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Jahresbericht 2010 Fair. Menschlich. Nah. - Sparkasse Vest

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Die Zukunft der<br />

Kreditwirtschaft liegt<br />

auch in Europa.<br />

Herr Dr. Michael Schulte, die Wirtschaft in Deutschland hat sich<br />

schneller erholt als erwartet. <strong>2010</strong> stieg das Bruttoinlandsprodukt<br />

nach einem drastischen Einbruch im Jahr 2009 (–4,7 %)<br />

sogar um 3,6 %. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?<br />

Die Gründe sind vielfältig. Die Liste beginnt mit wichtigen<br />

strukturellen Reformen der letzten Jahre (Agenda <strong>2010</strong>), wie<br />

zum Beispiel der Erhöhung des Rentenalters. Sie enthält ferner<br />

die Innovations- und Entwicklungsfähigkeit unserer Wirtschaft,<br />

die zusammen mit moderaten Tarifabschlüssen die<br />

Lohnstückkosten niedrig gehalten haben. Und dies insbesondere<br />

im Vergleich zu anderen europäischen Nationen,<br />

in denen die Kosten explodiert sind. Sie wird fortgeführt mit<br />

dem temporär »schwachen« Euro, der die Exportwirtschaft<br />

beflügelte, und schließlich mit dem niedrigen Zinsniveau,<br />

das die Investitionsbereitschaft verstärkte. Wichtig ist sicher<br />

auch die psychologische Komponente. <strong>2010</strong> kehrte das<br />

Vertrauen der Menschen zurück. Die verschiedenen Indizes,<br />

in denen das Geschäftsklima und das Verbrauchervertrauen<br />

gemessen werden, haben <strong>2010</strong> schon fast wieder das Niveau<br />

vom Zeitpunkt vor der Finanzmarktkrise erreicht. Auch<br />

das Vertrauen der Banken untereinander ist schon wieder<br />

deutlich angestiegen. Von dem Niveau vor der Finanzmarktkrise<br />

ist es jedoch noch ein Stück entfernt.<br />

Auch die <strong>Sparkasse</strong> <strong>Vest</strong> Recklinghausen kann für das Geschäftsjahr<br />

