Münchner Stadtgespräche - Umweltinstitut München e.V.
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<strong>Münchner</strong> <strong>Stadtgespräche</strong> Nr. 48/49 05/2008<br />
12<br />
nige Eltern interessiert. Das überkommene<br />
Modell aus Lehrplan, Unterricht und Notenzwang<br />
wird von den allermeisten klaglos<br />
akzeptiert, sofern die Chance besteht,<br />
dass das eigene Kind überlebt und wenigstens<br />
zwei oder drei Stunden am Nachmittag<br />
frei bleiben für andere Dinge.<br />
Das ist schade. Denn Schule kann auch<br />
ganz anders aussehen. Schule kann ein Ort<br />
sein, wo Kinder all das üben, auf das es<br />
wirklich ankommt im Leben: Entscheidungen<br />
treffen. Konflikte lösen. Demokratie<br />
leben. Verhandlungen führen. Projekte entwerfen,<br />
planen und durchführen. Frei sein.<br />
Sich bilden. Leidenschaftliche Interessen<br />
entwickeln und sich in Sachgebiete vertiefen,<br />
statt lediglich die jeweils vorgeschriebenen<br />
„Jahreswochenstunden“ abzusitzen.<br />
Noch sind es nur wenige Eltern und Lehrer,<br />
die sich nicht damit abfinden mögen, dass<br />
das Leben erst nach der Schule beginnt.<br />
Und wer wirklich neue Wege gehen will,<br />
hat es schwer in Deutschland. So scheitern<br />
viele Schulgründungsinitiativen früher oder<br />
später an den Hürden der Genehmigungsverfahren<br />
– oder sie passen sich an. Denn<br />
der heilige Lehrplan und der Prüfungszwang<br />
gelten schließlich auch für Privatschulen.<br />
Oder etwa doch nicht?<br />
Ein kleiner Verein in Bayern, Träger der<br />
Freien Aktiven Schule Bobingen-Straßberg,<br />
hat deswegen nun Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht<br />
eingelegt. Er streitet<br />
für das Recht, ein eigenes pädagogisches<br />
Konzept zu verfolgen – von der ersten<br />
bis zur neunten Klasse. Freiheit für Bildung?<br />
Es bleibt spannend.<br />
Andrea Teupke, Redakteurin bei Publik-Forum<br />
Foto: pixelio.de / hofschlaeger<br />
Der Kommentar erschien erstmals in der Zeitschrift<br />
Publik-Forum (Heft 4/2008)<br />
www.publik-forum.de<br />
Wochenlang in der Turnha<br />
Was ist der Frust mit der Schule gegen die Gründung einer neuen? Das Internationale<br />
Montessori Zentrum <strong>München</strong> e.V. macht eine private Grund- und Volksschule<br />
auf. Zu Beginn des Schuljahres im September gehen zunächst zwei altersgemischte<br />
Klassen der Jahrgangsstufen 1-3 und eine der Jahrgangsstufen 4-6 an<br />
den Start. In einigen Jahren soll die Schule dann um eine Oberstufe ausgebaut<br />
werden. Die <strong>Münchner</strong> <strong>Stadtgespräche</strong> unterhielten sich mit Wibke Stock vom<br />
Gründungsteam.<br />
<strong>Münchner</strong> <strong>Stadtgespräche</strong>: Frau<br />
Stock, was treibt jemanden an,<br />
eine neue Schule zu gründen?<br />
Wibke Stock: Mein Sohn war in der Krippe,<br />
als ich „Treibhäuser der Zukunft“ gesehen<br />
habe, einen Film über Reformschulen, der<br />
mich inspiriert hat, etwas Neues zu machen.<br />
Ich habe gesehen, dass es Schulen<br />
gibt, die wunderbar funktionieren. Und ich<br />
habe im Freundeskreis mitbekommen, wo<br />
es nicht funktioniert, wo es viele Kämpfe<br />
und Streit wegen der Schule in der Familie<br />
gibt.<br />
Gibt es eine Gebrauchsanweisung?<br />
Nein, wir sind da rein gewachsen. Und wir<br />
hatten großes Glück und haben die Leiterin<br />
der Montessorischule Potsdam kennen gelernt,<br />
eine der zehn besten Schulen in<br />
Deutschland, die immer wieder ausgezeichnet<br />
wird. Über diesen Umweg sind wir<br />
an Claus Dieter Kaul geraten. Er hat am<br />
Tegernsee das Institut für ganzheitliches<br />
Lernen und bildet Montessoripädagogen<br />
aus. Herr Kaul schaut, was an unterschied-<br />
lichen Schulen funktioniert, was für die<br />
Kinder wichtig ist. Er entwickelt immer<br />
wieder neue Ideen und berät deutschlandweit<br />
sehr viele Schulen. Unser Konzept gefällt<br />
ihm so gut, dass er uns zur Seite<br />
steht, zum Beispiel bei der Auswahl der<br />
Pädagogen, und er wird das aber auch<br />
schulbegleitend machen. Denn wir wollen<br />
kontinuierlich am Niveau arbeiten. Es ist<br />
uns ganz wichtig, dass wir nicht irgendwann<br />
da sitzen und sagen: So, jetzt haben<br />
wir eine funktionierende Schule – und<br />
dann schleift sich der Alltag ein.<br />
Was ist Ihr Konzept?<br />
Wir haben einen relativ freien Ansatz.<br />
Nicht alles, was Maria Montessori gesagt<br />
hat, ist die reine Weisheit. Und wenn man<br />
sich in eine dogmatische Richtung pressen<br />
lässt, wird man wieder sehr starr und ist<br />
wieder nicht flexibel. Wir wollen eine<br />
Schule für alle sein, wir wollen integrativ<br />
sein. Wir werden eine „Werkstatt der Generationen“<br />
haben. Viele von uns hier haben<br />
keine Familien, keine Großeltern. Und