Schweizerische Gewerbezeitung - Die Zeitung für KMU | Ausgabe ...
Schweizerische Gewerbezeitung - Die Zeitung für KMU | Ausgabe ...
Schweizerische Gewerbezeitung - Die Zeitung für KMU | Ausgabe ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
11. MAI 2012<br />
AZA 3001 Bern<br />
MOBILITÄT – Der sgv fordert die Gleichbehandlung des privaten und öffentlichen Verkehrs. Und<br />
er wehrt sich gegen weitere Zwangsmassnahmen zulasten der Strasse.<br />
VerkehrspolitikaufAbwegen<br />
Nach Ansicht des <strong>Schweizerische</strong>n<br />
Gewerbeverbands sgv ist die Verkehrspolitik<br />
der Schweiz auf Abwege<br />
geraten. Insbesondere die Ungleichbehandlung<br />
der Verkehrsträger<br />
– konkret die Bevorzugung der<br />
Schiene zulasten der Strasse – stösst<br />
im grössten Wirtschaftsdachverband<br />
des Landes auf Unverständnis. Der<br />
sgv lehnt sowohl die Vorlage zur<br />
Bahnfinanzierung FABI wie auch die<br />
Preiserhöhung der Autobahnvignette<br />
von 40 auf 100 Franken ab. <strong>Die</strong><br />
Engpassbeseitigungen im Arc lémanique<br />
und im Grossraum Zürich sowie<br />
die Aufnahme der beiden Netzergänzungen<br />
«Umfahrung Morges»<br />
und «Glattalautobahn» in den Netzbeschluss<br />
werden vom sgv be<strong>für</strong>wortet.<br />
Stärken sinnvoll verbinden<br />
«Der sgv setzt sich <strong>für</strong> eine Verkehrspolitik<br />
ein, welche die Stärken aller<br />
Transportmöglichkeiten sinnvoll und<br />
optimal miteinander verbindet», sagte<br />
sgv-Vizepräsident Dino Venezia<br />
diese Woche vor den Medien in Bern.<br />
<strong>Die</strong> Schweizer Verkehrsprobleme seien<br />
in erster Linie hausgemacht. Wegen<br />
der Querfinanzierung der Schiene<br />
durch die Strasse drohe aber künftig<br />
ein Mangel an Finanzen <strong>für</strong> den<br />
notwendigen Ausbau der Strasse.<br />
«Wir fordern die Gleichbehandlung<br />
des privaten mit dem öffentlichen<br />
Verkehr und damit keine Zwangsmassnahmen<br />
mehr zulasten der<br />
Strasse», so Venezia.<br />
«FABI ist keine Alternative»<br />
Der sgv begrüsst die Ablehnung der<br />
VCS-Initiative durch den Bundesrat.<br />
<strong>Die</strong> Initiative sieht vor, Gelder aus<br />
KONGRESS 2012 – <strong>Die</strong> Wahl eines neuen sgv-Präsidenten steht im Mittelpunkt des Grossanlasses<br />
vom kommenden 23. Mai in Bern. Nationalrat Jean-François Rime dürfte das Rennen machen.<br />
Kampfwahl ist unwahrscheinlich<br />
Wird nicht noch direkt am Kongress<br />
eine Kampfkandidatur lanciert – die<br />
Statuten erlauben das ja –, wird Jean-<br />
François Rime wohl problemlos zum<br />
17. Präsidenten des sgv gewählt.<br />
Seine Wahl würde Verbandsgeschichte<br />
machen, hat es doch seit der Gründung<br />
1879 noch nie einen Romand<br />
auf dem Chefsessel gegeben.<br />
Lorenz Hess verzichtet<br />
Dass die Delegierten offiziell «nur»<br />
mit einer Einerkandidatur konfrontiert<br />
werden, hat zwei Gründe. Erstens<br />
schlägt die <strong>Schweizerische</strong> Gewerbekammer<br />
dem Kongress allein<br />
den Freiburger Holzunternehmer vor.<br />
Der 61-Jährige hat sich im Gewerbeparlament<br />
deutlich gegen den Walli-<br />
Abwegig und verfehlt: <strong>Die</strong> heute betriebene Verkehrspolitik führt in die verkehrspolitische Wüste, findet der sgv.<br />
der Mineralölsteuer, die heute dem<br />
Strassenverkehr zugute kommen, zugunsten<br />
des öffentlichen Verkehrs<br />
und der Verlagerung einzusetzen.<br />
«Damit würde die zukünftige Finanzierung<br />
der Strasseninfrastruktur in<br />
Frage gestellt», so sgv-Direktor Hans-<br />
Ulrich Bigler. FABI, der bundesrätliche<br />
Gegenvorschlag zur VCS-Initiative,<br />
sei aber keine Alternative. Anlass<br />
zur Kritik durch den sgv gibt<br />
ser Mitbewerber, Ständerat Jean-René<br />
Fournier, durchgesetzt. Zweitens<br />
zog der Berner Nationalrat Lorenz<br />
Hess seine (auch nach der Niederlage<br />
in der Gewerbekammer aufrechterhaltene)<br />
Kandidatur doch noch<br />
zurück. Er tat dies nach Absprache<br />
mit Berner <strong>KMU</strong>, dem grössten kantonale<br />
Gewerbeverband der Schweiz.<br />
Angesehen, uanbhängig, vernetzt<br />
Nach Ansicht der Kammer erfüllt<br />
Jean-François Rime das anspruchsvolle<br />
Anforderungsprofil am besten.<br />
Dazu gehören neben dem eidgenössischen<br />
Parlamentsmandat und der<br />
Bereitschaft, die Interessenspolitik<br />
des sgv der eigenen Parteipolitik<br />
überzuordnen, auch die politische<br />
auch die Tatsache, dass die Transferzahlungen<br />
von der Strasse zur Schiene<br />
neu nicht nur zeitlich unlimitiert,<br />
sondern mit der Reduktion des Fahrkostenabzugs<br />
<strong>für</strong> Pendler und Pendlerinnen<br />
noch ergänzt werden sollen.<br />
Damit werde die Mobilität insgesamt<br />
verteuert, was die rund 300000 vom<br />
sgv vertretenen Klein- und Mittelbetriebe,<br />
die auf die Strasse angewiesen<br />
seien, am härtesten treffe.<br />
Verankerung bzw. den Leistungsausweis<br />
im Gewerbe sowie Zweisprachigkeit.<br />
«Rime ist ein weit über die<br />
Parteigrenzen hinaus angesehener,<br />
unabhängiger Bundespolitiker, der<br />
sich durch eine gradlinige Haltung<br />
und profunde Dossierkenntnisse auszeichnet.<br />
Ebenso ist er durch sein<br />
politisches Engagement und seine<br />
Tätigkeiten im gewerblichen Verbandswesen<br />
bestens vernetzt», heisst<br />
es im Antrag an den Kongress.<br />
Der Kongress wird auch Wahlen in<br />
die Gewerbekammer und in den<br />
Schutzfonds vornehmen sowie eine<br />
aktuelle Resolution zum Thema<br />
«Wachstumspolitik <strong>für</strong> unsere <strong>KMU</strong>»<br />
diskutiren und verabschieden. Lu<br />
Nein zu teurerer Vignette<br />
Weil <strong>für</strong> die zur Kasse gebetenen<br />
<strong>KMU</strong> kein effektiver Mehrwert entsteht,<br />
spricht sich der sgv zudem gegen<br />
eine Verteuerung der Autobahnvignette<br />
auf 100 Franken aus. «Dazu<br />
gibt es keinen Grund», so Bigler, «der<br />
Eigenfinanzierungsgrad der Strasse<br />
beträgt schon heute über 100 Prozent».<br />
Pd<br />
BERICHTE SEITE 2<br />
Gelangt mit Jean-François Rime erstmals<br />
ein Westschweizer an die Spitze<br />
des sgv?<br />
Weit über 100000 <strong>KMU</strong>-<br />
Führungskräfte im Visier<br />
BILDUNGSWEGE<br />
Nr.<br />
10<br />
– 129.<br />
Jahrgang<br />
Diplom <strong>für</strong> <strong>KMU</strong>-Frauen<br />
Dass Gewerbler häufig nur erfolgreich wirken,<br />
weil sie durch Partnerinnen tatkräftig unterstützt<br />
werden, ist sattsam bekannt. Ebenso kennt man<br />
<strong>KMU</strong>-Powerfrauen, die ihre eigenen Betriebe an<br />
die Spitze führen. Für den Unternehmenserfolg<br />
gab es bisher <strong>für</strong> die Frauen bloss symbolische<br />
Anerkennung - jetzt können sie mit gezielter<br />
Schulung ein Diplom anstreben. Lu<br />
INHALT<br />
BERICHT SEITE 7<br />
BERUFSBILDUNG – Wie<br />
britische Experten über<br />
das Schweizer Dualsystem<br />
staunen. SEITE 6<br />
SWISSNESS – Gibt es trotz<br />
Widerstand der Landwirte<br />
im Parlament doch ein<br />
Happy-End? SEITE 9<br />
SOLARIEN – Eine Branche<br />
wird systematisch durch<br />
Politik und Prävention<br />
«geknechtet». SEITE 13<br />
Redaktion: Telefon 031 380 14 14 – Fax 031 380 14 15 Internet: www.sgv-usam.ch – E-Mail: info@sgv-usam.ch Inserate: Telefon 031 387 22 11
2<br />
DIESE WOCHE<br />
FABI UND NETZBESCHLUSS – sgv-Direktor Hans-Ulrich Bigler wehrt sich gegen eine Verteuerung<br />
der Mobilität, ohne dass die <strong>KMU</strong> da<strong>für</strong> einen Mehrwert erfahren.<br />
Absage an Quersubventionen<br />
Der <strong>Schweizerische</strong> Gewerbeverband<br />
sgv fordert die Gleichbehandlung von<br />
Strasse und Schiene sowie einen bedürfnisgerechten<br />
Ausbau der Verkehrsinfrastrukturen<br />
(vgl. Titelseite<br />
und Artikel unten auf dieser Seite).<br />
Vor diesem Hintergrund beleuchtete<br />
sgv-Direktor Hans-Ulrich Bigler diese<br />
Woche vor den Medien zwei aktuelle<br />
verkehrspolitische Vorlagen des Bundes,<br />
die derzeit in den Kommissionen<br />
<strong>für</strong> Verkehr- und Fernmeldewesen des<br />
Nationalrates und des Ständerates behandelt<br />
werden: die FABI-Vorlage und<br />
den Netzbeschluss.<br />
<strong>Die</strong> Volksinitiative «Für den öffentlichen<br />
Verkehr» des VCS will <strong>für</strong> die Finanzierung<br />
des öffentlichen Ver-kehrs<br />
zusätzliche Gelder aus der Mineralölsteuer,<br />
die bisher dem Strassenverkehr<br />
zugute kamen, in den öffentlichen Verkehr<br />
und die Verlagerung umleiten.<br />
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung<br />
der VCS-Initiative und hat dem<br />
Parlament die Botschaft «Finanzierung<br />
und Ausbau der Eisenbahninfrastruktur<br />
FABI» als direkten Gegenvorschlag<br />
unterbreitet. Zudem unterbreitete die<br />
Regierung dem Parlament die Botschaft<br />
zum Netzbeschluss, worin unter<br />
anderem die Verteuerung der Autobahnvignette<br />
von 40 auf 100 Franken<br />
beantragt wird.<br />
<strong>Die</strong> Mobilität wird verteuert<br />
«Der sgv begrüsst selbstredend die Ablehnung<br />
der VCS-Initiative durch den<br />
Bundesrat», so Bigler. Mit der Annahme<br />
der Initiative würde die zukünftige<br />
Finanzierung der Strasseninfrastruktur<br />
grundsätzlich in Frage gestellt. Der sgv<br />
sehe aber in der FABI-Vorlage des Bundesrates<br />
keine Alternative bzw. keinen<br />
Gegenvorschlag. «Beide Vorlagen entziehen<br />
dem privaten Strassenverkehr<br />
in Zukunft Jahr <strong>für</strong> Jahr Finanzmittel<br />
in Milliardenhöhe, die <strong>für</strong> den Substanzerhalt<br />
sowie <strong>für</strong> den Ausbau der<br />
Kantons- und Nationalstrassen fehlen<br />
<strong>KMU</strong> UND MOBILITÄT – «<strong>Die</strong> Strasse ist die Lebensader <strong>für</strong> das Gewerbe», stellt sgv-Vizepräsident<br />
Dino Venezia fest und verlangt den Ausbau der Inrastrukturen rund um Genf und Zürich.<br />
«<strong>Die</strong> Verlagerungspolitik ist gescheitert»<br />
«Mobilität ist ein wesentlicher Faktor<br />
<strong>für</strong> das reibungslose Funktionieren<br />
von Gesellschaft und Wirtschaft»,<br />
hielt sgv-Vizepräsident Dino Venezia<br />
diese Woche vor den Medien in Bern<br />
fest. Nur wenn die <strong>KMU</strong> den heute<br />
geforderten ständigen und jederzeitigen<br />
Mobilitäts- und Erreichbarkeitserfordernissen<br />
nachkommen könnten,<br />
blieben sie wirtschaftlich leistungs-<br />
und überlebensfähig. «Konkret<br />
bedeutet dies: Gewerbler müssen 365<br />
Tage im Jahr rund um die Uhr verfügbar<br />
sein», so Venezia. Und: «<strong>Die</strong><br />
Strasse stellt deshalb <strong>für</strong> <strong>KMU</strong> die<br />
Lebensader schlechthin dar.»<br />
Optimale Kombination<br />
Der sgv-Vize betonte in seinem Referat<br />
denn auch besonders den Versorgungsaspekt.<br />
«<strong>Die</strong> Versorgung der<br />
Wirtschaft und die Feinverteilung der<br />
Güter erfolgt hauptsächlich auf der<br />
Strasse – und nicht entlang der Schiene.»<br />
Randregionen und Berggebiete<br />
seien in der Regel nicht ans Schienennetz<br />
angebunden. «Aber auch die<br />
ländlichen Gebiete und die Agglomerationen,<br />
in denen sich viele <strong>KMU</strong><br />
und Konsumenten befinden, sind auf<br />
die Versorgung und Feinverteilung<br />
der Güter auf der Strasse angewiesen.»<br />
Der sgv setze sich <strong>für</strong> eine Verkehrspolitik<br />
ein, welche die Stärken aller<br />
Transportmöglichkeiten sinnvoll und<br />
optimal miteinander verbinde und<br />
fordere daher, «dass die Verkehrsinfrastrukturen<br />
bedürfnisgerecht und<br />
budgetneutral ausgebaut, weiter entwickelt<br />
und erhalten werden.»<br />
<strong>Die</strong> stetig zunehmenden Staus seien<br />
wirtschaftlich äusserst schädlich, da<br />
sie Wachstum und Wertschöpfung<br />
minderten. «Staustunden führen in<br />
den <strong>KMU</strong> zu hohen Produktivitätsverlusten,<br />
belasten damit die Kostenstrukturen<br />
und führen zu höheren<br />
Preisen oder schränken die Margen<br />
ein.» Mangelnde Produktivität<br />
gehe zulasten des Wirtschaftswachstums.<br />
Pro Jahr würden allein auf<br />
Nationalstrassen rund 10 000<br />
Staustunden registriert, und Staus<br />
IMPRESSUM Herausgeber/Verlag: <strong>Schweizerische</strong>r Gewerbeverband sgv<br />
Schwarztorstrasse 26, Postfach, 3001 Bern – Tel. 031380 14 14<br />
Fax 031380 14 15 – verlag@sgv-usam.ch – www.sgv-usam.ch<br />
Herausgeber: Hans-Ulrich Bigler, Direktor – Verlagsleiter: Urs Wyler<br />
Der Gewerbeverband fordert eine Kehrtwende in der Schweizer Verkehrspolitik und die Abkehr von der einseitigen Bevorzugung<br />
des öffentlichen Verkehrs zuungunsten der Strasse.<br />
werden.» Damit werde die mittel- bis<br />
langfristige Finanzierung des wichtigsten<br />
Verkehrsträgers gefährdet und «die<br />
finanzpolitische Baustelle von den<br />
Bahnen auf die Strassen verlagert».<br />
Sowohl die VCS-Initiative als auch der<br />
FABI-Gegenentwurf machten eine erhebliche<br />
Erhöhung der Stras-senabgaben<br />
unumgänglich, wenn es darum<br />
gehe, Bevölkerung und Wirtschaft vor<br />
dem Verkehrschaos und -kollaps zu<br />
bewahren. <strong>Die</strong> FABI-Vorlage führe zu<br />
einer Finanzierungslücke von jährlich<br />
400 Millionen und halte am Prinzip<br />
der Quersubventionierung der Schiene<br />
durch die Strasse fest, ja sie zementiere<br />
diese geradezu. Von den Automobilistinnen<br />
und Automobilisten würden<br />
neue Steuern und Angaben gefordert.<br />
«<strong>Die</strong> Mobilität wird insgesamt verteuert,<br />
was die Klein- und Mittelbetriebe<br />
am härtesten trifft, die vielfach auf die<br />
Strasse angewiesen sind.»<br />
<strong>Die</strong> Strasse finanziert die Schiene<br />
Stossend sei insbesondere, so Bigler,<br />
dass konkrete Vorschläge betreffend<br />
Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur<br />
gemacht würden, bei den<br />
Strasseninfrastrukturen – insbesondere<br />
jenen <strong>für</strong> die Nationalstrassen – eine<br />
vergleichbare Herangehensweise aber<br />
nicht ersichtlich sei. «Mit FABI wird die<br />
Diskussion um die Finanzierung der<br />
Strasse lediglich vertagt. Nur die Finanzierung<br />
der Schiene steht zur Diskussion,<br />
was das Prinzip der Gleichbehandlung<br />
Schiene–Strasse verletzt.»<br />
Der Deckungsgrad der Bahn liege heute,<br />
bezogen auf die Infrastruktur, bei<br />
lediglich rund 60 Prozent; ihr<br />
Eigenwirtschaftlichkeitsgrad betrage<br />
sogar bloss rund 40 Prozent. Völlig anders<br />
präsentiere sich das Bild bei der<br />
Strasse. Seit 1995 liege der Eigenwirtschaftlichkeitsgrad<br />
Individualverkehrs<br />
bei mehr als 100 Prozent. Damit komme<br />
die Strasse ohne Zuschüsse <strong>für</strong> ihre<br />
Kosten auf. «Das Strassennetz ist ein<br />
zentraler Teil des produktiven Kapitals<br />
der Schweiz», hielt Bigler fest. «Der<br />
Verkehrsträger Strasse liefert jährlich<br />
in Form von Steuern, Abgaben und<br />
Gebühren von Autofahrern und Transporteuren<br />
rund zwölf Milliarden Franken<br />
an den Staat. <strong>Die</strong> Strasse finanziert<br />
damit bereits heute die Schiene.» <strong>Die</strong><br />
weitere Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur<br />
dürfe demnach nicht<br />
mehr quersubventioniert werden und<br />
müsse ohne Transferzahlungen durch<br />
den Strassenverkehr auskommen.<br />
