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12 Einfache mechanische Systeme - THEP Mainz

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eplacements<br />

(c)<br />

(d)<br />

q3<br />

2 q3<br />

q<br />

¡<br />

q1<br />

Xµ ˙q µ = 0<br />

(a) (b)<br />

¢<br />

Abbildung <strong>12</strong>.7: Eine anholonome Zwangsbedingung schränkt die Geschwindigkeit ˙ ∈ TQ<br />

an jeder Stelle ∈ Q im Konfigurationsraum auf einen Untervektorraum ein (a). Über einen<br />

geeigneten Weg kann trotzdem jeder Punkt im Konfigurationsraum erreicht werden (b).<br />

bewegen. Dann hätten wir drei solche Zwangsbedingungen, nämlich ˙x1 − ˙x2 = 0, ˙y1 − ˙y2 = 0<br />

und ˙z1 − ˙z2 = 0.<br />

Auf dem Konfigurationsraum Q lassen sich solche Einschränkungen an die Bewegungsrichtungen<br />

immer als ein lineares Gleichungssystem darstellen, das die Komponenten der Geschwindigkeiten<br />

˙q µ zu erfüllen haben. Die Koeffizienten in diesem Gleichungssystem sind die Größen<br />

X k µ in (<strong>12</strong>.72), die im allgemeinen vom Ort q und von der Zeit t abhängen können. Wir können<br />

sie als einen Satz von K dualen Vektorfeldern auf Q auffassen.<br />

Eine anholonome Zwangsbedingung wird durch ein duales Vektorfeld auf dem Konfigurationsraum<br />

eines <strong>mechanische</strong>n System definiert. Sie verbietet Bewegungen in<br />

ein bestimmte Richtung.<br />

Um den Unterschied zwischen einer holonomen und einer anholonomen Zwangsbedingung<br />

deutlich zu machen, betrachten wir noch einmal eine holonome Zwangsbedingung der Form<br />

C(q, t) = 0. Eine solche Zwangsbedingung impliziert natürlich auch eine Einschränkung der<br />

möglichen Bewegungsrichtungen. Leiten wir nämlich die gegebene Gleichung nach der Zeit ab,<br />

so ergibt sich Xµ(q, t) ˙q µ = 0, mit Xµ = ∂C/∂q µ . Die Einschränkung der Bewegungsrichtung<br />

ist also genau von der Form (<strong>12</strong>.72).<br />

Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied. Im allgemeinen muss das duale Vektorfeld Xµ,<br />

das eine anholonome Zwangsbedingung Xµ ˙q µ = 0 definiert, nicht der Gradient irgendeiner skalaren<br />

Funktion C sein. Was das bedeutet, wird in Abbildung <strong>12</strong>.7(b) veranschaulicht. Nehmen wir<br />

an, wie befinden uns an einer Stelle q1 ∈ Q im Konfigurationsraum. Ein zweiter Zustand q2 ∈ Q<br />

ist von dort aus auf dem direkten Weg unerreichbar, weil wir dazu in eine verbotene Richtung<br />

gehen müssten.<br />

Betrachten wir zuerst den Fall, dass Xµ = ∂C/∂q µ der Gradient einer skalaren Funktion ist.<br />

q 2<br />

¡<br />

1<br />

¢<br />

¡<br />

2<br />

q 1<br />

55<br />

Dann ist der Wert der Funktion C entlang jedes erlaubten Weges konstant. Denn genau das besagt<br />

die Gleichung Xµ ˙q µ = ∂C/∂q µ ˙q µ = 0. Das System darf sich nur in solche Richtungen bewegen,<br />

in die die Funktion C konstant ist, also eine verschwindende Richtungsableitung hat. Wenn zwei<br />

Konfigurationen q1 und q2 entlang eines erlaubten Weges miteinander verbunden werden können,<br />

dann muss die Funktion C für beide denselben Wert haben.<br />

Umgekehrt, wenn die Funktion C für die beiden Konfigurationen q1 und q2 verschiedene Werte<br />

hat, dann können wir daraus unmittelbar schießen, dass sich das System niemals von q1 nach<br />

q2 bewegen kann. Es verbleibt immer in einem Unterraum mit C = konst. Liegt eine solche<br />

“scheinbar” anholonome Zwangsbedingung vor, dann verhält sich das System wie bei einer entsprechenden<br />

holonomen Zwangsbedingung C − konst = 0, mit dem einzigen Unterschied, dass<br />

die Konstante beliebig vorgegeben werden kann.<br />

Wenn das Vektorfeld Xµ, das die Zwangsbedingung Xµ ˙q µ = 0 definiert, jedoch nicht der<br />

Gradient irgendeiner skalaren Funktion zw ist, dann können wir dieses Argument nicht mehr<br />

anwenden. Dann ist es im allgemeinen so, wie in Abbildung <strong>12</strong>.7(b) gezeigt. Obwohl die zwei<br />

Konfigurationen q1 und q2 nicht auf dem direkten Weg miteinander verbunden werden können,<br />

gibt es einen Umweg, auf dem das System doch von q1 nach q2 gelangen kann. In diesem Fall ist<br />

die Zwangsbedingung “echt” anholonom. Sie lässt ich nicht als Zeitableitung einer holonomen<br />

Zwangsbedingung darstellen.<br />

Wir werden für beide Fälle gleich ein Beispiel kennen lernen. Für die allgemeine Beschreibung<br />

von anholonomen Zwangsbedingungen spielt es zunächst keine Rolle, ob es sich um “echt”<br />

oder “scheinbar” anholonome Bedingungen handelt. Entscheidend ist nur, dass der Konfigurationsraum<br />

selbst nicht eingeschränkt wird, sondern nur die möglichen Bewegungsrichtungen.<br />

Um die Bewegungsgleichungen zu formulieren, gehen wir von der d’Alembertschen Form aus,<br />

wobei wir die Kräfte wieder in dynamische Kräfte und Zwangskräfte aufteilen,<br />

d<br />

dt<br />

∂T ∂T<br />

µ −<br />

∂ ˙q ∂q µ = Fµ + Zµ. (<strong>12</strong>.73)<br />

Am Anfang dieses Kapitels hatten wir gezeigt, dass wir eine holonome Zwangsbedingung als<br />

Grenzfall einer unendlich starken Potenzialkraft verstehen können. Analog gilt für eine anholonome<br />

Zwangsbedingung, dass sie als Grenzfall einer unendlich starken Reibungskraft betrachtet<br />

werden kann. Eine Bewegung in eine verbotene Richtung würde eine unendliche Kraft erfordern,<br />

um diese Reibung zu überwinden.<br />

Wir wollen daher versuchen, die Zwangskraft Zµ erst als Reibungskraft darzustellen, um dann<br />

einen geeigneten Grenzwert zu bilden. Der Einfachheit halber soll zunächst nur eine Zwangsbedingung<br />

Xν ˙q ν = 0 vorliegen. Solange sich das System frei bewegen kann, ist Xν ˙q ν gerade die<br />

Geschwindigkeitskomponente in die eigentlich verbotene Richtung. Die Reibungskraft Zµ soll<br />

daher proportional zu dieser Geschwindigkeit sein. Wir machen also für die Reibungskraft einen<br />

linearen Ansatz.<br />

Eine weitere Bedingung an die Reibung ist, dass sie keine <strong>mechanische</strong> Leistung erbringt, wenn<br />

die Bewegung des Systems in eine erlaubte Richtung erfolgt. Aus Xµ ˙q µ = 0 soll also Zµ ˙q µ = 0

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