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kritik der wertkritik kritik der kritik der wertkritik herrschaft, befreiung ...

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Wi<strong>der</strong>standsformen nutzlos geworden sind, dass sie<br />

den Zwang, sich um jeden Preis an mo<strong>der</strong>ne<br />

Strukturen anzupassen, nicht einfach von <strong>der</strong> Hand<br />

weisen können“ (S. 271), wenn sie nicht als ,,Motzer<br />

auf verlorenem Posten“ (S. 269) enden wollen.<br />

Doch, und das wird von den Autoren beson<strong>der</strong>s<br />

hervorgehoben, dieser innerbetriebliche Druck zur<br />

Anpassung und zur Aufgabe <strong>der</strong> überkommenen<br />

Wi<strong>der</strong>standsmodelle könnte nicht so nahtlos funktionieren,<br />

wenn die gesellschaftliche Entwicklung<br />

ihn nicht flankieren würde. Insbeson<strong>der</strong>e ,,<strong>der</strong> Fall<br />

<strong>der</strong> Berliner Mauer (1989) und <strong>der</strong> Zusammenbruch<br />

des Kommunismus in Osteuropa gruben sich tief<br />

ins Bewusstsein <strong>der</strong> Arbeiter ein, auch wenn die<br />

Aktivisten darüber nur sehr ungern reden. Denn,<br />

weil <strong>der</strong> Aktivist seit langem in einer politisch-gewerkschaftlichen<br />