würden jährlich rund 1,5 Milliarden<br />
Franken an Zusatzkosten verursachen.<br />
Einseitige Schienenpolitik<br />
<strong>Die</strong> Zuwanderung allein <strong>für</strong> die zunehmenden<br />
Verkehrsprobleme verantwortlich<br />
zu machen, sei falsch,<br />
betonte Venezia. <strong>Die</strong> Probleme der<br />
Schweiz in diesem Bereich seien in<br />
erster Linie hausgemacht. Sie resultierten<br />
aus einer seit Jahren ideologisch<br />
betriebenen Verlagerungspolitik<br />
unter dem verhängnisvollen Motto<br />
«Öffentlicher Verkehr ist gut, motorisierter<br />
Individualverkehr ist<br />
schlecht».<br />
<strong>Die</strong> Verkehrsverlagerungspolitik des<br />
Bundes sei faktisch gescheitert. Sie<br />
habe in den vergangenen Jahren dazu<br />
geführt, «dass die Benützung der<br />
Strasse mit unnötigen und wirtschaftsschädlichenZwangsmassnahmen<br />
eingeschränkt» werde. Strassenbenützer<br />
trügen überproportional<br />
viel zur Finanzierung des öV bei und<br />
würden dabei übermässig mit Abga-<br />
Redaktion:<br />
Patrick M. Lucca, Chefredaktor<br />
Gerhard Enggist, Stv. Chefredaktor<br />
redaktion@sgv-usam.ch – Tel. 031380 14 14<br />
Nicht ohne Mehrwert <strong>für</strong> <strong>KMU</strong><br />
<strong>Die</strong> Position des sgv zum Netzbeschluss<br />
– dadurch sollen knapp 400<br />
Kilometer bestehende Strassen neu<br />
ins Nationalstrassennetz aufgenommen<br />
werden – umriss der Gewerbedirektor<br />
wie folgt: Der sgv unterstütze<br />
die Engpassbeseitigungen im Arc<br />
lémanique und im Grossraum Zürich<br />
sowie die Aufnahme der beiden<br />
Netzergänzungen «Umfahrung Morges»<br />
und «Glattalautobahn» in den<br />
Netzbeschluss. Dagegen seien die<br />
aktuellen Umfahrungen von Le Locle<br />
und La Chaux-de-Fonds nicht prioritär<br />
und aus dem Netzbeschluss zu<br />
streichen.<br />
Der Verband lehne neue Steuern und<br />
Abgaben ebenso wie deren Erhöhung<br />
ab. «Insbesondere spricht sich der sgv<br />
deshalb gegen eine neue Autobahngebühr<br />
von 100 Franken aus, weil <strong>für</strong><br />
die zur Kasse gebetenen <strong>KMU</strong> kein<br />
effektiver Mehrwert entsteht.» Auch<br />
der Kompromiss, die Vignette bloss<br />
auf 70 Franken zu erhöhen, werde<br />
nicht unterstützt.<br />
LINK<br />
www.sgv-usam.ch<br />
ben und Steuern belastet sowie zusätzlich<br />
mit Auflagen und Verboten<br />
überhäuft.<br />
Zweite Röhre durch den Gotthard<br />
Zudem seien die Verkehrsprojekte<br />
des Bundes in aller Regel unter Vernachlässigung<br />
des motorisierten Individualverkehrs<br />
einseitig auf die öffentlichen<br />
Verkehrsmittel ausgerichtet.<br />
«Der sgv fordert deshalb eine<br />
Gleichberechtigung von Strasse und<br />
Schiene», so Venezia. <strong>Die</strong> bis anhin<br />
betriebene, einseitige Schienenpolitik<br />
müsse aufgegeben werden, «so dass<br />
die Strasse nicht mehr länger vernachlässigt<br />
wird und endlich die<br />
dringend notwendigen Ausbauarbeiten<br />
in Angriff genommen werden».<br />
Dazu gehörten die Umfahrungen im<br />
Arc lémanique, in Zürich, aber auch<br />
eine zweite Gotthardröhre, «ansonsten<br />
das Verkehrssystem kollabiert»<br />
beziehungsweise im Falle des Gotthardtunnels<br />
die <strong>KMU</strong>-Wirtschaft des<br />
Kantons Tessin vom Rest der Schweiz<br />
abgehängt werde.<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gewerbezeitung</strong><br />
– 11.<br />
Mai 2012<br />
DIE MEINUNG<br />
Der Kuh-Hintern<br />
und seine üblen Folgen<br />
Hans-Ulrich Bigler,<br />
Direktor <strong>Schweizerische</strong>r<br />
Gewerbeverband sgv<br />
Was wie ein schlechter Scherz und blanker<br />
Unsinn erscheint, ist bitterer<br />
Ernst. <strong>Die</strong> Lobby der Grünen, Linken<br />
und Umweltaktivisten hat ein neues Betätigungsfeld<br />
entdeckt und sich umgehend an dessen<br />
Bewirtschaftung gemacht. So wird am kommenden<br />
Wochenende – pünktlich zum traditionellen<br />
«Metzger-Grilltag» namens «Food on<br />
Fire» – in Lyss im Kanton Bern ein amtlich verordneter<br />
Vegetariertag eingeführt. Und schon<br />
diskutieren auch weitere Städte über die Einführung<br />
eines fleischlosen Tages.<br />
Konkret bedeutet dies: Kein Fleisch auf den Tellern<br />
in öffentlichen Altersheimen, Spitälern oder<br />
subventionierten Gastrobetrieben, Schüler- und<br />
Kinder-Tagesstätten. Quasi staatlich verordnet,<br />
besiegelt und bewilligt. <strong>Die</strong> Begeisterung des<br />
grünen Nationalrats Bastien Girod überschlägt<br />
sich im «Sonntag», weil dadurch ein enorm<br />
wichtiger Beitrag an den Klimaschutz geleistet<br />
werde. Ich bin da persönlich schon etwas mehr<br />
um Girods Sixpack besorgt, der unter dem Mangel<br />
an Proteinzufuhr allenfalls in Mitleidenschaft<br />
gezogen werden könnte.<br />
Der geneigte Leser wird sich nun fragen,<br />
wo der Zusammenhang zwischen einem<br />
amtlich verordneten Vegi-Tag und dem<br />
Klimaschutz liegt. Das bringt mich zur Feststellung<br />
im Titel: Der Kuh-Hintern und seine Folgen.<br />
Lassen Sie es mich deutsch und deutlich<br />
sagen: <strong>Die</strong> furzende Kuh ist das wahre Problem!<br />
Denn das liebe Vieh und sein Mist sind wahre<br />
Treibhausgas-Schleudern! Und die saubere Kuhschweizer-Idylle<br />
trügt: <strong>Die</strong> Landwirtschaft ist<br />
Gift <strong>für</strong> unser Klima – nicht nur wegen der grossen,<br />
filterlosen Traktoren. Eine ausgewachsene<br />
Milchkuh verursacht mit den Rülpsern beim<br />
Wiederkäuen und dem entweichenden Gas pro<br />
Jahr 115 Kilogramm des schädlichen Treibhausgases<br />
Methan (CH4).<br />
<strong>Die</strong>se bedenkliche Erkenntnis wiederum hat die<br />
Spezialisten des Bundesamts <strong>für</strong> Umwelt Bafu<br />
auf den Plan gerufen. Es liegt natürlich auf der<br />
Hand, dass so viel Methan verheerend ist und<br />
sich zu gewaltigen Mengen summiert. Sagenhafte<br />
Zahlen wurden da in unseren Amtsstuben<br />
auf zwei Stellen nach dem Komma genau errechnet.<br />
Bei 716 000 Kühen (Stand 2002) beläuft<br />
sich der Schweizer Methan-Ausstoss damit täglich<br />
auf 226, jährlich auf 82 500 Tonnen. Weitere<br />
53 500 Tonnen steuern Rinder, Schafe, Ziegen<br />
und weiteres Kleinvieh bei.<br />
Mit diesen eindrücklichen, empirisch erhärteten<br />
Resultaten entsteht umgekehrt natürlich<br />
ein gewisser Argumentations-Notstand. Man<br />
will es sich ja nicht mit der Bauernschaft verderben<br />
– und schon gar nicht mit den Kühen.<br />
Flugs wurde deshalb das Bonmot geprägt: «<strong>Die</strong><br />
Kuh ist nicht der Täter, sondern nur der Tatort.»<br />
Das klingt einleuchtend – und dem ist<br />
nichts beizufügen.<br />
Gelesen habe ich auch, die Kühe sollten<br />
wieder mehr Gras anstatt Kraftfutter<br />
aus Mais, Getreide und Soja fressen,<br />
weil damit mehr CO2 im Boden gebunden sei.<br />
Mir fällt dazu zunächst nur ein, dass ich auch<br />
lieber ein Kalbssteak verzehre als schnöde<br />
Hackfleischbällchen – aber diese Sorge habe<br />
ich bald nicht mehr, weil sie mir der Staat mit<br />
dem Vegi-Tag abnimmt, indem er Gott sei Dank<br />
<strong>für</strong> mich sorgt.<br />
Übrigens: Der <strong>Schweizerische</strong> Gewerbeverband<br />
sgv akzeptiert nicht, dass den <strong>KMU</strong> immer mehr<br />
Auflagen und Vorschriften gemacht sowie zusätzliche<br />
Sonderaufgaben aufgebürdet werden.<br />
Der grösste Dachverband der Schweizer Wirtschaft<br />
setzt sich deshalb <strong>für</strong> eine massive Verringerung<br />
gesetzlicher Regulierungskosten in<br />
den <strong>KMU</strong> ein.<br />
Anzeigen: Publicitas Publimag AG, Seilerstrasse 8 – Postfach, 3001 Bern –<br />
Tel. 031387 22 11 – service.be@publimag.ch – Leitung: Alfred Blaser<br />
Herstellung: St.Galler Tagblatt AG – Auflage: 108536 Exemplare (WEMF-<br />
Beglaubigung 2010). Der Abonnementspreis ist im Mitgliederbeitrag inbegriffen
4<br />
GEWERBE AKTUELL<br />
HF BÜRGENSTOCK – Der Verband <strong>Schweizerische</strong>r Schreinermeister und Möbelfabrikanten hat<br />
seine modern erweiterte Ausbildungsstätte eingeweiht. Am 9. Juni ist die Öffentlichkeit geladen.<br />
«SchreinersMagglingen»<br />
Für rund 5,5 Millionen Franken hat<br />
der VSSM das im Jahr 1944 eröffnete<br />
Schreinerhaus auf dem Bürgenstock<br />
erweitert. Mit der Inbetriebnahme<br />
des Erweiterungsbaus kann<br />
das «Trainingszentrum» hoch über<br />
dem Vierwaldstättersee nun auch<br />
den zunehmenden Platzbedürfnissen<br />
wieder gerecht werden. Über 150<br />
Gäste aus Politik, Wirtschaft und<br />
Schreinerkreisen bildeten den Rahmen<br />
zur feierlichen Einweihung des<br />
modernen Weiterbildungszentrums.<br />
Teil der VSSM-Erfolgsgeschichte<br />
Rund 68 Jahre nach der Einweihung<br />
des Schreinerhauses wurde damit auf<br />
dem Bürgenstock ein weiterer grosser<br />
«Meilenstein» gesetzt, wie VSSM-<br />
Zentralpräsident Ruedi Lustenberger<br />
in seiner Festrede sagte. «Was Magglingen<br />
<strong>für</strong> den Schweizer Sport bedeutet,<br />
ist <strong>für</strong> uns Schreiner der Bürgenstock.»<br />
Das Schreinerhaus sei «ein<br />
wesentlicher Teil der Erfolgsgeschichte<br />
des VSSM. Ohne unsere Ausbildungsstätte<br />
wäre der VSSM heute<br />
nicht das, was er auch im Quervergleich<br />
mit ähnlichen Institutionen<br />
darstellt, nämlich eine zwar kleine,<br />
aber trotzdem grosszügig ausgestattete<br />
Höhere Fachschule.»<br />
Neben der verbandspolitisch elementaren<br />
Aufgabe der Förderung des eigenen<br />
Kadernachwuchses hafte dem<br />
«Bürgenstock» <strong>für</strong> sehr viele VSSM-<br />
Mitglieder auch eine emotionale Seite<br />
an, so Lustenberger weiter.<br />
Vollholzbau im Schindelkleid<br />
Mit den Investitionen von rund 5,5<br />
Mio. Franken wurden in einer Bau-<br />
zeit von lediglich neuneinhalb Monaten<br />
eine Erweiterung der Höheren<br />
Fachschule Bürgenstock und der Umbau<br />
des alten Gebäudes in herrlicher<br />
Umgebung realisiert. Der viergeschossige<br />
Anbau mit einer Grundfläche<br />
von 21 mal 11 Metern ist als Voll-<br />
Hans-Peter Pfyl, Präsident der Stiftung Schreinerhaus (l.), übergibt den Schlüssel<br />
zur erweiterten Höheren Fachschule Bürgenstock an VSSM-Zentralpräsident<br />
Ruedi Lustenberger.<br />
ANZEIGE<br />
«Tradition trifft Moderne»: Das 1944 eröffnete Schreinerhaus erlebt nach seiner Erweiterung einen zweiten Frühling.<br />
holzbau auf einem Betonfundament<br />
erstellt worden. <strong>Die</strong> örtlichen Voraussetzungen<br />
ermöglichten es, ein<br />
behagliches Innenraumklima zu<br />
schaffen, und das einzig durch natürliche<br />
Nachtauskühlung, einem<br />
ausgeklügelten Schlitzholzdämmsystem<br />
– ohne zusätzliche Lüftung und<br />
Klimaanlage. In der kalten Jahreszeit<br />
sorgt eine Schnitzelheizung <strong>für</strong> zusätzliche<br />
Wärme. Der Erweiterungsbau<br />
ist architektonisch klar vom Altbau<br />
abgetrennt und präsentiert sich<br />
in einem frischen Holzschindelkleid.<br />
«Tradition trifft Moderne», brachte<br />
es Architekt Claudio Clavadetscher<br />
auf den Punkt.<br />
Im Rahmen der 125-Jahr-Feiern<br />
Hans-Peter Pfyl, Präsident der Stiftung<br />
Schreinerhaus, übergab im Beisein<br />
des Nidwaldner Bildungsdirektors<br />
Regierungsrat Res Schmid, von<br />
Max Binder, Nationalrat und Zentralpräsident<br />
Waldwirtschaft Schweiz<br />
sowie von BBT-Direktorin Ursula Renold<br />
den – selbstverständlich aus<br />
Holz gefertigten – Schlüssel zum<br />
neuen Schreinerhaus an Ruedi Lustenberger.<br />
«<strong>Die</strong>se Einweihung ist ein<br />
wichtiger Bestandteil der Jubiläums-<br />
Feierlichkeiten 125 Jahre VSSM», ergänzte<br />
der Zentralpräsident des Verbandes<br />
<strong>Schweizerische</strong>r Schreinermeister<br />
und Möbelfabrikanten vor<br />
der illustren Gästeschar.<br />
Offene Türen am 9. Juni<br />
<strong>Die</strong> breite Öffentlichkeit hat am Tag<br />
der offenen Tür vom Samstag, 9. Juni,<br />
die Chance, einen Blick hinter<br />
die Kulissen der HF Bürgenstock zu<br />
werfen. Dabei können auch die drei<br />
aus Eichenholz gefertigten, übergrossen<br />
Schmetterlings-Cocons des<br />
Nidwalder Künstlers Rochus Lussi<br />
vor dem Eingang des erweiterten<br />
Schreinerhauses bewundert werden.<br />
LINKS<br />
www.hf-buergenstock.ch<br />
www.vssm.ch<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gewerbezeitung</strong><br />
– 11.<br />
Mai 2012<br />
AKTUELL<br />
Fragen an die SKS<br />
Mit einer letzte Woche<br />
eingereichten<br />
Interpellation der<br />
Aargauer SVP-Nationalrätin<br />
Sylvia<br />
Flückiger-Bäni (Bild)<br />
möchte der sgv <strong>für</strong><br />
mehr Transparenz<br />
bei der Stiftung <strong>für</strong><br />
Konsumentenschutz<br />
(SKS) sorgen. <strong>Die</strong>se<br />
erhält vom Bund<br />
jährlich rund 240 000 Franken an Subventionen.<br />
Dabei bleibt offen, aufgrund welcher gesetzlichen<br />
Grundlage dieser Betrag ausbezahlt<br />
wird und wo<strong>für</strong> er ausgegeben werden darf.<br />
Der sgv fordert, dass dieses Geld nicht <strong>für</strong> politische<br />
Zwecke eingesetzt werden darf und<br />
der entsprechende Nachweis durch den Subventionsempfänger<br />
auch <strong>für</strong> die Öffentlichkeit<br />
erbracht werden muss.<br />
Der sgv stellt fest, dass die Faktenlage bezüglich<br />
der SKS in vielen Bereich unklar ist und<br />
Fragen aufwirft. Darf eine Organisation, die<br />
Bundessubventionen erhält, auch Produkte<br />
kommerziell anbieten? Warum deklariert die<br />
SKS in ihrer Homepage Subventionen als<br />
«selbst erwirtschaftete Mittel»? Und: Wie wird<br />
durch den Bund sichergestellt, dass die an die<br />
SKS bezahlten Beiträge im Sinne des gesellschaftlichen<br />
Interesses und nicht <strong>für</strong> politische<br />
Aktivitäten verwendet werden? Der von sgv-<br />
Vorstandsmitglied Sylvia Flückiger-Bäni eingereichte<br />
Vorstoss will Licht ins Dunkel bringen<br />
und zwingt den Bund, die bisherige Praxis<br />
zu durchleuchten. Das Hauptanliegen des sgv<br />
ist es, Transparenz im Bereich der Verwendung<br />
öffentlicher Gelder zu schaffen. Zweckentfremdungen<br />
von Bundessubventionen bekämpft<br />
der grösste Dachverband der Wirtschaft vehement.<br />
Anlass zur Kontroverse um die SKS-Finanzierung<br />
war das kürzliche Erscheinen des Ratgebers<br />
«Zölle, Steuern und Co», in dem die Konsumentenorganisation<br />
das Einkaufen im Ausland<br />
erläutert. Der sgv ist ja federführend in<br />
der laufenden Kampagne «Ja zur Schweiz –<br />
Hier kaufe ich ein». Er sieht in der SKS-Broschüre<br />
eine Ermutigung zum Einkaufstourismus,<br />
der die heimische Wirtschaft um viele<br />
Milliarden Franken schwächt.<br />
Kritik an Lieferanten<br />
<strong>Die</strong> diesjährige Delegiertenversammlung von<br />
Swiss Fashion Stores (SFS), dem Verband des<br />
Modefachhandels, hat am Sitz der Firma Planzer<br />
in Pratteln stattgefunden. Präsident Ulrich<br />
Stalder kritisierte in seiner Eröffnungsansprache<br />
die schwarzen Schafe unter den Lieferanten,<br />
die dem Modefachhandel trotz starken<br />
Frankens zu hohe Preise verrechnen und die<br />
Währungsvorteile nicht weitergeben. <strong>Die</strong> Branche<br />
mag diese Praktiken nicht einfach hinnehmen:<br />
Der Druck auf die Lieferanten und Importeure<br />
soll weiter erhöht werden, damit in<br />
Euro fakturiert wird und Direktimporte nicht<br />
behindert werden.
