15.01.2013 Aufrufe

Zahnärztliche Nachrichten Schwaben 5/2010 - Zahnärztlicher ...

Zahnärztliche Nachrichten Schwaben 5/2010 - Zahnärztlicher ...

Zahnärztliche Nachrichten Schwaben 5/2010 - Zahnärztlicher ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Das Gericht folgt nicht der Ansicht der<br />

Kläger, dass es dem potenziellen Patienten<br />

unbenommen bleibe, sich bei etwaigen<br />

Unklarheiten in den Anzeigentexten<br />

bei der eigenen Krankenversicherung zu<br />

informieren. Vielmehr ist eine Werbeanzeige<br />

schon dann berufswidrig, wenn sie<br />

unklar formuliert ist, der Leser jedoch von<br />

ihr angelockt wird, die angepriesenen<br />

Vorteile zu nutzen. Er wird gerade nicht<br />

zu seiner Krankenversicherung gehen,<br />

sondern sich zu dem werbenden Zahnarzt<br />

begeben. Dort wird er dann informiert,<br />

dass er nur unter bestimmten in<br />

der Anzeige nicht hinreichend deutlich<br />

offen gelegten Voraussetzungen zuzahlungsfreie<br />

Leistungen erhält. Wenn sich<br />

der potenzielle Patient zu den Klägern in<br />

die Praxis begibt, haben sie das Ziel ihrer<br />

Werbeanzeigen erreicht, sich einen unzulässigen<br />

Wettbewerbsvorteil vor anderen<br />

Zahnärzten zu verschaffen, die in<br />

demselben Umfang wie die Kläger zuzahlungsfreie<br />

Leistungen anbieten.<br />

Die Angaben in den Anzeigen über<br />

Zahnersatz "aus deutschem Meisterlabor"<br />

und "Made in Germany" sind ebenfalls<br />

berufswidrig, weil sie nach den eigenen<br />

Angaben der Kläger in dem anwaltlichen<br />

Schriftsatz vom 14.08.2008<br />

objektiv falsch sind. Einerseits wird bei<br />

dem durchschnittlichen Leser der Anzeigen<br />

der Eindruck hervorgerufen, dass der<br />

gesamte gelieferte Zahnersatz ausschließlich<br />

aus einem deutschen Labor<br />

stammt. Andererseits führen die Kläger<br />

in dem vorgenannten Schriftsatz aus,<br />

dass nur ca. 80 % des Zahnersatzes in<br />

der Bundesrepublik Deutschland angefertigt<br />

wird. Auch insoweit zielen die Anzeigen<br />

in erster Linie auf Verkaufsförderung<br />

und nicht auf sachlich angemessene<br />

und zutreffende Information des<br />

Patienten ab.<br />

Das Gericht folgt auch nicht der Ansicht<br />

der Kläger, in der Anzeige werde nur<br />

dem Patienten Zahnersatz "aus deutschen<br />

Landen" zugesagt, der die in der<br />

Anzeige genannten Voraussetzungen<br />

der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

"bei Festzuschuss plus 30 % Bonus" erfülle.<br />

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang<br />

auf die Sicht des durchschnittlich<br />

informierten aufmerksamen und<br />

verständigen Durchschnittslesers abzustellen.<br />

Für ihn ist die von den Klägern<br />

angeführte Einschränkung dem Text der<br />

Anzeige nicht zu entnehmen. Die umfassende<br />

uneingeschränkte Aussage im An-<br />

ZNS 5-<strong>2010</strong><br />

zeigentext wird dadurch verstärkt, dass<br />

zu Beginn der Anzeige von Mai 2007 die<br />

Worte "Zahn, Kronen und Brücken zum<br />

Nulltarif" in Fettdruck gesetzt worden<br />

sind, der anschließende von den Klägern<br />

als Einschränkung verstandene Text<br />

dagegen klein und im Normaldruck erscheint.<br />

In der weiteren Anzeige vom September<br />