<strong>2010</strong> einen guten Abschluss vorweisen. Dies zeigt<br />

sich an verschiedenen Zahlen in ihrer Bilanz.<br />

Nur ein paar davon, die neben unserem guten Abschluss zeigen,<br />

dass der Aufschwung bei unseren Kunden im <strong>Vest</strong> angekommen<br />

ist. Viele Kunden setzten wieder auf ihre persönliche<br />

Zukunft, so konnten wir mit 240 Mio. Euro privaten<br />

Wohnungsbaukrediten, darunter 80 Mio. Euro öffentliche<br />

Förderdarlehen, den Wunsch nach den eigenen vier Wänden<br />

unterstützen. Das sind fast 20 % Wohnungsbaukredite<br />

mehr als 2009. Und die über 500 Mio. Euro Darlehenszusagen<br />

an Privat- und Firmenkunden insgesamt zeigen den Mut<br />

zur Investition.<br />

Es gibt jedoch auch immer wieder neue Nachrichten aus der<br />

Finanzwelt, die uns als Verbraucher erschrecken. Sie kommen<br />

aus Europa, die ungewissen Nachrichten aus Griechenland,<br />

Irland, Portugal. Mancher wünscht sich daher die D-Mark zurück.<br />

Ist das eine Option?<br />

Zunächst einmal erlebt das EU-Europa seit dem Zweiten<br />

Weltkrieg die längste friedliche und wirtschaftlich erfolgreiche<br />

Zeit seit dem Beginn der Geschichtsschreibung. Das<br />

liegt auch unzweifelhaft daran, dass die Menschen aus den<br />

Erfahrungen gelernt und ihre Zukunft in Zusammenarbeit<br />

und gemeinsamer Entwicklung gesucht haben. Ein national<br />

egoistisches Handeln wird keinen langfristigen Erfolg haben.<br />

Neben diesem deutlichen politischen Bekenntnis zu Europa<br />

gibt es aber auch ganz sachliche Gründe. Zwar steigt die internationale<br />

Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands weiter an.<br />

Jedoch nur ein einheitlicher europäischer Wirtschaftsraum<br />

ist weltweit betrachtet langfristig konkurrenzfähig. Und zu<br />

dem einheitlichen Wirtschaftsraum gehört die gemeinsame<br />

Währung, der Euro. Die Lösung für die »Euro-Krise« liegt daher<br />

nicht im Ausstieg, sondern im stärkeren Einstieg in die<br />

Konkretisierung der gemeinsamen europäischen Spielregeln.<br />

Wobei ich »Euro-Krise« unbedingt in Anführungszeichen<br />

sehen möchte. Keiner von uns kann genau sagen, wie<br />

unser Währungssystem und die Wirtschaft in Europa nach<br />

einer solchen Finanzkrise ohne den Euro heute dastehen<br />

würden. Ich vermute allerdings, der Euro hat sogar stabilisierend<br />

gewirkt.<br />

Es gibt also keine Euro-Krise?<br />

Es gibt eine Finanzmarktkrise, die zusammen mit der Wirtschaftskrise<br />

zu einer Verschuldungskrise einiger europäischer<br />

Staaten geführt hat, die auch unsere europäische<br />

Währung zumindest temporär unter Druck setzt. Verantwortlich<br />

ist aber doch nicht die gemeinsame Währung, sondern<br />

der unverantwortliche Umgang einzelner Regierungen<br />

mit dem Geld. Und hier liegt auch ein Ansatz zur Lösung dieser<br />

Krise. Wir brauchen strengere Regeln und eine stärkere<br />

Überwachung der Regierungen, die mit dem Euro haushalten.<br />

Natürlich muss auch über mögliche Sanktionen nachgedacht<br />

werden, mit denen Verstöße geahndet werden können.<br />

In der Vergangenheit ging eine Regierung kein großes<br />

Risiko ein, wenn sie gegen die gemeinsamen Regeln verstoßen<br />

hat. Und die Institutionen, die eigentlich schon frühzeitig<br />

hätten warnen müssen, haben nicht richtig hin- oder<br />

zu großzügig darüber hinweggesehen. Also, ich befürworte<br />

strengere politische Haushaltsregelungen für den Euro-<br />

Raum, wobei vielleicht schon die Einhaltung bestehender<br />

Regelungen gereicht hätte.<br />

Sie beschreiben politische Fehler, die Verantwortung von Regierungen.<br />

Hat nicht die Kreditwirtschaft auch Fehler gemacht,<br />

zum Beispiel durch die dramatische Ungleichbewertung<br />

europäischer Staatsanleihen?<br />

Weder für die aktuelle »Euro-Krise« noch für die Finanzmarktkrise<br />

ist ausschließlich die Politik oder ausschließlich<br />

die Kreditwirtschaft verantwortlich. Vielmehr handelt es<br />

sich um ein ausgesprochen komplexes Ursachengeflecht<br />

mit einer Vielzahl von Akteuren. In der Öffentlichkeit entsteht<br />

jedoch eher das Bild, die Krise wurde durch die Kreditwirtschaft<br />

allein verursacht und die Politik muss diese mit<br />

verschärften Regeln wieder bändigen. Die bisherigen Regeln<br />

stammen aus der Politik und sie sind nicht einmal konsequent<br />

angewendet worden, siehe den Umgang mit dem<br />

Haushaltsdefizit Griechenlands zum Zeitpunkt der Aufnahme<br />

in den Euro-Kreis und später.<br />

Aber ich will die Kreditwirtschaft und den Markt selbstverständlich<br />

nicht freisprechen. Veränderungen im Regelwerk<br />

sind daher sicher notwendig. Starke Regulierungen für die<br />

Kreditwirtschaft hat es aber immer gegeben. Das ist auch<br />

richtig so. Wie heißt es neudeutsch? Die Kreditwirtschaft ist<br />

schließlich »systemrelevant«. Es besteht bei den aktuellen<br />

Überlegungen jedoch die Gefahr, dass verschärfte Regeln<br />

auf der einen Seite die falschen Teilnehmer treffen, auf der<br />

anderen Seite sogar für die Volkswirtschaft insgesamt deutlich<br />

kontraproduktiv sein könnten. Um dies zu verdeutlichen,<br />

genügt es nicht, sich eine einzelne Maßnahme anzusehen,<br />

sondern es muss die Gesamtentwicklung aus dem Zusammenwirken<br />

der verschiedenen Maßnahmenbündel abgeschätzt<br />

werden.<br />

Zunächst einmal zu den internationalen Aktivitäten, kurz<br />

Basel III. Sie sehen die umfangreichsten Änderungen im Regelwerk<br />

vor. Einen Teilbereich mit weitreichenden Folgen<br />

stellen die neuen Anforderungen an das Eigenkapital einer<br />

Bank dar. Quantität und Qualität sollen erhöht werden. Verschiedene<br />

Kennziffern sollen verändert bzw. neu eingeführt<br />

werden, wie zum Beispiel eine Höchstverschuldungskennziffer<br />

(Leverage-Ratio) oder zwei neue Liquiditätskennziffern.<br />

Auch die Zinsänderungsrisiken sollen durch verschärfte Regeln<br />

stärker begrenzt werden. Alle einzelnen Regelungen<br />

haben zumindest in Teilen ihren verständlichen Sinn. Im Zusammenhang<br />

werden sie aber insbesondere dazu führen,<br />

dass der Wettbewerb um klassische Kundeneinlagen massiv<br />

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