8<br />
WIRTSCHAFT&POLITIK<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gewerbezeitung</strong><br />
– 11.<br />
Mai 2012<br />
AGRARPOLITIK 2014–2017 – In den nächsten Monaten wird das Parlament die Weichen <strong>für</strong> die Landwirtschaft stellen. Letzte<br />
Gelegenheit, Mut zu zeigen und überholte Privilegien der Bauern abzuschaffen.<br />
Gewerbe will fairen Wettbewerb<br />
ANZEIGE<br />
Am 21. Mai 2012 starten die parlamentarischen<br />
Beratungen zur Agrarpolitik<br />
2014–2017 in der WAK Nationalrat mit<br />
Hearings. Im Vorfeld hat sich der sgv<br />
kritisch zur Vorlage geäussert. <strong>Die</strong><br />
bundesrätliche Vorlage verfolgt zwar<br />
die richtigen Zielsetzungen, weist aber<br />
vor allem drei Mängel auf: <strong>Die</strong> Bauern<br />
werden mit zu vielen Vorschriften eingeschnürt,<br />
der Strukturwandel wird<br />
zu stark abgebremst, und besonders<br />
gravierend: die <strong>KMU</strong>-Wirtschaft sieht<br />
sich gegenüber der Landwirtschaft<br />
auch weiterhin ungleich langen Spiessen<br />
gegenüber.<br />
Gute Rahmenbedingungen<br />
Hauptaufgabe der Landwirtschaft ist<br />
immer noch die Erzeugung von qualitativ<br />
hochwertigen Agrarprodukten<br />
<strong>für</strong> die einheimische Bevölkerung.<br />
Dazu kommen gemäss Verfassungsauftrag<br />
die Erhaltung der natürlichen<br />
Lebensgrundlagen und die Pflege der<br />
Kulturlandschaft sowie die dezentrale<br />
Besiedlung des Landes. Leider<br />
wurde das Kerngeschäft in der letzten<br />
Zeit zunehmend vernachlässigt,<br />
und die Landwirtschaft suchte ihr<br />
Heil mehr und mehr in x-beliebigen<br />
Nebenerwerbstätigkeiten, um ein angemessenes<br />
Einkommen erzielen zu<br />
können. Es gilt nun, diesen Trend hin<br />
zur Verzettelung zu brechen und die<br />
staatlichen Anreize so umzugestalten,<br />
dass die Bauern wieder in der<br />
Lage sind, ihr Auskommen vorwiegend<br />
oder ausschliesslich aus ihrem<br />
Kerngeschäft zu erwirtschaften.<br />
Zur Stärkung der zentralen Aufgaben<br />
sind neben einem Abbau der vielen<br />
staatlichen Vorschriften und Auflagen,<br />
die <strong>für</strong> die Bauern kostentreibend sind,<br />
die Anreize so auszugestalten, dass<br />
der Strukturwandel nicht allzu stark<br />
abgebremst wird. Mit weniger als jährlich<br />
zwei Prozent ist er gegenwärtig<br />
eindeutig zu langsam; der Abstand zur<br />
europäischen Landwirtschaft wird<br />
noch grösser, die Wettbewerbsfähig-<br />
<strong>Die</strong> Milchwirtschaft<br />
gehört<br />
<strong>für</strong> die Schweizer<br />
Bauern weiterhin<br />
zum Kerngeschäft<br />
– Nebenbeschäftigungen<br />
haben sicher<br />
nicht die erste<br />
Priorität.<br />
keit des Agrarsektors sinkt. Bei der<br />
zentralen Strukturfrage hat der Bundesrat<br />
wenig Mut gezeigt und er ist<br />
vor den Forderungen der mächtigen<br />
Bauernlobby einmal mehr eingeknickt.<br />
So ist es unverständlich, dass<br />
das minimale Arbeitseinkommen als<br />
Eintrittsschwelle <strong>für</strong> den Bezug von<br />
Direktzahlungen im Tal- und Hügelgebiet<br />
nicht wie ursprünglich vorgeschlagen<br />
von 0,25 auf 0,4 Standardarbeitskräfte<br />
erhöht worden ist. Kritisch<br />
zu vermerken ist auch, dass ein grosser<br />
Teil der Direktzahlungen weiterhin<br />
unabhängig von konkreten, ökonomischen<br />
Leistungen ausbezahlt und na-<br />
mentlich die Versorgungssicherheitsbeträge<br />
weiter aufgestockt werden.<br />
Wettbewerbsneutralität sichern<br />
Zitat aus der im Jahre 2008 vom Gewerbekongress,<br />
unserem höchsten Organ,<br />
verabschiedeten «Strategie 2008»:<br />
«<strong>Die</strong> Landwirtschaft geniesst gegenüber<br />
der <strong>KMU</strong>-Wirtschaft vielfach eine<br />
Vorzugsbehandlung. Der sgv wehrt<br />
sich gegen eine mit staatlichen Unterstützungsmassnahmen<br />
geförderte<br />
weitere Bevorzugung der Landwirtschaft<br />
und verlangt eine Angleichung<br />
der Wettbewerbsbedingungen und die<br />
Schaffung gleich langer Spiesse.» Im<br />
Klartext: Falls die Bauern auf dem<br />
raumplanerisch geschützten und billigen<br />
Landwirtschaftsland Tätigkeiten<br />
ausüben, die das Gewerbe konkurrenzieren,<br />
muss dies zu gleichen Bedingungen<br />
gegenüber der <strong>KMU</strong>-Wirtschaft<br />
erfolgen, das heisst ohne staatliche<br />
Unterstützungs- und Förderungsmassnahmen,<br />
es sei denn, die im<br />
Wettbewerb stehenden Gewerbebetriebe<br />
sind damit einverstanden. Das<br />
Landwirtschaftsgesetz hat sich daher<br />
grundsätzlich auf die Urproduktion,<br />
das eigentlich Kerngeschäft der Bauern,<br />
zu beschränken und ist nicht auf<br />
x-beliebige weitere, in Konkurrenz zur<br />
<strong>KMU</strong>-Wirtschaft stehende Aktivitäten<br />
auszuweiten.<br />
Trotz guten Ansätzen hat es der Bundesrat<br />
verpasst, den Begriff der Wettbewerbsneutralität<br />
zwischen Landwirtschaft<br />
und Gewerbe befriedigend<br />
zu klären und die gewerbenahen Tätigkeiten<br />
der Bauern (beispielsweise<br />
Hofläden oder Besenbeizen) denselben<br />
Spielregeln zu unterstellen wie<br />
jenen der <strong>KMU</strong>-Wirtschaft. Damit werden<br />
die durch die unterschiedlichen<br />
gesetzlichen Vorgaben heute bestehenden<br />
Marktverzerrungen wie beispielsweise<br />
im Raumplanungsrecht, betreffend<br />
Investitionskrediten und Starthilfen,<br />
bei der Lebensmittelkontrolle oder<br />
bei gewissen Transportdienstleistungen<br />
unbesehen weitergeführt. Der sgv<br />
hat nichts gegen paralandwirtschaftliche<br />
Tätigkeiten der Bauern einzuwenden,<br />
sofern sie zu den gleichen Bedingungen<br />
wie <strong>für</strong> das Gewerbe erfolgen<br />
und von den betroffenen Gewerbebetrieben<br />
keine Einsprachen erhoben<br />
werden. Der sgv wird im Laufe der<br />
beginnenden parlamentarischen Beratung<br />
entsprechende Anträge einbringen,<br />
ebenso wird er das ungerechte<br />
Versteigerungssystem beim Fleisch bekämpfen.<br />
Nationalrat Gerhard Pfister<br />
hat am 22. Dezember 2011 mit einer<br />
Interpellation (11.4131, Gewerbe und<br />
Landwirtschaft. Gleich lange Spiesse!)<br />
das Terrain dazu vorbereitet.<br />
Rudolf Horber
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gewerbezeitung</strong> – 11.<br />
Mai 2012<br />
WIRTSCHAFT&POLITIK 9<br />
SWISSNESS – Nach langen Vorarbeiten hat der Nationalrat die heiss umstrittene Vorlage in der Frühlingssession verabschiedet. Das<br />
Ergebnis ist <strong>für</strong> die <strong>KMU</strong>-Wirtschaft sehr unbefriedigend und muss korrigiert werden.<br />
Sorgt das «Stöckli» <strong>für</strong> Happy-End?<br />
Der sgv und Swiss Label, die Gesellschaft<br />
zur Förderung von Schweizer<br />
Produkten und <strong>Die</strong>nstleistungen mit<br />
der Armbrust, haben sich von Anfang<br />
an <strong>für</strong> eine klare und verständliche,<br />
<strong>KMU</strong>-taugliche Swissness-Vorlage<br />
eingesetzt. Der Nationalrat hat<br />
zwar in der Frühlingssession 2012<br />
einige Korrekturen in die richtige<br />
Richtung vorgenommen, so eine Unterscheidung<br />
zwischen schwach und<br />
stark verarbeiteten Lebensmitteln.<br />
Bei den <strong>für</strong> die <strong>KMU</strong> wichtigeren<br />
Non-Food-Produkten ist die vom sgv<br />
und von Swiss Label unterstützte<br />
Minderheit, die das Inlanderfordernis<br />
auf den bisherigen 50 Prozent<br />
belassen und nicht auf willkürliche<br />
60 Prozent erhöhen wollte, leider<br />
knapp unterlegen. Der sgv und Swiss<br />
Label rufen den Ständerat bereits<br />
heute dazu auf, die notwendigen<br />
Korrekturen und Vereinfachungen<br />
vorzunehmen.<br />
aus dem Emmental oder ein kleiner<br />
Uhrenhersteller aus dem Berner Jura<br />
alle diese Gesetzesartikel verstehen<br />
und auch umsetzen können? Wer<br />
kontrolliert die Einhaltung der Bestimmungen,<br />
und wer garantiert <strong>für</strong><br />
deren Durchsetzung? Da viele Unternehmen<br />
ausländische Rohstoffe verarbeiten,<br />
die preislich und mengenmässig<br />
grossen Schwankungen unterworfen<br />
sind, müsste die Swissness<br />
immer wieder neu überprüft bzw.<br />
bewiesen werden. Damit würden vor<br />
allem kleinere Unternehmen einer<br />
erheblichen bürokratischen Zusatzbelastung<br />
ausgesetzt – oder sie verzichten<br />
auf den Swissness-Bonus von<br />
bis zu 20 Prozent und riskieren damit<br />
Marktanteilsverluste oder Preiseinbussen.<br />
Kompliziert und <strong>KMU</strong>-untauglich<br />
Verfehlte Rohstoff-Fixierung<br />
<strong>Die</strong> Schweiz lebt nicht von den Rohstoffen,<br />
sondern von deren Veredelung<br />
zu hochwertigen Produkten.<br />
Deshalb ist es grundsätzlich verfehlt,<br />
<strong>Die</strong> vorliegende Swissness-Vorlage ist Swissness primär über die Rohstoffe<br />
zu kompliziert und nicht <strong>KMU</strong>-taug- zu definieren. Mit der vom Nationallich.<br />
Wie soll ein Schreinermeister rat beschlossenen Definition werden<br />
die Wirtschaftsleistung und das<br />
VOLKSINITIATIVE IN SICHT<br />
<strong>Die</strong> Bauern drohen<br />
Es gibt nur wenige Vorlagen, die im und ums Parlament<br />
herum <strong>für</strong> Dauerwirbel sorgen und zu einer «unendlichen<br />
Geschichte» werden. In den letzten Jahren gilt dies<br />
wohl nur <strong>für</strong> die Abzocker-Initiative von Thomas Minder<br />
und die Swissness-Gesetzgebung. Bei der letzteren<br />
könnte das Rennen irgendwann auch an der Urne<br />
entschieden werden. Der <strong>Schweizerische</strong> Bauernverband<br />
(SBV) droht nämlich mit einer Volksinitiative. Der<br />
Grundsatzentscheid ist im November 2011 bereits<br />
gefallen: <strong>Die</strong> SBV-Delegierten be<strong>für</strong>worteten an ihrer<br />
Jahresversammlung einstimmig die Lancierung. Ob aber<br />
tatsächlich Unterschriften gesammelt werden, hängt<br />
vom Parlament ab. Wird die Gesetzesvorlage des Bundesrates<br />
beim inländischen Rohstoffanteil abgeschwächt,<br />
wollen die Bauern die Initiative definitiv lancieren.<br />
SBV-Chef und Nationalratspräsident Hansjörg Walter<br />
wählt <strong>für</strong> einmal harte Worte: «Wir lassen uns von der<br />
Industrie nicht in die Knie zwingen.»<br />
Know-how aus der Verarbeitung<br />
weitgehend ausgeblendet. Swissness<br />
steht aber primär nicht <strong>für</strong> den Rohstoff,<br />
sondern hat mit Forschung,<br />
Produktionsentwicklung, dem Savoir<br />
faire, der Fabrikation, der Qualitätskontrolle<br />
und weiteren Werten zu<br />
tun, <strong>für</strong> welche die rohstoffarme<br />
Schweiz in der Welt bekannt geworden<br />
ist. Wie die NZZ zu Recht festhielt,<br />
sollten Produkte und Marken<br />
ihre Qualität im Wettbewerb beweisen<br />
und nicht auf ein Gütezeichen<br />
bauen, das aufgrund fragwürdiger<br />
Kriterien verliehen wird.<br />
Zu hoch angesetzte Messlatte<br />
Mit dem von 50 auf 60 Prozent erhöhten<br />
Inlandrohstoff-Erfordernis <strong>für</strong><br />
Industrieprodukte und den verlangten<br />
80 Prozent bei den verarbeiteten<br />
Naturprodukten werden die heutigen<br />
<strong>Die</strong> Marke Schweiz hat einen hohen Stellenwert – entsprechend gehen auch die Gemüter hoch. BILD: BAUERNZEITUNG<br />
Regeln zum Teil deutlich verschärft. den ins Ausland verlegt. <strong>Die</strong> Vorlage Schweizer Wirtschaft vom Gesetzge-<br />
<strong>Die</strong>s hat zur Folge, dass ganze Bran- dient vor allem den Interessen einiger ber nicht zu hoch angesetzt werden;<br />
chen und viele Unternehmen die heu- grosser Unternehmen im Hochpreis- andernfalls würden wir uns gegentige<br />
Swissness-Prämie verlieren und segment, die hohe Bruttomargen erüber der ausländischen Konkurrenz<br />
damit gegenüber der ausländischen zielen können.<br />
ohne Not benachteiligen. Viele <strong>KMU</strong><br />
Konkurrenz benachteiligt werden.<br />
würden den Swissness-Bonus verlie-<br />
Zwei konkrete Beispiele sind die Her- Freiwillige Mehrleistungen ren, oder sie wären gezwungen, bilsteller<br />
von Daunenbettwaren, die im Es gilt, eine einfachere, <strong>KMU</strong>-taugliligere Rohstoffe aus dem Ausland zu<br />
Falle einer Verschärfung der Regeln che Vorlage auszuarbeiten, die im beziehen, was der Qualität der Pro-<br />
bereits angekündigt haben, ihre Pro- Wesentlichen die heute geltende und dukte abträglich sein könnte. Es ist<br />
duktion voraussichtlich in der eingespielte Praxis gemäss Urteil des einzelnen Branchen und privaten<br />
Schweiz einzustellen, sowie die klei- Handelsgerichts St. Gallen im Mar- Vereinigungen wie Swiss Label mit<br />
nen und mittleren Uhrenunternehkenschutzgesetz mit einigen griffigen der Armbrust zu überlassen, auf freimen,<br />
viele davon traditionelle Fami- Regeln festschreibt und dann auch williger Basis höhere Anforderungen<br />
lienbetriebe. Konsequenz: Der Pro- konsequent umsetzt und Missbräu- an die Swissness zu stellen.<br />
duktionsstandort Schweiz würde che bekämpft. <strong>Die</strong> Messlatte <strong>für</strong> das<br />
massiv geschwächt statt gestärkt, Ar- Swissness-Erfordernis darf in der Rudolf Horber, sgv-Ressortleiter<br />
beitsplätze gingen verloren oder wür- stark international vernetzten und Geschäftsführer Swiss Label<br />
ANZEIGE
10<br />
WIRTSCHAFT&POLITIK<br />
VOLKSABSTIMMUNG VOM 17. JUNI – Der Berner BDP-Ständerat Werner Luginbühl ist überzeugt,<br />
dass die Initiative «Staatsverträge vors Volk» unnötig ist und dem Gewerbe schadet.<br />
Heutige Regelung genügt<br />
<strong>Die</strong> Aktion <strong>für</strong> eine unabhängige und<br />
neutrale Schweiz Auns will mit der<br />
Initiative «Für eine Stärkung der<br />
Volksrechte in der Aussenpolitik<br />
(«Staatsverträge vors Volk!») die<br />
Stimmbevölkerung automatisch über<br />
Staatsverträge in sogenannt «wichtigen<br />
Bereichen» abstimmen lassen.<br />
<strong>Die</strong> Initiative legt aber keine Kriterien<br />
da<strong>für</strong> fest, was «wichtige Bereiche»<br />
sind. Im Einzelfall müssten Bundesrat<br />
und Parlament immer auch<br />
darüber diskutieren, ob ein Vertrag<br />
einem «wichtigen Bereich» zuzuordnen<br />
sei oder nicht.<br />
Genügend Kontrollinstrumente<br />
<strong>Die</strong> Initiative ist unnötig, denn bereits<br />
heute muss über einen Beitritt zu einer<br />
supranationalen Gemeinschaft wie<br />
ANZEIGE<br />
der EU oder zu einer Organisation <strong>für</strong><br />
kollektive Sicherheit (Nato) zwingend<br />
abgestimmt werden. Es braucht dazu<br />
eine Ja-Mehrheit von Volk und Ständen<br />
(obligatorisches Referendum).<br />
Staatsverträge, die unbefristet und unkündbar<br />
sind oder rechtsetzende Bestimmungen<br />
enthalten, sind dem fakultativen<br />
Referendum unterstellt:<br />
50000 Stimmberechtigte oder acht<br />
Kantone können eine Volksabstimmung<br />
über das betreffende Abkommen<br />
verlangen. <strong>Die</strong>se bewährte Regelung<br />
garantiert, dass das Volk über<br />
alle Staatsverträge abstimmen kann,<br />
über die es auch abstimmen will.<br />
Keine Vorteile <strong>für</strong> die Wirtschaft<br />
<strong>KMU</strong> bilden die grosse Masse der Unternehmen<br />
und der Arbeitsplätze und<br />
Bei Staatsverträgen gibt es kein Demokratiedefizit: Über wirklich wichtige Abkommen<br />
entscheidet schon heute das Volk an der Urne.<br />
werden deshalb zu Recht als das<br />
«Rückgrat» der Schweizer Wirtschaft<br />
bezeichnet. Nur etwas mehr als 1000<br />
der rund 300000 Unternehmen in der<br />
Schweiz beschäftigen mehr als 250<br />
Mitarbeitende. Auf der andern Seite<br />
repräsentieren 261000 Kleinstunternehmen<br />
mit weniger als 10 Beschäftigten<br />
gut ein Viertel der Arbeitsplätze.<br />
<strong>Die</strong> Schweizer <strong>KMU</strong> zeichnen sich zudem<br />
durch ein überdurchschnittlich<br />
hohes Wachstum der Produktivität<br />
aus. Von der internationalen durch<br />
Staatsverträge rechtlich abgesicherten<br />
Verflechtung profitiert vor allem auch<br />
das Gewerbe.<br />
Direkte Abhängigkeit der <strong>KMU</strong><br />
Gemäss dem Swiss International Entrepreneurship<br />
Survey (SIES) resultierten<br />
im Jahr 2009 über 53 Prozent des<br />
Umsatzes von Schweizer <strong>KMU</strong> aus<br />
Exporten. <strong>Die</strong>s betrifft sowohl Mikrounternehmen<br />
(weniger als 10 Mitarbeiter<br />
mit 52,2 Prozent), Kleinunternehmen<br />
(10–49 Mitarbeiter mit 52,4<br />
Prozent) und Mittlere Unternehmen<br />
(50–249 Mitarbeiter mit 60,5 Prozent).<br />
<strong>KMU</strong> sind wie multinationale Konzerne<br />
darauf angewiesen, dass sie möglichst<br />
diskriminierungsfrei exportieren<br />
können, ihre Investitionen im Ausland<br />
geschützt sind und eine doppelte Besteuerung<br />
