Verkehrsmanagement: Information ist alles
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10 Verkehr | 11. Mai 2012 | Nr. 19<br />
KOMBI-VERKEHR<br />
SCHWEIZ<br />
Bahn ausbauen statt subventionieren<br />
Trotz Gotthard-Bas<strong>ist</strong>unnel droht dem Kombi-Verkehr in der Schweiz eine Produktion unter wirtschaftlich ungünstigen Bedingungen. Hupac<br />
präsentiert ein Modell zum Ausbau der Luino-Line südlich des Gotthard-Tunnels.<br />
Trotz neuer Alpentransversale<br />
(NEAT) durch die Schweiz und<br />
Gotthard-Tunnel als Herzstück<br />
dieser Mag<strong>ist</strong>rale sieht die Zukunft<br />
des Kombi-Verkehrs in der<br />
Schweiz aus Sicht des Kombioperators<br />
Hupac nicht rosig aus.<br />
„Wenn 2017 der Gotthard-Bas<strong>ist</strong>unnel<br />
und 2019 der Ceneri-Bas<strong>ist</strong>unnel<br />
in Betrieb gehen, müssen<br />
die Kombiverkehrszüge auf<br />
dem Nord-Süd-Korridor via<br />
Schweiz weiterhin unter nicht<br />
wirtschaftlichen Bedingungen<br />
fahren“, warnte Hans-Jörg Bertschi,<br />
Präsident des Verwaltungsrats<br />
der Hupac AG, vor Journal<strong>ist</strong>en<br />
in Zürich.<br />
Entscheidend <strong>ist</strong> die<br />
Produktivität<br />
Der Kombi-Verkehr <strong>ist</strong> erfolgreich<br />
und profi tabel, wenn lange<br />
Züge auf langen Strecken mit geringen<br />
Neigungen zu vernünftigen<br />
Transitzeiten verkehren und<br />
die gängigen hochvolumigen Ladeeinheiten<br />
transportieren können.<br />
Die Parameter wurden 1991<br />
in dem „Europäischen Übereinkommen<br />
über wichtige Linien<br />
des Kombinierten Verkehrs“ festgehalten.<br />
Sie sehen 750 Meter<br />
Zuglänge, 4-Meter-Profi l und<br />
maximale Streckenneigung von<br />
12 Promille vor. Die südlichen<br />
Zulaufstrecken zum Gotthard-<br />
Bas<strong>ist</strong>unnel weisen jedoch wesentlich<br />
niedrigere Parameter auf:<br />
durchschnittlich 575 Meter<br />
Zuglänge, 3,80-Meter-Profi l und<br />
eine Neigung von bis zu 21 Promille<br />
auf der Strecke via Chiasso.<br />
Fazit: Die Kombi-Züge müssen<br />
von zwei Loks gezogen werden,<br />
was Mehrkosten verursacht und<br />
Hupac <strong>alles</strong> andere als zufriedenstellt.<br />
Die Politik sollte sich damit<br />
nicht zufriedengeben, fordert<br />
Bertschi.<br />
Wettbewerbsfähige Produktionsbedingungen<br />
sind der sicherste<br />
Weg, um die Subventionen im alpenquerenden<br />
Kombinierten Verkehr<br />
abzubauen. In allen europäischen<br />
Ländern, die le<strong>ist</strong>ungsfähige<br />
Güterverkehrskorridore<br />
aufweisen, läuft der Kombinierte<br />
Verkehr ohne Subventionen. „Ein<br />
Ausbau der Infrastrukturen auf<br />
eine Zuglänge von 750 Metern<br />
und ein Profi l von vier Metern<br />
erhöht die Produktivität des<br />
Kombi-Verkehrs um 30 Prozent“,<br />
rechnete Bertschi vor. Also<br />
müsste die Politik Interesse daran<br />
haben, das knappe öffentliche<br />
Geld in nachhaltige Infrastrukturen<br />
anstatt in kurzfr<strong>ist</strong>ige Fördermaßnahmen<br />
zu investieren.<br />
Nachhaltige Gütermobilität<br />
„Die Flachbahn via Gotthard <strong>ist</strong><br />
eine Riesenchance für den Kombinierten<br />
Verkehr. Wir sollten sie<br />
nicht verspielen, indem wir den<br />
Ausbau der Zufahrtsstrecken hinauszögern“,<br />
plädierte Hupac-<br />
Direktor Bernhard Kunz. Nach<br />
Eröffnung des Gotthard-Bas<strong>ist</strong>unnels<br />
sei mit einer deutlichen<br />
Senkung der Betriebsbeiträge zu<br />
rechnen. Wenn bis zu diesem<br />
Zeitpunkt die Produktivität des<br />
Kombinierten Verkehrs nicht<br />
durch längere, schwerere Züge<br />
kompensiert werden könne, sei<br />
mit einer Rückverlagerung des<br />
Schwerverkehrs auf die Straße zu<br />
rechnen. „Dies beeinträchtigt die<br />
Speditions<br />
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HUPAC<br />
Der Kombi-Verkehr in der Schweiz könnte produktiver sein<br />
Mobilität auf den heute schon<br />
überlasteten Straßen – ein<br />
Thema, das uns alle angeht.“<br />
Plädoyer für Luino-Linie<br />
Der Gotthard-Bas<strong>ist</strong>unnel wurde<br />
gebaut, um einen le<strong>ist</strong>ungsfähigen<br />
Güterverkehrskorridor für<br />
die Verkehrsverlagerung bereitzustellen.<br />
Unverzichtbar dabei <strong>ist</strong><br />
die Anpassung der Zulaufstrecken,<br />
damit das Potenzial der<br />
Flachbahn über den ganzen Korridor<br />
genutzt werden kann. Auf<br />
der Südseite der Alpen sollte die<br />
Priorität in einer ersten Phase auf<br />
der Luino-Strecke liegen, denn<br />
dieser Ast bewältigt etwa 80 Prozent<br />
des Kombi-Verkehrs via<br />
Gotthard und bedient die bestehenden<br />
Terminals im Raum<br />
Busto Arsizio/Novara. Parallel<br />
müsste der Korridor via Chiasso<br />
in Angriff genommen werden,<br />
verlangt Kunz. Das erfordert den<br />
Bau einer neuen Güterverkehrsstrecke<br />
zwischen Seregno und<br />
KOOPERATION<br />
Bergamo sowie von Umschlagterminals,<br />
denn im Knoten der Millionen-Metropole<br />
Mailand bestehen<br />
zurzeit keine adäquaten Kapazitäten.<br />
Für die Umsetzung<br />
dieses Vorhabens müssen einige<br />
Jahrzehnte veranschlagt werden.<br />
Umso dringender <strong>ist</strong> es, die bestehende<br />
Güterverkehrslinie via Luino<br />
zur Überbrückung dieses<br />
Zeitraums aufzuwerten. Diese relativ<br />
unbekannte Strecke <strong>ist</strong> fester<br />
Bestandteil des GüterverkehrskorridorsRotterdam–Genua.<br />
Mit vernünftigen<br />
Adaptierungsmaßnahmen könne<br />
sie an die internationalen Standards<br />
angepasst werden, verlautet<br />
seitens Hupac.<br />
Positive Jahresbilanz 2011<br />
Hupac hat im Vorjahr 723.894<br />
Lkw-Transporte auf ihrem europäischen<br />
Netzwerk abgewickelt,<br />
ein Plus von beinahe sieben Prozent.<br />
Positiv wirkte sich die Weiterführung<br />
der Fördermaßnah-<br />
men seitens des schweizerischen<br />
Bundesamts für Verkehr aus. Die<br />
zusätzlich versprochenen fi nanziellen<br />
Mittel minderten den Preisdruck<br />
der Straße und verhinderten<br />
eine Rückverlagerung auf die<br />
Straße. Trotz der erfolgten Volumensteigerung<br />
verringerten sich<br />
im Berichtsjahr 2011 die Erlöse<br />
der Hupac-Gruppe wechselkursbedingt<br />
um 2,3 Prozent auf 493<br />
Mio. Franken (410 Mio. Euro).<br />
Der Jahresgewinn <strong>ist</strong> im Berichtsjahr<br />
2011 um 17 Prozent auf<br />
2,6 Mio. Franken (2 Mio. Euro)<br />
zurückgegangen.<br />
Kunz: „Die schwierige Währungssituation<br />
und der stark negative<br />
Einfl uss der Wagenrückrufaktion<br />
haben zu diesem eher<br />
bescheidenen Ergebnis geführt.“<br />
