 1, ein speziell für<br />
das Seilbeschichtungssystem entwickelter<br />
2-K-PUR-Fugenkitt zur Anwendung,<br />
der im vorliegenden System geprüft<br />
wurde.<br />
Folgende Arbeitsreihenfolge war<br />
vorgesehen:<br />
– Entfernen der Kabelschellen,<br />
– Entfernen des Fugenkittes,<br />
– Entfernen der Altbeschichtung mittels<br />
Druckluftstrahlen (Normreinheitsgrad:<br />
SA 2 ½),<br />
– Aufbringen der Gr<strong>und</strong>beschichtungen,<br />
– Verkitten der Seilzwickel bzw. Kehlen,<br />
– Aufbringen der ersten Zwischen-<br />
beschichtung,<br />
– Einbau der neu beschichteten<br />
Kabelschellen (2 x GB, 1 x ZB),<br />
2 Errichtung des Schutzdachs<br />
© Hans Tiefenbach GmbH/Teupe & Söhne Gerüstbau GmbH<br />
22 BRÜCKENBAU | 4 . 2011<br />
– Aufbringen der zweiten <strong>und</strong> dritten<br />
Zwischenbeschichtung (Tausalz-<br />
sprühbereich),<br />
– Aufbringen der Deckbeschichtung.<br />
Neben diesen Hauptleistungen sollten<br />
die Kabel <strong>und</strong> die Auflagerkonstruktionen<br />
innerhalb des Pylonkopfs sowie die<br />
oberen <strong>und</strong> unteren Kabelabdeckhauben<br />
von innen <strong>und</strong> außen korrosionsschutztechnisch<br />
bearbeitet werden; zudem<br />
waren neue Radarlanzen zu installieren.<br />
2.2 Baubehelfe<br />
Der Pylon wird abschnittsweise eingerüstet<br />
<strong>und</strong> mit einer staubdichten<br />
Abplanung versehen. Zum Schutz gegen<br />
herabfallende Gegenstände erfolgt die<br />
Installation eines Schutzdaches, das mit<br />
einem Bohlenbelag, einer Schutzfolie<br />
<strong>und</strong> einer Blechlage gegen Durchschlag<br />
gesichert ist. Darüber hinaus wird für<br />
Materialtransporte ein feststehender,<br />
auch für die Personenbeförderung zuge-<br />
lassener Aufzug eingerichtet, der bis an<br />
den Pylonkopf heranreicht.<br />
Die Kabel werden mit Hilfe von drei an<br />
die jeweiligen Neigungen angepassten<br />
<strong>und</strong> mit Blechen fest umschlossenen<br />
Arbeitsbühnen bearbeitet, die mit einer<br />
Länge von je 6 m konzipiert sind. Die<br />
Bühnen erhalten eine Baumusterprüfung<br />
<strong>und</strong> werden nach der Installation <strong>und</strong><br />
jedem Umbau vom TÜV vor Ort abgenommen.<br />
Sie enden unten an Bahnhöfen<br />
<strong>und</strong> damit oberhalb des Brückendecks.<br />
3 Bearbeitung der Kabel<br />
3.1 Besonderheiten<br />
Es handelt sich um rechteckige bzw.<br />
quadratische Kabel, so dass sich relativ<br />
große Zwischenräume zwischen den<br />
vollverschlossenen Einzelseilen im<br />
Inneren der Kabel befinden. Sie verlaufen<br />
zudem schräg von der Verankerung im<br />
Hohlkasten bis zur Pylonkopfmitte,<br />
weshalb keine Volleinrüstung möglich ist.<br />
Zusätzlich besteht eine Neigung der<br />
Bündel gegen die Horizontalachse <strong>und</strong><br />
damit quer zur Längsachse der Kabel,<br />
was unter Umständen eine einseitige<br />
Belastung an den Fahrwerken zur Folge<br />
hat.<br />
3.2 Kabelbefahranlagen<br />
Die Kabelbefahranlagen sind so auszubilden,<br />
dass die Besonderheiten der Lage<br />
der Kabel im Raum ausgeglichen werden<br />
<strong>und</strong> ein sicheres Arbeiten innerhalb der<br />
Anlagen möglich ist. Außerdem ist ein<br />
sicherer Zugang zu gewährleisten.<br />
Die Fahrwerke müssen darüber hinaus<br />
so konzipiert werden, dass die Flächenpressung<br />
auf den Kabeln nicht mehr als<br />
2,50 N/mm² beträgt: Diese Forderung<br />
stellte ein Novum dar. Die Deckbeschichtung<br />
darf gar nicht überfahren werden<br />
<strong>und</strong> sollte laut Ausschreibung von<br />
Steigern aus appliziert werden. Für die<br />
gr<strong>und</strong>sätzliche Applikation der Deckbeschichtung<br />
wurde von der beauftragten<br />
Arbeitsgemeinschaft daher ein Balkon<br />
an jeder Bühne vorgesehen, um den<br />
Beschichtungsvorgang beim Abfahren<br />
der Anlage von außen durchführen zu<br />
können. Das heißt, Steiger sind lediglich<br />
für Ausbesserungsarbeiten <strong>und</strong> eventuelle<br />
Abnahmen erforderlich.<br />
Die Einhaltung der zulässigen Pressungen<br />
wurde einerseits durch die Anzahl der<br />
Einzelrollen je Fahrwerk gewährleistet,<br />
andererseits durch die Verwendung von<br />
extrem weichen Rollen aus Spezialkunststoff.<br />
Die Kombination dieser Eigenschaften,<br />
gepaart mit einer Anpassung der<br />
Rollen an die unterschiedlichen Einzelseildurchmesser<br />
durch entsprechende<br />
Ausbildung der Laufflächen mittels<br />
Ausfräsens, führte dann zur Einhaltung<br />
der durch die Ausschreibung vorgegebenen<br />
Bedingungen.
3.3 Entkittung der Seilzwickel<br />
Die Entkittung der Seilzwickel oder<br />
Kehlen wird aufgr<strong>und</strong> der elastischen<br />
Struktur des Fugenkittes vor den<br />
Strahlarbeiten mit Spezialwerkzeugen<br />
vorgenommen, da ein Abstrahlen hier<br />
nicht möglich ist.<br />
Die Entkittung wird zudem bis tief in die<br />
Wurzel geführt, um die Oberfläche für die<br />
nachfolgenden Gr<strong>und</strong>beschichtungen<br />
optimal vorbereiten zu können.<br />
3.4 Hilfsschellen<br />
Nach den ersten Entkittungsarbeiten im<br />
Bereich der Standgerüste wurde ange-<br />
sichts der vorgef<strong>und</strong>enen Situation<br />
festgelegt, dass nach dem Entfernen<br />
der Haupt- zusätzlich Hilfsschellen zur<br />
Lagesicherung der Kabel angebracht<br />
werden müssen. Deren Befestigung<br />
erfolgt sukzessive bei der Demontage<br />
der Hauptschellen, <strong>und</strong> zwar in der Form,<br />
dass zunächst die Hilfsschelle aufgebracht<br />
<strong>und</strong> danach erst die Hauptschelle<br />
demontiert wird. Das gleiche Prinzip<br />
kommt im Übrigen beim Umbau der<br />
Hilfsschellen zur Anwendung.<br />
4 Hilfsschelle zur Lagesicherung<br />
© Hans Tiefenbach GmbH/Teupe & Söhne Gerüstbau GmbH<br />
3.5 Strahl- <strong>und</strong> Beschichtungsarbeiten<br />
Für die Strahl- <strong>und</strong> Beschichtungsarbeiten<br />
werden die Versorgungsleitungen,<br />
wie unter anderem die Strahl- <strong>und</strong><br />
Saugschläuche, unterhalb der Kabel mit<br />
Hilfe von Spanngurten in einem Abstand<br />
von ca. 50 cm befestigt. Aus Sicherheitsgründen<br />
werden ausschließlich neue<br />
Schläuche <strong>und</strong> Leitungen verlegt.<br />
Die Durchführung der Strahlarbeiten<br />
erfolgt von oben nach unten, ebenso die<br />
Beschichtungsarbeiten. Beim Herunterfahren<br />
werden zugleich die Versorgungsleitungen<br />
sukzessive zurückgebaut.<br />
4 Änderungen im Bestand<br />
4.1 Injektionsfehlstellen<br />
Bei der Entkittung der Seilzwickel wurden<br />
zunächst vereinzelte Hohlstellen inner-<br />
halb der Kabel festgestellt, die so aus-<br />
sahen, als ob teilweise alter Strahlschutt<br />
aus ihnen durch die vorgef<strong>und</strong>enen<br />