Struktur agiert, trifft auch ihn die<br />

Kritik an den sozialistischen Utopien und wie sie in<br />

einem autoritären System degenerierten. Das führt<br />

schließlich dazu, dass er bestimmte Worte nicht<br />

mehr auszusprechen wagt und das Gefühl hat, ein<br />

Teil <strong>der</strong> eigenen Geschichte sei verloren gegangen.“<br />

(S. 275f.) So beschleiche viele das Gefühl, „dass sie<br />

nicht mehr an etwas ,,Großem“ teilhaben, an etwas,<br />

das über die „enge“ Welt, in <strong>der</strong> sie leben, hinausweist“<br />

(S. 273) und deshalb bleibe meist nichts ,,als<br />

die Hoffnung auf den vorzeitigen Ruhestand und<br />

das bittere Bewusstsein, <strong>der</strong> Gruppe bei ihrem<br />

,Nie<strong>der</strong>gang´ und bei ihrer ,Selbsterniedrigung´ zusehen<br />

zu müssen.“ (Ebd.)<br />

,,Fast nichts“, muss man hinzufügen, denn gleichzeitig<br />

wählen in den neunziger Jahren immer mehr<br />

Peugeotarbeiter den rassistischen Front National, so<br />

dass dieser auf Wahlergebnisse von 20 bis 25 Prozent<br />

kam und kommt. Doch es wäre falsch, das betonen<br />

Beaud und Pialoux, all diese Arbeiter einfach als unverbesserliche<br />

Rassisten einzusortieren und abzuqualifizieren.<br />

Stattdessen schlagen sie vor, von einem spezifischen<br />

,,Arbeiter-Rassismus“ (S. 315) zu sprechen,<br />

um damit dieses politische Phänomen genauer zu fassen,<br />

ohne es herunterzuspielen. Weshalb dies nötig ist,<br />

zeigen die beiden Autoren, indem sie auf den irritierenden<br />

Umstand verweisen, dass im gleichen Zeitraum<br />

einerseits die kommunistische CGT in Teilen des<br />

Peugeot-Werkes bei den Betriebswahlen erheblich an<br />

Boden zulegen konnte und sich an<strong>der</strong>erseits rassistische<br />

Äußerungen bei vielen ihrer Gespräche mit den<br />

Beschäftigten vor allem ,,gegen die ‘kleinen<br />

Migranten’“ (S. 291) richteten, denn: ,,Während die<br />

Eltern wirklich „geschuftet“ hätten, wird den Jungen<br />

[Migranten/S.C.] vorgeworfen, herumzulungern und<br />

respektlos zu sein.“ (ebd.) Zudem, so Beaud und<br />

Pialoux, vollziehen viele Arbeiter ihren politischen<br />

Wechsel ,,von Zweifeln begleitet und mit schlechtem<br />

Gewissen“ (S. 309), o<strong>der</strong> wie es ein Arbeiter im Buch<br />

ausdrückt: ,,Manchmal kommt <strong>der</strong> Rassist in mir<br />

hoch... Und ich hasse mich dann.“ (S. 319)<br />

Warum kommt es aber trotz Differenzierung<br />

und schlechtem Gewissen zu den bedenklichen<br />

Wahlergebnissen? ,,Die Begründung dafür könnte<br />

so lauten: das „wir“ (die Arbeiter) am Nullpunkt<br />

angelangt sind und als ,,archaisch“ und „unverbesserlich“<br />

gelten, und da ,,ihr“ (die ,,da oben“, die<br />

,,Sozialisten“) uns ständig sagt o<strong>der</strong> spüren lasst,<br />

dass wir ,,dumm“ sind, dass unsere Kin<strong>der</strong> nicht<br />

,,gebildet“, nicht ,,aufgeschlossen“ sind, und wir das<br />

nicht ungestraft weiter mit uns machen lassen, wollen<br />

wir euch mal zeigen, wozu wir fähig sind. Wir<br />

sind immer noch zahlreich. Das ist die einzige Kraft,<br />

die wir noch haben, und die werden wir einsetzen<br />

und Le Pen wählen o<strong>der</strong> zumindest drohen, es immer<br />

wie<strong>der</strong> zu tun. Man muss denen Angst einjagen,<br />

damit „wir“ Arbeiter endlich ernst genommen werden.“<br />

(S. 309) O<strong>der</strong> etwas prosaischer formuliert:<br />

,,Viele Arbeiter haben den Eindruck gewonnen, dass<br />

sich die Vertreter <strong>der</strong> Linken für an<strong>der</strong>e noblere<br />

o<strong>der</strong> ‘humanistischere’ Angelegenheiten (die<br />

Kultur, den Kampf gegen die Armut o<strong>der</strong> gegen den<br />

Rassismus) interessieren, wo doch die ‘Volksklassen’<br />

vor ihren Augen leiden.“ (S. 311)<br />

Zukunftsfragen<br />

Gerade diese letzten Passagen provozieren beim<br />

Leser womöglich kritische Einwände. Denn auch<br />

wenn man in den Kapiteln vorher fragen mag, ob<br />

insbeson<strong>der</strong>e die These vom Generationenbruch<br />

nicht zu sehr mit <strong>der</strong> durchaus progressive Züge tragenden<br />

französischen Bildungsreform von 1985 verknüpft<br />

wird, so scheinen Beaud und Pialoux doch an<br />

diesem letzten Punkt ihrer Darstellung den Bogen<br />

<strong>der</strong> Anteilnahme mit den Peugeot-Arbeitern zu<br />

überspannen. Bleibt ein „Rassismus mit schlechtem<br />

Gewissen“ o<strong>der</strong> wie auch immer modifiziert im<br />

Ergebnis nicht das Gleiche? Was hilft <strong>der</strong> Hinweis,<br />

dass sich dieser Arbeiterrassismus lediglich gegen<br />

die ,,jungen Migranten“ richtet? Müsste man außerdem<br />

die Behauptung <strong>der</strong> Autoren, dass die<br />

Kriminalität <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>kin<strong>der</strong> ,,kein Mythos“ (S.<br />

306) ist, nicht nur, wie es Beaud und Pialoux tun,<br />

Bonjour, Tristesse...<br />

Slave Cubela<br />

grundrisse_16_2005 seite_51<br />

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