vermieden wird. Freihandelsabkommen,Doppelbesteuerungsabkommen<br />
und Investitionsschutzabkommen<br />
sind von grosser Bedeutung<br />
und schaffen Transparenz, Vorhersehbarkeit<br />
und Rechtssicherheit. <strong>Die</strong>s ist<br />
insbesondere <strong>für</strong> kleinere Unternehmen<br />
wichtig, die bei einer ungerecht(fertigt)en<br />
Behandlung im Ausland<br />
nicht ihre Marktmacht in die<br />
Waagschale werfen können. Staatsverträge<br />
können damit eine direkte<br />
Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit<br />
in der Schweiz haben und sind<br />
<strong>für</strong> binnenmarktorientiertes Gewerbe<br />
und <strong>KMU</strong> relevant, etwa im Rahmen<br />
der Personenfreizügigkeit und der bilateralen<br />
Abkommen mit der EU oder<br />
im Rahmen des Europäischen Übereinkommens<br />
über den Schutz von Tieren<br />
beim internationalen Transport,<br />
das <strong>für</strong> den Detailhandel oder die<br />
Fleischverarbeitung Relevanz hat.<br />
Indirekte Betroffenheit<br />
Da Unternehmen Vorleistungen von<br />
anderen Unternehmen beziehen, löst<br />
die Nachfrage nach Gütern und<br />
<strong>Die</strong>nstleistungen bei den Vorleistungsproduzenten<br />
zusätzliche Lieferungen<br />
und damit Wertschöpfung und Beschäftigung<br />
aus. Damit sind auch Gewerbebetriebe,<br />
die vermeintlich nur<br />
in der Schweiz aktiv sind, auf inter-<br />
national ausgerichtete <strong>KMU</strong> und multinationale<br />
Konzerne angewiesen, sei<br />
es als Zulieferer von Produkten oder<br />
als Anbieter von. Eine Studie im Auftrag<br />
von economiesuisse kommt zum<br />
Schluss, dass die von börsenkotierten<br />
Unternehmen ausgehenden indirekten<br />
Effekte gesamtwirtschaftlich bedeutsam<br />
sind. Mehr als 250 000 Arbeitskräfte<br />
und eine Wertschöpfung<br />
von zirka 31 Milliarden Franken werden<br />
über die Zulieferketten in der<br />
Schweiz geschaffen.<br />
Nein zur Initiative<br />
Jährlich schliesst die Schweiz rund<br />
500 Staatsverträge ab. Von diesem<br />
dichten Netz profitieren die Wirtschaft<br />
und damit vor allem auch die<br />
<strong>KMU</strong>. Es garantiert ihnen die nötige<br />
Anbindung an die internationalen<br />
Märkte. <strong>Die</strong> Schweizer Wirtschaft ist<br />
auch weiterhin auf gute Rahmenbedingungen<br />
angewiesen und braucht<br />
funktionierende Staatsverträge. Deshalb<br />
ist die Initiative der Auns abzulehnen.<br />
Werner Luginbühl,<br />
Ständerat BDP, Krattigen BE<br />
Er lehnt das Auns-Volksbegehren ab:<br />
Ständerat. Werner Luginbühl.<br />
sgv-PAROLE<br />
Meinungsdifferenzen<br />
<strong>Die</strong> <strong>Schweizerische</strong> Gewerbekammer<br />
hat im vergangenen November die<br />
Nein-Parole zur Auns-Initiative<br />
beschlossen. Der Entscheid des<br />
Gewerbeparlaments fiel mit 26 zu<br />
12 Stimmen (bei 7 Enthaltungen)<br />
realtiv knapp aus. In der kurzen<br />
Diskussion zeigte sich, dass viele<br />
Kammermitglieder möglichst viele<br />
Abkommen dem Volk vorlegen<br />
möchten, weil sie eine sehr enge<br />
Interpretation des Begriffs «wichtiger<br />
Bereich» durch die Behörden<br />
be<strong>für</strong>chten. <strong>Die</strong> Mehrheit argumentierte<br />
hingegen im Sinne des Beitrags<br />
von Ständerat Luginbühl.<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gewerbezeitung</strong><br />
– 11.<br />
Mai 2012<br />
NACHLESE<br />
sgv gegen «Mediensteuer»<br />
Mit Spannung wurde der bundesrätliche Entwurf<br />
<strong>für</strong> ein revidiertes Radio- und Fernsehgesetz<br />
(RTVG) erwartet, das ein neues Gebührensystem<br />
bringt, das alle Haushalte und Unternehmen<br />
grundsätzlich einer Abgabepflicht<br />
unterstellt. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein<br />
Empfangsgerät vorhanden ist. Allerdings<br />
musste die Landesregierung einen Parlamentsbeschluss<br />
mitberücksichtigen, wonach u.a.<br />
kleinere gewerbliche Betriebe vom Obligatorium<br />
auszunehmen sind. Doch wo setzt man<br />
die Grenze an? Der Bundesrat sieht als Schwelle<br />
einen Jahresumsatz von 500 000 Franken.<br />
<strong>Die</strong>ser Wert entspricht der Limite <strong>für</strong> die Buchführungspflicht<br />
nach neuem Rechnungslegungsrecht<br />
und betrifft nicht ganz 60 Prozent<br />
aller Unternehmen. Der sgv hat in einer ersten<br />
Stellungnahme den Vorschlag trotz diesem<br />
«Zückerchen» strikte abgelehnt. Der zuständige<br />
Ressortleiter <strong>Die</strong>ter Kläy: «Wir werden uns<br />
aus Prinzip gegen diese durch die Hintertür<br />
eingeführte Mediensteuer wehren.»<br />
Katastrophen-Signal<br />
«Signalsetzen» heisst ein Spielchen, auf das<br />
sich nicht wenige Eidgenossen bei manchen<br />
Urnengängen – vorab bei ökologischen Vorlagen<br />
– einlassen. Dass der Wink mit dem<br />
Stimmzettel ganz schön in die Hosen gehen<br />
kann, zeigte sich etwa 1994 bei der Alpeninitiative<br />
und kürzlich bei der Zweitwohnungsinitiative.<br />
Weil (zu) viele winkten, kam ein Ja<br />
zustande – und die Folgen sind unabsehbar.<br />
So kommen jetzt viele Bündner auf die Welt,<br />
denn wegen der Weber-Initiative könnten Erstwohnungen<br />
in den Tourismusorten Graubünden<br />
wegen der Einschränkung der Eigentümerrechte<br />
bis zu einem Drittel an Wert verlieren.<br />
Fachleute rechnen gemäss der <strong>Zeitung</strong> «Südostschweiz»<br />
mit einem Wertverlust von mindestens<br />
2,5 Milliarden Franken allein <strong>für</strong> das<br />
Bündnerland; <strong>für</strong> den gesamten Schweizer Alpenraum<br />
wird die Horrorsumme von 20 Milliarden<br />
genannt. Kein Wunder, dass bereits über<br />
Entschädigungsansprüche der Eigentümer diskutiert<br />
wird. Wertverluste in dieser Höhe hätten<br />
böse Folgen nicht nur <strong>für</strong> private Altersvorsorge,<br />
Pensionskassen, Lebensversicherer<br />
und Immobilienfonds, auch der Hypothekarmarkt<br />
würde heftig reagieren. Bundesrätin Doris<br />
Leuthard, verantwortlich <strong>für</strong> die Umsetzung<br />
der Initiative, ist wahrlich nicht zu beneiden.<br />
Der Wert der Zweitwohnungen soll übrigens<br />
laut Experten massiv steigen.<br />
Bürokraten in Höchstform<br />
Der «Rostige Paragraph», die von der IG Freiheit<br />
verliehene Auszeichnung <strong>für</strong> «das dümmste<br />
und unnötigste Gesetz», geht 2012 an die<br />
Stadtzürcher Polizei. <strong>Die</strong>se hatte dem Pächter<br />
eines See-Restaurants in Zürich-Wollishofen<br />
das Montieren von Gummipuffern am Schiffssteg<br />
verboten. Mit diesen Fendern wollte der<br />
Wirt verhindern, dass die Boote seiner Gäste<br />
durch den Wellengang an den Steg geschleudert<br />
und beschädigt werden. Das Verbot wurde<br />
damit begründet, dass die aufblasbaren<br />
Gummischläuche gegen die städtischen<br />
Schiffstationierungsvorschriften vorstossen,<br />
welche es untersagen, «an den vorhandenen<br />
Anlagen irgendwelche Änderungen vorzunehmen.»<br />
<strong>Die</strong> Absurdität hat übrigens noch kein<br />
Ende: <strong>Die</strong> Gummipuffer sind auch in diesem<br />
Jahr verboten.<br />
Faites vos jeux<br />
Der Vorstand des<br />
Schweizer Casino-Verbandes<br />
(SCV), der die<br />
Interessen von 19<br />
Schweizer Spielbanken<br />
vertritt, hat den CVP-<br />
Präsidenten und Walliser<br />
Nationalrat Christophe<br />
Darbellay (Bild) <strong>für</strong><br />
seinen Spitzenposten<br />
nominiert. Darbellays Wahl durch die Delegiertenversammlung<br />
am 1. Juni ist so gut wie sicher,<br />
denn er ist der einzige Kandidat. «Er ist<br />
eine weitherum hochgeachtete und gut vernetzte<br />
Persönlichkeit, die unserem Präsidium<br />
gut ansteht», freut sich SCV-Geschäftsführer<br />
Marc Friedrich.
12<br />
PUBLIREPORTAGE<br />
Frühe Rente auf Raten<br />
Seit 2010 profitieren Firmen, die<br />
der Gebäudehüllen-Branche angehören,<br />
von einem neuen Vorruhestandsmodell:<br />
Arbeiter können ab<br />
dem 60. Lebensjahr gestaffelt in<br />
Rente gehen. So behalten die Firmen<br />
das Know-how ihrer qualifizierten<br />
Mitarbeiter.<br />
Christian Zweili freut sich auf die Pension<br />
– und das schon viel früher als gedacht.<br />
Mit seinen 62 Jahren arbeitet er<br />
ab 1. April 2012 nur noch 50 Prozent<br />
bei der Firma Marx AG in Muttenz und<br />
hat dennoch fast so viel Einkommen wie<br />
vorher. <strong>Die</strong> Geschäftsleitung der Marx<br />
AG freut sich auch über diese neue Konstellation.<br />
Mit dem 50-Prozent-Pensum<br />
kann Geschäftsführer Erwin Plattner seinen<br />
Mitarbeiter in einer neuen Funktion<br />
weiterbeschäftigen, nachdem dessen<br />
körperliche Verfassung die bisherige Tätigkeit<br />
nicht mehr zugelassen hätte.<br />
«Wenn es nicht diese Möglichkeit <strong>für</strong><br />
den flexiblen Vorruhestand gäbe, hätten<br />
wir Herrn Zweili streng genommen nicht<br />
weiterbeschäftigen können. Aber das<br />
fällt natürlich schwer, vor allem, wenn<br />
jemand wie er seit 35 Jahren bei der<br />
Firma (ehemals Jauslin) ist», erzählt Erwin<br />
Plattner. Das Vorruhestandsmodell<br />
im Dach- und Wandgewerbe (VRM) ist<br />
2010 nach einer dreijährigen Entwicklungsphase<br />
<strong>für</strong> die 800 Betriebe, die<br />
dem Gesamtarbeitsvertrag der Branche<br />
unterstellt sind, eingeführt worden. Es<br />
ermöglicht jedem Mitarbeiter eines angeschlossenen<br />
Betriebes, ab dem 60.<br />
Lebensjahr in den Vorruhestand zu gehen,<br />
entweder ganz oder – was die Väter<br />
des VRM eher im Visier hatten – gestaffelt.<br />
«Wir haben bereits rund 40 Bezüger<br />
einer VRM-Überbrückungsrente,<br />
davon ist die Mehrheit mit 20 bis 80<br />
Prozent weiterhin beschäftigt», erklärt<br />
Jürg Lehmann, Mitentwickler und Berater<br />
des VRM Dach und Wand bei der AXA<br />
Winterthur. Wie viel ein Teilzeitrentner<br />
arbeitet und wie er die Teilzeit leistet,<br />
handeln Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />
individuell aus. «Es gibt viele Varianten»,<br />
sagt Jürg Lehmann. Das Spektrum reiche<br />
von einem Sizilianer, der mit 60<br />
komplett in den Vorruhestand und zurück<br />
in seine Heimat gegangen ist, über<br />
einen Arbeiter, der nur im Winter mit der<br />
Arbeit aussetzt, bis hin zum Vorarbeiter,<br />
der nur noch mit 20 Prozent auf der<br />
Lohnliste seines Arbeitgebers steht und<br />
von diesem nur bei komplizierten Aufträgen<br />
gerufen wird. Aber nicht jeder<br />
Betrieb, nicht jede Branche und nicht<br />
jede Position erlaubt so flexible Alters-<br />
teilzeitmodelle. «Ich kann keinen Baustellenleiter<br />
beschäftigen, der 80 Prozent<br />
arbeitet, donnerstags ins Wochenende<br />
geht und die ihm unterstellten Mitarbeiter<br />
auf der Baustelle sich selber<br />
überlässt», erklärt Erwin Plattner. Hingegen<br />
wäre es in seinem Betrieb gut<br />
möglich, dass ein Teilzeitrentner nur die<br />
Wintermonate über pausieren würde.<br />
Solidarische Finanzierung<br />
Finanziert wird das VRM im Umlageverfahren<br />
mit 1,60 Prozent der SUVApflichtigen<br />
Lohnsumme. Jeder Mitar-<br />
VRM DACH UND WAND<br />
Das VRM im Dach- und Wandgewerbe<br />
wurde mit dem Ziel entwickelt, älteren<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern,<br />
die aktiv an der Gebäudehülle<br />
tätig sind und vor der ordentlichen<br />
Pensionierung stehen, die Möglichkeit<br />
zu einer Reduktion der Arbeitszeit zu<br />
geben, indem sie…<br />
n das zeitliche Arbeitspensum reduzieren<br />
n bestimmte Tage in der Woche zuhause<br />
bleiben<br />
n sich <strong>für</strong> bestimmte Monate aus dem<br />
Arbeitsumfeld zurückziehen oder<br />
n sich frühzeitig aus dem Arbeitsprozess<br />
zurückziehen können.<br />
<strong>Die</strong> Einsatzzeit des Mitarbeiters kann<br />
im gegenseitigen Einvernehmen mit<br />
seinem Arbeitgeber entsprechend angepasst<br />
werden.<br />
Vom VRM Dach und Wand profitieren<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die<br />
kumulativ folgende Bedingungen erfüllen:<br />
n sie stehen maximal fünf Jahre vor<br />
der ordentlichen Pensionierung<br />
n sie sind während mindestens<br />
15 Jahren in der Branche tätig gewesen<br />
n dies innerhalb der letzten 25 Jahre<br />
vor dem Leistungsbezug<br />
beiter eines GAV unterstellten Betriebs<br />
zahlt mittels Lohnabzug 0,65 Prozent<br />
seines Einkommens in die Stiftung<br />
VRM, die Arbeitgeber zahlen 0,95 Prozent<br />
dazu. «Das Umlageverfahren ist<br />
ein Solidarmodell, bei dem die jüngeren<br />
Arbeitnehmer die heutigen Rentner finanzieren»,<br />
erklärt Jürg Lehmann. Dass<br />
das VRM daher vor allem bei jüngeren<br />
Arbeitnehmern nicht vorbehaltlos Anklang<br />
findet, ist nachvollziehbar. Sie<br />
finanzieren de facto mit ihren Beiträgen<br />
die Überbrückungsrenten der heutigen<br />
Bezüger. Und da im Moment nur die<br />
«Der Branche dieTreue halten»<br />
Kurzinterview mit Franz Cahannes<br />
Co-Sektorleiter Gewerbe der Unia<br />
Warum be<strong>für</strong>wortet die Gewerkschaft<br />
Unia das Vorruhestandsmodell VRM?<br />
Das Modell führt hoffentlich dazu, dass<br />
Leute ab einem gewissen Alter der Branche<br />
eher die Treue halten. In einer Phase,<br />
in der sich körperliche Gebresten<br />
häufen, ermöglicht das VRM flexible Anpassungsschritte,<br />
die betriebsintern zu<br />
vereinbaren sind.<br />
Werden jüngere Arbeitnehmer hier nicht<br />
benachteiligt?<br />
Das VRM funktioniert im Rentenwertumlageverfahren,<br />
also wie die AHV. Mit 0,65<br />
Prozent Kostenbeteiligung zahlen jüngere<br />
Beschäftigte lediglich etwa 400 Franken<br />
pro Jahr. Da<strong>für</strong> besteht die Chance,<br />
gegen Ende des Arbeitslebens auch davon<br />
zu profitieren.<br />
Werden andere<br />
Branchen das<br />
Modell übernehmen?<br />
Für uns ist klar,<br />
dass nicht jede<br />
Branche ein eigenes<br />
Modell entwickeln<br />
darf. Arbeitnehmerbe-<br />
BERUFLICHE VORSORGE ⁄ MIT DER<br />
AXA WINTERTHUR<br />
Weil die Zahl der Arbeitnehmer abnehmen<br />
wird, ist es künftig wichtig, dass<br />
bewährte Mitarbeiter nicht von heute<br />
auf morgen in Pension gehen, sondern<br />
in mehreren Schritten. Da<strong>für</strong> sollte diese<br />
Möglichkeit aber im Pensionskassenreglement<br />
vorgesehen sein. <strong>Die</strong><br />
Pensionskassenlösungen der AXA Winterthur<br />
enthalten diese Option generell.<br />
Patrons, die dieses Thema schon früh<br />
aufgreifen, profilieren sich als «gute<br />
Chefs». Und bei einem guten Chef blei-<br />
Moderne Vorruhestandslösung bei der Firma Marx AG in Muttenz: Teilzeitrentner Christian Zweili (Mitte) freut sich mit dem Geschäftsführer Erwin Plattner (r.) und Personalchef<br />
Camille Stebler über seine Altersteilzeit.<br />
Franz Cahannes, Co-<br />
Sektorleiter Gewerbe<br />
der Unia.<br />
kommen dann Probleme, wenn sie zwischen<br />
den Baubranchen wechseln. <strong>Die</strong><br />
Branchen müssen sich entscheiden, ob<br />
sie Lösungen wollen, und wenn ja, ob sie<br />
eher ein flexibles Modell à la VRM wollen<br />
oder ein Modell mit einem fixen Altersrücktritt.<br />
Das VRM ist eine verhandelbare<br />
Grundlage. Vorauszugehen hat aber ein<br />
Grundsatzentscheid in SachenAltersrücktritt<br />
seitens der Branchenverbände. Und<br />
da sind noch einige Stolpersteine aus dem<br />
Weg zu räumen.<br />
ben erfahrene Mitarbeiter vielleicht<br />
auch gerne ein paar Jahre länger.<br />
Als Unternehmer haben Sie stets beide<br />
Hände voll zu tun und kümmern sich<br />
um Alles selbst. Lassen Sie sich in der<br />
beruflichen Vorsorge unter die Arme<br />
greifen.<strong>Die</strong> AXA WInterthur bietet einfache<br />
und umfassende Vorsorgeelemente,<br />
auf die Sie Ihre Zukunft bauen.<br />
Weitere Informationen auf:<br />
www.AXA.ch<br />
n und haben davon die letzten sieben<br />
Jahre vor dem Leistungsbezug ununterbrochen<br />
in einem Betrieb des Dachund<br />
Wandgewerbes gearbeitet.<br />
Fallbeispiel<br />
Max Muster wird am 17. Mai 2012 61<br />
Jahre alt. Seit 30 Jahren ist er in der<br />
Branche tätig. Er verdient CHF 6000 im<br />
Monat. Seit 18 Jahren arbeitet er <strong>für</strong><br />
die Gebäudehüllen AG. Gerne möchte<br />
er von den Leistungen des VRM profitieren.<br />
Er vereinbart mit seinem Arbeitgeber,<br />
dass er ab dem 1. Juni 2012<br />
sein Arbeitspensum um 40% auf noch<br />
60 % reduziert. Somit ergibt sich <strong>für</strong><br />
Max Muster per 1. Juni 2012 folgende<br />
Einkommenssituation:<br />
Betriebe der Gebäudehüllenbranche<br />
das VRM kennen, verlieren Angestellte,<br />
die die Branche wechseln, auch ihre<br />
Ansprüche. «Daher wäre es toll, wenn<br />
