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kritik der wertkritik kritik der kritik der wertkritik herrschaft, befreiung ...

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Streiche und Scherze auf Kosten von Chefs,<br />

,,Krawattenmenschen“ und ,,Schleimern“ zur Tagesordnung<br />

gehörten, sei es aber auch nur, dass die<br />

Arbeiter zum Ärger und Unverständnis <strong>der</strong> Vorgesetzten<br />

den ,,offiziellen“ Kaffeeautomaten beharrlich<br />

mieden – auf mannigfache Art und Weise,<br />

so die Autoren, dominierten die Peugeot-Arbeiter<br />

diesen ,,tagtäglichen Kleinkrieg“ (S. 44), und festigten<br />

damit ihr Selbstbewusstsein, integrierten neue<br />

Arbeiter und legten die Grundlage für erfolgreiche<br />

große Mobilisierungen.<br />

Das langsame, aber sichere Ende dieses für die<br />

Arbeiter vergleichsweise günstigen Zustands bei<br />

Peugeot und mit ihm die Abwertung <strong>der</strong> alten<br />

Arbeiterklasse auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Fabrik setzte ab<br />

Anfang <strong>der</strong> achtziger Jahre ein, und zwar mit dem<br />

Einstellungsstopp 1979 und dem großen Streik von<br />

1981/1982. Drei Verän<strong>der</strong>ungen beleuchten die<br />

Autoren zum Verständnis dieses Erosionsprozesse<br />

hierbei eingehen<strong>der</strong>: erstens die Umstrukturierung<br />

<strong>der</strong> Arbeitsgruppen bei Peugeot, zweitens <strong>der</strong><br />

Umzug in eine neue ,,menschliche“ Fabrik und drittens<br />

die zunehmenden Blockade <strong>der</strong> Aufstiegs- und<br />

gleichzeitig steigenden Abstiegschancen <strong>der</strong><br />

Arbeiter bei Peugeot.<br />

Die Umstrukturierung <strong>der</strong> Arbeitsgruppen zum<br />

Zwecke <strong>der</strong> Produktivitäts- und Qualitätssteigerung,<br />

so Beaud und Pialoux, bedeutete für die<br />

Arbeiter ein schnelleres Arbeitstempo, komplexere<br />

Arbeitsvorgänge, steigenden Druck, bei <strong>der</strong> Arbeitsoptimierung<br />

mitzuwirken, stärkere Kontrolle und<br />

Konkurrenz <strong>der</strong> Mitarbeiter untereinan<strong>der</strong> und<br />

durch spezielle Funktionsstellen sowie neue<br />

Sanktionsmöglichkeiten durch die Einführung eines<br />

individuellen Prämiensystems. Der Umzug in die<br />

neue Fabrik riss sie aus <strong>der</strong> vertrauten Umgebung<br />

und gab ihnen ,,das vage Gefühl, dass sie sich in dieser<br />

,,sauberen“, „keimfreien“ Welt nicht mehr verhalten<br />

konnten wie zuvor“ (S. 73). Die Blockade <strong>der</strong><br />

innerbetrieblichen Aufstiegsmöglichkeiten und die<br />

Angst vor dem sozialen Abstieg schließlich tat ein<br />

Weiteres, um den körperlichen Verschleiß zu erhöhen<br />

und die Arbeiter stetig zu demoralisieren.<br />

Als vor diesem angespannten Hintergrund nun<br />

ab Mitte <strong>der</strong> achtziger Jahre von Unternehmensseite<br />

immer stärker junge Arbeiter - häufig auf<br />

Zeitarbeitsbasis - eingestellt werden, da diese sich<br />

zumindest kurzfristig besser im neuen Arbeitsumfeld<br />

zurechtfinden, kommt es in den neunziger<br />

Jahren zum offenen Generationenbruch innerhalb<br />

<strong>der</strong> Fabrik. Auf <strong>der</strong> einen Seite, so die Autoren, „die<br />

Alten“, die kampferfahren sind und, so gut es geht,<br />

versuchen die alte Wi<strong>der</strong>stands- und Kampfkultur<br />

<strong>der</strong> Peugeot-Arbeiter hochzuhalten, die aber auch<br />

von <strong>der</strong> jahrelangen schweren Arbeit verbraucht<br />

und angesichts <strong>der</strong> tiefgreifenden Verän<strong>der</strong>ungen in<br />

ihrer Fabrik – und nicht nur da - einen immer<br />

schwereren Stand haben. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite ,,die<br />

