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Wir sind kein Rosengarten - Ensuite

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cinéma<br />

SUNSHINE<br />

■ Die Geschichte von Regisseur Danny Boyles<br />

Science-Fiction-Film «Sunshine» ist etwas absurd:<br />

In fünfzig Jahren scheint die Sonne nicht<br />

mehr wie sie soll und die Welt erleidet einen fatalen<br />

arktischen Winter. Um die Quelle alles lebensspendenden<br />

Lichtes wieder in Gang zu bringen,<br />

ist die Mission Icarus II mit einer Riesenbombe<br />

Richtung Sonne unterwegs. Kurz vor dem Erreichen<br />

ihres Ziels empfängt sie ein Notrufsignal<br />

von Icarus I, der Jahre zuvor gescheiterten gleichen<br />

Mission. Und da nomen est omen, gibt es<br />

auch in «Sunshine» das unvermeidliche Element<br />

der menschlichen Schwäche. Wie in der griechischen<br />

Sage, in der sich Ikarus die Flügel an der<br />

Sonne verbrennt, muss die Crew von Icarus II<br />

schwerwiegende Entscheide treffen und dann<br />

mit deren Konsequenzen leben – oder sterben.<br />

Regisseur Boyle benutzt so ziemlich die gleichen<br />

Erzähltricks und Bildersprache wie in seinem<br />

Horrormeisterwerk «28 Days later» und<br />

dem Junkieklassiker «Trainspotting». Allerdings<br />

will in «Sunshine» kaum die gleiche Spannung<br />

oder das Sehvergnügen aufkommen. Vielleicht,<br />

weil die Ausgangslage der Geschichte unendlich<br />

weit von der aktuellen Wahrnehmung der Menschen<br />

entfernt ist, oder einfach weil den Hintergründen<br />

zu wenig Raum gegeben wird. Trotzdem<br />

wird «Sunshine» - ähnlich wie der unterschätzte<br />

Film «Event Horizon» von 1997, dessen Geschichte<br />

einem bei Boyles Film verteufelt vertraut vorkommt<br />

- aber über die Zeit hinweg sehenswert<br />

bleiben.<br />

Grund dafür ist eine feine Liga Schauspieler,<br />

die den Film tragen und die Spezialeffekte oder<br />

den Inhalt der Geschichte nebensächlich werden<br />

lassen. Allen voran Cillian Murphy, der sich bereits<br />

in «28 Days later» erstaunlich zäh gegen<br />

von Wut zerfressene Gegner zur Wehr gesetzt<br />

hat. Murphy («Breakfast on Pluto», «Red Eye»),<br />

der das Durchgeknallte genauso gut hinkriegt<br />

wie das Verletzliche oder Verzweifelte, spielt den<br />

Astrophysiker, der die Bombe zünden soll und<br />

der deswegen wohl als Einziger ein tiefgründigeres<br />

Charakterprofi l erhält. Doch auch Cliff Curtis<br />

(«Whale Rider») und Michelle Yeoh («Crouching<br />

Tiger, Hidden Dragon») tun das ihre, um den<br />

Film trotz einer hahnebüchenen erzählerischen<br />

Wende im letzten Drittel noch sehenswert zu machen.<br />

Der Film dauert 107 Minuten und ist seit dem<br />

19. April in den Kinos. (sjw)<br />

24<br />

FILM<br />

goodbye bafana<br />

Von Sonja Wenger (Bild: zVg.)<br />

■ Des einen Freiheitskämpfer ist des anderen Terrorist.<br />

Dieser Spruch gilt heute genauso wie 1964,<br />

als das südafrikanische Apartheidregime Nelson<br />

Mandela als einen der Anführer des African National<br />

Congress zu lebenslanger Haft verurteilte und<br />

im Gefängnis von Robben Island wegsperrte. Nur<br />

die Angst der Regierung, Mandela durch ein Todesurteil<br />

zum Märtyrer zu machen, bewahrte ihn<br />

damals vor dem Strick und am liebsten hätte das<br />

Regime den Schlüssel weggeworfen. Erst 1990 wurde<br />

Mandela medienwirksam freigelassen und wurde<br />

1994 zum ersten schwarzen, demokratisch gewählten<br />

Präsidenten Südafrikas.<br />