offenen Spalte austreten würde. Noch<br />
vor der Montage der ersten 6-m-Bühne<br />
wurde deshalb aus Sicherheitsgründen<br />
vereinbart, dass Hilfsschellen unerlässlich<br />
sind. Des Weiteren wurde festgelegt, dass<br />
diese Hohlräume nachzuinjizieren sind,<br />
wofür eigens angefertigte Spezial- <strong>und</strong><br />
Entlüftungspacker eingesetzt wurden:<br />
Zunächst sind die Einzelseile an den<br />
entsprechenden Stellen mit Holzkeilen<br />
vorsichtig aufzuspreizen, danach erfolgt<br />
die Verkittung, <strong>und</strong> anschließend wird der<br />
Hohlraum mittels des systemkonformen<br />
2-K-Verpressmateriales Sika Cable Flex 2<br />
<strong>und</strong> einer entsprechenden Vorrichtung,<br />
wie etwa einer Injektions-Airlesspumpe,<br />
verpresst, <strong>und</strong> zwar dem Kabel folgend<br />
aufsteigend, bis das Material am nächsten<br />
Packer austritt. Nach der Erhärtung des<br />
Materials wird der Packer entfernt, <strong>und</strong><br />
die Kittnähte werden vervollständigt.<br />
B R Ü C K E N B AU W E R K E<br />
3 Prinzip der Befahranlage<br />
© Hans Tiefenbach GmbH/Teupe & Söhne Gerüstbau GmbH<br />
Aus der vorgef<strong>und</strong>enen Situation ergab<br />
sich aber auch die Fragestellung nach<br />
der weiteren Vorgehensweise beim<br />
Arbeiten von der Kabelbefahranlage<br />
aus, wenn sich die Hohlräume nach<br />
oben fortsetzen würden, da unter allen<br />
Umständen ein Wasserzutritt zum Kabel-<br />
inneren verhindert werden musste. Das<br />
heißt, sollte die Befahranlage nach der<br />
Entkittung eines Bereiches weiterrücken,<br />
so die ursprüngliche Planung, dann lägen<br />
die Hohlräume eventuell für längere Zeit<br />
offen <strong>und</strong> wären der Witterung ausgesetzt.<br />
Dies würde also eine konzeptionelle<br />
Änderung der Abarbeitung erfordern.<br />
5 Fehlstellen in der Kabelverkittung<br />
© Hans Tiefenbach GmbH/Teupe & Söhne Gerüstbau GmbH<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
23
<strong>BRÜCKENBAUWERKE</strong><br />
4.2 Lageänderung der Seile<br />
Bei der Entkittung wurde ebenfalls<br />
festgestellt, dass es sich bei den Kabeln<br />
offensichtlich nicht mehr um Rechtecke<br />
oder Quadrate handelt, sondern eher um<br />
trapezförmige Gebilde.<br />
Der Vorteil für die Seilbündel bestand<br />
nun darin, dass die schmale Seite des<br />
Trapezes bislang in der Regel oben vor-<br />
gef<strong>und</strong>en wurde. Hierdurch lagen die<br />
oberen Einzelseile sehr dicht aneinander,<br />
was den Wasserzutritt ins Kabelinnere<br />
bislang verhindert hat.<br />
5 Konzeptionsanpassung<br />
5.1 Bühnenverlängerung<br />
Aufgr<strong>und</strong> der vorgef<strong>und</strong>enen Situation<br />
mit Injektionsfehlstellen auch im oberen<br />
Bereich der Kabel waren während der<br />
Ausführung Anpassungen in der Arbeits-<br />
planung erforderlich.<br />
7 Heutiges Erscheinungsbild der Severinsbrücke<br />
© Hans Tiefenbach GmbH/Teupe & Söhne Gerüstbau GmbH<br />
24 BRÜCKENBAU | 4 . 2011<br />
Gemeinsam mit dem Bauherrn wurde<br />
deshalb festgelegt, alles zu unternehmen,<br />
um die sich abzeichnende Bauzeit-<br />
verlängerung zu minimieren. Dies war<br />
notwendig, da die Kölner Rheinbrücken<br />
ein sensibles Gebilde hinsichtlich des<br />
Verkehrsflusses über den Rhein dar-<br />
6 Schutzdach, Pylongerüst<br />
<strong>und</strong> Befahranlage<br />
© Hans Tiefenbach GmbH/<br />
Teupe & Söhne Gerüstbau GmbH<br />
stellen. So wurde vereinbart, die Befahr-<br />
anlagen auf ein maximales Maß zu<br />
verlängern, damit sich die Gefahr des<br />
Wasserzutrittes in die Zwischenräume<br />
der Kabel reduziert <strong>und</strong> zugleich ein<br />
vernünftiger Arbeitsablauf gewährleistet<br />
bleibt.
Aus der Verlängerung der Arbeitsbühnen<br />
ergab sich aber eine Veränderung der<br />
Antriebstechnik, denn das Gewicht der<br />
größeren Anlagen machte wesentlich<br />
größere Durchlaufwinden, sogenannte<br />
Tiraks, erforderlich. Diese Motoren<br />
mussten auf dem Schutzdach installiert<br />
werden, was Verstärkungen bedingte,<br />
<strong>und</strong> ziehen nunmehr die Kabelbefahranlagen<br />
über die am Pylonkopf installierten<br />
Umlenkrollen. Auf dem Schutzdach<br />
ist dazu permanent ein Windenführer<br />
stationiert, der mit den Mitarbeitern<br />
in den Befahranlagen im konstanten<br />
Funkkontakt ist, die Motoren auf An-<br />
weisung aus den Bühnen bedient <strong>und</strong><br />
sie ständig kontrolliert.<br />
Die verlängerten Befahranlagen erhalten<br />
zudem einen Shuttle, so dass sie in ihrer<br />
jeweiligen Position verharren, wenn<br />
Kabelbereiche offen stehen sollten. Die<br />
Mitarbeiter gelangen dann mit dem<br />
Shuttle zu den Bühnen <strong>und</strong> zum<br />
Bahnhof.<br />
5.2 Vorverkittung<br />
Es wurde festgelegt, dass die beim<br />
Entkitten der Kabelzwickel vorgef<strong>und</strong>enen<br />
Hohlräume zunächst provisorisch<br />
verkittet <strong>und</strong> anschließend verpresst<br />
werden, bevor die weiteren Arbeitsschritte<br />
durchgeführt wurden. Diese<br />
Maßnahme sollte einen Wasserzutritt<br />
zum Kabelinneren komplett verhindern.<br />
Sie sichert darüber hinaus die Qualität<br />
der auszuführenden Leistungen <strong>und</strong><br />
sorgt dafür, dass sich die Bauzeitverlängerung<br />
in einem erträglichen bzw.<br />
planbaren Rahmen bewegt.<br />
6 Fazit<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Einzigartigkeit der<br />
Severinsbrücke hinsichtlich ihrer gestal-<br />
terischen Besonderheiten waren nicht<br />
alle Probleme, auch unter den neuen<br />
Voraussetzungen, im Vorfeld einschätzbar.<br />
Die aufgetretenen Schwierigkeiten<br />
erforderten daher eine flexible <strong>und</strong><br />
baubegleitende Planung der zu<br />
ergreifenden Maßnahmen.<br />
Derzeit liegt der vorgesehene Fertigstellungstermin<br />
der laufenden Baumaßnahme<br />
in 2013.<br />
Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Frank Sczyslo<br />
Hans Tiefenbach GmbH,<br />
Duisburg<br />
Dipl.-Ing. Josef Teupe<br />
Teupe & Söhne Gerüstbau GmbH,<br />
Stadtlohn<br />
B R Ü C K E N B AU W E R K E<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
25
BRÜCKENAUSSTAT TUNG<br />
Lärmmindernde Elemente für Lamellenkonstruktionen<br />
Fahrbahnübergänge in Straßenbrücken<br />
von Joachim Braun, Jens Tusche<br />
In Deutschland sind ca. 80 % aller<br />
eingebauten Fahrbahnübergange<br />
Trägerrostkonstruktionen aus<br />
Lamellen, die auf Stützprofilen<br />
auflagern <strong>und</strong> mit Lagerungs-<br />
<strong>und</strong> Steuerelementen ausgestattet<br />
werden. Welche Maßnahmen<br />
ergriffen werden müssen, damit<br />
sie als lärmmindernd gelten,<br />
thematisiert dieser Beitrag.<br />
1 Einleitung<br />
Die Lärmentwicklung durch den Straßen-<br />
