Münchner Stadtgespräche - Umweltinstitut München e.V.
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<strong>Münchner</strong> <strong>Stadtgespräche</strong> Nr. 48/49 05/2008<br />
6<br />
Die Vermarktungsmaschinerie<br />
<strong>Münchner</strong> Wohnungsbau in der Sackgasse?<br />
Die Kritik am derzeitigen <strong>Münchner</strong> Wohnungsbau ist unübersehbar. Die „Ödnis<br />
im Rechteck“ hat das Bayerische Fernsehen eindrucksvoll geschildert. Kaum<br />
eines der <strong>Münchner</strong> Neubaugebiete kann sich dieser berechtigten Kritik entziehen,<br />
sei es die Messestadt Riem, die Theresienhöhe oder der Arnulfpark. Grund<br />
dafür ist neben der so genannten „Bauträger-Architektur“ für eine gewinnträchtige<br />
Vermarktung die Stadtpolitik mit ihrer ehrgeizigen Wohnungsbaubilanz. Ergebnis:<br />
Zu oft fällt die Qualität der Quantität zum Opfer.<br />
Dieser gleichförmige Wohnungsbau hat<br />
kommerzielle Vermarkter als Bauherren,<br />
die den Architekten, so sie überhaupt gebraucht<br />
werden, statistisch ermittelte Vorgaben<br />
aus der Konsumforschung machen.<br />
Das Fehlen authentischer Bauherren aus<br />
den künftigen Bewohnern ist solchen Stangen<br />
anzusehen. Auch die urbane Qualität<br />
einer lebendigen Nutzungsmischung, die<br />
noch die älteren Stadtteile prägt, ist solchen<br />
„Schlafstädten“ verloren gegangen.<br />
Sogar in neuesten Wettbewerben scheidet<br />
ein preiswürdiger Entwurf mit einem zukunftsorientierten<br />
Verbund von Wohnen<br />
und Arbeiten aus, wenn ein Bauträger die<br />
„schlechte Vermarktbarkeit“ als Einwand<br />
einbringt. Ein Einwand, der nur die gewohnte<br />
Vermarktungsmaschinerie im verengten<br />
Blick hat und neue kreative Verfahren<br />
ausschließt.<br />
Die Wohnung als Ware zeigt die von Bauträgern<br />
zweimal im Jahr organisierte<br />
Wohnimmobilien-Messe „Eigentum &<br />
Wohnen“. Hier steht die erfolgreiche Vermarktung<br />
von fertig geplantem oder gebautem<br />
Wohneigentum mit „hübsch“ gestylten<br />
Fassaden, Dachterrassen oder Bad-<br />
Equipment im Vordergrund. Die nachbarschaftliche<br />
Selbstorganisation und Planungspartizipation<br />
der künftigen Wohneigentümer<br />
bleiben im Programm seltsamerweise<br />
ausgeklammert, obwohl diese bei<br />
vielen Interessierten als natürliches Bedürfnis<br />
vorhanden und wesentlich marktnäher<br />
wären als schon fertige Produkte.<br />
Messestadt Riem – mühsamer Lernprozess<br />
nach verpassten Chancen<br />
Für die Messestadt Riem haben sich der<br />
Verein Urbanes Wohnen und seine Mit-<br />
streiter eine zukunftsfähige Entwicklung<br />
erhofft, die mit einem adäquaten Start<br />
hätte erreicht werden können. Im Auftrag<br />
der Stadt hat Urbanes Wohnen 1997 einen<br />
„Leitfaden zur Bürger- und Nutzerbeteiligung“<br />
gemeinsam mit den wichtigsten Projektbeteiligten<br />
erarbeitet und neueste Erfahrungen<br />
auf diesem Gebiet eingebracht.<br />
Der Hauptansatz heißt darin „Bürger- und<br />
Nutzerbeteiligung durch Umkehren des<br />
Wohnbauverfahrens“: Nicht zuerst Wohnungen<br />
bauen und vermarkten und ganz<br />
am Schluss Bewohner anonym einquartieren<br />
und damit soziale Probleme vorprogrammieren,<br />
sondern zuerst interessierte<br />
Bürger zu Haus- und Wohngruppen zusammenbringen<br />
und mit dem Planen und Bauen<br />
soziale Netzwerke entstehen lassen. Die<br />
künftigen Bewohner sollen als authentische<br />
Bauherren mitbestimmen. In bauab-