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kritik der wertkritik kritik der kritik der wertkritik herrschaft, befreiung ...

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8<br />

Slave Cubela<br />

durch den Aufweis <strong>der</strong> Gründe für die ,,Gegengewalt“<br />

(S. 305) <strong>der</strong> jungen Migranten ergänzen,<br />

son<strong>der</strong>n auch durch exakte statistische Belege? Und<br />

schließlich: Handelt es sich bei den Zugewinnen <strong>der</strong><br />

CGT in den neunziger Jahren tatsächlich um einen<br />

Linksschwung, o<strong>der</strong> vollzieht er sich mangels rechter<br />

Alternativen (ganz zu schweigen davon, dass er<br />

<strong>der</strong> Hauptthese des Buches wi<strong>der</strong>spricht)?<br />

Definitive Antworten können und sollen hier<br />

nicht gegeben werden, aber es mag – auch um die<br />

Lektüre des Buches unbedingt jedem ans Herz und<br />

an den Verstand zu legen – sinnvoll sein, zum<br />

Abschluss zu verdeutlichen, dass sich mit und um<br />

diese Fragen herum ohne Zweifel das Feld <strong>der</strong><br />

Zukunftsfragen linker Politik und Praxis gruppiert.<br />

Um es auf den Punkt zu bringen: Wenn Beaud und<br />

Pialoux den Arbeiter-Rassismus tatsächlich zu<br />

wohlwollend betrachten, wenn sie womöglich<br />

schon die ,,alte Arbeiterschaft“ und ihre linke<br />

Wi<strong>der</strong>ständigkeit verklären, worin besteht eine<br />

emanzipative, linke Alternative? Soll man sich endlich<br />

und konsequent von <strong>der</strong> Arbeiterschaft abwenden<br />

und auf die Suche nach neuen kämpferischwi<strong>der</strong>ständigen<br />

Subjekten begeben, wie dies viele<br />

Linke schon seit Jahren tun?<br />

Zweifel sind mehr als erlaubt, gerade mit Blick<br />

auf die schwierige Situation <strong>der</strong> Linken in fast allen<br />

westeuropäischen Län<strong>der</strong>n, insofern nicht nur in<br />

Frankreich die Linke für ihre Abwendung von <strong>der</strong><br />

Arbeiterschaft mit einer sich stetig verschärfenden<br />

Marginalisierung ihrer selbst und <strong>der</strong> Herausbildung<br />

eines Bündnisses zwischen Arbeitern und<br />

konservativ-rassistischen Populisten bezahlt, wie<br />

dies kürzlich Tom Frank für die USA gezeigt hat<br />

(Tom Frank: „Sushi, Piercing und an<strong>der</strong>e Beson<strong>der</strong>heiten.<br />

Krisenpopulismus in den USA“, in: Le<br />

Monde diplomatique 2/2004; s. auch <strong>der</strong>s.: „What’s<br />

the Matter with Kansas? How Conservatives Won<br />

the Heart of America“, New York 2004). Um diese<br />

Tendenz zu durchbrechen, täte jedoch zweierlei Not.<br />

Es wäre zum einen wichtig – gerade für den kulturell-akademischen<br />

Teil <strong>der</strong> Linken - endlich zu verstehen,<br />

dass ein Werben um die Arbeiter keineswegs<br />

Bonjour, Tristesse...<br />

die Rückkehr zu irgendwelchen Traditionalismen<br />

bedeutet, son<strong>der</strong>n dass dies <strong>der</strong> Kampf um ein strategisches<br />

Feld <strong>der</strong> Gesellschaft ist, ohne welches jede<br />

prinzipielle Verän<strong>der</strong>ung unmöglich ist. Zum<br />

zweiten wie<strong>der</strong>um hätte man, wie dies Tom Frank so<br />

schön formuliert hat, einzusehen, dass niemand von<br />

Geburt an Linker ist, son<strong>der</strong>n dass man, wenn überhaupt,<br />

Linker wird, was unter an<strong>der</strong>em zur Folge<br />

hat, dass dieses Werben um die Arbeiter ein mühevoller<br />

und oft vergeblicher Prozess ist, <strong>der</strong> eben<br />

auch <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Rassismen und<br />

vielen Stereotypen an<strong>der</strong>er Art bedarf. Insofern ließe<br />

sich Beaud und Pialoux vielleicht eines Tages entgegnen,<br />

dass sie weniger die verlorene Zukunft <strong>der</strong><br />

Arbeiter beschrieben haben als den zunächst verlustreichen<br />

und schwierigen Prozess des Gewinns einer<br />

neuen Zukunft - einer Zukunft, die sich nicht -<br />

wie viele Gewerkschaftslinke es möchten - im engen<br />

national-etatistischen Sozialstaat erschöpft, son<strong>der</strong>n<br />

die global und sozial angelegt ist; einer Zukunft, die<br />

nicht durch die standardisierte Massenproduktion<br />

des Fließbandes bestimmt wird, son<strong>der</strong>n durch die<br />

ungeheuren Potentiale <strong>der</strong> gegenwärtigen Flexibilisierung<br />

und Individualisierung von Kommunikation<br />

und Produktion. Lei<strong>der</strong> jedoch ist dies die unwahrscheinlichere<br />

Variante. Vielmehr steht zu befürchten,<br />

dass die Gewerkschaftslinke weiterhin ihre<br />

Vergangenheit und die des Sozialstaates verklärt und<br />

sie phantasielos zum Maßstab <strong>der</strong> Zukunft macht;<br />

dass die akademisch-kulturelle Linke fortfährt, ihren<br />

Humanismus durch neue Wi<strong>der</strong>standssubjekte zu<br />

grundieren und jeden Verweis auf die Arbeiter als geschichtsphilosophisch-metaphysisch-traditionalistischen<br />

Quatsch zu entlarven, um so <strong>der</strong> intellektuellen<br />

Einsamkeit zu entfliehen; und dass diese Arbeiter<br />

- eventuell sogar in steigendem Maße - für die<br />

Einflüsterungen und Parolen ihrer gesellschaftlichen<br />

Ausbeuter und <strong>der</strong>en Ideologen empfänglich bleiben<br />

werden. Bonjour, Tristesse ...<br />

E-mail: cubie@web.de<br />

1 Zuerst erschienen in: express - Zeitschrift für sozialistische Betriebsund<br />

Gewerkschaftsarbeit, 8/2005<br />

seite_52 grundrisse_16_2005

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