TRITONUS - HochschülerInnenschaft an der Universität für Musik
TRITONUS - HochschülerInnenschaft an der Universität für Musik
TRITONUS - HochschülerInnenschaft an der Universität für Musik
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
High Culture meets Trash<br />
Text: Eva Pakisch<br />
Ein <strong>Musik</strong>theaterabend <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en<br />
Art erwartet die Besucher des Schauspielhauses<br />
bei Barry Koskys Inszenierung<br />
von Monteverdis "L’incoronazione<br />
di Poppea". Bei Kosky, <strong>der</strong> bereits<br />
im verg<strong>an</strong>genen Sommer bei den<br />
Innsbrucker Festwochen <strong>der</strong> Alten<br />
<strong>Musik</strong> erfolgreich Monteverdis Oper<br />
"L’Orfeo" inszeniert hat, trifft Monteverdi<br />
auf Cole Porter, Oper auf Musical,<br />
Theater auf Revue und Trash auf Hochkultur.<br />
Monteverdis <strong>Musik</strong> und Busenellos<br />
Libretto bilden in dieser deutschsprachigen<br />
Fassung (Übersetzung: Sus<strong>an</strong>ne<br />
Wolf) nur den Ausg<strong>an</strong>gspunkt. Das<br />
(gekürzte) Material wird vielmehr mit<br />
Songs von Cole Porter verwoben und<br />
mit Anklängen <strong>an</strong> Kurt Weill und Astor<br />
Piazzolla verfremdet.<br />
Das (stark reduzierte) Ensemble besteht<br />
d<strong>an</strong>n auch nicht aus Opernsänger-<br />
Innen, son<strong>der</strong>n aus Musicaldarstellern<br />
und SchauspielerInnen. (Die Rolle des<br />
Nero etwa verkörpert <strong>der</strong> norwegische<br />
Musicalstar Kyrre Kvam). Was sich aber<br />
nicht als Nachteil erweist, denn vielleicht<br />
gerade weil die Stimmen nicht<br />
den Ansprüchen einer Opernbühne<br />
gerecht werden müssen, tr<strong>an</strong>sportieren<br />
sie physische Unmittelbarkeit, die dieser<br />
Inszenierung einen beson<strong>der</strong>en Reiz<br />
verleiht.<br />
Auch die musikalische Umsetzung ist<br />
ungewöhnlich: drei Celli (Jörg Ulrich<br />
Krah, Aisha Bukayeva, Chia-Ju Tsai)<br />
unterstützt von Kosky am Klavier bestreiten<br />
diesen Part.<br />
Die Geschichte ist bei Kosky we<strong>der</strong> <strong>an</strong><br />
einem bestimmten Ort, noch zu einer<br />
bestimmten Zeit <strong>an</strong>gesiedelt. Dementsprechend<br />
ist die schmucklose Bühne<br />
auch in neutralem Weiß gehalten. Die<br />
einzigen Requisiten sind zwei barocke<br />
Stühle – wohl auch eine Reminiszenz <strong>an</strong><br />
die Entstehungszeit <strong>der</strong> Oper. Effekte<br />
werden einzig durch den raffinierten<br />
Einsatz von Licht erzeugt.<br />
Einen Gegensatz zur schlichten Bühne<br />
bilden allerdings die Kostüme. Schrille<br />
Gestalten, wie einem P<strong>an</strong>optikum <strong>der</strong><br />
Gay- und Trashkultur entlehnt, bevölkern<br />
die Bühne. Der Liebesgott Amor<br />
(Barbara Spitz) erscheint als üppiger<br />
Tr<strong>an</strong>svestit, seinem nur mit einer<br />
schwarzen Le<strong>der</strong>hose bekleideten Nero<br />
verleiht Kosky Rockstarappeal, Ottone<br />
(Martin Nie<strong>der</strong>mair) sieht aus wie ein<br />
Matrose, und Ottavia erinnert ein bisschen<br />
<strong>an</strong> die Olivia aus "Popeye".<br />
Die einzelnen Charaktere werden überzeichnet<br />
auf die Bühne gebracht. Sehr<br />
beeindruckend: Beatrice Frey, die beson<strong>der</strong>s<br />
in <strong>der</strong> Szene, in <strong>der</strong> sie Ottone<br />
zum Mord <strong>an</strong> Poppea überredet, als<br />
divenhafte, genial-irre Ottavia brilliert.<br />
Der Star des Abends ist allerdings Ruth<br />
Brauer, <strong>der</strong>en spritzig-girliehafte Darstellung<br />
<strong>der</strong> Drusilla das Publikum zu<br />
zweimaligem Zwischenapplaus hinreißen<br />
konnte.<br />
Fazit: Wer sich eine klassische Inszenierung<br />
<strong>der</strong> Barockoper erwartet, wird<br />
sicher enttäuscht, Freunde von Crossover-Projekten<br />
werden aber ihre wahre<br />
Freude <strong>an</strong> dieser "Poppea" haben.<br />
Schauspielhaus<br />
21.1. – 22.2.2004 / Di – Sa 20:00 Uhr,<br />
So 18:00 Uhr<br />
Keine Vorstellungen: 27./29.1. sowie<br />
4.2.2004<br />
Infos und Karten: 317 01 01 – 18 o<strong>der</strong><br />
www.schauspielhaus.at<br />
<strong>TRITONUS</strong> Jg.36 / Nr.1 / Jänner 2004 - Seite 19<br />
Kultur<br />
Barry Kosky überzeugt am Schauspielhaus mit einer schrill-bunten Inszenierung von Claudio<br />
Monteverdis "L’incoronazione di Poppea".<br />
LeserInnen des <strong>TRITONUS</strong> können 3 x 2 Freikarten<br />
<strong>für</strong> die Vorstellung am 14.2.2004 gewinnen.<br />
Einfach ein E-Mail mit dem Kennwort "Poppea"<br />
<strong>an</strong> oeh-presse@mdw.ac.at senden.<br />
Martin Nie<strong>der</strong>mair, Melita Jurisic<br />
Fotos: N.M<strong>an</strong>gafas/Schauspielhaus<br />
Barbara Spitz, Beatrice Frey