das VRM auch in anderen Sparten des<br />
Baunebengewerbes angenommen würde»,<br />
sagt Jürg Lehmann. Ihm ist bekannt,<br />
dass weitere Branchenverbände<br />
vereint mit den Gewerkschaften Unia<br />
und Syna ebensolche Überlegungen<br />
machen. «Für uns Arbeitgeber ist das<br />
VRM natürlich auch eine zusätzliche<br />
finanzielle Belastung», räumt Geschäftsführer<br />
Erwin Plattner ein. «Damit<br />
Zusatzleistung Sparbeitrag BVG<br />
n Der Bezüger einer Überbrückungsrente<br />
hat ab dem 1. Januar 2012<br />
zusätzlich Anspruch auf Beiträge an<br />
die berufliche Vorsorge in Höhe von<br />
16,6 % der gewährten Überbrückungsrente.<br />
n <strong>Die</strong> Beiträge an die berufliche Vorsorge<br />
kompensieren den Verlust von<br />
BVG-Vorsorgeleistungen aufgrund der<br />
Reduktion des Arbeitspensums vor der<br />
ordentlichen Pensionierung.<br />
n Bei Reduktion des Arbeitspensums<br />
verbleibt der Mitarbeitende mit reduziertem<br />
Lohn in der Pensionskasse<br />
seines Arbeitgebers.<br />
n Bei vorzeitiger Pensionierung wird die<br />
berufliche Vorsorge des Mitarbeitenden<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gewerbezeitung</strong><br />
– 11.<br />
Mai 2012<br />
Vorruhestandsmodell im <strong>Schweizerische</strong>n Dach- und Wandgewerbe<br />
kommen wir nun auf 22 Prozent Sozialabgaben<br />
pro Arbeitnehmer», rechnet<br />
der Geschäftsleiter kritisch vor. Für ihn<br />
als Arbeitgeber ist das eine Finanzbelastung,<br />
die beim herrschenden Preisdruck<br />
im Markt kaum mehr zu stemmen<br />
ist. Handkehrum ist auch die Firma<br />
Marx AG vom Problem Nummer<br />
eins der <strong>KMU</strong> betroffen: Fachkräftemangel.<br />
<strong>Die</strong> demografische Entwicklung<br />
auf der einen Seite und der technologische<br />
Fortschritt auf der anderen<br />
fordern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern<br />
die ständige Bereitschaft zur<br />
Weiterbildung. «Es kommen immer<br />
neue Materialien und neue Produkte<br />
auf den Markt, und zusätzlich verschärfen<br />
sich ständig die Sicherheitsanforderungen<br />
– da muss man immer auf<br />
dem neusten Stand bleiben, sonst ist<br />
man ganz schnell draussen», erklärt<br />
Erwin Plattner.<br />
Qualifizierte Mitarbeitende<br />
sind wertvoll<br />
In die notwendigen Weiterbildungen<br />
investieren <strong>KMU</strong> wie die Marx AG viel<br />
Geld. «Es sind nicht nur die Kosten <strong>für</strong><br />
die Teilnahme an mehrtägigen Schulungen,<br />
sondern auch der Lohn, den<br />
ich den Arbeitern weiterzahle, und der<br />
Produktionsausfall, den der Betrieb zu<br />
tragen hat», rechnet Camille Stebler,<br />
Finanz- und Personalchef der Marx AG,<br />
vor. Da ist es naheliegend, dass Firmen<br />
ihre qualifizierten Mitarbeitenden möglichst<br />
lange halten wollen. Dazu kann<br />
das VRM einen Beitrag leisten: Mit einer<br />
Altersteilzeit ist dem Arbeitnehmer<br />
gedient, der mit 60 vielleicht nicht<br />
mehr 100 Prozent arbeiten will oder<br />
kann, gleichzeitig aber nicht auf sein<br />
erreichtes Lohnniveau verzichten will.<br />
Auch dem Arbeitgeber ist gedient,<br />
wenn der erfahrene Mitarbeiter dem<br />
Betrieb bis zum Erreichen des Rentenalters<br />
als motivierte Arbeitskraft erhalten<br />
bleibt.<br />
Sandra Willmeroth<br />
bis zur ordentlichen Pensionierung an<br />
die Stiftung Auffangeinrichtung BVG<br />
übertragen, welche künftige BVG-Vorsorgeleistungen<br />
ausrichten wird.<br />
n <strong>Die</strong> Details regelt die Stiftung VRM<br />
Dach und Wand mit dem Arbeitgeber<br />
und der Pensionskasse des Arbeitgebers<br />
beziehungsweise der Stiftung<br />
Auffangeinrichtung BVG.<br />
n Bei vorzeitiger Pensionierung wird<br />
dem Mitarbeitenden empfohlen,<br />
zwecks Erhalt der AHV-Altersleistungen<br />
selbst <strong>für</strong> die Mindestbeiträge besorgt<br />
zu sein.<br />
n Für die definitiven Leistungen und<br />
deren Voraussetzungen ist ausschliesslich<br />
das Reglement VRM<br />
massgebend.<br />
Berechnungsbeispiel:<br />
Bruttomonatslohn: CHF 6000<br />
Bruttomonatslohn inklusive Anteil 13. Monatslohn CHF 6500<br />
Nettolohn (Annahme Abzug 18 % des Bruttolohnes)<br />
Arbeitszeitreduktion (Beschäftigungsgrad 60 %) 40 % Nettomonatslohn nach der Arbeitszeitreduktion,<br />
CHF 4920<br />
ausbezahlt durch die Gebäudehüllen AG CHF 2952<br />
Überbrückungsrente VRM, ausbezahlt durch die Durchführungsstelle VRM CHF 1820<br />
Monatliches Einkommen ab 1. Juni 2012 CHF 4772<br />
Jährlicher BVG-Sparbeitrag CHF 3625
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gewerbezeitung</strong> – 11.<br />
Mai 2012<br />
<strong>KMU</strong>-WELT 13<br />
SOLARIEN– Immer öfter und lauter werden Sonnenstudios als gesundheitsschädigend angeprangert. Obwohl sich die Nischenbranche<br />
selbst Qualitätsanforderungen auferlegt hat, wollen Präventionspolitiker neue Einschränkungen und Verbote.<br />
Eine ganze Branche unter Beschuss<br />
VERBAND PHOTOMED<br />
Seit 25 Jahren aktiv<br />
Photomed ist der Fachverband der Solarienbranche in<br />
der Schweiz. Er wurde 1987 gegründet und zählt heute<br />
81 Mitglieder. Nebst unabhängigen Sonnenstudios gehören<br />
dazu auch sogenannte Kleinbetriebe (bis 2 Solariumgeräte)<br />
wie Gesundheits-, Wellness- und Fitnesszentren,<br />
Hotels, Hallenbäder, Saunen oder Kosmetiksalons<br />
sowie Händler und Importeure im Bereich Solarien und<br />
Zubehör.<br />
Ziele des Verbands sind unter anderem die fachliche<br />
Aufklärung der Öffentlichkeit über Nutzen und<br />
Risiken der Besonnung; Steigerung der fachlichen<br />
Qualifikation durch Schulungen sowie die Förderung<br />
der Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Anwendern,<br />
Benutzern und Herstellern von Besonnungs- und<br />
Bestrahlungsgeräten.<br />
Photomed unterhält eine Zusammenarbeit mit dem<br />
deutschen Bundesfachverband <strong>für</strong> Besonnung und ist<br />
Miglied des europäischen Verbandes ESA (European<br />
Sunlight Association).<br />
LINK<br />
www.photomed.ch<br />
Wer ein Solarium besucht, setzt<br />
sich einem Gesundheitsrisiko aus;<br />
Hautkrebs und vorzeitige Hautalterung<br />
seien die Folgen. So lautete<br />
der Tenor mehrerer Studien, die<br />
sei 2000 in den Medien gross von<br />
sich reden machten. Entsprechend<br />
wurden Solarien bezüglich Krebsgefährdung<br />
in «Klasse 1» kategorisiert.<br />
Was verschwiegen wird: in dieselbe<br />
«Klasse 1» gehört nebst Arsen, Tabak,<br />
Rotwein und Bier auch das natürliche<br />
Sonnenlicht. Das heisst im Klartext,<br />
es müsste auch vor Badeanstalten<br />
und Sonnenwiesen gewarnt werden.<br />
Seltsame Studien und Vorstösse<br />
Ihren Beginn nahm die grosse Anti-<br />
Solarien-Kampagne mit einer WHO-<br />
Untersuchung über Hautkrebs, die<br />
gezielt prominent veröffentlicht<br />
wurde. Doch nur fünf von 23 behandelten<br />
Studien lieferten statistisch<br />
relevante Ergebnisse und bezogen<br />
sich zudem auf Menschen des hel-<br />
len Hauttyps 1, denen seit je von<br />
Solariumbesuchen abgeraten wird.<br />
Fakten, die man der Öffentlichkeit<br />
nicht kommunizierte. «Unsere Kunden<br />
wurden durch diese Berichte<br />
massiv verunsichert», betont Heinz<br />
Wolf von Photomed, dem schweizerischen<br />
Verband der Solarienbranche.<br />
<strong>Die</strong> Verbots-Geschichte wurde 2005<br />
von der Politik lanciert. Im EU-Parlament<br />
reichten ein griechischer<br />
und ein spanischer Abgeordneter<br />
erfolgreich den Antrag ein, die Solarienbranche<br />
punkto Strahlen-Output<br />
zu regulieren. «In Griechenland gibt<br />
es kein einziges Solarium, in Spanien<br />
nur einige wenige in Grossstädten»,<br />
hält Wolf kopfschüttelnd fest. Den<br />
beiden Politikern sei es einzig darum<br />
gegangen, sonnenhungrige Touristen<br />
in ihr Land zu holen. «So banal kann<br />
es manchmal sein.» In der Folge kam<br />
die EU-Gesetzgebungsmaschinerie<br />
GESUNDHEIT – Weil unsere Winter lang sind, bietet sich das Solarium<br />
als eigentliche Vitamin-D-Tankstelle an.<br />
Ohne Sonnenlicht geht nichts<br />
Sonne ist notwendig <strong>für</strong> Leben<br />
und Gesundheit – daran zweifelt<br />
eigentlich niemand. Doch in den<br />
letzten Jahren geriet die direkte<br />
Sonneneinstrahlung auf Menschen<br />
zunehmend in Verruf (vgl. Hauptartikel).<br />
Vor lauter Warnungen vor<br />
der «bösen» Sonne gingen dabei die<br />
heilenden Kräfte der «guten» Sonne<br />
beinahe vergessen. Wie bei so vielen<br />
helfenden oder heilenden Mitteln<br />
gilt aber auch hier der altbekannte<br />
Grundsatz: Vernunft regiert,<br />
es kommt auf die richtige Anwendung<br />
und vor allem auf die richtige<br />
Dosierung an.<br />
Glückshormone in Bewegung<br />
Sonnenlicht trägt entscheidend zu<br />
unserem Wohlbefinden bei. Das<br />
merkt man spätestens dann, wenn<br />
alljährlich in den «dunklen» Monaten<br />
der Winter-Blues aufkommt.<br />
Guckt die Frühlingssonne wieder<br />
hervor, melden sich die positiven<br />
Gefühle zurück. <strong>Die</strong>se verdanken<br />
wir dem «Sonnenscheinvitamin»<br />
<strong>Die</strong> Schweizer Solarien stehen unter Dauerdruck. Ob die Argumente der Präventionsbürokraten und profilsüchtigen<br />
Politikerinnen stimmen, ist dabei Nebensache.<br />
D, das die Endorphine (Glückshormone)<br />
in Bewegung setzt. Mithilfe<br />
der UVB-Strahlung stellt unsere Haut<br />
Vitamin D her, das einzige Vitamin<br />
übrigens, das der Körper selber produzieren<br />
kann.<br />
Seit gut hundert Jahren weiss die<br />
Medizin, dass Vitamin D unabdingbar<br />
ist <strong>für</strong> starke Knochen, also ein<br />
probates Mittel gegen die früher<br />
weit verbreitete Rachitis. Ansonsten<br />
schrieb man dem Sonnenscheinvitamin<br />
aber keine besonderen heilenden<br />
Eigenschaften zu. Zu Unrecht, wie<br />
neuste Studien und Untersuchungen<br />
beweisen: Vitamin D hilft nicht<br />
nur vorbeugend gegen Osteoporose,<br />
sondern mobilisiert das Immunsystem<br />
gegen Infektionen, schützt<br />
vor Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-<br />
Erkrankungen und Diabetes sowie<br />
vor gewissen Krebsarten. Positive<br />
Ergebnisse mit Vitamin D wurden<br />
zudem bei Asthma, in der Leber-<br />
Forschung, bei Multiple Sklerose<br />
und auf vielen anderen Gebieten<br />
verzeichnet.<br />
ins Rollen. Heute dürfen im EU-Raum<br />
und auch in der Schweiz gemäss Europäischer<br />
Norm (Hausgeräteverordnung)<br />
nur noch neue Solariumgeräte<br />
in Betrieb genommen werden, die<br />
pro Quadratmeter 0,3 Watt abgeben,<br />
anstelle der früheren 0,6 Watt.<br />
Frau Teuschers Täuschung<br />
Was die Schweiz bislang aber noch<br />
nicht kennt, sind erweiterte Rahmenbedingungen,<br />
wie sie beispielsweise<br />
in Deutschland gelten. Doch die helvetischen<br />
Präventionspolitiker stehen<br />
in den Startlöchern. So reichte<br />
die grüne Berner Nationalrätin Franziska<br />
Teuscher 2009 eine Motion<br />
ein, in der sie vom Bundesrat ein<br />
Solarium-Gesetz und ein Solarium-<br />
Verbot <strong>für</strong> Minderjährige verlangte.<br />
Heinz Wolf: «Unsere Bundesbehörden<br />
und gewisse Politiker blicken in<br />
vorauseilendem Gehorsam immer<br />
Weil Vitamin D mit der Nahrung nur<br />
in geringen Mengen aufgenommen<br />
wird, ist eine dosierte Sonnenbestrahlung<br />
<strong>für</strong> den Körper umso wichtiger.<br />
Und hier liegt die Krux: Nicht zuletzt<br />
wegen der teils undifferenzierten<br />
Warnungen leidet heute mehr<br />
als die Hälfte aller Europäer an Vitamin-D-Mangel,<br />
weltweit sind es über<br />
eine Milliarde Menschen. In der Folge<br />
verursachen Vitamin-D-Mangelkrankheiten<br />
jährlich Gesundheitskosten<br />
in Milliardenhöhe.<br />
Kinder brauchen Sonne<br />
Besonders gravierend ist der Mangel<br />
bei – ohnehin sturzgefährdeten<br />
und krankheitsanfälligen – Senioren<br />
und neuerdings auch bei Kindern, die<br />
sich zu selten oder zu gut geschützt<br />
im Freien aufhalten. Bei Letzteren<br />
sind die Folgen mittlerweile so, dass<br />
der deutsche Berufsverband der Kinder-<br />
und Jugendärzte kürzlich an die<br />
Öffentlichkeit und die Eltern appelliert<br />
hat, Kinder «massvoll» an die<br />
Sonne zu schicken. mg<br />
mit einem Auge auf die EU. Aber<br />
man muss doch schauen, ob etwas<br />
<strong>für</strong> die Schweiz auch Sinn macht»,<br />
ärgert sich der Fachmann. So beschränke<br />
sich die Schweizer Branche<br />
auf eine UVB-Bestrahlung pro Röhre<br />
von 0,9 Prozent, während diese in<br />
Deutschland früher bei 1,4 bis 2,5<br />
Prozent lag. In Deutschland besuchen<br />
rund 19 Prozent der Gesamtbevölkerung<br />
gelegentlich ein Solarium,<br />
in der Schweiz nur 10 Prozent.<br />
Regelmässige Solariennutzer bei uns<br />
machten noch 5 Prozent aus, das<br />
heisst sie legen sich im Schnitt 1,5<br />
Mal pro Monat <strong>für</strong> 11,5 Minuten auf<br />
eine Sonnenbank.<br />
Widersprüchliche Studien<br />
Eine im Winter 2010/2011 von Photomed<br />
durchgeführte Kundenbefragung<br />
kommt zum Schluss, dass Solarium-<br />
Kunden hierzulande verantwortungsbewusst<br />
sind. <strong>Die</strong> beiden Hauptkritikpunkte,<br />
dass Solarium-Besucher<br />
immer jünger werden und Solarien<br />
Sonnenbrände verursachen würden,<br />
konnten klar wiederlegt werden.<br />
Lediglich 1,3 Prozent der Benutzer<br />
sind unter 18 Jahre alt. Der freiwillige<br />
Hinweis «Zutritt ab 18 Jahren», den<br />
die Photomed-Studios beim Eingang<br />
anbringen, wird also befolgt.<br />
Während sich im Solarium 17 Prozent<br />
einmal einen Sonnenbrand holten,<br />
hatten 63 Prozent der Befragten<br />
schon einen Sonnenbrand im Freien<br />
– 53 Prozent davon mehrmals.<br />
Bei einer fast zur gleichen Zeit im<br />
Auftrag des emsigen Bundesamtes<br />
<strong>für</strong> Gesundheit (BAG) durchgeführten<br />
Studie sieht das Resultat ganz<br />
anders aus. Sie nennt <strong>für</strong> junge Solariumbesucher<br />
Zahlen zwischen 24<br />
Prozent (wöchentlich) und 49 Prozent<br />
(einmal pro Monat). Nur: in dieser<br />
Studiengruppe wurden unverständlicherweise<br />
«Jugendliche» von<br />
16–25 Jahren zusammengefasst!<br />
Bestätigt wird von der BAG-Studie<br />
die Anzahl Sonnenbrände, es werden<br />
jedoch keine Vergleichszahlen zu<br />
Sonnenbränden im Freien genannt.<br />
Aus durch Präventionsgesetz?<br />
<strong>Die</strong> von viel Publicity begleitete<br />
Motion der Jugendretterin Teuscher<br />
wurde damals vom Bundesrat in<br />
dieser Form zwar abgelehnt. Doch<br />
Photomed be<strong>für</strong>chtet, dass analoge<br />
Postulate in anderen Gesetzen (z.B.<br />
Strahlenschutz) aufgenommen werden;<br />
zudem könnte das umstrittene<br />
Präventionsgesetz eine Grundlage<br />
<strong>für</strong> weitere Einschränkungen bieten.<br />
«Sollte ein explizites Verbot <strong>für</strong><br />
Minderjährige kommen, bedeutet<br />
das das Aus <strong>für</strong> die Sonnenstudios»,<br />
erklärt Heinz Wolf. Denn die grosse<br />
Mehrheit der Studios in der Schweiz<br />
sind Selbstbedienungsbetriebe, und<br />
trotz der äusserst kleinen Anzahl<br />
Besucher in dieser Alterskategorie,<br />
müssten Kontrollen eingeführt werden.<br />
«Solche Personalkosten kann<br />
sich kein Studio leisten, geschweige<br />
denn die möglichen Bussen.» Für<br />
Photomed ist es deshalb sehr wichtig,<br />
den 2011 vom Verband aufgestellten<br />
Qualitätsanspruch auch durchzusetzen;<br />
ab 2013 will man eigene Kontrollen<br />
durchführen. «Denn», so Wolf,<br />
«wir müssen der Kritik begegnen und<br />
alles unternehmen, damit wir nicht<br />
verwundbar sind.» Photomed will<br />
auch noch versuchen, die bisherigen<br />
«freien» Studios, die öfters die Regeln<br />
verletzten, <strong>für</strong> einen Verbandsbeitritt<br />
zu gewinnen.<br />
Es trifft halt die Kleinen...<br />
Ein Fakt bleibt so oder so: Von den<br />
insgesamt 14800 Solariumgeräten<br />
in der Schweiz werden nur 4800<br />
kommerziell eingesetzt – die restlichen<br />
10 000 (67,5 Prozent ) stehen<br />
bei Privaten, wo keine Regulierungen<br />
gelten. «Es ist widersinnig, eine<br />
Branche zu attackieren, die ihre Bestmögliches<br />
tut, während die Privaten<br />
machen können, was sie wollen»,<br />
fasst Heinz Wolf zusammen. «Aber es<br />
ist einfach, auf einen kleinen Marktteilnehmer<br />
einzudreschen, der sich<br />
nicht gross wehren kann.»<br />
Marianne Grossenbacher<br />
Heinz Wolf (56) ist Vizepräsident von Photomed. Als Geschäftsführer leitet er<br />
die at the beach AG, ein Solarienunternehmen, das 18 Zentren (hauptsächlich<br />
im Kanton Zürich) betreibt.