verkehr ist zu einem immer wichtigeren<br />
Umweltfaktor geworden. Da die Fahrbahnübergänge<br />
ein örtlich begrenztes<br />
zusätzliches Verkehrsgeräusch erzeugen,<br />
das als besonders störend empf<strong>und</strong>en<br />
wird, wurde das Regelwerk für Fahrbahnübergänge<br />
TL/TP FÜ [1] in den letzten<br />
Jahren nicht zuletzt unter diesem<br />
Gesichtspunkt überarbeitet. So sind<br />
regelgeprüfte lärmgeminderte Fahrbahnübergänge<br />
verfügbar, welche sich<br />
schon einige Jahre bewährt haben.<br />
26 BRÜCKENBAU | 4 . 2011<br />
2 Pkw-Überfahrt: Lärmniveau über dem Bauwerk<br />
© M & P Beratende Ingenieure GmbH<br />
1 Typischer Lamellenübergang<br />
© RW Sollinger Hütte GmbH<br />
Die wachsende Bedeutung der Lärmproblematik<br />
kommt auch in dem R<strong>und</strong>-<br />
schreiben des B<strong>und</strong>esministeriums für<br />
Verkehr, Bau <strong>und</strong> Stadtentwicklung (BMVBS)<br />
vom 30. März 2009 zum Ausdruck. [2]<br />
Nunmehr wird bei Neu- <strong>und</strong> größeren<br />
Umbauten der vorrangige Einsatz von<br />
lärmgeminderten Fahrbahnübergängen<br />
vorgeschrieben. Darüber hinaus wird für<br />
Fahrbahnübergänge mit einem Alter von<br />
weniger als 15 Jahren die Nachrüstung<br />
mit lärmmindernden Elementen<br />
empfohlen.<br />
2 Lärmmindernde Zusatzelemente<br />
Als lärmmindernde Zusatzelemente<br />
kommen sinus- oder rautenförmige<br />
Bauteile zum Einsatz, die entweder auf-<br />
geschraubt oder aufgeschweißt werden.<br />
Diese Konstruktionen haben sich über<br />
viele Jahre bewährt, erfordern aber eine<br />
regelmäßige Unterhaltung <strong>und</strong> Wartung,<br />
da die selbstreinigende Wirkung der<br />
konventionellen Lamellenübergänge<br />
durch die Zusatzelemente verringert<br />
wird.<br />
3 Aufgeschraubtes Sinuselement aus Stahl<br />
© RW Sollinger Hütte GmbH<br />
Eine Lösung ist die Befestigung der<br />
Lärmschutzelemente mit vorgespannten<br />
HV -Schrauben der Güte 10.9. Durch die<br />
Vorspannung wird eine völlige Sicherheit<br />
gegen das Aufdrehen <strong>und</strong> das Eindringen<br />
von Wasser <strong>und</strong> Feuchtigkeit in die Ver-<br />
bindung erreicht. Bei Bedarf können die
Platten zudem problemlos abgeschraubt<br />
werden. Die Sinusbleche sind in der<br />
Standardausführung aus feuerverzinktem<br />
Baustahl.<br />
Ein weiterer Vorteil ist die mögliche<br />
Nachrüstbarkeit bei vorhandenen Fahr-<br />
bahnübergängen. Eine solche Nachrüstung<br />
ist im Hinblick auf ihre Entwurfslebensdauer<br />
nach TL/TP FÜ von 40 Jahren<br />
auch sinnvoll. Die nachzurüstenden<br />
Sinusbleche bestehen im Standardfall<br />
ebenso aus feuerverzinktem Baustahl<br />
<strong>und</strong> entsprechen im Aufbau der regelgeprüften<br />
Ausführung, sind allerdings<br />
25 mm statt 20 mm dick. Dadurch wird<br />
eine größere Dehnlänge der Schraube<br />
ermöglicht <strong>und</strong> den Vorspannkraft-<br />
verlusten durch zusätzliche Setzungen<br />
wegen etwas größerer Toleranzen durch<br />
die Baustellenmontage besser entgegengewirkt.<br />
Ansonsten entspricht die Schraub-<br />
verbindung der regelgeprüften Ausführung.<br />
[3]<br />
4 WSF-Randprofil (3) mit Sinuselement (5)<br />
<strong>und</strong> HV-Verschraubung (7) (8)<br />
© RW Sollinger Hütte GmbH<br />
In einem weiteren Entwicklungsschritt<br />
wird die Oberfläche der Sinuselemente<br />
mit einer Elastomerschicht ausgerüstet.<br />
Diese Elemente sind inzwischen bei zwei<br />
Brücken in Deutschland, der Ebertbrücke<br />
in Aschaffenburg <strong>und</strong> der Brücke am<br />
Bollert bei Uslar, sowie bei einer niederländischen<br />
Brücke bei Harderwijk<br />
eingebaut worden.<br />
5 Elastomerbeschichtetes Sinuselement<br />
© RW Sollinger Hütte GmbH<br />
6 Großversuchsstand zur Lärmmessung<br />
© RW Sollinger Hütte GmbH<br />
3 Akustische Messungen<br />
Es gibt in Deutschland derzeit keine<br />
Regelung zur akustischen Bewertung<br />
von Fahrbahnübergängen, wie z. B. in<br />
Österreich mit der Richtlinie [4]. Unabhängig<br />
davon haben die Verfasser in<br />
enger Zusammenarbeit mit der B<strong>und</strong>esanstalt<br />
für Straßenwesen (BASt) <strong>und</strong> im<br />
Rahmen geförderter Verb<strong>und</strong>projekte<br />
eine Vielzahl von Lärmmessungen an<br />
verschiedenen Bauarten von Fahrbahnübergängen<br />
durchgeführt. Dabei wurde<br />
in einem Großversuchsstand unter reinen<br />
Laborbedingungen, in einem Versuchsfeld<br />
nach der Methode der »Kontrollierten<br />
Vorbeifahrten« (CPB- Messungen) [5]<br />
sowie in situ unter realen Verkehrs-<br />
bedingungen gemessen. [6] Die Schall-<br />
messungen erfolgten im Nah- <strong>und</strong> im<br />
Fernfeldbereich, Letzteres in einem<br />
Abstand von 6,80 m.<br />
An der Brücke bei Harderwijk wurden<br />
umfangreiche Messungen in situ<br />
unter realen Verkehrsbedingungen<br />
durchgeführt. An dieser wurden zwei<br />
verschiedene Konstruktionen eingebaut,<br />
am Widerlager 1 eine Fahrbahnübergangskonstruktion<br />
vom Typ WSF Plus<br />
mit Sinusplatten aus Stahl, am Widerlager<br />
2 der Typ WSF Plus mit elastomerbeschichteten<br />
Sinusplatten. Aus den<br />
Messungen <strong>und</strong> Analysen geht hervor,<br />
dass die Fugenübergänge sowohl ober-<br />
halb als auch unterhalb des Bauwerks die<br />
berechnete Lärmschutznorm aus dem<br />
Leitfaden NBD00401 [7] erfüllen.<br />
Außerdem zeigt sich, dass bei der Pas-<br />
sage durch einen Pkw das Lärmniveau<br />
der Fugenübergänge mit elastomerbeschichteten<br />
Sinusplatten oberhalb des<br />
Bauwerks 1 dB(A) niedriger ist als bei<br />
Sinusplatten aus Stahl, der Unterschied<br />
zwischen Belag <strong>und</strong> Fuge beträgt 5 dB(A)<br />
bzw. 4 dB(A). Unter dem Bauwerk beläuft<br />
sich der Unterschied in den Lärmniveaus<br />
auf 3 dB(A), <strong>und</strong> zwar zugunsten der<br />
elastomerbeschichteten Sinusplatten.<br />
B R Ü C K E N AU S S TAT T U N G<br />
7 Messfeld an der Brücke bei Harderwijk<br />
© M & P Beratende Ingenieure GmbH<br />
Die schwarzen Punkte in Bild 8 geben für<br />
die verschiedenen Messungspositionen<br />
das maximale Lärmniveau <strong>und</strong> den Unterschied<br />
von 3 dB(A) bei der Überfahrt<br />
eines Lkw wieder.<br />
8 Lkw-Überfahrt: Lärmniveau über dem Bauwerk<br />
© M & P Beratende Ingenieure GmbH<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
27
Fotos: Archiv RW Sollinger Hütte<br />
BRÜCKENAUSSTAT TUNG<br />
4 Zusammenfassung<br />
Die Versuchsergebnisse zeigen, dass<br />
sich mit beiden Lösungen die lärm-<br />
mindernden Eigenschaften deutlich<br />
verbessern lassen. Im Vergleich zwischen<br />
dem üblichen Lamellenübergang <strong>und</strong><br />
dem mit Lärmschutzelementen wird im<br />
Bereich von 60–100 km/h eine Schallminderung<br />