Während über zwanzig Jahre seiner Haft wurde<br />

Mandela von dem Gefängniswärter James Gregory<br />

bewacht. Als dieser 1968 nach Robben Island versetzt<br />

wird, überträgt man ihm den Gefangenen und<br />

die Zensur dessen Korrespondenz, da Gregory fl iessend<br />

Xhosa, Mandelas Muttersprache, spricht und<br />

ihn so ausspionieren soll. Doch der Kontakt mit dem<br />

charismatischen Mandela verändert das Weltbild<br />

des bis anhin regimetreuen Gregory, der aus einfachen<br />

Verhältnissen stammt und nur seine Familie<br />

vor den Schwarzen schützen will, die er allesamt für<br />

gefährliche Terroristen hält.<br />

Basierend auf den Memoiren von Gregory hat<br />

Regisseur Bille August mit «Goodbye Bafana» ein<br />

eindringliches Zeitbild der Apartheid geschaffen.<br />

Während der Rassentrennung in Südafrika von<br />

1948 bis 1990 hatte die schwarze Mehrheit des<br />

Landes <strong>kein</strong> Recht zu wählen, sich zu bilden, weder<br />

Haus- oder Landbesitz zu haben noch sich frei zu<br />

bewegen. Obwohl die Geschichte vornehmlich aus<br />

der Perspektive der Weissen erzählt wird, ist der Respekt<br />

für die Errungenschaften und den Einfl uss von<br />

Mandela in jeder Szene spürbar. Mit beklemmender<br />

Realität wird gezeigt, wie die weisse Minderheit des<br />

Landes die Schwarzen unterdrückte und mit wie<br />

viel Rassismus die Gefangenen konfrontiert waren.<br />

Durch die beeindruckende Leistung der drei<br />

Hauptdarsteller Joseph Fiennes als Gregory, Dennis<br />

Haysbert als Mandela und Diane Kruger als Gregorys<br />

Frau Gloria ist «Goodbye Bafana» aber auch ein<br />

intimes Porträt der Beziehung zwischen den beiden<br />

Männern und jener des Ehepaares Gregory. «Bafana»<br />

bedeutet Freund auf Xhosa und mit Ausnahme<br />

einer Rückblende in Gregorys Kindheit erzählt<br />

Regisseur August die Geschichte chronologisch<br />

und dicht gepackt mit historischen Begebenheiten.<br />

Elegant werden sie in das Heute des Films eingefl<br />

ochten und bewahren dadurch jene Beiläufi gkeit,<br />

die sich erst im Rückblick in etwas Spezielles verwandelt.<br />

Durch seine wachsende Sympathie mit Mandela<br />

und dessen Kampf für Gleichberechtigung wird Gregory<br />

zunehmend von seiner Umgebung angefeindet.<br />

Hin- und hergerissen zwischen seinen erschütterten<br />

Wertvorstellungen und dem Bedürfnis, für<br />

seine Familie zu sorgen, willigt er trotz wachsender<br />

Zweifel an der moralischen Überlegenheit seiner<br />

Arbeit immer wieder ein, seine Rolle weiterzuspielen.<br />

Dass er dadurch Teil der politischen Geschichte<br />

seines Landes wird, ist ihm schon früh bewusst und<br />

wesentlich für seine Motivation. Immer mehr wandelt<br />

sich Gregory von einem hasserfüllten Rassisten<br />

in einen Anhänger Mandelas.<br />

So fasst ein Zitat aus Nelson Mandelas Buch «Der<br />

lange Weg zur Freiheit» eindrücklich die Botschaft<br />

von «Goodbye Bafana» zusammen: «Niemand wird<br />

geboren und hasst andere Menschen wegen ihrer<br />

Hautfarbe, ihrer Herkunft oder ihrer Religion. Hass<br />

muss man lernen, und wenn man Menschen das<br />

Hassen beibringen kann, dann kann man sie auch<br />

lehren zu lieben, denn Liebe kommt einfacher in die<br />

Herzen der Menschen als sein Gegenteil».<br />

Der Film dauert 117 Minuten und kommt am 3.<br />

Mai in die Kinos.<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 53 | Mai 07

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