14<br />
IT FÜR <strong>KMU</strong><br />
MESSE TOPSOFT – <strong>Die</strong> topsoft in Zürich vermittelte Anregungen <strong>für</strong> einen optimalen IT-Einsatz im Unternehmen.<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gewerbezeitung</strong><br />
– 11.<br />
Mai 2012<br />
Business Software:<strong>Die</strong> Trends 2012<br />
ANZEIGE<br />
Unter dem diesjährigen Leitmotiv<br />
«Ideen, Impulse und Innovationen»<br />
wurden an der topsoft in der Messe<br />
Zürich IT-Lösungen, Services sowie<br />
Infrastruktur präsentiert, die sich eng<br />
am Bedarf von <strong>KMU</strong> orientieren. Folgende<br />
Trends waren an der diesjährigen<br />
<strong>Ausgabe</strong> tonangebend:<br />
«Software as a Service»<br />
Beim SaaS-Modell werden sowohl<br />
Software als auch die gesamte IT-Infrastruktur<br />
von einem externen<br />
<strong>Die</strong>nstleister betrieben und dem Kunden<br />
als Service zur Verfügung gestellt.<br />
Als Teilbereich des Cloud-Computings<br />
gewinnt SaaS, zunehmend an Bedeutung,<br />
vor allem seit die Daten wie bei<br />
Swisscom IT Services und weiteren<br />
Anbietern in der Schweiz bleiben.<br />
Cloud-Integratoren<br />
Erwartung meets Realität: <strong>Die</strong> ersten<br />
Erfahrungen mit Cloud-Computing<br />
sind gemacht. Während viele <strong>KMU</strong><br />
seit Jahren private Cloud-Konzepte<br />
<strong>für</strong> ihr Unternehmen betreiben, bestehen<br />
gegenüber der sogenannten<br />
Public Cloud jedoch noch Vorbehalte.<br />
An der topsoft wurden unter anderem<br />
von myfactory und Comarch-<br />
Cloud-Integrationen vorgestellt sowie<br />
anlässlich des Praxis-Forums «Business<br />
Software as a Service».<br />
Business Intelligence<br />
Im Rahmen der Kostenoptimierung<br />
bzw. des Kostendrucks suchen viele<br />
<strong>KMU</strong> den Schlüssel zum Erfolg in Business<br />
Intelligence (BI). Als unternehmensweites<br />
Konzept erlaubt BI die<br />
Analyse und das automatisierte Reporting<br />
von in der Firma gespeicherten<br />
Daten. <strong>Die</strong> auf diese Weise gewonnenen<br />
Erkenntnisse lassen sich <strong>für</strong> Managemententscheidungen<br />
nutzen. Es<br />
ist selbstredend, dass dieses Wissen<br />
mit der Qualität der aufbereiteten Daten<br />
steht und fällt. Einblicke in BI boten<br />
an der topsoft Heyde, Comarch<br />
sowie das Praxis-Forum «BI <strong>für</strong> <strong>KMU</strong>».<br />
Business-getriebene Projekte<br />
nehmen zu<br />
Bei IT-Lösungen wird die betriebswirtschaftlich-organisatorische<br />
Sicht<br />
zunehmend von der darunterliegenden<br />
technischen Komplexität entkoppelt,<br />
der entsprechende Ansatz<br />
ist somit Business-getrieben und<br />
nicht IT-forciert.<br />
Geballte Kompetenz präsentierte sich den Besuchern der topsoft in Zürich.<br />
Im Rahmen von IT-Konkret Fallstudien<br />
und der Messe ONE wurden an<br />
der topsoft Business-getriebene Projekte<br />
erläutert.<br />
Vermehrt Prozessberatung auch<br />
in <strong>KMU</strong>-Projekten<br />
<strong>Die</strong> Prozessberatung, das sogenannte<br />
Business Process Redesign (BPR),<br />
hat die Optimierung von Geschäftsprozessen<br />
zum Ziel in Form von Qualitätsverbesserungen<br />
und Prozessvereinfachungen.<br />
<strong>Die</strong> IT-Messe topsoft bot den zahlreichen<br />
Besuchern am 9. und 10. Mai<br />
in Zürich dazu Beratungsdienstleistungen<br />
sowie Unterstützung bei Evaluationen<br />
und Projektbegleitungen.<br />
Am 9. und 10.<br />
Mai drehte sich<br />
an der topsoft in<br />
der Messe Zürich<br />
alles um Business-Software<br />
und um Web-<br />
Business.<br />
BILDER: TOPSOFT<br />
Branchen im Fokus<br />
Da <strong>KMU</strong> nach einem Anbieter von<br />
IT-Lösungen mit Branchenerfahrung<br />
und Business-Expertise verlangen,<br />
richten sich viele Anbieter je länger,<br />
desto mehr vertikal auf die jeweiligen<br />
Bedürfnisse aus.<br />
An der topsoft veranschaulichten dies<br />
diverse spezialisierte IT-Unternehmen<br />
sowie als Praxiswissen <strong>für</strong> Anwender<br />
im Rahmen von IT-Konkret.<br />
Weitere generelle Trends, die sich an<br />
der topsoft in Zürich identifizieren<br />
liessen, betreffen die Effizienzsteigerung,<br />
die Agilität der Software auf<br />
Business-Veränderungen, aber auch<br />
die Tatsache, dass IT-Verantwortliche<br />
zunehmend als «Businesspartner» gefordert<br />
werden. stö<br />
LINK<br />
www.topsoft.ch<br />
TOPSOFT<br />
Software <strong>für</strong> <strong>KMU</strong><br />
im Mittelpunkt<br />
<strong>Die</strong> 12. Auflage der topsoft überzeugte<br />
diese Woche in der Messe<br />
Zürich mit zahlreichen Events und der<br />
ersten Austragung des Swiss E-Commerce<br />
Award (Gewinner bei Redaktionsschluss<br />
dieser <strong>Ausgabe</strong> noch<br />
nicht bekannt). Das Themenspektrum<br />
der über 120 Aussteller reichte von<br />
ERP- und CRM-Systemen über Dokumentenverwaltung<br />
bis hin zu Individualentwicklungen.<br />
Livecontest: Systeme<br />
im direkten Vergleich<br />
Zum ersten Mal konnten die Besucher<br />
im Rahmen von Livecontests mehrere<br />
Systeme direkt miteinander vergleichen.<br />
Anhand von vorgegebenen<br />
Szenarien sowie unvorbereiteten<br />
Beispielen stellten sich verschiedene<br />
ERP- und CRM-Anbieter der direkten<br />
Konkurrenz. Praxis-Foren <strong>für</strong> <strong>KMU</strong> zu<br />
den Themen Business-Intelligence und<br />
Cloud-Computing machten die topsoft<br />
unter dem Leitmotiv «Ideen, Impulse<br />
und Innovationen» erneut zu einem<br />
schweizweit einmaligen Anlass.<br />
Premiere: Messe ONE<br />
Parallel zur topsoft feierte die Messe<br />
ONE in Zürich Premiere. Mit der ONE<br />
verfügt die Schweiz endlich wieder<br />
über eine repräsentative Leistungsschau<br />
über alle Disziplinen des Online<br />
Business hinweg. Im Rahmen der<br />
grössten Internetkonferenz der<br />
Schweiz referierten Experten zu<br />
Themen wie Social Media, E-Commerce,<br />
Cloud-Computing, Suchmaschinenoptimierung<br />
oder Business mit<br />
mobilen Anwendungen u.v.a.m. stö
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gewerbezeitung</strong> – 11.<br />
Mai 2012<br />
IT FÜR <strong>KMU</strong> 15<br />
BEAT BUSSMANN – Der CEO der Krienser Opacc Software AG nimmt Stellung zu Trends, aber auch zu Stolpersteinen rund um<br />
Business-Software und erklärt, was er unter <strong>KMU</strong>-freundlich versteht.<br />
«Viele Prozesse auf kleinem Raum»<br />
ANZEIGE<br />
<strong>Gewerbezeitung</strong>: Herr Bussmann,<br />
wie sieht eine moderne ERP-Lösung<br />
mit integriertem CRM aus?<br />
n Beat Bussmann: <strong>Die</strong> ersten CRM-<br />
Benutzer waren mit wenigen Informationen<br />
und Funktionen zufrieden<br />
und erfolgreich. Inzwischen hat aber<br />
eine grosse Inflation an benötigter<br />
Funktionalität eingesetzt. <strong>Die</strong>se hat<br />
dazu geführt, dass ein Vielfaches an<br />
Daten benötigt und gesammelt wird.<br />
Viele dieser Daten sind in den ERP-<br />
Systemen vorhanden. Somit wurde<br />
auch der Druck zur Integration <strong>für</strong> bestehende<br />
«Offline CRM» immer grösser.<br />
Und diese Integration ist mit zahlreichen<br />
Stolpersteinen verbunden.<br />
«VIELE GLAUBEN IMMER<br />
WIEDER, DASS <strong>KMU</strong><br />
AUCH KLEINE UND MITT-<br />
LERE ANFORDERUNGEN<br />
HABEN.»<br />
Wie räumen Sie bei Opacc diese<br />
Stolpersteine aus dem Weg?<br />
n Mit der Software-Familie Opacc-<br />
One haben wir einen radikalen Weg<br />
gewählt: Statt Dritt-CRM-Systeme<br />
über Schnittstellen anzubinden, haben<br />
wir selber ein CRM realisiert.<br />
<strong>Die</strong>ses verwendet von Anfang an die<br />
«Benutzer lassen sich heute praktisch<br />
weltweit an ein System in der<br />
Schweiz anschliessen»: Beat Bussmann,<br />
CEO Opacc Software AG.<br />
BILD: OPACC<br />
Daten und Funktionen des ERP<br />
(OpaccOne BackOffice) mit. Somit<br />
stehen dem CRM-Benutzer alle verfügbaren<br />
Kundeninformationen aktuell<br />
und sicher zur Verfügung.<br />
Was sollte dabei eine <strong>KMU</strong>-freundliche<br />
Lösung auszeichnen?<br />
n Viele verfallen immer wieder der<br />
Meinung, dass <strong>KMU</strong> auch kleine und<br />
mittlere Anforderungen haben. Dem<br />
ist nicht so. Ganz im Gegenteil. Hier<br />
findet sich oft auf kleinem Raum ei-<br />
ne Vielzahl von Prozessen und Daten.<br />
Eine <strong>KMU</strong>-freundliche Lösung<br />
muss diese abbilden können. Und<br />
zwar so, dass die realisierte Lösung<br />
flexibel bleibt und den Anschluss an<br />
neue Versionen nicht verpasst. Ein<br />
<strong>KMU</strong> kommt ja nicht wirklich vorwärts,<br />
wenn es alle fünf Jahre die<br />
Software wechseln muss!<br />
Auch <strong>KMU</strong> expandieren immer<br />
mehr ins Ausland. Folgt ihnen<br />
dabei die Business-Software?<br />
n Dank der explosionsartig gestiegenen<br />
Bandbreiten in der elektronischen<br />
Kommunikation ist dies heute<br />
deutlich einfacher geworden als noch<br />
vor zehn Jahren. Benutzer lassen sich<br />
heute praktisch weltweit an ein System<br />
in der Schweiz anschliessen.<br />
Und welches sind die besonderen<br />
Anforderungen beim Schritt ins<br />
Ausland?<br />
n Der Haken dabei ist natürlich,<br />
dass die Schweizer Lösung dann<br />
auch die zusätzlichen Anforderungen,<br />
welche durch die Internationalisierung<br />
entstehen, erfüllen muss.<br />
OpaccOne beispielsweise erfüllt diese<br />
Anforderungen im Standard. Zusätzlich<br />
stehen umfangreiche Möglichkeiten<br />
zur Verfügung, um selbst<br />
bei rechtlich selbständigen Unternehmen<br />
Daten und Prozesse unter-<br />
nehmensweit zu vereinheitlichen<br />
und zu automatisieren.<br />
E-Commerce wird <strong>für</strong> immer mehr<br />
<strong>KMU</strong> zum Thema. Was soll eine<br />
E-Commerce-Lösung leisten?<br />
n Es geht ja darum, Kunden elektronisch<br />
zu integrieren. <strong>Die</strong> häufigste<br />
Integration sind WebShops. Hier<br />
macht es einen grossen Unterschied,<br />
ob es um die Integration eines Unternehmens<br />
(Business to Business)<br />
oder einer Privatperson (Business to<br />
Consumer) geht:<br />
«WIR ARBEITEN BEI DEN<br />
WEBBASIERTEN ANWEN-<br />
DUNGEN SEIT JAHREN<br />
MIT ROLLENBEZOGENEN<br />
KONZEPTEN.»<br />
n Im Business-to-Business-Bereich<br />
wollen unsere Kunden in ihren Web-<br />
Shops möglichst 1:1 Informationen<br />
bieten (konditionierte Preise, letzte<br />
Bestellungen, eigene Favoriten, Unterstützung<br />
der Kunden-Barcode-Systeme,<br />
Kreditverkäufe etc.).<br />
n Im Business-to-Consumer-Bereich<br />
gehen die aktuellen Anforderungen<br />
klar Richtung Online-Marketing (Suchmaschinen-Optimierung,Online-Kam-<br />
pagnen, dynamische und kontextbezogene<br />
Produktvorschläge etc.).<br />
Beim E-Commerce geht der Trend<br />
in Richtung rollenbezogene Konzepte.<br />
Was ist darunter zu verstehen?<br />
n Meist wird ein Benutzer einer oder<br />
mehreren Rollen zugeteilt. Aufgrund<br />
seiner Rollenzugehörigkeit werden<br />
dann die da<strong>für</strong> vorgesehenen Funktionen<br />
angeboten. Ebenfalls wird die<br />
Datensicht oft der Rolle angepasst.<br />
So sieht beispielsweise ein Mitarbeiter<br />
nur seine Bestellungen, während<br />
sein Chef alle Bestellungen sieht. <strong>Die</strong>se<br />
Konzepte machen sehr viel Sinn.<br />
Wir arbeiten bei den webbasierten<br />
Anwendungen seit Jahren erfolgreich<br />
damit. Interview: stö<br />
LINK<br />
www.opacc.ch<br />
DAS UNTERNEHMEN<br />
Opacc Software AG ist eine Software-<br />
Entwicklerin und IT-Fullservice-Anbieterin<br />
<strong>für</strong> Business-Automation. Das in<br />
Kriens LU domizilierte Unternehmen<br />
bietet umfassende Informatik-Gesamtlösungen<br />
<strong>für</strong> Verkauf, Warenwirtschaft,<br />
Einkauf, Service- und Kundendienst<br />
und Finanzen an.