um 3–4 dB (A) erzielt. [5] [6]<br />
Die absoluten Werte der Messungen mit<br />
elastomerbeschichteten Lärmschutzabdeckungen<br />
bringen einen nochmals um<br />
1–3 dB(A) kleineren Schallpegel, sind<br />
also bei Geschwindigkeiten bis 100 km/h<br />
leiser als die reinen Stahlelemente. Der<br />
größere Lärmminderungseffekt tritt<br />
bei Lkws auf, bei Pkws ist der Einfluss<br />
geringer. Die elastomerbeschichteten<br />
Lärmschutzelemente auf Lamellen-<br />
übergängen eignen sich infolgedessen<br />
besonders für den innerstädtischen<br />
Bereich.<br />
Autor:<br />
Dr.-Ing. Joachim Braun<br />
Dr.-Ing. Jens Tusche<br />
RW Sollinger Hütte GmbH,<br />
Uslar<br />
28 BRÜCKENBAU | 4 . 2011<br />
Literatur<br />
[1] B<strong>und</strong>esministerium für Verkehr, Bau <strong>und</strong><br />
Stadtentwicklung: Technische Lieferbedingungen<br />
<strong>und</strong> Technische Prüfvorschriften für Ingenieurbauten<br />
TL/TP-ING, Teil 8, Abschnitt 1. Technische<br />
Lieferbedingungen <strong>und</strong> Prüfvorschriften für<br />
wasserdichte Fahrbahnübergänge in Lamellenbauweise<br />
<strong>und</strong> Fingerübergänge mit Entwässerung<br />
von Straßen- <strong>und</strong> Wegbrücken TL/TP FÜ.<br />
Bonn 2005.<br />
[2] B<strong>und</strong>esministerium für Verkehr, Bau <strong>und</strong> Stadtentwicklung:<br />
Einbau von lärmgeminderten<br />
Fahrbahnübergängen mit Regelprüfung nach<br />
TL/TP FÜ, ARS Allgemeines R<strong>und</strong>schreiben<br />
15/2002 vom 30.03.2009. Bonn 2009.<br />
[3] Sollinger Hütte: Regelprüfung SH Fahrbahnübergang.<br />
Unterlagen mit WSF 1 Plus /<br />
WSG 1 Plus bzw. WSG 2 Plus bis WSG 15 Plus,<br />
20.12.2007/3.7.2008. Uslar 2007, 2008.<br />
Einbau des Fingerfahrbahnübergangs<br />
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[4] Österreichische Forschungsgesellschaft Straße<br />
Schiene Verkehr: Schalltechnische Beurteilung von<br />
Fahrbahnübergängen, Ausgabe 28. Wien 2010.<br />
[5] B<strong>und</strong>esanstalt für Straßenwesen: Leiser Straßenverkehr<br />
2. Akustische Optimierung von Fahrbahnübergängen<br />
für lange Brücken mit SME-Mustern<br />
der RW Sollinger Hütte GmbH. Bericht im Entwurf,<br />
Bergisch Gladbach 2010.<br />
[6] M & P Beratende Ingenieure, RW Sollinger Hütte:<br />
Lärmmessungen an zwei Fugenübergängen auf<br />
der N 302 bei Harderwijk. Uslar 2010.<br />
[7] Oberste Straßen- <strong>und</strong> Wasserbaubehörde der<br />
Niederlande: Leitfaden Lärmnorm an Fugenübergängen<br />
NBD00401. Amsterdam 2010.<br />
Martinus Nijhoffbrug bei Zaltbommel (NL)<br />
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4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
29
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Brücken- <strong>und</strong> Hochbaugleitlagern<br />
entwickelt. Das Deutsche Institut für<br />
Bautechnik erteilte Anfang 2010 die<br />
Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung,<br />
der sich jetzt die Europäische Zulassung<br />
ETA-06/0131 anschließt. Zusammen mit<br />
dem Gleitwerkstoff MSM® garantiert<br />
Vorzeitige Sanierung durch Eurovia<br />
Karolinentalbrücke in Eisenach<br />
Mit der Verkehrsfreigabe der komplett<br />
sanierten Karolinentalbrücke in Eisenach<br />
hat die Eurovia am 18. November 2011<br />
<strong>und</strong> damit vorzeitig ein aufwendiges<br />
Projekt in Thüringen abgeschlossen,<br />
wurde das unter Denkmalschutz ste-<br />
hende Bauwerk doch zwölf Tage vor<br />
dem vertraglich vereinbarten Termin<br />
übergeben.<br />
Nach der ebenfalls unter Leitung der<br />
Eurovia durchgeführten Verlegung der<br />
B<strong>und</strong>esautobahn A 4 im Bereich der<br />
Hörselberge wurde im Mai 2010 mit der<br />
Instandsetzung der Karolinentalbrücke<br />
auf der zur B<strong>und</strong>esstraße B 19 umgewidmeten<br />
ehemaligen Autobahn begonnen.<br />
Mit dieser Maßnahme waren vorrangig<br />
die Niederlassung Ingenieurbau der<br />
30 BRÜCKENBAU | 4 . 2011<br />
MSA® zudem eine Lebensdauer der<br />
Kalottenlager von mindestens 50 Jahren.<br />
Das bedeutet, dass sogar unter schwierigen<br />
Umweltbedingungen in der Regel<br />
kein vorzeitiges <strong>und</strong> kostenintensives<br />
Auswechseln der glänzenden Kalotte<br />
nötig wird.<br />
Darüber hinaus erweitert die ETA erst-<br />
mals den zulässigen Durchmesser der<br />
Gleitwerkstoffe von Kalottenlagern auf<br />
2,50 m. Bisher waren 1,50 m das Limit,<br />
größere Durchmesser für höhere Auf-<br />
lasten, wie Maurer Söhne sie bereits<br />
mehrmals eingebaut hat, erforderten<br />
stets eine Zustimmung im Einzelfall.<br />
Das heißt, ab sofort lassen sich MSM®-<br />
Kalottenlager bis zu einer Auflast von<br />
über 500 MN herstellen <strong>und</strong> ohne weitere<br />
Auflagen verwenden. 500 MN sind im<br />
Übrigen 50.000 t <strong>und</strong> somit mehr als alle<br />
staatlichen Goldreserven der Welt auf<br />
einem einzigen Maurer-Brückenlager –<br />
ein wahrlich hochwertiger Schwerlastträger.<br />
Die Zulassung hat internationale<br />
Bedeutung. Sie ist für die europaweit<br />
größten Kalottenlager der neuen Schräg-<br />
kabelbrücke über die Waal bei Ewijk in<br />
Holland Basis für die geforderte CE-Kennzeichnung:<br />
Maurer Söhne bekam diesen<br />
Auftrag ebenso wie den für die prestigeträchtige<br />
Signature-Brücke in Delhi. Im<br />
Zuge der Erweiterung der ETA-06/0131<br />
wurden zwei andere Bereiche der<br />
nationalen AbZ Z-16.4-436 ebenfalls<br />
Eurovia Beton GmbH <strong>und</strong> die Niederlassung<br />
Weimar der Eurovia Verkehrsbau<br />
Union GmbH befasst. Für die Sanierung<br />
der bereits 1939 errichteten Brücke<br />
standen dem Freistaat Thüringen als<br />
Auftraggeber Mittel aus dem Konjunkturpaket<br />
II der B<strong>und</strong>esregierung zur Ver-<br />
fügung, so dass insgesamt 14.000 m²<br />
Natursteinoberfläche bearbeitet <strong>und</strong><br />
7.500 m³ Beton verbaut <strong>und</strong> zudem<br />
3.800 m³ lärmmindernder Splittmastix-<br />
Asphalt aufgebracht werden konnten.<br />
Und auch der Naturschutz fand Beachtung:<br />
Im Zuge der Arbeiten wurden<br />
Lebensräume für Fledermauskolonien<br />
sowie Vertiefungen als Nistplätze für<br />
Wanderfalken <strong>und</strong> Dohlen geschaffen.<br />
Die B 19 mit der nach historischem<br />
Kalottenlager mit MSM®<br />
Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
Komponenten eines Doppelzylinders<br />
Maurer Söhne GmbH & Co. KG<br />
europaweit gültig:<br />
– Anhebung der oberen Temperaturgrenze<br />
für MSM® von 48 °C auf 70 °C,<br />
– Aufnahme von Zylinderlagern.<br />
Weltweit gibt es also keine Einschränkungen<br />
mehr für den Einsatz der<br />
MSM®-Kalottenlager. Darüber hinaus<br />
legitimiert die Zulassung indirekt auch<br />
den Einsatz in Erdbebengleitlagern, weil<br />