Jungen“, die - geprägt von den neuen gesellschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen - die individuelle<br />

Hoffnung auf eine Festanstellung durch Leistung<br />

antreibt und die auf die Enttäuschung dieser<br />

Hoffnungen häufig unpolitisch durch Flucht aus<br />

<strong>der</strong> Fabrik reagieren. Keiner <strong>der</strong> beiden Gruppen,<br />

das zeigen Beaud und Pialoux eindrucksvoll, gelingt<br />

es, auf die jeweils an<strong>der</strong>e Gruppe zuzugehen. Die<br />

,,Alten“ sehen in den Jungen ein ,,Symbol <strong>der</strong> Entwertung<br />

ihres Knowhows und ihrer Deklassierung“<br />

(S. 57) und werfen ihnen politische Naivität sowie<br />

ihre devote Arbeitshaltung vor. Die „Jungen“<br />

wie<strong>der</strong>um – eifrig, opferbereit, flexibel – verachten<br />

die Alten, denn: ,,Was sie an den Montagebän<strong>der</strong>n<br />

erleben, empört sie: alte Arbeiter, die ihre Zeit damit<br />

verbringen „rumzumeckern“, „zu saufen“, und<br />

ihren Spaß daran haben, mit den Chefs Katz und<br />

Maus zu spielen o<strong>der</strong> womöglich gar die Arbeit zu<br />

sabotieren.“ (S. 278) Da ihnen dies lediglich als ein<br />

,,Luxus von Privilegierten“ (ebd.) erscheint, suchen<br />

sie sich auf jede erdenkliche Art und Weise von diesen<br />

,,alten“ Überbleibseln abzugrenzen, so dass<br />

Beaud und Pialoux konstatieren: ,,Die lange Kette<br />

<strong>der</strong> Arbeitergenerationen in <strong>der</strong> Fabrik ist auseinan<strong>der</strong><br />

gebrochen.“ (S. 284)<br />

Schulgeschichten<br />

Beaud und Pialoux bemerken, dass das<br />

Auftauchen dieser neuen „jungen“ Arbeitergeneration<br />

in <strong>der</strong> Fabrik die Frage nach ihrer Genese<br />

stellt. Deshalb stellen sie in den Mittelpunkt des<br />

zweiten Abschnitts ihrer Studie die „Formen <strong>der</strong><br />

Primärsozialisation“ (S. 27), also jene Erfahrungen<br />

in Familie und Schule, die diese Arbeitergeneration<br />

vor dem Eintritt in ihr Berufsleben geprägt haben.<br />

Ihr Ergebnis ist gerade vor dem Hintergrund <strong>der</strong><br />

sog. PISA-Debatte von beson<strong>der</strong>em Interesse,<br />

kommen sie doch zu dem Schluss, dass gerade die<br />

große Bildungsreform von 1985 in Frankreich - die<br />

mit dem Ziel durchgeführt wurde, 80 Prozent eines<br />

Schuljahrgangs zum Abitur zu führen (,,80% bac“)<br />

- wesentlichen Anteil am Generationenkonflikt<br />

innerhalb <strong>der</strong> Peugeot-Arbeiterschaft hat. Sie<br />

schreiben: ,,Man unterschätzt leicht die moralischen<br />

und gefühlsmäßigen Kosten, die für die Eltern aus<br />

<strong>der</strong> Arbeiterschaft anfallen, wenn ihr Kind in den<br />

Konkurrenzkampf auf dem College o<strong>der</strong> gar dem<br />

Gymnasium geworfen wird, und sie selbst eine Welt<br />

entschlüsseln sollen, die ihnen unverständlich ist.<br />

Und auch die Entwertung <strong>der</strong> beruflichen Bildung<br />

hinterlässt tiefe Spuren. Früher stand dieser Bereich<br />

nicht nur für einen schulischen Erfolgspfad, <strong>der</strong> sozialen<br />

Aufstieg verhieß. Die berufliche Bildung war<br />

das Feld, auf dem sich eine Kultur <strong>der</strong> Technik, des<br />

Bonjour, Tristesse...<br />

Slave Cubela<br />

grundrisse_16_2005 seite_49<br />

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