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gewerbezeitung</strong> – 11.<br />
Mai 2012<br />
INNOVATION 17<br />
INNOVATION – Der traditionell innovative Schweizer Familienbetrieb Kuhn Rikon macht mit neuem Steamer international Furore.<br />
Zaubern? Gern –aber bitte relaxed!<br />
Kuhn Rikon ist quasi ein Synonym<br />
zum Begriff «Swiss Made». SQS-ISO-<br />
9001-zertifiziert seit 25 Jahren, wurde<br />
das Unternehmen schon zweimal<br />
als «stärkste Marke der Schweiz»<br />
ausgezeichnet. Nun macht der Familienbetrieb<br />
mit einer Innovation<br />
Furore. Er will mit einem Power-<br />
Steamer das Kochen im Haushalt<br />
revolutionieren.<br />
Bequem, schonend und energiesparend<br />
soll das Kochen werden. Das<br />
Gerät dazu heisst «Duromatic Relax»,<br />
der erste Powersteamer mit<br />
Touch-Screen-Bedienung <strong>für</strong> den<br />
Haushalt. Und die Bezeichnung «Relax»<br />
ist zugleich Programm: Ganz<br />
relaxed raffinierte Gerichte hinzaubern,<br />
ohne komplizierte Bedienungsanleitung.<br />
Gekocht wird mit<br />
1 bar Druck bei 120 Grad Celsius.<br />
<strong>Die</strong> Dampfgarung garantiert schonendes<br />
Erhitzen der Speisen. Das<br />
Einbaugerät benötigt nur eine<br />
230-Volt-Steckdose und ein Wasseranschluss<br />
ist nicht nötig.<br />
Touch and forget<br />
KUHN RIKON AG<br />
«Fast einzigartig in der Küchenwelt<br />
ist der farbige Touch Screen», erklärt<br />
Rolf Zeindler, Leiter Entwicklung und<br />
Produktion bei Kuhn Rikon. Und das<br />
geht so: Man treffe auf dem Touchscreen<br />
aus einer Menu-Liste seine<br />
Wahl. Das Gerät «quittiert» mit einem<br />
Zeit- und Temperaturvorschlag, der<br />
je nach Gusto abgeändert werden<br />
kann. Man drücke auf «Start» – und<br />
schon läuft alles automatisch. <strong>Die</strong><br />
Bedienung ist also denkbar einfach.<br />
«Touch and forget», simples Handling<br />
in der Küche und erst noch auf hohem<br />
qualitativen Niveau. Überzeugend<br />
auch die Energiebilanz mit Einsparungen<br />
pro Gericht von bis zu 70<br />
Prozent. «Relax» ist zudem auch zum<br />
Sterilisieren geeignet. Das Gerät kosten<br />
5900 Franken.<br />
Mit Hauptsitz und Produktionsstandort in Rikon (ZH)<br />
und Tochtergesellschaften in Grossbritannien, Spanien,<br />
USA und Singapur entwickelt, produziert und vertreibt<br />
Kuhn Rikon AG qualitativ hochwertiges Kochgeschirr<br />
und Zubehör von bester Schweizer Qualität. Kuhn<br />
Rikon-Produkte sind weltweit in über 40 Ländern an<br />
3600 Verkaufspunkten erhältlich. Beschäftigt werden<br />
180 Mitarbeitende. In der Entwicklungsabteilung sind je<br />
vier Ingenieure und Industriedesigner tätig.<br />
ANZEIGE<br />
MARKTPLATZ<br />
PERSONENWAGEN<br />
NUTZFAHRZEUGE<br />
Kochen auf den Punkt gebracht: Der Duromatic Relax des innovativen Familienbetriebs Kuhn Rikon machts möglich.<br />
Eigene Stärke gestärkt<br />
Kochen unter Druck ist seit den 50er-<br />
Jahren das zentrale Thema von Kuhn<br />
Rikon. Rolf Zeindler: «Jetzt bringen<br />
wir ein Cleantech-Gerät in die Haushalte,<br />
das den gängigen drucklosen<br />
Steamern weit überlegen ist.» Der<br />
Weg dahin war neu, spannend und<br />
aufwändig. 2005 begannen erste Versuche.<br />
Danach wurde die ursprüngliche<br />
Idee in Kooperation mit der<br />
Angewandten Forschung weiterentwickelt.<br />
Gemäss CEO Christof Gassner<br />
erwies sich diese Zusammenarbeit<br />
als «notwendig, ratsam und<br />
strategisch klug». Der Grund: «Relax»<br />
verkörpert moderne Mechatronik<br />
die Verbindung von Mechanik, Elektronik<br />
und IT am selben Objekt. Mechatronik<br />
war bis zu diesem Zeitpunkt<br />
aber noch nicht Kernkompetenz<br />
von Kuhn Rikon. Genau deshalb<br />
ergab sich der Bedarf nach einer un-<br />
ZU VERKAUFEN<br />
%gyDp+7z8%kH%wDlO%aZ+0"xrW%K6%4g1.a%Si+15Twk%Ah%"n'.S%Bp+QC4P4Xx%cB%tGrKfDJX%dE%m95Xi-joELD=-a6-kx6DaZ7Xa%uz%OV3g%E7%xOBH=L%W8mHx-Cc3gqn-IJ-ayJqIswHI.NuX%bD%VFUj8f%IZ%HfIFM8iLUQL%dhck7.Cq/%Xn%JlXzAuIEL8E%Sy%j9SN'ZBwUefI%bAu=4.zc=%I'%7CIFM8DjBnLW%E7%xOcHFL%W83qN+vIc+bE+o3%RqDr%Osx7+A=4U+ev=1%qQ%gwA8LT%tV<br />
IT/TELEKOMMUNIKATION<br />
%"0g1+bnI%K6%4gh8%7S%tV'8r-sASdRc-lk-/jkRlOy8l%U3%9nDp%Sy<br />
befangenen Aussensicht durch Wissenschafter.<br />
Und daraus resultierten<br />
laut Zeindler «viele Learnings»: «Hilfreich<br />
war, dass die Basiserfordernisse<br />
aus dem Qualitätsmanagement<br />
mit sehr geringem Aufwand an die<br />
neuen Verhältnisse adaptiert werden<br />
konnten. Man musste etwa nicht lange<br />
überlegen, wie die neue Montage-<br />
Linie aufzubauen ist und wie die<br />
hoch kalibrierte Qualitätssicherung<br />
des neuen Gerätes gewährleistet<br />
wird.»<br />
«Investition in Standort Schweiz»<br />
Entscheidend in jeder Projektphase<br />
war die Rückendeckung aus dem Verwaltungsrat<br />
und aus der Besitzerfamilie,<br />
welche – wie CEO Christof<br />
Gassner unterstreicht – «die langfristigen<br />
Perspektiven aus dieser Innovation<br />
im Fokus hat». Das entspricht<br />
gemäss Gassner der Firmenphiloso-<br />
phie: «Als innovatives Unternehmen<br />
stellen wir systematisch Ressourcen<br />
<strong>für</strong> Entwicklungen zur Verfügung,<br />
bei denen wir den Erfolg nicht von<br />
Anfang an abschätzen können.» In<br />
der Tat: «Relax» ist eines der grössten<br />
Entwicklungsprojekte, das Kuhn Rikon<br />
in den letzten zwanzig Jahren<br />
aufgelegt hat. Das Investment ist beträchtlich,<br />
das Formen des Teams,<br />
die Entwicklungskosten, der Aufbau<br />
der Montage-Linie, die Vorbereitungen<br />
<strong>für</strong> den Markteintritt usw. «<strong>Die</strong>ses<br />
Projekt ist eine Investition in den<br />
Standort Schweiz.»<br />
«<strong>Die</strong> Idee ist der Knochen»<br />
«Entstanden ist das Projekt im ‹Melting<br />
Pot› unseres Innovationsmanagements»,<br />
sagt Entwicklungschef<br />
Zeindler. «Wir haben stets mehr<br />
Ideen, als wir realisieren können.»<br />
Woher die Inputs auch immer kom-<br />
men, entscheidend ist deren sorgfältige<br />
Kanalisierung. Kuhn Rikon hat<br />
keinen Innovationsmanager. Industrie-Design,<br />
Engineering und Produkt-Management<br />
arbeiten gemeinsam<br />
an Innovationen. ID-Leiter und<br />
PM-Leiter sammeln die Ideen und<br />
machen eine Triage. Zeindler: «<strong>Die</strong><br />
Idee ist quasi der Knochen. Erst im<br />
Projekt gibt’s das Fleisch dazu mit<br />
Fragen wie: Können wir das produzieren?<br />
Will der Markt das? Hat die<br />
Idee Potenzial? Dabei beziehen wir<br />
immer den Verkauf und Schlüsselkunden<br />
ein.» Und schon in der Entwicklungsphase<br />
steht bei Kuhn Rikon<br />
nicht nur Innovation, sondern<br />
auch Qualität täglich auf der Agenda,<br />
denn es geht ja um das Anspruchsniveau<br />
der Marke.<br />
Q-Management stärkt Marke<br />
Auch <strong>für</strong> das «Relax»-Projekt gilt:<br />
Qualität beginnt bei Kuhn Rikon<br />
schon ganz am Anfang. Qualität wird<br />
bereits im Industrie-Design definiert.<br />
In der Entwicklung wird gefragt nach<br />
Produktenutzen, Design, Kosten,<br />
Marktchancen usw. Am Schluss wird<br />
geprüft, ob der definierte Qualitätslevel<br />
vorhanden ist. Rolf Zeindler:<br />
«Allfällige Qualitätsprobleme orten<br />
wir laufend anhand der Fehlerquote.<br />
Wir wissen immer Bescheid.» Zuständig<br />
<strong>für</strong> das Qualitätsmanagement<br />
ist der QM-Leiter mit zwei Mitarbeitern<br />
<strong>für</strong> Qualitätssicherung in<br />
der Produktion und im Labor.<br />
«Q-Management betrachten wir als<br />
Plattform, die sicherstellt, dass das<br />
Tagesgeschäft in geordnetem Rahmen<br />
in klaren Prozessen abläuft»,<br />
sagt der Leiter der Produktion. ISO<br />
9001 hat den Vorteil, dass das Ganze<br />
in Prozessen gestaltet, dokumentiert<br />
und überprüft wird. Im Zusammenhang<br />
mit der Innovation «Relax»<br />
wurde der gesamte Entwicklungsprozess<br />
nochmals hinterfragt und,<br />
wo nötig, angepasst. Für Rolf Zeindler<br />
bilden «das Zertifikat wie auch<br />
der Zertifizierungsprozess eine<br />
selbstverständliche Basis <strong>für</strong> das Geschäft.<br />
Der Markt sieht das nicht anders:<br />
Und beim Powersteamer ‹Relax›<br />
ist das genauso.» mtw<br />
LINK<br />
www.kuhnrikon.ch
18<br />
SERVICE<br />
Bei grossen Aufgaben darf man vor lauter Angst das Denken nicht ausschalten und das Ziel aus den Augen verlieren.<br />
ARBEITSPROZESS – Viele Menschen reagieren ängstlich, wenn sie vor neuen Herausforderungen<br />
stehen. Das muss aber wirklich nicht sein, findet Arbeitspsychologin Sabine Prohaska.<br />
Mit Coolness zum Erfolg<br />
In der heutigen Arbeitswelt sind völlig<br />
neue Aufgaben und Herausforderungen<br />
an der Tagesordnung. Es gibt<br />
Veränderungen, weil die Unternehmen<br />
die Arbeitsprozesse neu strukturieren<br />
oder auf andere Technologien<br />
umsteigen wollen bzw. müssen.<br />
Oder es sollen neue Kundengruppen<br />
oder Marktsegmente erschlossen<br />
werden. Entsprechend häufig sehen<br />
sich Mitarbeitende aller Stufen mit<br />
neuen Aufgaben konfrontiert. Ihre<br />
erste Reaktion ist oft Angst oder gar<br />
Panik, denn sie müssen Neuland betreten<br />
und gewohnte Handlungsweisen<br />
aufgeben. «In der Regel sind die<br />
ARBEITSALLTAG<br />
Pausen sind im Sport normal und<br />
notwendig. Nur wer nach dem Training<br />
und Wettkampf ausreichend<br />
und richtig regeneriert, kann sich<br />
erholen, neue Kraft schöpfen und<br />
Höchstleistungen erbringen. Doch im<br />
Arbeitsleben werden Pausen oft als<br />
Schwächen angesehen, kritisiert Ingo<br />
Froböse vom Zentrum <strong>für</strong> Gesundheit<br />
der Deutschen Sporthochschule Köln.<br />
«Erholung gilt als absoluter Luxus,<br />
und <strong>für</strong> Regeneration ist in unserer<br />
Leistungsgesellschaft kein Platz.<br />
Dabei sind Pausen im Arbeitsalltag<br />
genauso wichtig wie im Sport.»<br />
Nur wer ausreichend Pausen macht,<br />
könne Höchstleistungen erzielen. «Regeneration<br />
bedeutet, sich physisch<br />
Be<strong>für</strong>chtungen unbegründet», findet<br />
die erfahrene Unternehmensberaterin<br />
und Arbeitspsychologin Sabine Prohaska.<br />
Neun recht einfache Tipps<br />
<strong>Die</strong> Österreicherin, die zuletzt durch<br />
ihr Buch «Erfolgreich im Training!»von<br />
sich reden machte, gibt neun Tipps,<br />
wie man schwierige Aufgaben entspannter<br />
angeht und höchstwahrscheinlich<br />
auch erfolgreich bewältigt.<br />
n Machen Sie sich bewusst, wie viele<br />
Herausforderungen Sie in Ihrem<br />
Leben schon gemeistert haben. Zum<br />
Beispiel eine Ausbildung, sich im Be-<br />
und psychisch von vorausgegangenen<br />
Belastungen zu erholen», betont der<br />
Wissenschaftler. «Der Organismus<br />
ist nach einem stressigen Arbeitstag<br />
ohne ausreichende Pausen extrem anfällig<br />
<strong>für</strong> Infektionen.» Weitere Folgen<br />
seien unter anderem psychische Überbelastung,<br />
Verspannungen, Aufmerksamkeitsdefizite,<br />
Rückenschmerzen<br />
und Durchblutungsprobleme.<br />
Während Sportler einen Wettkampfkalender<br />
mit klaren Leistungshöhepunkten<br />
haben, muss man in der<br />
Firma jeden Tag maximale Leistung<br />
bringen. «Kein Wunder, dass Probleme<br />
oft erst in den Ferien zum Vorschein<br />
kommen», sagt Froböse. Wichtig sei,<br />
mehrfach am Tag Pausen zu ma<br />
ruf behauptet, Kinder erzogen, eine<br />
tolle Beziehung geführt, Krankheiten<br />
bewältigt und, und, und... Es gibt<br />
mehr Dinge im Leben, auf die Sie<br />
stolz sein können, als Sie glauben.<br />
n Führen Sie sich vor Augen, wie viele<br />
Dinge Sie in Ihrem Leben schon<br />
gelernt haben. Zum Beispiel laufen,<br />
Autofahren, mit dem PC umgehen,<br />
Freundschaften schliessen und, und,<br />
und...<br />
n Geraten Sie bei neuen Herausforderungen<br />
nicht in Panik. Rufen Sie<br />
sich vielmehr in Erinnerung, was Sie<br />
in Ihrem Leben schon gemeistert und<br />
gelernt haben, obwohl Sie teilweise<br />
Erholung durch Pausen ist nicht nur im Sport wichtig<br />
ANZEIGE<br />
chen – am besten sogar mit ein wenig<br />
Bewegung. Dazu müsse man nicht<br />
zwangsläufig auf den Sportplatz oder<br />
in die Trainingshalle. Auch am Arbeitsplatz<br />
lasse sich mit Gymnastik und<br />
Entspannungsübungen viel erreichen.<br />
Er empfiehlt ausserdem, ausgiebige,<br />
arbeitsfreie Mittagspausen an der frischen<br />
Luft zu geniessen. «Sie beleben<br />
Körper und Geist und aktivieren den<br />
Stoffwechsel. 20 Minuten spazieren<br />
gehen ist Balsam <strong>für</strong> die Leistung.»<br />
Das Wochenende sollte nicht als<br />
Arbeitszeit eingeplant werden, sondern<br />
zur Erholung genutzt werden. Im<br />
Urlaub sollte die Erreichbarkeit auf ein<br />
Minimum oder – wenn möglich – komplett<br />
reduziert werden.<br />
zunächst dachten «Das schaffe ich<br />
nicht». Das steigert Ihre Zuversicht,<br />
dass Sie eventuell auch die neue<br />
Herausforderung meistern können.<br />
Kühle Analyse hilft<br />
n Analysieren Sie, unter welchen Voraussetzungen<br />
Sie die neue Herausforderung<br />
eventuell doch lösen könnten.<br />
Zum Beispiel, wenn Sie mehr<br />
Zeit hätten. Oder wenn Sie einen Unterstützer<br />
hätten. Oder wenn ....<br />
n Scheuen Sie sich nicht, sich und<br />
anderen einzugestehen: «Ich brauche<br />
Unterstützung.» Zum Beispiel in<br />
Form eines Experten, der Ihnen zur<br />
Seite steht und/oder Sie entlastet.<br />
Oder in Form bestimmter Werkzeuge<br />
und Tools, die Ihnen die Arbeit erleichtern.<br />
Oder in Form von Ermutigung<br />
– durch Freunde, Bekannte oder<br />
Kollegen.<br />
n Zergliedern Sie die «Mammut-Aufgabe»<br />
in viele Teilaufgaben, die es zu<br />
erledigen gilt, um das grosse Ziel X<br />
zu erreichen. Erstellen Sie <strong>für</strong> sich<br />
einen Arbeitsplan, bis wann Sie welche<br />
Teilaufgaben alleine oder mit Unterstützung<br />
erledigen.<br />
Ja nicht zu früh aufgeben<br />
n Werfen Sie die Flinte nicht ins Korn,<br />
wenn etwas nicht auf Anhieb klappt.<br />
Denken Sie stets daran: Das Autofahren,<br />
das Arbeiten mit dem PC und<br />
vieles mehr haben Sie auch nicht von<br />
heute auf morgen gelernt.<br />
n Feiern Sie Teilerfolge. Gönnen Sie<br />
sich etwas Gutes oder Schönes, wenn<br />
Sie eine Teilaufgabe erledigt oder ein<br />
Teilziel erreicht haben. Zum Beispiel<br />
ein Candle-Light-Dinner. Oder einen<br />
Besuch im Kino. Oder eine kurze<br />
Auszeit.<br />
n Betrachten Sie das Lernen und Sich-<br />
Verändern als einen Ausdruck von<br />
Leben. Denn wer hierzu nicht bereit<br />
und fähig ist, stagniert, und ist irgendwann,<br />
wenn nicht körperlich,<br />
so doch «mental tot» – und weder ein<br />
attraktiver Mitarbeiter noch Lebenspartner.<br />
Sabine Prohaska<br />
LINK<br />
http:∕∕www.seminarconsult.at<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gewerbezeitung</strong><br />
– 11.<br />
Mai 2012<br />
GUT ZU WISSEN<br />
«Knigge» <strong>für</strong> Gastgeschenke<br />
Bei Geschäftsreisen ins Ausland packt man<br />
besser immer einige Gastgeschenke ein. Gerade<br />
in Asien und Russland würden Präsente<br />
erwartet, sagt die Imagetrainerin Imme Vogelsang<br />
aus Hamburg. Doch aufgepasst: Auch<br />
diesbezüglich gibt es einen «Knigge», um nicht<br />
in die vielen Fettnäpfchen zu treten. So müssten<br />
Berufstätige die kulturellen Besonderheiten<br />
des jeweiligen Landes beachten, rät die Fachfrau,<br />
die als Sprecherin des Netzwerks Etikette<br />
Trainer International amtet. In Russland sei<br />
zum Beispiel ein guter Whisky gern gesehen,<br />
in Asien Alkohol dagegen als Geschenk unpassend.<br />
«Und in China bloss keine weissen Blumen<br />
schenken, das macht man nur bei Todesfällen.»<br />
In Russland wiederum dürfe man Frauen<br />
keine gelben Blumen schenken, weil sie als<br />
Zeichen der Trennung gelten. In Asien sei zudem<br />
eine aufwendige Verpackung Pflicht, am<br />
besten in Rot, erklärt Vogelsang. «<strong>Die</strong> Vier gilt<br />
dort ausserdem als Unglückszahl.» Eine Viererpackung<br />
Schoggitrüffel wäre also keine gute<br />
Wahl. Gut kämen im Ausland oft bekannte<br />
Schweizer Produkte an, empfiehlt Vogelsang.<br />
Das könnten neben Schokolade etwa Armeemesser,<br />
Uhren oder Markenlederwaren, beispielsweise<br />
Schreibmappen, sein. Ein Geheimtipp:<br />
Asiaten sind in der Regel von einer Pendeluhr<br />
begeistert (sie mögen aber auch Kuckucksuhren!).<br />
Aber auch Kleinigkeiten wie<br />
Zinnlöffel oder Becher mit einem Wappen<br />
drauf eigneten sich. In asiatischen Ländern<br />
müssen Geschäftsreisende sich zudem zurückhalten,<br />
nachdem sie die Geschenke ausgetauscht<br />
haben. Dort ist es ein Zeichen der Gier,<br />
das erhaltene Präsent gleich auszupacken.<br />
Arbeitgeber geschont<br />
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat<br />
ein Grundsatzurteil gefällt, das auch auf die<br />
Schweizer Rechtspraxis Einfluss haben dürfte:<br />
Wer als Bewerber von einem Unternehmen abgelehnt<br />
wird und sich diskriminiert fühlt, hat<br />
keinen Anspruch auf Auskunft über den eingestellten<br />
Mitbewerber. Anders gesagt: Der Arbeitgeber<br />
ist nicht dazu verpflichtet, am Ende einer<br />
Stellenausschreibung mitzuteilen, ob und welchen<br />
Kandidaten er eingestellt hat und welche<br />
Kriterien da<strong>für</strong> entscheidend waren (Rechtssache<br />
C-415/10). Das Gericht bekräftigte einmal<br />
mehr den Grundsatz der Antidiskriminierungsrichtlinie,<br />
wonach kein Bewerber aufgrund seiner<br />
Herkunft, Religion, Geschlecht oder Alter<br />
benachteiligt werden darf.<br />
Geklagt hatte eine Frau aus Deutschland, die<br />
sich bei einer Firma mehrfach erfolglos auf eine<br />
Stelle als Softwareentwicklerin beworben hatte.<br />
Nach der Absage verlangte sie Schadenersatz,<br />
da sie sich aufgrund ihres Geschlechts, ihres Alters<br />
und ihrer ausländischen Herkunft diskriminiert<br />
sah. Ausserdem verlangte sie die Herausgabe<br />
der Bewerbungsunterlagen des eingestellten<br />
Bewerbers – um nachzuweisen, dass sie<br />
selbst besser qualifiziert sei.<br />
Lukrativste Studiengänge<br />
Weil solide Zahlen fehlen, weiss man nicht, mit<br />
welchem Abschluss die Schweizer Studierenden<br />
später das meiste Geld verdienen können. Da<br />
haben es die nördlichen Nachbarn besser: Eine<br />
Studie des Deutschen Instituts <strong>für</strong> Wirtschaftsforschung<br />
(DIW) zeigt die Top 10 der lukrativsten<br />
Fächer. Am besten schneiden mit 19,33 Euro<br />
Stundenlohn die Zahnmediziner ab, gefolgt<br />
von der Allgemeinmedizin (17,77). Platz 3 belegen<br />
Betriebswirtschaftler (16,58), noch vor<br />
den Juristen (15,86). <strong>Die</strong> restlichen Plätze in<br />
der Hitparade gehen an Wirtschaftsingenieure<br />
(15,00), Volkswirtschaftler (14,57), Wirtschaftsingenieure<br />
FH (14,27), Betriebswirtschaftler FH<br />
(14,14), Informatiker (14,06) und Chemiker<br />
(14,01).