es dort infolge der Energiedissipation<br />
zu kurzfristig hohen Temperaturen<br />
kommt.<br />
www.maurer-soehne.de<br />
Vorbild wiederhergestellten Karolinentalbrücke<br />
vermag das Eisenacher Stadtgebiet<br />
jetzt also vom Durchgangsverkehr<br />
zu entlasten.<br />
www.eurovia.de<br />
Erneuerung nach historischem Vorbild<br />
© Eurovia GmbH
Effiziente Schalungslösung von Harsco<br />
Hardanger-Brücke in Norwegen<br />
Harsco Infrastructure liefert Schalungsmaterial für den<br />
Bau der 3.820.000 $ teuren Hardanger-Brücke über den<br />
gleichnamigen Fjord im Südwesten Norwegens. 184 m<br />
über den Fjord ragend, wird sie nach ihrer Fertigstellung<br />
mit 1.310 m die weltweit längste Einzelspannweite haben.<br />
Für die Errichtung der Pylonen kommt hier in erster Linie<br />
die SCF-Selbstkletterschalung zum Einsatz, während das<br />
Wandschalungssystem Manto genutzt wird, um Verbindungselemente<br />
<strong>und</strong> Unterzüge der insgesamt 1.380 m<br />
langen Hängebrücke auszuführen.<br />
Den Generalunternehmer, das norwegische Bauunternehmen<br />
Veidekke ASA, überzeugte die Fähigkeit von Harsco,<br />
die speziellen Anforderungen <strong>und</strong> die Komplexität dieses<br />
Projekts zu verstehen. Ausgehend von der Erfahrung<br />
mit ähnlichen Bauvorhaben, hat Harsco eine praktische,<br />
sichere <strong>und</strong> effiziente Lösung entwickelt, um auch die<br />
sich verändernde Form der Pylonen in den größeren Höhen<br />
wirtschaftlich errichten zu können. Erschwert werden die<br />
Arbeiten durch die Wetterbedingungen auf der Baustelle:<br />
Zeitweilig herrscht eine Windgeschwindigkeit von fast<br />
60 km/h. Harscos Kompetenz, das Angebot an geeigne-<br />
ten Produkten <strong>und</strong> Dienstleistungen sowie die technische<br />
Beratung waren ein wesentliches Motiv für die Entscheidung<br />
von Veidekke, zumal die Brücke bereits 2013 in<br />
Betrieb genommen werden soll.<br />
www.harsco.com<br />
www.harsco-i.de<br />
Errichtung der Pylonen<br />
© Harsco Infrastructure Deutschland GmbH<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
31
SOFT WARE UND IT<br />
Datenaustausch zwischen Dlubal <strong>und</strong> Tekla<br />
Durchdachte Schnittstellenkonzeption<br />
Die Dlubal-Programme RSTAB <strong>und</strong><br />
RFEM unterstützen den Prozess des<br />
Building Information Modelling (BIM),<br />
der eine durchgängige Planung im<br />
Bauwesen ermöglicht – unter anderem<br />
durch eine direkte Schnittstelle zu Tekla<br />
Structures.<br />
Bereits beim Entwerfen in Tekla Structures<br />
wird automatisch ein Statikmodell gebil-<br />
det, das sich ganz einfach per Knopfdruck<br />
nach RSTAB bzw. RFEM exportieren lässt.<br />
Die Intelligenz der Objekte geht dabei<br />
nicht verloren, im Tekla-Modell enthaltene<br />
Lager-, Gelenk- <strong>und</strong> Lastinformationen<br />
werden übertragen. Nach der<br />
Datenübergabe erfolgt die Berechnung<br />
dann in gewohnter (Dlubal-)Umgebung,<br />
Querschnittsänderungen werden wech-<br />
32 BRÜCKENBAU | 4 . 2011<br />
selweise ausgetauscht <strong>und</strong> Zuordnungen<br />
von Bauteilen abgeglichen <strong>und</strong> angepasst.<br />
Berechnete <strong>und</strong> bemessene<br />
Strukturen können hier zum Beispiel<br />
ebenso übergeben werden wie selbst-<br />
erstellte Profile <strong>und</strong> Materialien oder<br />
aber Hilfslinien <strong>und</strong> Kommentare zu<br />
Stäben <strong>und</strong> Stabzügen. Ergeben sich<br />
Änderungen in der Tragwerksplanung,<br />
ist die Aktualisierung des Tekla-Modells<br />
also jederzeit über diese Schnittstelle<br />
möglich, <strong>und</strong> zwar inklusive des Updates<br />
von (geänderten) Materialien, Profilen,<br />
Decken- <strong>und</strong> Wandstärken oder Koordinaten.<br />
www.dlubal.de<br />
www.tekla.com<br />
Vorausschauendes Controlling mit mair pro<br />
Lotse zum erfolgreichen Projekt<br />
Viele Gründe sprechen dafür, sich mehr<br />
dem Controlling zu widmen: Projekte<br />
werden wirtschaftlich <strong>und</strong> strukturell<br />
besser beherrschbar, Fehlentwicklungen<br />
lassen sich rechtzeitig erkennen <strong>und</strong><br />
korrigieren, Ressourcen effizienter<br />
steuern.<br />
Zeitgemäße Controllinglösungen<br />
beschleunigen <strong>und</strong> übernehmen diverse<br />
Einzelaufgaben, ohne dass zusätzlicher<br />
Aufwand entsteht, zum Beispiel bei der<br />
Bürokalkulation, Honorarermittlung,<br />
Zeiterfassung <strong>und</strong> Liquiditätsplanung.<br />
Die regelmäßige Überprüfung weniger<br />
Kennzahlen reicht daher aus, um Erfolg<br />
zu erzielen.<br />
Eine Lösung, die sich von herkömmlichen<br />
Angeboten unterscheidet, ist das Modul<br />
Controlling aus dem »Gesamtpaket«<br />
ProjektPro: Das Programm »denkt« mit,<br />
das heißt, der Planer oder Ingenieur muss<br />
sich im betriebswirtschaftlichen Formel-<br />
wesen nicht auskennen: Er gibt wenige<br />
Daten ein, mit denen die Software auto-<br />
matisch Berechnungen, Statistiken,<br />
Vergleichs- sowie Hochrechnungen<br />
erstellt <strong>und</strong> ihm so einen Überblick über<br />
sämtliche Wirtschaftszahlen verschafft.<br />
ProjektPro ermöglicht zudem ein<br />
»dynamisches Controlling«, mit dem zu<br />
jedem Zeitpunkt die Wirtschaftlichkeit<br />
von Projekten wie Büros überprüft<br />
werden kann, indem visualisierte Kenn-<br />
zahlen wie Balken- <strong>und</strong> Kreisdiagramme<br />
den Status quo anzeigen. Und: Gewinne<br />
oder Verluste werden von ProjektPro<br />
hochgerechnet, die entsprechenden<br />
Budgetierungsfunktionen des Programms<br />
erlauben also schon frühzeitig eine<br />
Steuerung von Ressourcen <strong>und</strong> Kosten.<br />
Da ca. 70 % der Büroaufwendungen aus<br />
Personalkosten bestehen, ist eine absolut<br />
präzise Zeiterfassung unabdingbar – <strong>und</strong><br />
Einfache Handhabung<br />
© mair pro GmbH<br />
Projekt- <strong>und</strong> Kostenübersicht<br />
© mair pro GmbH<br />
Direkte Übernahme eines Modells<br />
© Ing.-Software Dlubal GmbH<br />
deren Dokumentation dank ProjektPro<br />
wiederum sehr unkompliziert. Einmal<br />
erfasst, werden die geleisteten St<strong>und</strong>en<br />
mit sämtlichen anderen Daten des<br />
Controllings verknüpft, wobei ihre Ein-<br />
tragung minuten-, st<strong>und</strong>en- oder eben<br />
tagesgenau erfolgt.<br />
www.mairpro.com
Planung des Tragwerks durch Grontmij<br />
Lufthansa-Neubau in Frankfurt am Main<br />
Die deutsche Grontmij wurde mit der<br />
Tragwerksplanung für einen Neubau<br />
der Lufthansa Cargo AG (LCAG) <strong>und</strong><br />
der Lufthansa Technik Training (LTT)<br />
beauftragt: Für die Administration der<br />
LCAG soll in Frankfurt am Main ein<br />
modernes Büro- <strong>und</strong> Verwaltungs-<br />