2007 werden die Worte "Zahnkrone zum<br />

Nulltarif" sowie "Made in Germany" in<br />

Fettdruck gesetzt, während der anschließende<br />

als Einschränkung gedachte Text<br />

"bei Festzuschuss plus 30 % Bonus" im<br />

Normaldruck und deutlich kleinerer<br />

Schriftgröße folgen. Der letztgenannte<br />

Text wird vom durchschnittlichen Leser<br />

überlesen, der potentielle Patient vielmehr<br />

mit dem eingangs angeführten<br />

Text in Fettdruck angelockt. Diese Art der<br />

Darstellung ist marktschreierisch und<br />

schon deshalb berufswidrig.“<br />

Die Richter schauen nach Wettbewerbsrecht<br />

genau hin, auch auf die textliche<br />

Darstellung (Schriftgröße, Fettdruck,<br />

etc.).<br />

■ Was ist erlaubt?<br />

Als zulässig gelten heute – jeweils wahre<br />

Angaben und sachliche Informationen<br />

vorausgesetzt:<br />

• Recallanschreiben mit Einverständnis<br />

des Patienten,<br />

• Rundschreiben,<br />

• Vorträge/Kurse,<br />

• Vernissagen in der Praxis,<br />

• Presseberichte,<br />

• Anzeigen im nicht übertriebenen Umfang<br />

(auch Taxi- oder Straßenbahnwerbung),<br />

• Datenbanken und Verzeichnisse,<br />

• Visitenkarten,<br />

• Kleine Geschenke (Bsp.: Lippenpflegestift<br />

mit Praxislogo).<br />

■ Was geht nicht?<br />

Verboten ist nach wie vor jede Form der<br />

aufgedrängten Werbung wie<br />

• Telefonanrufe (Ausnahme: Recall,<br />

wenn Patienten vorher eingewilligt<br />

haben),<br />

• Telefaxe,<br />

• Mailings,<br />

• SMS.<br />

Verboten ist jede Form der irreführenden<br />

Werbung. Darunter fallen auch alle ge-<br />

tarntenPatienteninformationsveranstaltungen, bei denen ein Dritter – mit Bezahlung<br />

durch den Praxisinhaber – vermeintlich<br />

objektive Informationen über<br />

Behandlungsverfahren, meist Implantate,<br />

anbietet. Die Patienten werden hier<br />

über den Umstand getäuscht, dass in<br />

Wahrheit eine Werbeveranstaltung stattfindet.<br />

■ Schlussbemerkung<br />

Im Einzelfall ist es schwierig, die Grenzen<br />

zwischen erlaubter und berufswidriger<br />

Werbung zu ziehen. Man kann dabei auf<br />

den Einmaleffekt abzielen und darauf<br />

hoffen, dass es schon keiner merkt oder<br />

man mit einer wettbewerbsrechtlichen<br />

Abmahnung davon kommt. Geht die<br />

Zahnärztekammer berufsrechtlich gegen<br />

einen solchen Einmaleffekt vor, muss<br />

man schon mehr darlegen können, als,<br />

man habe es halt mal versuchen wollen.<br />

Da nützt nur eine sorgfältige anwaltliche<br />

Beratung im Vorfeld, um den Vorwurf<br />

des Verschuldens zu entkräften. Will man<br />

eine Werbeidentität i.S. einer Corporate<br />

Identity aufbauen, setzt man also auf<br />

nachhaltige Werbung, tut man erst recht<br />

gut daran, sich kompetent anwaltlich beraten<br />

zu lassen.<br />

Dr. Thomas Ratajczak<br />

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht,<br />

Fachanwalt für Sozialrecht<br />

Kanzlei RATAJCZAK & PARTNER Rechtsanwälte<br />

Berlin · Essen · Freiburg i.Br. · Köln ·<br />

Meißen · München · Sindelfingen<br />

Posener Str. 1, 71065 Sindelfingen<br />

Tel.: 0 70 31-95 05-18 (Frau Gayer)<br />

Fax: 0 70 31-95 05-99<br />

E-Mail: ratajczak@rpmed.de<br />

www.rpmed.de<br />

7<br />

LEITARTIKEL

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!