FES-Info 2011, Nr. 3 - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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26 GESELLSCHAFTLICHES ENGAGEMENT / SOZIALE DEMOKRATIE<br />
Gerechtigkeitswoche<br />
Gerechtigkeitswoche<br />
Gerechtigkeitswoche<br />
<strong>FES</strong> I N F O 3 / 2 0 1 1<br />
DAS „WIR“ IN DEN VORDERGRUND RÜCKEN<br />
Die Gerechtigkeitsfrage aus feministischer Sicht<br />
dominieren vor allem drei Themen: Die Rolle<br />
<strong>der</strong> Frauenbewegung(en) im Kampf für soziale<br />
Rechte, die Ökonomisierung des Diskurses über<br />
Gen<strong>der</strong>gerechtigkeit und die gleichberechtigtere<br />
Reproduktionsarbeit.“ Die Schere zwischen Arm<br />
und Reich wird immer größer. Die Politik wird<br />
immer mehr von den Märkten getrieben, ins-<br />
beson<strong>der</strong>e Frauen sind dann von Entsolidarisie-<br />
rung, Armut und Ausgrenzung betroffen”, be-<br />
tonte die Vorsitzende des Marie-Schlei-Vereins,<br />
Prof. Dr. Christa Randzio-Plath zu Beginn <strong>der</strong><br />
gemeinsamen Veranstaltung “Solidarität in <strong>der</strong><br />
Ungleichheit – Gerechtigkeit aus feministischer<br />
Sicht“. Dass Nord-Süd-Solidarität möglich ist,<br />
wurde im Laufe <strong>der</strong> Diskussion sehr deutlich<br />
VOR DEM WELTKLIMAGIPFEL<br />
„Es sind nicht die Entwicklungslän<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n<br />
die Industrienationen, die einen wirklichen<br />
Wandel herbeiführen können. Die Zivilgesell-<br />
schaften dieser Staaten müssen mit den Zivilge-<br />
sellschaften in den Län<strong>der</strong>n zusammenarbeiten,<br />
die am stärksten unter dem Klimawandel leiden,<br />
und eine globale Bewegung, ein globales Netz-<br />
werk bilden. Es ist wichtig, ein Gefühl für die<br />
wechselseitige Abhängigkeit zu entwickeln, in<br />
<strong>der</strong> wir uns befinden,“ stellte Saber Chowdhury,<br />
herausgearbeitet. Aus <strong>der</strong> Perspektive Kenias<br />
unterstrich die Menschenrechtlerin Flouridah<br />
Awuor Ogutu das neue Selbstbewusstsein vieler<br />
Frauen, während die Männer oft alten Rollen-<br />
bil<strong>der</strong>n verhaftet blieben. „Ohne eine Än<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> sozialen Strukturen“, so Diana Aguiar aus<br />
Brasilien, „ohne eine neue, mo<strong>der</strong>ne Definiti-<br />
on von Elternschaft, die eben auch zu gleichen<br />
Teilen den Vater und nicht allein die Mutter in<br />
die Verantwortung nimmt, bleiben Ungerechtig-<br />
keiten bestehen.“ Auf internationaler Ebene, so<br />
Dr. Christa Wichterich vom Frauenforum, müs-<br />
se das „Wir“ stärker in den Vor<strong>der</strong>grund rücken<br />
und die politische Einflussnahme zum Marken-<br />
zeichen für eine globale Gerechtigkeitsdiskussi-<br />
on werden.<br />
GERECHTERE ZUGÄNGE ZU MEDIKAMENTEN<br />
Gesundheit ist ein Menschenrecht, aber welt-<br />
weit ist das Gut Gesundheit sehr ungerecht<br />
verteilt. Einen universellen Zugang zu Medika-<br />
menten gibt es nicht; Forschung und Innovati-<br />
onen konzentrieren sich aufgrund ungleicher<br />
ökonomischer Möglichkeiten auf wenige reiche<br />
Län<strong>der</strong>; in den ärmeren Staaten sterben täglich<br />
50.000 Menschen an eigentlich behandelbaren<br />
Krankheiten – Fakten, auf die <strong>der</strong> Philosoph Tho-<br />
mas Pogge hinwies. Einen Ausweg sieht Pogge in<br />
<strong>der</strong> Einrichtung eines „Health Impact Funds“<br />
(HIF). Pharmafirmen könnten sich zukünftig<br />
entscheiden, ihre Produkte über diesen Fonds<br />
zu Herstellungspreisen zu vertreiben. Sie wür-<br />
den auf hohe Erlöse verzichten, erhielten aber<br />
je nach Wirksamkeit des Medikaments eine Ver-<br />
gütung aus dem HIF. Die Grundidee ist einfach:<br />
Zukünftig sollen nicht die Absatzmöglichkeiten,<br />
Parlamentsmitglied aus Bangladesch während<br />
eine Fachkonferenz im Rahmen <strong>der</strong> Gerechtig-<br />
keitswoche mit weiteren Entscheidungsträgern<br />
aus Brasilien, China, Indien, Mexiko und Süd-<br />
afrika klar. Die Erwartungen an die EU seien sehr<br />
hoch, so Chowdhury weiter: „Die EU sollte einen<br />
moralischen Standpunkt beziehen und durch<br />
ihr eigenes Handeln Standards für gerechte, faire<br />
Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel<br />
setzen.“<br />
son<strong>der</strong>n die medizinische Wirkung über den Er-<br />
folg von Medikamenten entscheiden.<br />
Christian Wagner-Ahlfs von <strong>der</strong> Med4all-Cam-<br />
paign äußerte sich kritisch. Der HIF löse nicht<br />
den zentralen Konflikt zwischen privaten Un-<br />
ternehmens- und öffentlichen Gesundheitsin-<br />
teressen. Die Forschung müsse daher stärker öf-<br />
fentlicher Verantwortung unterliegen und dazu<br />
müsse <strong>der</strong> Patentschutz gelockert werden. Die<br />
SPD-Abgeordnete Karin Roth sah darin keinen<br />
Wi<strong>der</strong>spruch: Öffentliche Forschung müsse ge-<br />
stärkt werden, private medizinische Forschung<br />
bleibe jedoch eine Notwendigkeit. Auch Has-<br />
bullah Thabrany, Professor für öffentliche Ge-<br />
sundheit an <strong>der</strong> Universität von Indonesien, un-<br />
terstützt die Grundidee des HIF. In Indonesien<br />
probiere man ähnliche Mechanismen bereits<br />
aus.