gebäude entstehen, <strong>und</strong> zwar für eine<br />
Gesamtinvestitionssumme von ca.<br />
85 Millionen €.<br />
Die Planungsgruppe Neumann Architekten<br />
GmbH, Frankfurt am Main, hatte<br />
ein vom Bauherrn ausgelobtes Gutachterverfahren<br />
für sich entschieden. Als Mit-<br />
glied dieser Arbeitsgemeinschaft ist die<br />
Grontmij GmbH nun bis Ende 2012 für die<br />
Planung des Tragwerks <strong>und</strong> die weitere<br />
Beratung verantwortlich.<br />
Das elegante aerodynamische Design<br />
des Komplexes orientiert sich mit seinen<br />
Großauftrag für Eiffel Deutschland<br />
Hubbrücke in den Niederlanden<br />
Am 1. November 2011 erhielt die Eiffel<br />
Deutschland Stahltechnologie GmbH<br />
durch ein englisch-niederländisch-deutsches<br />
Konsortium den Auftrag für den<br />
Stahlbaupart einer der größten Hub-<br />
brücken Europas: der Botlek Bridge.<br />
Sie wird als kombinierte Eisenbahn-<br />
Straßen-Brücke ausgeführt <strong>und</strong> ist<br />
Bestandteil des Neubaus der Autobahn<br />
A 15 von Maasvlakte nach Vaanplein. Ihre<br />
Gesamttonnage umfasst ca. 6.500 t Stahl,<br />
die sich auf zwei Einzelbauwerke mit<br />
jeweils einer Spannweite von ca. 92 m<br />
<strong>und</strong> einer Breite von ca. 50 m verteilen.<br />
Die beiden Brücken werden im Betrieb in<br />
weniger als 100 s um 30 m gehoben oder<br />
gesenkt, um die Durchfahrt von Groß-<br />
schiffen zu ermöglichen. Ihre Fertigstellung<br />
ist für Dezember 2013 terminiert.<br />
Die Eiffel Deutschland Stahltechnologie<br />
GmbH konnte nach der Beauftragung der<br />
Hochmoselquerung, derzeit im Bau, also<br />
Vorschlag der Landeshauptstadt Wiesbaden<br />
»Lärmpakt« für die Schiersteiner Brücke<br />
»Wir appellieren an Land <strong>und</strong> B<strong>und</strong>, sich<br />
am Lärmschutz zu beteiligen!« Mit dem<br />
Vorschlag eines gemeinsamen Lärmpaktes<br />
von Stadt, Land <strong>und</strong> B<strong>und</strong> beim<br />
Bau der neuen Brücke zwischen Wiesbaden<br />
<strong>und</strong> Mainz hat sich der Wiesbadener<br />
Umweltdezernent Arno Goßmann an den<br />
hessischen Verkehrsminister Dieter Posch<br />
gewandt. »Ich habe Herrn Posch noch<br />
einmal ausdrücklich auf die Entwicklungs-<br />
potentiale des Areals <strong>und</strong> das Ruhe-<br />
fugenlosen Fassaden an der Formensprache<br />
der Luftfahrt. Die Baukörper<br />
sollen Büro- <strong>und</strong> Verwaltungsfunktionen<br />
kombinieren <strong>und</strong> werden ein Unter-<br />
nehmensrestaurant <strong>und</strong> eine Tiefgarage<br />
einschließen. Oberhalb der beiden Unter-<br />
geschosse ist ein durchgehender Sockel<br />
vorgesehen, auf dem vier miteinander<br />
verb<strong>und</strong>ene Querriegel ruhen werden.<br />
Die Ausführung des Gebäudes erfolgt<br />
als Stahlbetonkonstruktion, die Staffelgeschosse<br />
werden hingegen als leichte<br />
Stahlrahmenkonstruktion aufgesetzt.<br />
Das Gr<strong>und</strong>stück befindet sich nördlich<br />
des Flughafengeländes gegenüber<br />
Tor 23 <strong>und</strong> damit unmittelbar angrenzend<br />
an das Lufthansa Flight Training<br />
Center (LFTC).<br />
www.grontmij.de<br />
N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E<br />
Botlek Bridge als Visualisierung<br />
© Quist Wintermans Architekten BV/Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH<br />
bedürfnis der Anwohner seitlich der<br />
neu zu bauenden Schiersteiner Brücke<br />
hingewiesen. Gleichzeitig habe ich den<br />
Minister gebeten, sich beim B<strong>und</strong>esverkehrsministerium<br />
für Lärmschutzwände<br />
einzusetzen <strong>und</strong> dafür einen Lärmpakt<br />
vorgeschlagen«, so Goßmann.<br />
Im Rahmen des Planfeststellungs-<br />
verfahrens für die neu zu errichtende<br />
Brücke über den Rhein setzt sich die<br />
Landeshauptstadt Wiesbaden für mög-<br />
Vorgesehene Baukörperausbildung<br />
© Neumann Architekten GmbH/Grontmij GmbH<br />
in einem weiteren internationalen Bieter-<br />
wettbewerb reüssieren <strong>und</strong> setzt damit<br />
ihre positive Geschäftsentwicklung fort.<br />
www.eiffel.de<br />
lichst umfangreichen Lärmschutz ein –<br />
schlägt dazu Lärmschutzwände vor, da<br />
sie zugleich die »Luftschadstoffbelastung«<br />
verringern könnten: Da im Bereich der<br />
B<strong>und</strong>esautobahn A 643 <strong>und</strong> damit im<br />
Umfeld der Schiersteiner Brücke die<br />
Grenzwerte für Stickoxide überschritten<br />
seien, wäre dies auch eine wichtige<br />
Maßnahme zur Luftreinhaltung.<br />
www.wiesbaden.de<br />
4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
33
NACHRICHTEN UND TERMINE<br />
Präsentation der [Umrisse] im DAM<br />
Frankfurt am Main: Stadt im Wandel<br />
In Frankfurt verändert sich derart viel,<br />
dass man auf Schritt <strong>und</strong> Tritt Neues<br />
entdeckt – wie Ausgabe 3/4 ∙ 2011 der<br />
[Umrisse] anschaulich beweist. Unter<br />
der Überschrift »Stadt im Wandel«<br />
veröffentlicht, handelt es sich um das<br />
dritte Themenheft der [Umrisse] inner-<br />
halb einer Dekade, das der Mainmetropole<br />
gewidmet ist. Bei seiner Präsentation<br />
im Deutschen Architekturmuseum<br />
(DAM) Ende September löste es daher<br />
bei allen Beifall aus. Architekten,<br />
Bauherren, Planer <strong>und</strong> Journalisten<br />
gewähren nämlich auf 196 Seiten einen<br />
ebenso prof<strong>und</strong>en wie fachlich kompetenten<br />
Einblick in die vielfältige Stadtentwicklung.<br />
Ob es um den Neubau der<br />
Euro-päischen Zentralbank geht, um<br />
die zukunftsweisende Gestaltung des<br />
Campus Bockenheim, den Ausbau von<br />
Kulturstätten wie dem Instituto Cervantes<br />
<strong>und</strong> dem Städel Museum oder um die<br />
zahlreichen Anlagen, Grüngebiete <strong>und</strong><br />
Parks: Die lesenswerten Beiträge zeigen<br />
allesamt auf, dass es sich in dieser Stadt<br />
w<strong>und</strong>erbar wohnen, leben, flanieren<br />
<strong>und</strong> arbeiten lässt.<br />
Der Dezernent für Planen, Bauen <strong>und</strong><br />
Wohnen, Edwin Schwarz, der bereits<br />
die vergangenen Frankfurthefte<br />
»Visionen einer europäischen Metro-<br />
pole im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert« <strong>und</strong> »Die<br />
Metropole heute« begleitete, würdigte<br />
denn auch das Engagement der Verlagsgruppe<br />
Wiederspahn. Nicht allein, weil<br />
die jüngsten [Umrisse] eine Vielzahl jener<br />
Bauprojekte dokumentieren, die in seinen<br />
elf Frankfurter Amtsjahren geplant <strong>und</strong><br />
realisiert worden sind. Wie der CDU-<br />
Politiker im DAM betonte, räumen die<br />
Artikel namhafter Experten mit noch<br />
vielerorts verbreiteten Vorurteilen auf.<br />
34 BRÜCKENBAU | 4 . 2011<br />
Angeregte Pausengespräche<br />
