FES-Info 2011, Nr. 3 - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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70 EUROPA UND DIE WELT<br />
Kooperationen<br />
Regierungspartei<br />
führt Opposition,<br />
Opposition führt<br />
Regierungspartei:<br />
Seminarteilnehmer<br />
übten sich in gegenseitigem<br />
Vertrauen.<br />
<strong>FES</strong> I N F O 3 / 2 0 1 1<br />
DER SCHWIERIGE WEG ZUR DEMOKRATIE<br />
WAHLEN IN DER DEMOKRATISCHEN REPUBLIK KONGO<br />
32 Millionen Kongolesen waren am 28. Novem-<br />
ber <strong>2011</strong> aufgerufen, einen neuen Präsidenten so-<br />
wie 500 Abgeordnete <strong>der</strong> Nationalversammlung<br />
<strong>der</strong> Demokratischen Republik Kongo (DRK) zu<br />
wählen. Mit dem Ausgang dieses Wahlgangs ent-<br />
scheidet sich für das bürgerkriegsgeplagte Land,<br />
ob ihm ein entscheiden<strong>der</strong> Schritt in Richtung<br />
demokratische Konsolidierung gelingt o<strong>der</strong> ob es<br />
zurück ins Chaos versinkt.<br />
Die DRK steht nach brutaler Kolonialherrschaft,<br />
Mobutu-Diktatur, Bürgerkriegen und weitgehen-<br />
<strong>der</strong> Zerstörung <strong>der</strong> Infrastruktur vor <strong>der</strong> großen<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung, Staatlichkeit und demokra-<br />
tische Regierungsformen aufzubauen. Die letz-<br />
ten, von Joseph Kabila gewonnenen Wahlen rie-<br />
fen 2006 Proteste, Manipulationsvorwürfe und<br />
gewalttätige Auseinan<strong>der</strong>setzungen hervor, de-<br />
ren Wie<strong>der</strong>holung das Land in eine schwere Krise<br />
stürzen würde. Angesichts einer entschlossenen<br />
Opposition um den 78-jährigen Kandidaten Eti-<br />
enne Tshisekedi, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Union Pour la<br />
Democratie et le Progrès Sociale, die die Wahl-<br />
kommission als Instrument des Präsidenten Ka-<br />
bilas betrachtete, bemühten sich lokale und in-<br />
ternationale Beobachter um Vertrauensbildung<br />
in den Wahlvorgang und die Schaffung eines<br />
friedlichen politischen Klimas.<br />
In einer politisch angespannten Atmosphäre<br />
zielten die Aktivitäten <strong>der</strong> <strong>FES</strong>, zum ersten Mal<br />
vor Ort in Kinshasa und Lubumbashi tätig, auf<br />
die Professionalisierung <strong>der</strong> Wahlbehörde, auf<br />
den Dialog zwischen Wahlbehörde und Zivilge-<br />
sellschaft sowie auf die politischen Parteien. Die<br />
neu geschaffene Wahlbehörde CENI stand im<br />
Mittelpunkt des Interesses. In Kooperation mit<br />
dem Zusammenschluss <strong>der</strong> Wahlkommissionen<br />
im südlichen Afrika beriet ein Workshop über die<br />
Anwendung demokratischer Prinzipien für das<br />
Management, die Überwachung und Beobach-<br />
tung von Wahlen. Dr. Victor Tonchi, ehemaliger<br />
Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> namibischen Wahlkommission,<br />
appellierte dabei an seine kongolesischen Kolle-<br />
gen: „Ihr müsst Manipulationsversuchen und <strong>der</strong><br />
Beschneidung eurer Unabhängigkeit entschie-<br />
den entgegentreten. Das Vertrauen in euch ist die<br />
Grundlage für glaubwürdige Wahlen.“<br />
Das Glaubwürdigkeitsproblem <strong>der</strong> CENI, <strong>der</strong>en<br />
Vorsitzen<strong>der</strong> ein enger Vertrauter des Präsidenten<br />
ist, sowie die befürchteten Manipulationen stan-<br />
den im Mittelpunkt zweier Seminare mit jeweils<br />
50 Vertretern aus 18 politischen Parteien. Über<br />
die Parteigrenzen hinweg wurde so das Profil<br />
eines idealen Wahlzeugen entwickelt. Minde-<br />
stens genauso wichtig war das gemeinsame Er-<br />
arbeiten von Strategien zur Verhin<strong>der</strong>ung von<br />
Wahlfälschungen. „Wir haben die Tendenz, die<br />
Parteien <strong>der</strong> Opposition als Feinde zu betrachten.<br />
Das Seminar hat uns die Gelegenheit gegeben, sie<br />
zunächst als Kongolesen und in zweiter Linie als<br />
politische Gegner wahrzunehmen“, so eine Teil-<br />
nehmerin am Ende des Lubumbashi-Seminars.<br />
Wenngleich die Bemühungen gewalttätige Aus-<br />
einan<strong>der</strong>setzungen nicht gänzlich verhin<strong>der</strong>n<br />
konnten, so ist doch festzustellen, dass die Ein-<br />
sicht in die Notwendigkeit eines lagerübergreifen-<br />
den Dialoges, eines neutralen bürgerschaftlichen<br />
Engagements sowie <strong>der</strong> Rolle nicht-staatlicher<br />
Organisationen gewachsen ist.<br />
In mehr als 63.000 Wahlbüros ist die Stimm-<br />
abgabe für 11 Präsidentschafts- und 18.500<br />
Parlamentskandidaten erfolgt. Eine Reihe von<br />
Wahlbeobachtermissionen haben schwerwie-<br />
gende Unregelmäßigkeiten festgestellt, die die<br />
Legitimität des Wahlsieges von Joseph Kabila in<br />
Frage stellen. Für die angestrebte demokratische<br />
Konsolidierung ist dies eine schwere Hypothek,<br />
und es liegt nun in <strong>der</strong> Hand <strong>der</strong> politischen Füh-<br />
rungskräfte, dem Kongo eine erneute schwere<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung zu ersparen.