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Einblicke - Verband der Ernährungswissenschafter Österreichs

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Fortsetzung von Seite 7.<br />

den. Den Gesundheitsfachkräften kommt mit <strong>der</strong> hinführenden<br />

Begleitung <strong>der</strong> Patienten im Prozess die ausschlaggebende<br />

Rolle zu, damit die Umsetzung solcher Initiativen Erfolg hat. Und<br />

hier sehe ich auch die Ernährungswissenschaft.<br />

Ist die Ernährungswissenschaft demnach zu den Gesundheitsberufen zu<br />

zählen?<br />

Nachdem die Ernährungswissenschaft Gesundheitskompetenz<br />

vermittelt – also die Fähigkeit, unter Alltagsgegebenheiten sinnvolle<br />

gesundheitliche Entscheidungen zu treffen –, ist sie automatisch<br />

als Gesundheitsberuf aufzufassen. Ob sich das auch in<br />

<strong>der</strong> österreichischen Definition <strong>der</strong> Gesundheitsberufe wi<strong>der</strong>spiegelt,<br />

ist eine an<strong>der</strong>e Sache. Doch glauben Sie mir: In<br />

Zukunft wird Effektivität gefragt sein. Berufsgruppen, die im bestehenden<br />

System keinen Platz haben, die jetzt außen vor bleiben,<br />

werden aufblühen.<br />

Wie können wir uns das vorstellen?<br />

Der nie<strong>der</strong>gelassene Arzt wird die Drehscheibe sein. Wir müssen<br />

uns einmal vergegenwärtigen: 1976 (!) präsentierte die WHO<br />

das sogenannte Primärversorgungsmodell. Darin wurde festgehalten,<br />

dass die Versorgung so dezentral wie möglich sein soll.<br />

Wohnortnähe wurde als Merkmal guter Qualität erkannt. Dabei<br />

wurde jedoch nicht an die wohnortnahe Nierentransplantation<br />

gedacht, son<strong>der</strong>n daran, dass dezentral möglichst alle<br />

Gesundheitsdienstleister – von ÄrztInnen über Pflegeberufe,<br />

Hebammen, ErnährungsberaterInnen und SozialarbeiterInnen –<br />

koordiniert daran arbeiten sollten, Prävention, Rehabilitation,<br />

Pflege und Kuration, also das gesamte Spektrum <strong>der</strong> Gesundheitsversorgung,<br />

möglichst nahe an die Bevölkerung heranzutragen.<br />

Fast überall begann man diese Idee umzusetzen.<br />

Hausarztmodelle wurden etabliert und Gesundheitszentren<br />

errichtet, in denen interprofessionell gearbeitet wird. In einigen<br />

Län<strong>der</strong>n ist das besser, in an<strong>der</strong>en schlechter gelungen. Aber<br />

nirgendwo wird mehr an <strong>der</strong> Richtigkeit <strong>der</strong> Idee gezweifelt. Wir<br />

allerdings hinken hier immer noch hinten nach.<br />

Viele wünschen sich, dass sich <strong>Ernährungswissenschafter</strong> ausschließlich<br />

um gesunde Menschen kümmern sollen. Lässt sich Ihrer Meinung nach<br />

eine Grenze zwischen ”gesund” und ”krank” ziehen?<br />

Das würde eine Grenze durch einen Menschen bedeuten,<br />

denn praktisch je<strong>der</strong> Mensch hat gesunde und kranke Anteile.<br />

Herzgesund, aber dick – ist das gesund o<strong>der</strong> krank? Jede<br />

Trennlinie ist eine künstliche Grenzziehung, die nicht <strong>der</strong> Realität<br />

entspricht. Es ist ja grundsätzlich schwierig, Gesundheit zu definieren.<br />

Wenn wir die WHO-Definition hernehmen, die Gesundheit<br />

als einen Zustand des völligen körperlichen, geistigen und<br />

sozialen Wohlbefindens beschreibt, kann kaum jemand<br />

behaupten, gesund zu sein. Doch unabhängig von Definitionen<br />

werden Sie sich als Berufsgruppe behaupten müssen. Die Frage<br />

ist, ob Sie vorbereitet sind auf zukünftige Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Wie können wir uns vorbereiten?<br />

fachbericht<br />

Indem Sie Organisationsfähigkeit beweisen, Ihre Einsatzmöglichkeiten<br />

mit Studien untermauern, über die Grenzen<br />

schauen, internationale Vergleiche ziehen und als Berufsgruppe<br />

beweisen, was Sie können! Sie müssen Ihr Berufsbild<br />

nach Best Practise in Europa ausrichten und das Vertrauen <strong>der</strong><br />

Patienten gewinnen. Mediziner, die Patienten durch Disease-<br />

Management-Programme begleiten möchten, können Ihre<br />

Unterstützung gut gebrauchen. Ihre Aufgabe ist es, Ihren<br />

Nutzen herauszustreichen. Und Sie müssen sich als Berufsgruppe<br />

mit Weiterbildung wappnen, denn das Aufsplittern wird<br />

nicht aufhören. Ganz sicher werden Sie Wi<strong>der</strong>stände spüren,<br />

aber die Zeit arbeitet für Sie!<br />

Dr. Ernest G.<br />

Pichlbauer<br />

im Porträt:<br />

Der Mediziner (geb. 1969) arbeitete zunächst als<br />

Universitätsassistent an <strong>der</strong> Pathologie des Wiener AKH,<br />

bevor er sich <strong>der</strong> Gesundheitsökonomie und <strong>der</strong><br />

Gesundheitsvorsorgeforschung zuwandte. Während seiner<br />

Zeit am Österreichischen Bundesinstitut für Gesundheitswesen<br />

(ÖBIG) war er unter an<strong>der</strong>em maßgeblich an<br />

den Arbeiten zum Österreichischen Strukturplan<br />

Gesundheit (ÖSG) beteiligt. Seit 2008 berät er mit seinem<br />

Unternehmen ”Health Policy International” Entscheidungsträger<br />

im Gesundheitswesen. Als Kolumnist <strong>der</strong> Wiener<br />

Zeitung liefert Pichlbauer in seinem ”Rezeptblock” pointierte<br />

gesundheitspolitische Kommentare.<br />

Gemeinsam mit <strong>der</strong> ehemaligen Volksanwältin Ingrid<br />

Korosec hat Pichlbauer 2007 mit einem mutigen Buch für<br />

Aufregung gesorgt: ”Gesunde Zukunft. <strong>Österreichs</strong> Gesundheitsversorgung<br />

Neu” spricht klar und deutlich aus, woran<br />

unser Gesundheitssystem krankt und liefert Diskussionsbeiträge<br />

zu neuen Strategien im Gesundheitswesen.<br />

ernest.pichlbauer@hpi-sag.com<br />

einblicke 02/09. Zeitschrift des <strong>Verband</strong>es <strong>der</strong> <strong>Ernährungswissenschafter</strong> <strong>Österreichs</strong> 8

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