FES-Info 2011, Nr. 3 - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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40 WIRTSCHAFT, ARBEIT, SOZIALES<br />
Kurz notiert<br />
Meinungs-<br />
austausch<br />
<strong>FES</strong> I N F O 3 / 2 0 1 1<br />
lichsten Gesetze <strong>der</strong> Welt gilt. Es ermöglicht dem<br />
Arbeitgeber, ohne Nennung von Gründen, Kün-<br />
digungen auszusprechen. Eine Kündigungsfrist<br />
muss nicht eingehalten werden. Ein ausdrück-<br />
liches Recht auf gewerkschaftliche Mitbestim-<br />
mung, Repräsentation und Kollektivverhand-<br />
lungen sieht das Gesetz nicht vor. Dort, wo es eine<br />
gewerkschaftliche Interessenvertretung im Be-<br />
trieb gibt, kann <strong>der</strong> Arbeitgeber sie ignorieren und<br />
entwe<strong>der</strong> individuelle Arbeitsverträge o<strong>der</strong> einen<br />
Tarifvertrag mit den nicht gewerkschaftlich or-<br />
ganisierten Beschäftigen abschließen. Ein Streik<br />
darf 90 Tage nicht überscheiten und ihm muss<br />
ein Warnstreik vorausgegangen sein. „Illegales“<br />
Streiken wie<strong>der</strong>um kann mit einer Freiheitsstrafe<br />
VERTRAUENSBILDUNG DURCH<br />
REGIONALEN GEWERKSCHAFTSRAT<br />
Mitglie<strong>der</strong> des Regionalen Gewerkschaftsrats<br />
„Solidarität“ aus den Län<strong>der</strong>n des ehemaligen<br />
Jugoslawien waren Anfang November nach Ber-<br />
lin gekommen, um Gespräche mit dem DGB,<br />
Abgeordneten des Deutschen Bundestages und<br />
<strong>der</strong> <strong>FES</strong> zu führen. Vor allem die in <strong>der</strong> deutschen<br />
Westbalkanpolitik engagierten Abgeordneten<br />
Josip Juratovic (SPD), Gunther Krichbaum und<br />
Peter Weiß (beide CDU) hoben die beispielhafte<br />
Bedeutung des Regionalen Gewerkschaftsrates<br />
auch für die friedliche Zusammenarbeit <strong>der</strong><br />
Staaten des ehemaligen Jugoslawien hervor. Der<br />
Rat wurde gegründet, um in einem von vielen<br />
Gemeinsamkeiten geprägten historischen, kul-<br />
turellen und sozioökonomischen Kontext ohne<br />
Sprachbarrieren gemeinsame Probleme und Zu-<br />
kunftsfragen zu behandeln. Er ist das Ergebnis<br />
mühevoller Vertrauensbildung vor dem Hinter-<br />
grund <strong>der</strong> jugoslawischen Zerfallskriege.<br />
von bis zu zwei Jahren geahndet werden. Durch<br />
den mit diesem Gesetz einhergehenden Abbau<br />
von Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechten,<br />
geriet Georgien bald in Konflikt mit den vom<br />
eigenen Parlament ratifizierten ILO-Konventi-<br />
onen und <strong>der</strong> Europäischen Sozialcharta. Der<br />
georgische Gewerkschaftsdachverband schätzt,<br />
dass ihm wegen des neuen Arbeitsgesetzes meh-<br />
rere zehntausend Mitglie<strong>der</strong> durch Einschüchte-<br />
rungen und die Zerschlagung betrieblicher Ge-<br />
werkschaftsstrukturen verloren gegangen sind.<br />
Die ILO stellte mehrfach Verstöße gegen von<br />
Georgien ratifizierte Konventionen fest. Im Juni<br />
2010 wurde <strong>der</strong> Fall Georgien während <strong>der</strong> ILO-<br />
Generalversammlung im Komitee zur Überprü-<br />
fung <strong>der</strong> Einhaltung von ILO-Konventionen auf-<br />
gerufen. In <strong>der</strong> abschließenden Erklärung wird<br />
die Regierung aufgefor<strong>der</strong>t, konkrete Schritte zur<br />
Reform des Arbeitsgesetzes und zur Intensivie-<br />
rung des sozialen Dialogs zu unternehmen.<br />
Auch die EU-Kommission erhebt, ähnlich wie<br />
die ILO, die For<strong>der</strong>ung nach einer Reform des<br />
Gesetzes und verknüpft dies mit Fortschritten<br />
bei den Verhandlungen um die weitere Handels-<br />
integration zwischen EU und Georgien. Bislang<br />
stießen die For<strong>der</strong>ungen bei <strong>der</strong> Regierung auf<br />
wenig Gehör.<br />
Auf <strong>der</strong> <strong>FES</strong>-Konferenz betonten alle beteiligten<br />
Seiten, dass sie eine Intensivierung des sozialen<br />
Dialogs anstreben. Eine inhaltliche Annäherung<br />
von Regierung, Gewerkschaften und Arbeitge-<br />
bern fand indes nicht statt. Das breite Medien-<br />
echo auf die Konferenz zeigte jedoch, dass Ver-<br />
stöße gegen ILO-Kernarbeitsnormen inzwischen<br />
auch von einer größeren Öffentlichkeit in Geor-<br />
gien als Problem wahrgenommen werden.<br />
KEINE ENTWICKLUNG OHNE SICHERHEIT<br />
MODELLE ZUR BEKÄMPFUNG DER ARMUT<br />
Der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)<br />
zufolge haben 80 % <strong>der</strong> Weltbevölkerung keine<br />
umfassende soziale Sicherung, nur 15 % genießen<br />
eine Absicherung gegen Arbeitslosigkeit und fast<br />
ein Drittel hat keinen Zugang zu Gesundheits-<br />
versorgung. Zu einem Austausch über alternative<br />
Formen <strong>der</strong> Krankenversicherung und verschie-<br />
dene Modelle von Sozialtransfers zur Bekämp-<br />
fung <strong>der</strong> Armut, trafen sich auf Initiative <strong>der</strong> <strong>FES</strong>-<br />
Vertretung in Mali Mitte November Vertreter aus<br />
zehn westafrikanischen Län<strong>der</strong>n in Bamako.<br />
Mit Blick auf die fundamentalen Lebensunsi-<br />
cherheiten in armen Län<strong>der</strong>n und insbeson<strong>der</strong>e<br />
in <strong>der</strong>en informellen Wirtschaften wird zuneh-<br />
mend erkannt, dass ein Mindestmaß an sozialer<br />
Sicherung eine grundlegende Voraussetzung für