13.01.2013 Aufrufe

12 Einfache mechanische Systeme - THEP Mainz

12 Einfache mechanische Systeme - THEP Mainz

12 Einfache mechanische Systeme - THEP Mainz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

eplacements<br />

(d)<br />

(a) (b) (c)<br />

Abbildung <strong>12</strong>.8: Das Rad aus Abbildung <strong>12</strong>.3 rollt auf einem Tisch. Je nach der Zahl der Freiheitsgrade<br />

kann es entweder nur geradeaus laufen, aufrecht um eine Kurve fahren, oder dabei<br />

auch noch kippen.<br />

Das Rad rollt geradlinig mit konstanter Geschwindigkeit in Richtung der y-Achse, und es treten<br />

nie irgendwelche Zwangskräfte auf. Das liegt daran, dass das Rad diese Bewegung ohnehin<br />

ausführen würde, wenn man die Anfangsbedingungen entsprechend wählt. Es bewegt sich als<br />

ganzes geradlinig und gleichförmig und dreht sich mit konstanter Winkelgeschwindigkeit.<br />

Entscheidend ist jedoch, dass die allgemeine Lösung der Bewegungsgleichungen nur von vier<br />

Parametern abhängt, nämlich x0, y0, χ0 und ω, obwohl der reduzierte Konfigurationsraum dreidimensional<br />

ist, so dass ohne zusätzliche Zwangsbedingungen sechs Anfangsbedingungen zu<br />

wählen wären, nämlich drei Orte und drei Geschwindigkeiten. Anholonome Zwangsbedingungen<br />

schränken zwar die Orte nicht ein, aber die Geschwindigkeiten und somit auch die wählbaren<br />

Anfangsbedingungen.<br />

Aufgabe <strong>12</strong>.29 Wie man leicht in (<strong>12</strong>.82) sieht, lassen sich diese beiden Zwangsbedingungen<br />

als totale Zeitableitungen von zwei Funktionen schreiben, nämlich X 1 = dx/dt und X 2 =<br />

d(y + R χ)/dt. Die Zwangsbedingungen sind also nur scheinbar anholonom. Worin besteht jedoch<br />

der wesentliche Unterschied zwischen den hier gestellten Bedingungen und der alternativen<br />

Beschreibung eines rollenden Rades durch holonome Zwangsbedingungen C 1 = x und<br />

C 2 = y + R χ?<br />

Nun war dieses System ein sehr einfaches, und das Ergebnis war auch genau das erwartete. Das<br />

Rad rollt, wie in Abbildung <strong>12</strong>.8(a) gezeigt, einfach geradeaus über den Tisch. Im nächsten Schritt<br />

führen wir wieder einen zusätzlichen Freiheitsgrad ein und erlauben dem Rad, seine Achse zu<br />

drehen, aber nicht zu kippen. Wie wir gleich sehen werden, führt ein solches Rad eine interessante<br />

Bewegung aus, die man vielleicht nicht sofort erwartet.<br />

Der reduzierte Konfigurationsraum des Systems ist jetzt vierdimensional und wird durch die<br />

Koordinaten (x, y, ϕ, χ) beschrieben, wobei der Winkel ϕ wieder die Ausrichtung der Achse ist.<br />

Aufgabe <strong>12</strong>.30 Die Herleitung der kinetischen Energie erfolgt wie oben. Man zeige, dass sich die<br />

Summe aus der Rotationsenergie (<strong>12</strong>.46) und der Translationsenergie eines Körpers der Masse<br />

58<br />

M ergibt, also<br />

T = 1<br />

2 M R2 ˙χ 2 + 1<br />

4 M R2 ˙ϕ 2 + 1<br />

2 M ˙x2 + 1<br />

2 M ˙y2 . (<strong>12</strong>.85)<br />

Auf den ersten Blick sind die vier Bewegungsrichtungen wieder entkoppelt. Aber wir müssen<br />

natürlich noch die Zwangsbedingungen berücksichtigen, die dafür sorgen, dass das Rad rollt und<br />

nicht rutscht. Wir betrachten dazu wieder die Geschwindigkeit des Teilchens mit der Nummer<br />

¯n = N χ/2π, das gerade den Tisch berührt, und verlangen, dass diese verschwindet. Um die<br />

neue Ausrichtung der Achse zu berücksichtigen, müssen wir wieder ey durch e ′ (ϕ) ersetzen. Es<br />

ist jetzt<br />

˙r¯n = ˙x ex + ˙y ey + R ˙χ e ′ (ϕ). (<strong>12</strong>.86)<br />

Komponentenweise aufgeschrieben ergeben sich die Zwangsbedingungen<br />

X 1 = ˙x − R sin ϕ ˙χ = 0, X 2 = ˙y + R cos ϕ ˙χ = 0. (<strong>12</strong>.87)<br />

Anschaulich interpretiert besagen diese Gleichungen, dass sich das Rad in der x-y-Ebene nur in<br />

die Richtung bewegen darf, die senkrecht zur momentanen Ausrichtung ϕ der Achse steht, und<br />

dass es dabei abrollt, also bei einem Drehwinkel α die Strecke R α zurücklegt.<br />

Das Aufstellen der Bewegungsgleichungen erfolgt wie oben, nur dass wir jetzt eine mehr bekommen,<br />

d ∂T<br />

dt ∂ ˙x<br />

d ∂T<br />

dt ∂ ˙y<br />

− ∂T<br />

∂x = λ1 X 1 x + λ2 X 2 x ⇒ M ¨x = λ1,<br />

− ∂T<br />

∂y = λ1 X 1 y + λ2 X 2 y ⇒ M ¨y = λ2,<br />

d ∂T ∂T<br />

−<br />

dt ∂ ˙χ ∂χ = λ1 X 1 χ + λ2 X 2 χ ⇒ M R 2 ¨χ = R (λ2 cos ϕ − λ1 sin ϕ),<br />

d ∂T ∂T<br />

−<br />

dt ∂ ˙ϕ ∂ϕ = λ1 X 1 ϕ + λ2 X 2 ϕ ⇒ M R 2 ¨ϕ = 0. (<strong>12</strong>.88)<br />

Auch hier haben wir die Koeffizienten X k µ für k ∈ {1, 2} und µ ∈ {x, y, χ, ϕ} wieder aus der<br />

expliziten Darstellung (<strong>12</strong>.87) der Zwangsbedingungen C k = X k µ ˙q µ abgelesen.<br />

Die letzte Bewegungsgleichung für ϕ(t) können wir sofort lösen. Es ist<br />

¨ϕ = 0 ⇒ ϕ(t) = ϕ0 + γ t, (<strong>12</strong>.89)<br />

wobei γ und ϕ0 Integrationskonstanten sind. Die Achse des Rades dreht sich gleichmäßig mit<br />

einer beliebigen Winkelgeschwindigkeit γ. Die Konstante ϕ0 ist die Ausrichtung der Achse zur<br />

Zeit t = 0. Wir können ohne Beschränkung der Allgemeinheit ϕ0 = 0 setzen, wenn wir das<br />

Koordinatensystem entsprechend anpassen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!