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gewerbezeitung</strong> – 11.<br />
Mai 2012<br />
SERVICE 19<br />
GRÜNER DAUMEN<br />
Kaffeesatz als Dünger<br />
Viele Hobbygärtner schwören darauf, Pflanzen<br />
mit Kaffeesatz zu düngen. Doch nicht allen tut<br />
das gut, denn Kaffeesatz ist kein Dünger, sondern<br />
ein organisches Material, das teils mit Säure<br />
untersetzt ist. Entsprechend mögen ihn nur<br />
Gewächse, die einen säurehaltigen Boden vorziehen.<br />
Dazu gehören etwa Rhododendron (im<br />
Bild die Sorte Firefly) und Azalee sowie Engelstrompete,<br />
Heidelbeere und Hortensie, während<br />
Kakteen oder Steingartenpflanzen diese Art von<br />
Recyling eher übelnehmen. Immerhin: Im Kompost<br />
ist Kaffeesatz auf jeden Fall gut aufgehoben.<br />
Der Boden erhält dadurch nämlich Kalium,<br />
Phosphor und diverse mineralische Stoff.<br />
Tipps <strong>für</strong> Gladiolen<br />
Damit die Gladiolen ihre volle Blütenpracht entfalten<br />
können, sollten Hobbygärtner einige wichtige<br />
Tipps beachten. <strong>Die</strong> oberste Knospe an einem<br />
Gladiolenstiel raubt den anderen Knospen Kraft.<br />
Sie sollte daher stets entfernt werden, damit alle<br />
anderen Knospen gleichmässiger versorgt werden,<br />
rät das renommierte Blumenbüro Holland.<br />
An einem Stiel könne eine Gladiole bis zu 20 Einzelblüten<br />
bilden. <strong>Die</strong> Experten empfehlen, die<br />
Stiele der Schnittblume in Bodenvasen aus Holz<br />
zu stellen, die das exotische Flair der Zwiebelblume<br />
mit Ursprung in Südafrika unterstreichen.<br />
So komme auch die beeindruckende Länge der<br />
Stiele von bis zu 1,50 Meter gut zur Geltung. Wer<br />
die Gladiole auf Balkon oder Terrasse setzen mag,<br />
sollte eine vorgetriebene Knolle bis Ende Mai in<br />
die Erde bringen.<br />
ANZEIGE<br />
BETTWANZEN – Sie galten vor kurzem praktisch als ausgerottet, doch sie feiern seit einiger Zeit<br />
ein schmerzhaftes Comeback, das sogar Kammerjäger in Bedrängnis bringt.<br />
<strong>Die</strong> Blutsauger greifen wieder an<br />
In den 1960er-Jahren galten Wanzen<br />
in den Industrieländern dank des<br />
Schädlingsbekämpfungsmittels DDT als<br />
weitgehend ausgerottet. Um 1995 kehrten<br />
die «Zivilisationsfolger» aber zurück<br />
– und wie! Massiv betroffen sind die<br />
USA, insbesondere New York. Und die<br />
Plage trifft dort bei weitem nicht nur<br />
die Slums: <strong>Die</strong> Blutsauger wurden auch<br />
schon in Nobelboutiquen und sogar im<br />
legendären Empire State Building entdeckt.<br />
<strong>Die</strong> Zahlen sind alarmierend:<br />
2004 wurden im «Big Apple» 537 Verwanzungen<br />
gemeldet, 2010 registrierte<br />
man bereits 12768 Fälle. Zu denken<br />
gibt die Entwicklung in den New Yorker<br />
Schulen, wo im letzten Schuljahr<br />
3590 Attacken gemeldet wurden, dreimal<br />
so viele wie noch ein Jahr zuvor.<br />
Nur Kammerjäger können helfen<br />
Da erstaunt es nicht, dass die Wanzen<br />
schliesslich den Weg nach Europa und<br />
in die saubere Schweiz fanden, auch<br />
wenn dies lange niemand zugeben<br />
wollte. Schuld an diesen Einschleppungen<br />
ist zweifellos der Tourismus.<br />
«Mit mangelnder Hygiene hat dies leider<br />
nichts zu tun. <strong>Die</strong> Viecher reisen<br />
als blinde Passagiere in Gepäck und<br />
Kleidung», seufzt ein Berner Hotelier.<br />
In der Branche weiss man unterdessen,<br />
dass das Auftreten der Wanzen<br />
höchste Alarmstufe bedeutet. «Da hilft<br />
nur eines: möglichst sofort einen Kammerjäger<br />
kommen lassen und dabei<br />
nicht sparen», weiss der Mann, der<br />
Überraschende Rückkehr: <strong>Die</strong> fast<br />
ausgerotteten Bettwanzen breiten<br />
sich wieder aus.<br />
eine 4-Sterne-Herberge leitet. Denn die<br />
Nachricht über Wanzenbefall macht<br />
– im Internetzeitalter – (allzu) schnell<br />
die Runde. <strong>Die</strong> Kammerjäger-Branche<br />
zieht mit Das Leader-Unternehmen<br />
Rentokil etwa bietet einen Express-<br />
Bereitschaftsdienst. Und nicht minder<br />
schnell sind auch die Spezialisten der<br />
Insekta Schädlingstechnik GmbH vor<br />
Ort.<br />
Trockeneis statt Insektizide<br />
<strong>Die</strong> «Wanzenkiller» müssen heute flexibel<br />
sein und sich ständig Neues einfallen<br />
lassen. Denn immer mehr Bettwanzen<br />
sind gegenüber den traditionellen<br />
Bekämpfungsmitteln resistent.<br />
Deshalb wendet man sich von<br />
den Insektiziden zunehmend ab. Eine<br />
physikalische, also nicht chemischbiologische<br />
Methode, das Getier zu<br />
bekämpfen, ist Hitze. Jenseits von 50<br />
Grad Celsius lösen sich die Insekten<br />
in ihre Proteinbestandteile auf. Doch<br />
eine solche Kur in Wohnräumen ist<br />
aufwendig und teuer. Es braucht mit<br />
Starkstrom betriebene Spezialöfen,<br />
und das befallene Zimmer muss komplett<br />
abgedichtet werden. Beliebt ist<br />
aber auch der Einsatz von CO2-Trockeneisschnee.<br />
<strong>Die</strong>ser wird über die<br />
befallenen Matratzen ausgebracht und<br />
die Bettwanzen werden durch Erfrierung<br />
abgetötet. «Da die Körperzellen<br />
der Tiere sehr viel Wasser enthalten<br />
und bei Gefrieren zerplatzen, ist diese<br />
Methode sehr erfolgreich», betonen<br />
die Insekta-Experten.<br />
Wanzenbisse sind relativ harmlos.<br />
Bislang sind keine Krankheiten entdeckt<br />
worden, die auf diese Weise<br />
verbreitet werden. Der grösste Schaden<br />
ist psychischer Stress – und nicht<br />
selten fallende Immobilienpreise. Der<br />
Begriff «bed bugs» (Bettkäfer) löst in<br />
New York gemäss der <strong>Zeitung</strong> «Times»<br />
mittlerweile ähnliche Reaktionen aus<br />
«wie die Erwähnung einer Bombe in<br />
einem Flugzeug».<br />
Ausgewachsen sind Wanzen etwa so<br />
gross wie ein Apfelkern und papierdünn.<br />
<strong>Die</strong> Krabbeltiere bleiben stets<br />
in der Nähe ihrer Wirte – in Matratzen,<br />
im Lattenrost oder Bettgestell.<br />
Auch zwischen Sesselpolstern, unter<br />
Teppichen, hinter Holztäfelungen, in<br />
Möbelritzen und Koffern finden sie<br />
Unterschlupf. Dort vermehren sie<br />
sich schnell: An die 500 Eier legt eine<br />
weibliche Wanze im Laufe ihres<br />
Lebens. <strong>Die</strong> Stiche der Bettwanzen<br />
sind schmerzfrei, man bemerkt sie<br />
erst nach dem Aufwachen als kreisrunde<br />
Rötungen, die allerdings ganz<br />
schön jucken können. Lu<br />
LINKS<br />
www.rentokil.ch<br />
www.insekta.ch<br />
GEPÄCK ALS QUELLE<br />
Raffinierte Biester<br />
Wer den Verdacht hat, Wanzen im<br />
Gepäck zu haben, sollte daheim den gesamten<br />
Kofferinhalt auf einem weissen<br />
Laken gründlich untersuchen. Dann<br />
helfen Hitze oder Kälte. Wäsche sollte<br />
bei mindestens 45 Grad gewaschen<br />
und am besten vorher einige Stunden<br />
in Seifenlauge eingeweicht werden.<br />
Den Kaschmirpulli und die Seidenbluse<br />
kann man auch gut in Plastik verpackt<br />
<strong>für</strong> einige Tage ins Gefrierfach legen.<br />
Für einen Koffer oder Rucksack ist dort<br />
meist kein Platz. Gepäckstücke kann<br />
man luftdicht in Plastik einpacken und<br />
einige Wochen an einer warmen Stelle<br />
lagern. <strong>Die</strong> Wanzen lassen sich zwar nur<br />
schwer aushungern. Aber wenn man<br />
den Koffer danach auf einem weissen<br />
Tuch wieder auspackt, kommen sie<br />
schnell heraus und auf den Menschen<br />
zugekrabbelt. Danach wird’s drastisch:<br />
Wanzen einsammeln, mit kochendem<br />
Wasser übergiessen und im WC<br />
entsorgen.
20<br />
<strong>KMU</strong>-PORTRÄT<br />
GOLDEN CREATIVITY<br />
AWARD 2012<br />
Grosse Ehre <strong>für</strong> Karin Bertschi (21):<br />
<strong>Die</strong> Geschäftsführerin des «Recycling-<br />
Paradies» in Reinach/AG (vgl.<br />
Haupttext) wird mit dem «Golden<br />
Creativity Award 2012» der <strong>Schweizerische</strong>n<br />
Gesellschaft <strong>für</strong> Ideen- und<br />
Innovationsmanagement Idee Suisse<br />
ausgezeichnet. <strong>Die</strong> Verleihung der<br />
Auszeichnung findet übermorgen<br />
Sonntag, 13. Mai, um 14 Uhr im<br />
Theater am Bahnhof, Tunaustrasse 5<br />
in Reinach statt. Festredner ist Michel<br />
Monteil, Chef der Sektion Abfallverwertung<br />
und -behandlung im Bundesamt<br />
<strong>für</strong> Umwelt BAFU. <strong>Die</strong> Laudatio<br />
an die junge, äusserst innovative<br />
Unternehmerin hält Olaf J. Böhme,<br />
Präsident der Idee Suisse.<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gewerbezeitung</strong><br />
– 11.<br />
Mai 2012<br />
RECYCLING-PARADIES – <strong>Die</strong> 21-jährige Karin Bertschi mischt als Recycling-Pionierin die Schweizer Sammelstellen auf.<br />
Auch Frauen und Kinder fühlen sich bei ihr willkommen.<br />
Für alle Abfälle bestens gerüstet<br />
ANZEIGE<br />
Fragt man Erwachsene nach ihren<br />
Kindheitserinnerungen zum Thema<br />
Recycling, steuert das Gespräch<br />
schnell auf jene Schulstunden zu, als<br />
man als Dreikäsehoch <strong>Zeitung</strong>sbündel<br />
einsammeln und durchs Dorf tragen<br />
musste. <strong>Die</strong> Altpapiertage waren zwar<br />
eine willkommene Alternative zu den<br />
langweiligen Mathematikstunden, jedoch<br />
wurde die Motivation, auch andere<br />
Materialien zu sammeln, kaum<br />
geweckt. Falls man überhaupt mal mit<br />
den Eltern nutzlos Gewordenes auf<br />
dem Werkhof entsorgte, blieb einem<br />
die Dorfsammelstelle als düsterer Ort<br />
in Erinnerung: Selbst wenn man genug<br />
alt war, dass einem die bärtigen<br />
Männer keine Angst mehr einjagten,<br />
musste man sich immer noch davor<br />
<strong>für</strong>chten, auf dem unübersichtlichen<br />
Gelände einem Auto in die Quere zu<br />
kommen.<br />
Grosse Spiel- und Sammelecke<br />
<strong>für</strong> kleine Umweltschützer<br />
Umso grösser ist der Neid auf jene<br />
Kinder, die ihren getrennten Müll im<br />
aargauischen Reinach abgeben dürfen.<br />
<strong>Die</strong> grüne Gebäudefassade des<br />
«Recycling-Paradies» wirkt einladend,<br />
Vorplatz und Abfallhof sind übersichtlich<br />
und lichtdurchflutet. Hier muss<br />
niemand Angst haben. Was noch besser<br />
ist: In der Abgabehalle wurde eine<br />
Kinderecke eingerichtet, in dem es<br />
zahlreiche Spielzeuge zum Ausprobieren<br />
hat. Da wird keinem Kind langweilig.<br />
Weil aber Kinder auch zeigen<br />
wollen, dass sie gross genug sind, ihre<br />
Joghurtbecherdeckel, Batterien<br />
oder alten Comic-Hefte selber zu entsorgen,<br />
stehen in dem sogenannten<br />
«Kinder-Paradies» auch eigens auf<br />
Kinderbedürfnisse zugeschnittene<br />
bunte Sammelbehälter.<br />
Das Angebot <strong>für</strong> die kleinen Umweltschützer<br />
hat die 21-jährige Karin<br />
Bertschi eingerichtet. Sie hat sich da-<br />
Im Recycling-Paradies im aargauischen Reinach herrscht viel Betrieb.<br />
So schön kann Recycling sein: Karin Bertschi (links) mit ihrem Team im Recycling-<br />
Paradies.<br />
Recycling soll Spass machen: Das Recycling-Paradies ist auch ein Paradies<br />
<strong>für</strong> Kinder.<br />
mit einen eigenen Kindertraum erfüllt,<br />
ist sie doch quasi auf der Sammelstelle<br />
aufgewachsen. «Meine Eltern<br />
haben als Inhaber der Bertschi<br />
Mulden + Container Transporte AG<br />
seit Ende der Neunzigerjahre im Auftrag<br />
der Gemeinde Reinach den regionalen<br />
Recyclinghof geführt», erklärt<br />
sie. Als Kind habe sie mit ihren drei<br />
Geschwistern an den freien Nachmittagen<br />
fleissig mitgeholfen.<br />
Bei allem Spass habe sie dennoch etwa<br />
das ständige Treppen hoch- und<br />
runterlaufen bei der Abgabe der <strong>Zeitung</strong>sbündel<br />
als anstrengend empfunden.<br />
«<strong>Die</strong> heutige Sammelstelle<br />
ist dagegen in jeder Hinsicht kundenund<br />
kindergerecht», so Bertschi. Davon<br />
überzeugen sich jeweils auch<br />
Schulklassen und andere Kindergruppen,<br />
<strong>für</strong> die sie Führungen anbietet.<br />
Mit 20 Chefin geworden<br />
<strong>Die</strong> junge Frau ist nicht etwa nur <strong>für</strong><br />
den Kinderbereich verantwortlich,<br />
sondern seit dem März 2010 <strong>für</strong> die<br />
ganze Sammelstelle. Sie wurde mit<br />
gerade mal 20 Jahren als frischgebackene<br />
Kauffrau Chefin, nachdem sich<br />
aus gesundheitlichen Gründen ihr<br />
anderer Traum, Militärpilotin zu werden,<br />
zerschlagen hatte. «Als sich wegen<br />
den eng gewordenen Platzverhältnissen<br />
eine Erweiterung der Sammelstelle<br />
aufdrängte, gaben mir meine<br />
Eltern die Gelegenheit, gleich ein<br />
neues Recycling-Konzept <strong>für</strong> die Sammelstelle<br />
auszuarbeiten», erinnert<br />
sich Karin y. Ihre Ideen waren so<br />
überzeugend, dass im März 2010<br />
nicht nur die Eröffnung des 900 Quadratmeter<br />
grossen Neubaus gefeiert<br />
worden konnte, sondern Ende 2011<br />
auch die Gründung eines neuen, eigenständigen<br />
Unternehmens. «Das<br />
Recyling-Paradies gehörte vorhin zu<br />
Bertschi Mulden + Container Transporte<br />
AG und ist seit Dezember 2011<br />
ein eigenständiges Unternehmen. Mit<br />
der Bertschi Mulden + Container<br />
Transporte AG meiner Eltern arbeite<br />
ich aber eng zusammen», so die Unternehmerin<br />
und Geschäftsführerin.<br />
Führungsrolle unproblematisch<br />
Jung ist nicht nur die Chefin, sondern<br />
auch ihre Crew. <strong>Die</strong> fünf Frauen und<br />
der Mann sind alle Anfang bis Mitte<br />
20. Karin Bertschi denkt sozial und<br />
bevorzugt bei der Anstellung auch<br />
schon mal leicht behinderte oder sozial<br />
schwache Menschen. Wichtig<br />
sei, dass alle Freude an der Arbeit<br />
haben und auch die jungen Damen<br />
sich nicht an dreckigen Händen stören.<br />
Mit der Führungsrolle hat sie<br />
kein Problem, wobei sie zugibt, dass<br />
dies bei doppelt so alten Angestellten<br />
vielleicht anders wäre: «Wir harmonieren<br />
gut miteinander und versuchen<br />
auch unsere Kundinnen und<br />
Kunden immer mit einem Lächeln<br />
und mit Charme zu begrüssen», sagt<br />
Karin Bertschi. Überhaupt sei der<br />
«Willkommen»-Gedanken wichtig in<br />
ihrem Betrieb. Nebst den Männern,<br />
denen oftmals ein Flair <strong>für</strong> Entsorgungsgüter<br />
und Maschinen nachgesagt<br />
wird, sollen sich auch Frauen<br />
und Kinder bei ihr wohlfühlen.<br />
«Unsere Sammelstelle soll stöckelschuhtauglich<br />
sein», sagt Bertschi.<br />
Kundenfrequenz vervierfacht<br />
Rund 2000 Personen besuchen das<br />
Recyling-Paradies im Schnitt jede Woche<br />
– bei einem Haupteinzugsgebiet<br />
von etwa 100000 Einwohnern. Zum<br />
Vergleich: Im Vorgängerbetrieb waren<br />
vor fünf Jahren etwa 500 Personen<br />
gezählt worden.<br />
Gesammelt wurden beispielsweise<br />
im Jahr 2011:<br />
n 62 Tonnen PET-Flaschen (1 Tonne<br />
= 40 Kubikmeter), d.h. rund 2500<br />
Kubikmeter<br />
n 270 Tonnen Glas<br />
n 70 Tonnen Büchsen<br />
n 290 Tonnen Karton<br />
n 72 Tonnen Textilien<br />
Karin Bertschi weiss, dass manche<br />
Kundinnen und Kunden weite Umwege<br />
auf sich nehmen, um ihren<br />
Abfall in Reinach zu entsorgen. Dem<br />
versucht sie einerseits dadurch zu<br />
begegnen, dass sie demnächst in<br />
weiteren Gemeinden Sammelstellen<br />
mit dem Gütesiegel «Recycling-Paradies»<br />
eröffnet. Andererseits trifft<br />
sie immer wieder Vertreter von Gemeinden,<br />
Betrieben und Schulen,<br />
um ihnen ihr Abfallkonzept vorzustellen.<br />
«Auch eine Delegation der<br />
Stadt Zürich war schon bei mir zu<br />
Gast», erzählt sie. Auf Wunsch erstellt<br />
sie <strong>für</strong> Firmen und Behörden<br />
ein zugeschnittenes Entsorgungskonzept<br />
<strong>für</strong> den täglichen Entsorgungs-<br />
und Recyclingablauf und <strong>für</strong><br />
besondere Veranstaltungen.<br />
Auch ökonomisch wichtig<br />
«Eine Goldgrube, dank der man ohne<br />
Fleiss und Einsatz über Nacht reich<br />
wird, ist das Recyling-Paradies zwar<br />
nicht, doch selbsttragend ist die Firma»,<br />
erklärt sie. Entscheidend sei indes<br />
auch, dass das Geschäftsmodell<br />
auf dem Nachhaltigkeitsgedanken<br />
basiere. «Es ist aus ökologischer wie<br />
ökonomischer Sicht wichtig, dass wir<br />
möglichst sparsam mit unseren Ressourcen<br />
umgehen. <strong>Die</strong> Rohstoffe sind<br />
nicht grenzenlos verfügbar und werden<br />
immer teurer», mahnt Karin Bertschi.<br />
Doch sie weiss, dass das richtige<br />
Instrument, um die ohnehin schon<br />
hohen Recyclingquoten der Schweizer<br />
zu steigern, nicht der moralische<br />
Zeigefinger ist. «Abfalltrennen soll<br />
Spass machen. Da<strong>für</strong> versuche ich,<br />
Tag <strong>für</strong> Tag meinen Beitrag zu leisten»,<br />
erklärt sie. <strong>Die</strong> Chancen stehen<br />
gut, dass künftige Generationen nur<br />
noch positive Erinnerungen an ihre<br />
ersten Recycling-Erlebnisse haben<br />
werden. Matthias Engel<br />
LINK<br />
www.recycling-paradies.ch<br />
DAS UNTERNEHMEN<br />
Der rund 900 Quadratmeter grosse<br />
Abfallentsorgungshof Recycling-Paradies<br />
wurde am 20. März 2010 im<br />
aargauischen Reinach eröffnet. Das<br />
Annahmesortiment umfasst über 30<br />
verschiedene Materialien, wovon die<br />
meisten gratis entgegengenommen<br />
werden. Unter dem Namen «Kinder-<br />
Paradies» wurde zudem eine Sammelecke<br />
<strong>für</strong> