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Einblicke - Verband der Ernährungswissenschafter Österreichs

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Gestaltet und zusammengestellt von Mag. Dr. Erika Lasser-Ginstl<br />

d.ginstl@gmx.at<br />

Rund ums Essen … in <strong>der</strong> Literatur<br />

Was essen/aßen Schriftsteller?<br />

Am Beispiel Goethe (1782 – 1832)<br />

Im Leben Goethes spielte Essen eine sehr wichtige Rolle, was in<br />

seinen Reisebeschreibungen nachgelesen werden kann.<br />

Goethe liebte frischen Spargel, zum Nachtisch verspeiste er<br />

gerne Kuchen mit versunkenen Kirschen – zubereitet von<br />

Christiane Vulpius – o<strong>der</strong> eine ”Schwarze Brodtorte”. Bereits zu<br />

Goethes Zeiten gab es raffinierte Zubereitungsarten, wie etwa<br />

Kohlgemüse mit Mandeln und Rosinen o<strong>der</strong> süßes Apfelkompott<br />

serviert zu Fleisch. Erstaunlich ist, dass Goethe nie ein<br />

Kochbuch geschrieben hat.<br />

Doch haben dies viele an<strong>der</strong>e AutorInnen vor und vor allem<br />

nach seiner Zeit getan!<br />

Nicht nur LiebhaberInnen von guter Küche finden sich unter<br />

den LiteratInnen, auch das Gegenteil ist <strong>der</strong> Fall:<br />

Am Beispiel Kafka (1883 – 1924)<br />

Franz Kafka starb zwar an Tuberkulose, schil<strong>der</strong>te aber in seiner<br />

Erzählung ”Der Hungerkünstler” in brillanter Knappheit über das<br />

Wesen, die Tragik und die Sehnsucht <strong>der</strong> Magersüchtigen.<br />

Stellenwert von Essen und Trinken in <strong>der</strong> Literatur<br />

Nicht nur Ernährungsfachleute beschäftigen sich mit Essen und<br />

Trinken – angefangen von Müttern, Großmüttern über Bauern,<br />

LebensmittelproduzentInnen bis zu <strong>Ernährungswissenschafter</strong>-<br />

Innen, DiätologInnen und ErnährungsmedizinerInnen.<br />

Interessant die Zeit, die ein Mensch in seinem gesamten Leben<br />

für Essenplanung, -zubereitung und Verzehr aufbringt. In <strong>der</strong><br />

Annahme, dass diese Zeit im Durchschnitt etwa eine bis eineinhalb<br />

Stunden pro Tag ausmacht, ergeben sich bei einer<br />

Lebenserwartung von 80 Jahren 29.200 bis 43.800 Stunden pro<br />

Menschenleben. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, wie viel<br />

Zeit ein Mensch pro Tag damit verbringt, über das Essen an sich<br />

nachzudenken. Daher überrascht es nicht, dass das Thema<br />

Essen und Trinken auch in Kunst und Kultur einen hohen<br />

Stellenwert besitzt.<br />

So hat <strong>der</strong> Schriftsteller Petronius Arbiter (14 – 66 n. Chr.), ein<br />

Zeitgenosse Neros, in seinen Schelmengeschichten eine gigantische<br />

antike Fresserei beschrieben: ”Das Gastmahl des<br />

Trimalchio”. Trimalchio, ein neureicher Adipöser, ist <strong>der</strong><br />

Gastgeber einer Orgie. In dieser Erzählung geht es um den vergeblichen<br />

Versuch, eine obszöne Unterhaltung in einen philosophischen<br />

Diskurs zu wandeln.<br />

Nach Aussage von Tacitus verbrachte Petronius den Tag im<br />

Schlaf und die Nacht in Geschäften. Und obwohl er mit großem<br />

Aufwand Müßiggang betrieb, galt er nicht als Verschwen<strong>der</strong>,<br />

son<strong>der</strong>n als gebildeter Kenner feiner Genüsse. Seine lockeren<br />

Sprüche wurden ihm als Aufrichtigkeit angerechnet.<br />

Auch in <strong>der</strong> deutschsprachigen Literatur finden sich viele<br />

Beispiele, die Essen und Esskultur zum Thema gemacht haben.<br />

kulturecke<br />

Ein kleiner Streifzug durch die deutsche Literatur<br />

� ”Schlaraffenland” von Hans Sachs (1494 – 1576)<br />

Eine Gegend heißt Schlaraffenland,<br />

den faulen Leuten wohlbekannt;<br />

die liegt drei Meilen hinter Weihnachten.<br />

Ein Mensch, <strong>der</strong> dahinein will trachten,<br />

muss sich des großen Dings vermessen<br />

und durch einen Berg von Hirsebrei essen;<br />

<strong>der</strong> ist wohl dreier Meilen dick;<br />

alsdann ist er im Augenblick<br />

im selbigen Schlaraffenland.<br />

Da hat er Speis und Trank zur Hand;<br />

da sind die Häuser gedeckt mit Fladen,<br />

mit Lebkuchen Tür und Fensterladen.<br />

Um jedes Haus geht rings ein Zaun,<br />

geflochten aus Bratwürsten braun;<br />

vom besten Weine sind die Bronnen,<br />

kommen einem selbst ins Maul geronnen.<br />

An den Tannen hängen süße Krapfen<br />

wie hierzulande die Tannenzapfen;<br />

auf Weidenbäumen Semmeln stehn,<br />

unten Bäche von Milch hergehn;<br />

in diese fallen sie hinab,<br />

dass je<strong>der</strong>mann zu essen hab.<br />

� ”Vom Schlaraffenland” August Heinrich von Hoffmann von<br />

Fallersleben (1798 – 1874)<br />

Kommt, wir wollen uns begeben jetzo ins Schlaraffenland<br />

Seht da ist ein lustig Leben und das Trauern unbekannt<br />

Seht da lässt sich billig zechen und umsonst recht lustig sein<br />

Milch und Honig fließt in Bächen, aus den Felsen quillt <strong>der</strong> Wein.<br />

Alle Speisen gut geraten, und das Finden fällt nicht schwer<br />

Gäns und Enten gehen gebraten überall im Land umher<br />

Mit dem Messer auf dem Rücken läuft gebraten jedes Schwein<br />

Oh wie ist es zum Entzücken, Ei, wer möchte dort nicht sein.<br />

� ”Sei mir gegrüßt, mein Sauerkraut” von Heinrich Heine<br />

(1797 – 1856)<br />

Der Tisch war gedeckt. Hier fand ich die altgermanische Küche.<br />

Sei mir gegrüßt, mein Sauerkraut, holdselig sind deine Gerüche.<br />

Gestovte Kastanien im grünen Kohl,<br />

so aß ich einst bei <strong>der</strong> Mutter!<br />

Ihr heimischen Stockfische, seid mir gegrüßt,<br />

wie schwimmt ihr klug in <strong>der</strong> Butter.<br />

Jedwedem fühlenden Herz bleibt das Vaterland ewig teuer.<br />

Ich liebe auch recht braun geschmort die Bücklinge und Eier.<br />

Wie jauchzen die Würste in spritzendem Fett!<br />

Die Krammetsvögel, die frommen Englein mit Apfelmus,<br />

die zwitschern mir: ”Willkommen!”<br />

einblicke 02/09. Zeitschrift des <strong>Verband</strong>es <strong>der</strong> <strong>Ernährungswissenschafter</strong> <strong>Österreichs</strong> 18

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