inklusive neugieriger Lektüre<br />
© Paul Müller<br />
Edwin Schwarz, die [Umrisse] <strong>und</strong> das Deutsche Architekturmuseum<br />
© Paul Müller<br />
Wer die reichlich illustrierten Seiten<br />
durchblättere, erkenne alles andere als<br />
ein entseeltes, von trutzigen Bankentürmen<br />
beherrschtes Mainhattan. Die<br />
Zeitschrift führe vielmehr vor Augen,<br />
dass sich Frankfurt zu einer attraktiven<br />
<strong>und</strong> liebenswerten Stadt gemausert habe,<br />
die es mit internationalen Metropolen<br />
aufnehmen könne. Das sei nicht zuletzt<br />
der Tatsache zu verdanken, dass etliche<br />
der über 40 Stadtteile ihren dörflichen<br />
Charme bewahrt hätten <strong>und</strong> Frankfurt<br />
als die grünste Stadt Deutschlands gelte.<br />
Die zur Präsentation erschienenen Gäste,<br />
unter anderem Vertreter des Architekturbüros<br />
AS&P Albert Speer & Partner sowie<br />
Manfred Westenberger <strong>und</strong> Volker<br />
Stockinger von MOW Architekten,<br />
Architekt Michael Landes, Bauherr Klaus<br />
Thoma von der Deutschen Bank oder<br />
Sabine Curth vom Hochbauamt, erheiterte<br />
der Baudezernent zudem mit der<br />
Feststellung, dass in Hessen Frankfurt<br />
die größte landwirtschaftliche Fläche<br />
<strong>und</strong> den höchsten Rindviehbestand<br />
aufzuweisen habe.<br />
Schwarz selbst steuerte zu diesem Heft<br />
ein instruktives Vorwort bei, in dem er<br />
die beachtliche Entwicklung der Main-<br />
metropole resümiert. Da hier eine<br />
regelrechte Flut an baulichen Maß-<br />
nahmen zu verzeichnen ist, richtet sich<br />
sein Augenmerk auf die wichtigsten<br />
Aktivitäten. Dazu gehört etwa das<br />
Programm »Schöneres Frankfurt«, das<br />
sich in den zurückliegenden zwölf Jahren<br />
als wahres Erfolgsmodell entpuppte.<br />
Mit berechtigtem Stolz weist der Bau-<br />
dezernent auf die Einbeziehung der<br />
Bürger in die Planung sowie die Aufwertung<br />
der Innenstadt hin, die einem<br />
lebendigen Zentrum für Handel, Dienst-<br />
leistungen, Wohnen, Kultur <strong>und</strong> Freizeit<br />
den Boden bereite. Alles in allem sieht<br />
Edwin Schwarz durch die seit langem an<br />
den Tag gelegte Umsicht die Weichen<br />
in Frankfurt richtig gestellt. Eine Ein-<br />
schätzung, die durch die kontinuierlich<br />
wachsende Standortattraktiviät bestätigt<br />
wird, wie es aktuell etwa das noch im<br />
Entstehen begriffene Europaviertel<br />
belegt. Das gesamte Baugeschehen<br />
sei viel zu umfangreich, um es in einer<br />
Zeitschrift vollständig dokumentieren zu<br />
können, räumt der Politiker im Vorwort<br />
ein. Umso mehr weiß er die gute Aus-<br />
wahl an interessanten <strong>und</strong> bedeuten-<br />
den Projekten zu schätzen, die jetzt in<br />
Ausgabe 3/4 ∙ 2011 der [Umrisse] versammelt<br />
sind. Das Themenheft überzeugt<br />
nicht nur seinem Urteil nach mit einer<br />
gelungenen <strong>und</strong> alle Facetten berührenden<br />
Mischung, sondern verschafft dem<br />
Leser auch Überblick <strong>und</strong> bietet gleichermaßen<br />
aufschlussreiche wie kurzweilige<br />
Lektüre.<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de
Begehbare Stahlkonstruktion in Duisburg<br />
Großskulptur als (neue) Landmarke<br />
Landmarken gibt es mittlerweile einige im Ruhrgebiet, zu den<br />
auffallendsten gehört aber sicherlich »Tiger and Turtle« oder<br />
»Magic Mountain«. Entworfen von Heike Mutter <strong>und</strong> Ulrich Genth,<br />
einem Hamburger Künstlerduo, <strong>und</strong> seit kurzem im Duisburger<br />
Angerpark anzutreffen, erinnert sie an eine Achterbahn. Aus der<br />
Ferne betrachtet, verheißt ihre metallisch schimmernde Form also<br />
das Erlebnis außergewöhnlicher Beschleunigung – auf der Kuppe<br />
einer ehemaligen Deponie. Hat der Besucher jedoch den Hügel<br />
erklommen, wird ihm schnell klar, dass sich diese Stahlkonstruktion<br />
nur zu Fuß erobern lässt, <strong>und</strong> zwar auf- wie abwärts. Die<br />
Begehung ihrer spiralförmigen Windungen soll ja schließlich<br />
für einen historischen Bezug sorgen: Hier wurde ehedem Zink<br />
hergestellt.<br />
Die Großskulptur wurde als Weiterent-wicklung des 2008<br />
eröffneten Landschaftsbauwerks »Angerpark« durch das Land<br />
Nordrhein-Westfalen <strong>und</strong> die Europäische Union im Rahmen<br />
des Ökologieprogramms im Emscher-Lippe-Raum gefördert <strong>und</strong><br />
aus Landesmitteln der Kulturhauptstadt Europas »Ruhr.2010«<br />
mit Unterstützung privater Förderer, wie Hüttenwerke Krupp<br />
Mannesmann GmbH im Verb<strong>und</strong> mit Vallourec & Mannesmann<br />
Tubes <strong>und</strong> der Sparkasse Duisburg sowie der Stadtwerke Duisburg<br />
AG finanziert. Den eigentlichen Bauprozess unterstützten zudem<br />
die Grillo-Werke AG, die Voigt & Schweitzer GmbH & Co. KG <strong>und</strong> die<br />
Gesellschaft für Schweißtechnik International mbH, Niederlassung<br />
SLV Duisburg.<br />
www.landmarke-angerpark.de<br />
www.stadt-duisburg.de<br />
Treppenbauwerk in Achterbahnform<br />
© Werner Hannapel/Stadt Duisburg<br />
[Umrisse]<br />
Zeitschrift für Baukultur<br />
Architekten <strong>und</strong> Ingenieure lesen die [Umrisse].<br />
Herausgegeben von der VERLAGSGRUPPE<br />
WIEDERSPAHN, ist die Zeitschrift für Baukultur<br />
unabhängig von Verbänden <strong>und</strong> anderen<br />
Interessenvertretungen.<br />
Jede Ausgabe verfügt über ein bis zwei thematische<br />
Schwerpunkte aus den Bereichen Architektur <strong>und</strong><br />
Ingenieurbau, wie zum Beispiel »LeseRäume«,<br />
»Sport + Erleben«, »Bauen mit Textilien«, »Ruhender<br />
Verkehr«, »DachLandschaften«, »WeinBauWelten«,<br />
»Synagogen«, »Flughäfen: Neubau <strong>und</strong> Ausbau«,<br />
»Bauen im Gebirge«, »Fassaden«, »Sicherheitstechnik«,<br />
»Innenausbau« <strong>und</strong> »Befestigungstechnik« in den<br />
beiden vergangenen Jahren.<br />
Detaillierte Produktinformationen, wichtige<br />
Die deutsche Grontmij wurde mit der<br />
Branchennachrichten,<br />
Tragwerksplanung<br />
ein<br />
für<br />
f<strong>und</strong>ierter<br />
einen Neubau<br />
Bautechnik-Teil,<br />
der Lufthansa umfassende Cargo Beiträge AG (LCAG) zum <strong>und</strong> »Bau<strong>und</strong><br />
Immobilienrecht« der Lufthansa Technik sowie Training ein ausgesuchtes (LTT)<br />
»Special«, beauftragt: oft in Kooperation Für die Administration mit entsprechenden der<br />
Fachmessen, LCAG soll r<strong>und</strong>en in Frankfurt das redaktionelle am Main ein Profil<br />
eines jeden modernes Heftes Büro- ab. <strong>und</strong> Verwaltungsgebäude<br />
entstehen, <strong>und</strong> zwar für eine<br />
Wollen Gesamtinvestitionssumme Sie ein Probeexemplar bestellen von ca. –<br />
oder gleich<br />
85 Millionen<br />
abonnieren?<br />
€.<br />
