Werke aus der Sammlung Gruppo Mondiale im ... - kunse.com
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Der Schreitende<br />
Zwischen 1898 und 1906 überarbeitet Rodin verschiedene seiner wichtigsten<br />
Skulpturen, in einer Zeit, in <strong>der</strong> viele <strong>Werke</strong> in Marmor gemeisselt werden,<br />
als Vorbereitung auf die grossangelegte Rodin-Retrospektive in einem<br />
Rodin gewidmeten Pavillon anlässlich <strong>der</strong> Welt<strong>aus</strong>stellung von 1900. Zu<br />
den Arbeiten gehören die Vergrösserung des Denkers, Verklei ne rungen und<br />
Güsse des Ehernen Zeitalters und die Überarbeitung <strong>der</strong> Plastik Johannes <strong>der</strong><br />
Täufer. Die Skulptur Der Schreitende ist in diesem Zusammenhang entstanden<br />
und existiert in verschiedenen D<strong>im</strong>ensi o nen. Rodin vergrössert einmal<br />
die Skulptur um das Doppelte, einmal verkleinert er sie um die Hälfte <strong>der</strong><br />
ursprünglichen Form. Rodin exper<strong>im</strong>entiert mit <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Grösse und<br />
<strong>der</strong>en Wirkung und erstellt um 1877–78 eine Reihe von Entwürfen vor<br />
allem einzelner Teile – <strong>im</strong> Hin blick auf die Bewältigung des Themas Johannes<br />
<strong>der</strong> Täufer. Dabei mö gen auch Anlehnungen und Erinnerungen an griechische<br />
und römische Statuen eine Rolle spielen. Die absichtliche "Verstümmelung"<br />
und Unvoll kommenheit ist für Rodin Konzentration auf das<br />
Wichtige und Wesentliche. Das Fragment, wie Rodin es versteht, n<strong>im</strong>mt in<br />
seinem Schaffen eine Bedeutung an, die so vor Rodin nicht existiert. Rodin<br />
n<strong>im</strong>mt sich die Freiheit, den menschlichen Körper, ob nun in sorgfältig <strong>aus</strong>gearbeiteten<br />
Details, o<strong>der</strong> nur skizzenhaft dargestellt, "unvollständig" zu<br />
gestalten. So belässt Rodin alle unfertigen, fehlerhaften Stellen <strong>im</strong> Ton, als<br />
wollte er den Prozess <strong>der</strong> künstlerischen Auseinan<strong>der</strong>setzung zum festen Teil<br />
<strong>der</strong> Arbeit machen und uns bewusst machen.<br />
Im Schreitenden geht es um das Motiv <strong>der</strong> Bewegung, um die Frage nach<br />
dem Wesen und dem Wesentlichen, um die Wahrheit. Es geht Rodin somit<br />
um die <strong>im</strong> Inneren des Körpers wirkenden Kräfte, die sich schliesslich in<br />
einer Bewegung entladen. Er wird damit Wegbereiter für die körperlosen<br />
Ovoiden <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne – etwa von Brancusi o<strong>der</strong> Hans Arp.<br />
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