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September 2010 - martyria.de

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weil sie hingenommen wird als Teil <strong>de</strong>s<br />

Wesens ……..<br />

Wer sich vor 30, 40 o<strong>de</strong>r 50 Jahren im Friedhof rund um<br />

die Nikolaier Kirche aufhielt, traf dort häufig die<br />

“Ormenhaus Ula“ an. Mit ihrem schweren, bis zum Rand<br />

mit Gießwasser gefüllten Spritzkrug schlurfte sie etwas<br />

schwerfällig von Grab zu Grab, freundlich ein paar kaum<br />

verständliche Worte lallend, wenn man sie ansprach o<strong>de</strong>r<br />

lobte.<br />

‚Juliana Griesebner’ stand auf ihrem Taufschein, geb. am<br />

15. Februar 1899 um 8.00 Uhr früh in Mößna 23, getauft<br />

am selben Tag um 4.00 Uhr nachmittags. Ihre Mutter war<br />

Aloisia Griesebner, ehel. Tochter von Peter und Helena<br />

Griesebner, geb. Schmid, vlg. Brem.<br />

Des Lesens und Schreibens unkundig,<br />

schlug die Ula vermutlich schon im Mädchenalter<br />

<strong>de</strong>n harten Lebensweg einer<br />

Dienstmagd ein. Nach einer o<strong>de</strong>r mehreren<br />

nicht mehr eruierbaren Dienstbotenstellen<br />

in <strong>de</strong>r Fleiß trat sie Mitte <strong>de</strong>r Dreißigerjahre<br />

als Dirn beim vlg. Moditzer in<br />

<strong>de</strong>n Dienst und verrichtete dort hauptsächlich<br />

Stall- und Feldarbeit. Derbe Knechte<br />

auf <strong>de</strong>m Hof machten ihr das Leben oft<br />

schwer.<br />

Anfang <strong>de</strong>r Fünfzigerjahre hatte man keine<br />

Verwendung mehr für sie und sie fand<br />

Aufnahme im Armenhaus <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong><br />

in St. Nikolai. Dort bekam sie ausreichend<br />

zu essen und lebte versorgt unter ihresgleichen.<br />

Nach und nach starben die Armenhäusler<br />

aus: <strong>de</strong>r Armenhaus Peda und<br />

<strong>de</strong>r Ludwig, die zwei alten Schmiedleute,<br />

das kloani Mia<strong>de</strong>u, die Bauern Moiz und<br />

wie sie alle hießen. Zuletzt blieben nur<br />

noch die Ula und die Armenhausköchin,<br />

die ‚Hiasin’ übrig. Die zwei verstan<strong>de</strong>n sich lei<strong>de</strong>r gar<br />

nicht. Nicht selten kam es zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n zu einem<br />

regelrechten ‚Haargemenge’.<br />

1954 wur<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>m Armenhaus das ‚Mesnerhaus’.<br />

Hans Menneweger musste nach seiner Pensionierung auf<br />

Geheiß <strong>de</strong>r Forstverwaltung mit seiner Frau und <strong>de</strong>n 6 Kin<strong>de</strong>rn<br />

seine Dienstwohnung im ‚Platzerhaus’ räumen. Weil<br />

er Mesner war, durfte er aber mit seiner Familie ins ehemalige<br />

Armenhaus ziehen. Ein paar Jahre später musste<br />

die „Hiasin“ ins Krankenhaus nach Schladming, wo sie<br />

auch verstarb. Im Ev. Friedhof in Schladming fand sie ihre<br />

letzte RuhestätteDie Ula blieb weiterhin im Mesnerhaus<br />

und wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Mesnerleuten verköstigt.<br />

Im Lauf <strong>de</strong>r Jahre grün<strong>de</strong>ten die Mesnerkin<strong>de</strong>r selbst Familien<br />

und verließen das Elternhaus.<br />

En<strong>de</strong> 1974 bezogen auch Stefan und Lorenz ihre<br />

selbst erbauten Häuser in St. Nikolai und holten die Eltern<br />

nach. So war 1975 nur mehr die Ula im Mesnerhaus. Nach-<br />

Chronik<br />

„Die Ormenhaus - Ula“<br />

Wie glücklich ist jemand, <strong>de</strong>r seine Eigenheit nicht zu verbergen braucht,<br />