Die Planungsgruppe Neumann Archi-<br />
Das geht am besten <strong>und</strong> schnellsten unter<br />
www.umrisse.de, denn die [Umrisse] findet<br />
man natürlich auch im Internet.<br />
V E R L A G S G R U P P E<br />
W I E D E R S P A H N<br />
mit MixedMedia Konzepts<br />
4 . Biebricher Allee 11 b<br />
65187 Wiesbaden<br />
Tel.: 0611/84 65 15<br />
Fax: 0611/80 12 52<br />
kontakt@verlagsgruppewiederspahn.de<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
www.mixedmedia-konzepts.de 2011 | BRÜCKENBAU<br />
35
NACHRICHTEN UND TERMINE<br />
Standardwerk von Holger Svensson<br />
Schrägkabelbrücken in Wort <strong>und</strong> Bild<br />
Weltweit werden im Zuge von Verkehrsinfrastrukturprojekten<br />
unvermindert<br />
Großbrücken errichtet, seit den 1970er<br />
Jahren insbesondere Schrägkabel-<br />
brücken. Sie befinden sich also in einer<br />
stürmischen Entwicklung: Während<br />
1986 nur 150 größere bekannt waren, ist<br />
ihre Zahl inzwischen auf ein Vielfaches<br />
gestiegen. Ähnliches gilt für die Spannweiten,<br />
beginnend mit dem Maximum<br />
von 404 m, die 1975 erreicht <strong>und</strong> bereits<br />
20 Jahre später um mehr als das Doppelte<br />
auf jetzt 856 m übertroffen <strong>und</strong> dann bis<br />
heute auf 1.088 m gesteigert wurden,<br />
wobei ein Ende kaum abzusehen ist.<br />
Der Autor des vorliegenden Buches,<br />
Holger Svensson, hat diese Entwicklung<br />
maßgeblich mitbestimmt, war er doch<br />
seit 1972 als Entwurfsingenieur, Projektleiter<br />
<strong>und</strong> Leitender Ingenieur, 1992–2010<br />
als Geschäftsführender Gesellschafter<br />
<strong>und</strong> ab 2009 außerdem als Vorsitzender<br />
der Gesellschafterversammlung bei<br />
Leonhardt, Andrä <strong>und</strong> Partner tätig.<br />
Wandkalender von te neues<br />
Brücken zum Betrachten<br />
Wer wollte bestreiten, dass Brücken<br />
außergewöhnliche Bauwerke sind, dass<br />
sie nicht selten das Bild von Stadt oder<br />
Landschaft prägen, sie oft über wahrlich<br />
beeindruckende Dimensionen <strong>und</strong><br />
zudem eine Struktur verfügen, die bei<br />
Laien wie Experten nur noch Bew<strong>und</strong>erung<br />
oder sogar Begeisterung hervorzurufen<br />
vermag.<br />
Solche außergewöhnlichen Bauwerke<br />
benötigen natürlich auch ein außergewöhnliches<br />
Format, um ihre volle<br />
Wirkung entfalten zu können – zumindest<br />
an der Wand. Und genau das trifft<br />
auf »Brücken 2012« <strong>und</strong> damit einen<br />
Kalender zu, der einem auf immerhin<br />
64 cm x 33 cm Monat für Monat neue<br />
Einblicke vermittelt, wobei das Spektrum<br />
der abgebildeten Tragstrukturen von<br />
der Rialto-Brücke in Venedig über die<br />
Keltenbrücke in Budapest bis hin zu den<br />
jüngeren <strong>und</strong> jüngsten Beispielen der<br />
36 BRÜCKENBAU | 4 . 2011<br />
Und so hat er in der Zeit Entwurf, Aus-<br />
führungsplanung, Montageberechnung,<br />
Prüfung <strong>und</strong> Begutachtung von Schrägkabelbrücken<br />
auf der ganzen Welt ver-<br />
antwortet, deren Spektrum ausgesprochen<br />
bemerkenswerte Bauwerke wie<br />
die Pasco-Kennewick-Brücke über den<br />
Columbia River, USA, oder die Helgeland-<br />
Brücke über den Leirfjord in Norwegen<br />
umfasst. Seit 2010 hält er darüber hinaus<br />
Vorlesungen über Schrägkabelbrücken an<br />
der Technischen Universität Dresden <strong>und</strong><br />
ist zurzeit Vizepräsident der Internationalen<br />
Vereinigung für Brücken- <strong>und</strong><br />
Hochbau IVBH oder, englisch, IABSE.<br />
Insgesamt 458 Seiten <strong>und</strong> 1.265 Abbildungen<br />
aufweisend, werden in dem vor<br />
kurzem bei Ernst & Sohn erschienenen<br />
Kompendium infolgedessen auch alle<br />
Phasen von der ersten Ideenskizze bis hin<br />
zur Realisierung gr<strong>und</strong>sätzlich beleuchtet<br />
<strong>und</strong> schließlich anhand von ca. 250 aus-<br />
geführten Beispielen detailliert erläutert.<br />
Ihre Auswahl erfolgte nach drei Kriterien:<br />
Brücken, an denen der Autor mitgewirkt<br />
hat oder das Ingenieurbüro Leonhardt,<br />
Andrä <strong>und</strong> Partner maßgeblich beteiligt<br />
Ingenieurbaukunst reicht. Bei einem Preis<br />
von lediglich 24,95 € bliebe also nur noch<br />
die Frage zu klären: Wo findet sich eine<br />
freie Fläche?<br />
www.teneues.com<br />
Zwölf Bauwerke …<br />
© te neues Verlag GmbH + Co. KG<br />
war, sowie Brücken mit konstruktiven<br />
Besonderheiten bzw. Rekordspann-<br />
weiten, deren Entwurfsingenieure hier<br />
natürlich ebenfalls benannt werden.<br />
Und: Dem Buch liegt eine DVD mit den<br />
Dresdner Vorlesungen bei.<br />
www.ernst-<strong>und</strong>-sohn.de<br />
Pflichtlektüre für (Brücken-)Ingenieure<br />
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4 . 2011 | BRÜCKENBAU<br />
37
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38 BRÜCKENBAU | 4 . 2011
BRÜCKENBAU<br />
ISSN 1867-643X<br />
3. Jahrgang<br />
Ausgabe 4 . 2011<br />
www.<strong>zeitschrift</strong>-<strong>brueckenbau</strong>.de<br />
Herausgeber <strong>und</strong> Verlag<br />
V E R L A G S G R U P P E<br />
W I E D E R S P A H N<br />
Biebricher Allee 11 b<br />
D-65187 Wiesbaden<br />
Tel.: +49 (0)6 11/84 65 15<br />
Fax: +49 (0)6 11/80 12 52<br />
www.verlagsgruppewiederspahn.de<br />
Redaktion<br />
Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn<br />
mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de<br />
Anzeigen<br />
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Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste vom Januar 2011.<br />
Satz <strong>und</strong> Layout<br />
Christina Neuner<br />
mit MixedMedia Konzepts<br />
Druck<br />
Schmidt & more Drucktechnik GmbH<br />
Haagweg 44, 65462 Ginsheim-Gustavsburg<br />
Erscheinungsweise <strong>und</strong> Bezugspreise<br />
Einzelheft: 14 Euro<br />
Doppelheft: 28 Euro<br />
Abonnement: Inland (4 Ausgaben) 56 Euro<br />
Ausland (4 Ausgaben) 58 Euro<br />
Der Bezugszeitraum eines Abonnement beträgt mindestens<br />
ein Jahr. Das Abonnement verlängert sich um ein weiteres Jahr,<br />
wenn nicht sechs Wochen vor Ablauf des berechneten Bezugs-<br />
zeitraums schriftlich gekündigt wird.<br />
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Die Zeitschrift <strong>und</strong> alle in ihr enthaltenen Beiträge <strong>und</strong><br />
Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.<br />
Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde<br />
Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne<br />
schriftliche Genehmigung des Verlags in irgendeiner Form<br />
reproduziert oder in eine von Maschinen verwendbare<br />
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Verwertung ohne Einwilligung des Verlags strafbar.<br />
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