Und wie geht es 2012 weiter?<br />
Kunz: „Für 2012 stellen wir uns<br />
auf ein geringes Wachstum mit<br />
einer starken Tendenz zur Volatilität<br />
ein. Wir nutzen gemeinsam<br />
mit unseren Partnern die Wachstumspause<br />
für Prozessverbesserungen<br />
und die Vorbereitung auf<br />
die neuen Produktionsbedingungen<br />
nach Eröffnung des Gotthard.“<br />
Seit Anfang dieses Jahres stehen<br />
die Zeichen auf Neustrukturierung<br />
des Angebots zwischen<br />
Skandinavien und Italien in Zusammenarbeit<br />
mit Intercontainer<br />
Scandinavia und die Anbindung<br />
des Kombi-Netzes in Frankreich<br />
in Kooperation mit dem Partner<br />
SNCF (siehe unten). Seit April<br />
dieses Jahres führt Hupac einen<br />
Company Train zwischen Edirne<br />
in der Türkei und Wien. Ebenfalls<br />
im April <strong>ist</strong> ein neuer Shuttlezug<br />
zwischen Rothenburg im<br />
Raum Luzern und Busto Arsizio-<br />
Gallarate eingeführt worden.<br />
Geodis und Hupac rücken<br />
zusammen<br />
Der Schweizer Kombi-Operateur Hupac und SNCF Geodis kooperieren beim Kombinierten<br />
Verkehr auf der Ost-West-Achse via Frankreich und Belgien.<br />
In einem Abkommen wurde der<br />
Ausbau der Kooperation zwischen<br />
den beiden Partnern und<br />
das Ausschöpfen der bestehenden<br />
Synergien vereinbart, teilen beide<br />
Akteure mit. Ziel <strong>ist</strong> die Weiterentwicklung<br />
des europäischen<br />
Kombinierten Verkehrs mit<br />
Schwerpunkt auf der Ost-West-<br />
Achse. Seit April verknüpfen Hupac<br />
und SNCF Geodis ihre Netzwerke<br />
über die Linie Antwerpen<br />
–Dourges, die von der SNCF<br />
Geodis betrieben wird. Diese Verbindung<br />
schließt das europäische<br />
Netzwerk der Hupac an das<br />
französische Binnennetz der<br />
SNCF Geodis für den Kombinierten<br />
Verkehr an. Die Kunden<br />
erhalten Zugang zu einem weltweiten<br />
Netz von der Iberischen<br />
Halbinsel bis in den Fernen Osten<br />
mit täglichen oder wöchentlichen<br />
Verbindungen nach Ostdeutschland<br />
(Schwarzheide), Osteuropa<br />
(Polen und Russland) bis<br />
nach China.<br />
Täglich von Warschau nach<br />
Lyon<br />
So bieten die Operateure beispielsweise<br />
tägliche Verbindungen<br />
zwischen Polen (Warschau)<br />
und dem Wirtschaftsraum Lyon<br />
mit einer Laufzeit von fünf Tagen<br />
an. Im Shuttle Net der Hupac<br />
sind Antwerpen und Ludwigshafen<br />
die Drehscheiben für Verbindungen<br />
nach Ostdeutschland, Polen<br />
und Russland bis nach China.<br />
Die neuen Produkte sollen gemeinsam<br />
vermarktet werden.<br />
SNCF Geodis führt bereits heute<br />
einen täglichen Zug der Hupac<br />
zwischen Ludwigshafen und<br />
Schwarzheide. Künftig wird<br />
SNCF Geodis weitere Traktionsaufgaben<br />
auf diesem Korridor<br />
übernehmen. Die Zusammenarbeit<br />
zwischen Hupac und der<br />
SNCF-Gruppe begann 2007 mit<br />
einem Zug zwischen Antwerpen<br />
und Südfrankreich, welcher mittlerweile<br />
bis Barcelona verlängert<br />
wurde. „Mit SNCF Geodis erschließen<br />
wir neues Potenzial für<br />
den Kombinierten Verkehr“, sagt<br />
Hupac-Direktor Bernhard Kunz.<br />
Dazu gehören Verbindungen<br />
nach Barcelona über die neue<br />
UIC-Linie sowie eine gezielte<br />
Stärkung des Leitungswegs zwischen<br />
Frankreich und Italien.