TRITONUS - HochschülerInnenschaft an der Universität für Musik
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Kultur<br />
Archiv gegen das Vergessen<br />
Das SR-Archiv österreichischer Popularmusik, erste Anlaufstelle in Sachen Ö-<strong>Musik</strong>, feierte<br />
im November 2003 sein 10-jähriges Bestehen. Anlaß <strong>für</strong> ein Gespräch mit Wolfg<strong>an</strong>g<br />
„Fadi“ Dorninger, einem <strong>der</strong> Mitbegrün<strong>der</strong> des Archivs.<br />
Interview: Eva Pakisch<br />
Wie ist die Idee zum SRA entst<strong>an</strong>den?<br />
Begonnen hat alles im Sommer 1993<br />
als sich Joh<strong>an</strong>nes "Johnny" Dibon<br />
(ehemals Bass bei "Target of<br />
Dem<strong>an</strong>d") und ich ("Sysnth") stets darüber<br />
ärgerten, daß Anfragen <strong>an</strong> die<br />
<strong>Musik</strong>zeitung SKUG betreffend österreichischer<br />
<strong>Musik</strong> unbe<strong>an</strong>twortet blieben.<br />
Und wenn doch, d<strong>an</strong>n großteils<br />
von uns beiden. Bei einer Zusammenkunft<br />
im Gasthaus Amsüß in Ottakring,<br />
beschlossen Dibon und ich <strong>der</strong><br />
Finsternis den Kampf <strong>an</strong>zusagen.<br />
"Es muss eine relationale Datenb<strong>an</strong>k<br />
sein", erklärte mir Johnny und ich<br />
muss <strong>an</strong>merken, daß es einige Biere<br />
gedauert hat, bis ich mit dem Begriff<br />
"relational" etwas <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gen konnte.<br />
D<strong>an</strong>n meinte er noch, die Datenb<strong>an</strong>k<br />
müsse im Internet stehen und<br />
Kontakte zur Wirtschaftsuni, wo wir<br />
uns reinhängen könnten, gäbe es<br />
auch. Am nächsten Tag beg<strong>an</strong>nen wir<br />
am SR-Archiv österreichischer Popularmusik<br />
zu arbeiten.<br />
Es ging uns um ein Archiv gegen das<br />
Vergessen, mittels Internet weltweit<br />
zugreifbar und so lebendig als möglich.<br />
Apropos "vergessen": In Österreich<br />
wurden in den letzten 40 Jahren<br />
sehr viele Tonträger in einer Auflage<br />
bis 1000 Stück veröffentlicht, wovon<br />
die meisten so gut wie verschollen<br />
waren. Wir sahen es als unsere<br />
Aufgabe <strong>an</strong>, diese Schätze zu finden,<br />
zu archivieren und wie<strong>der</strong> öffentlich zu<br />
machen. Das Internet war <strong>für</strong> SRA einfach<br />
das richtige Tool zur richtigen<br />
Zeit: billig, effizient, immer erneuerbar<br />
und nahezu <strong>für</strong> alle einsehbar.<br />
Was ist das Ziel des SRA?<br />
Mit über 250.000 Datensätzen (ca.<br />
7.000 InterpretInnen, mehr als 50.000<br />
Songs, 16.000 Personen, etc.) bietet<br />
SRA eine nahezu lückenlose Dokumentation<br />
in Verg<strong>an</strong>genheit und<br />
Jetztzeit. Neben dem öffentlichen<br />
Archiv und <strong>der</strong> Onlinedatenb<strong>an</strong>k fungiert<br />
das Info-Office auch als Kontaktund<br />
Anlaufstelle in Sachen österreichischer<br />
<strong>Musik</strong>. Egal, ob m<strong>an</strong> nun alte<br />
"vergrabene" Schätze sucht (Archiv),<br />
Entwicklungen von KünstlerInnen zwischen<br />
"Berühmt" und "Vergessen"<br />
nachvollziehen will (Datenb<strong>an</strong>k),<br />
Kontakt <strong>für</strong> Booking, Interview o<strong>der</strong><br />
Research braucht, SRA wird eine Hilfe<br />
sein.<br />
Was wird gesammelt?<br />
Österreichische Popularmusik ohne<br />
die Bereiche Operette, Schlager,<br />
Volksmusik und Klassik. Eigentlich<br />
alles von Joe Zawinul bis Supermax,<br />
von Dr. Moreaus Creatures bis Kru<strong>der</strong><br />
& Dorfmeister, von Mego bis Kleins,<br />
von Sigi Maron bis Attwenger. Also<br />
Pop im weitest möglichen Kontext,<br />
wobei die Rän<strong>der</strong> werden bei uns sehr<br />
weit überschritten werden, um möglichst<br />
niem<strong>an</strong>den auszugrenzen. Ein<br />
Beispiel: Peter Androsch komponiert<br />
seit Jahren nur mehr <strong>für</strong> den sogen<strong>an</strong>nten<br />
E-<strong>Musik</strong>-Bereich, hat aber<br />
eine üppige Jazz- und Popverg<strong>an</strong>genheit.<br />
Also werden wir seine Werkliste<br />
auch in Zukunft weiterpflegen und<br />
nicht so tun als hätte er seine Laufbahn<br />
vor Jahren beendet.<br />
Hardware-technisch sammelt SRA<br />
Tonträger, Fotos, Poster, Flyer, Bücher,<br />
Magazine, <strong>Musik</strong>videos, Filme und<br />
Videos mit österreichischer <strong>Musik</strong>,<br />
Radiosendungen u.v.m. – einfach alles<br />
was österreichisches <strong>Musik</strong>schaffen<br />
dokumentiert.<br />
Wer wird in die Online-Datenb<strong>an</strong>k<br />
aufgenommen?<br />
Je<strong>der</strong> österreichische <strong>Musik</strong>er mit seinem<br />
Output. Aber auch <strong>Musik</strong>er aus<br />
dem "Ausl<strong>an</strong>d" mit intensivem Wirkungskreis<br />
Österreich.<br />
Wie wird m<strong>an</strong> in die Online-Datenb<strong>an</strong>k<br />
aufgenommen?<br />
Die Aufnahme in unsere Datenb<strong>an</strong>k<br />
erfolgt in erster Linie über die "feedus"-Formulare.<br />
Es können uns aber<br />
auch Daten formlos per E-Mail o<strong>der</strong><br />
per Post übermittelt werden. Vorbeischauen<br />
nach Anmeldung freut unseren<br />
Archivchef Mex Wolfsteiner<br />
(Drummer bei "Trio Exklusiv") auch.<br />
Seit 2003 findet m<strong>an</strong> euch im Museumsquartier.<br />
Was hat sich <strong>für</strong> euch<br />
durch diesen St<strong>an</strong>dort verän<strong>der</strong>t?<br />
Die Übersiedlung in das Museumsquartier<br />
war <strong>für</strong> uns sehr wichtig, weil<br />
SRA dort im Schaufenster steht, also<br />
<strong>TRITONUS</strong> Jg.36 / Nr.1 / Jänner 2004 - Seite 14<br />
1<br />
2<br />
1 Joh<strong>an</strong>nes Dibon und Mex Wolfsteiner<br />
2 Sigrid Dibon, Wolfg<strong>an</strong>g Dorninger, Joh<strong>an</strong>nes Dibon<br />
3 Tontragen vom mica ins MQ - Freunde des Archives tragen die<br />
Vinylsektion in einer Menschenkette vom alten Archivplatz im<br />
mica in den neuen ins MQ<br />
Fotos: Magdalena Blaszczuk