<strong>de</strong>m man sie dort nicht allein lassen konnte, hätte sie damals<br />

beinahe ihr geliebtes ‚Niglou’ verlassen müssen. Der<br />

Koffer mit ihren Habseligkeiten für die Abreise ins Altenheim<br />

Döllach war bereits gepackt.<br />

Bürgermeister Anton Lengdorfer unternahm aber noch einmal<br />

einen Versuch, doch in Nikolai eine Bleibe für die Ula<br />

zu fin<strong>de</strong>n. An<strong>de</strong>rl und Hanni Moser zeigten E<strong>de</strong>lmut und<br />

nahmen die Ula bei sich auf. ‚Zimmer 8’ im Gasthof zum<br />

Gamsjäger wur<strong>de</strong> ihr neue Heimat in <strong>de</strong>r ihr vertrauten<br />

Umgebung.<br />

Die ‚Uia’ bekam schon als Armenhausbewohnerin die<br />

Gunst <strong>de</strong>r Wirtsfamilie zu spüren. Der Moser-Mutter, Nelli<br />

sen., gelang, was <strong>de</strong>n Lehrern Preiß und Haas nicht gelungen<br />

war: Mit viel Geduld brachte sie <strong>de</strong>r Ula das<br />

Schreiben ihres Vor- und Zunamens bei, erinnert sich<br />

Frieda Mösenbacher, eine <strong>de</strong>r Moser<br />

Töchter, noch heute.<br />

Von Hanni Moser, seit ihrer Heirat mit<br />

An<strong>de</strong>rl im Jahr 1961 Gamsjäger-Wirtin,<br />

bekam die Ula je<strong>de</strong>n Sonntag-<br />

Nachmittag 1/8 Wein und ein Stück Kuchen<br />

– „damit auch sie spürte, dass Sonntag<br />

war.“<br />

Beim Moser fühlte sie sich wohl und übernahm<br />

gern ein paar Aufgaben: Täglich<br />

holte sie die Sauerdäpfel aus <strong>de</strong>m Keller,<br />

kochte sie im großen Dämpfer in <strong>de</strong>r<br />

Waschküche und zerstampfte sie für die<br />

Schweine. Das Saustall-ausmisten gehörte<br />

ebenfalls zu ihren Arbeiten. Zum<br />

Schreck <strong>de</strong>r Ula gelang es listigen<br />

Schweinchen hin und wie<strong>de</strong>r, durch die<br />

offene Hintertür ins Gasthaus zu gelangen.<br />

Ganz genau war die Ula beim Heuen und<br />

bei <strong>de</strong>n Arbeiten auf <strong>de</strong>m großen Erdäpfelfleck.<br />

Schlampige o<strong>de</strong>r faule Helfer verriet<br />

sie ausnahmslos. Wohl <strong>de</strong>shalb hatten<br />

alle ‚Moser-Kin<strong>de</strong>r’ großen Respekt vor ihr.<br />

Von ihrem Küchensessel aus beobachtete die Ula sogar<br />

Hanni’s junge Küchengehilfinnen: wenn sie schlampig<br />

Geschirr abwuschen, Eiklar nicht aus <strong>de</strong>n Eierschalen putzten<br />

… ‚Hana’ wur<strong>de</strong> immer in Kenntnis gesetzt.<br />

Fortsetzung nächste Seite<br />

Gasthof „Zum Gamsjäger“<br />

Sonntag, 3. Oktober <strong>2010</strong><br />

Zum Erntedanktest ab Mittag<br />

Gamssuppn-, Schafbratl–<br />

und Hirschbratl-Essen<br />

Bitte um Tischreservierung Tel. 03689/210<br />

Seite 45

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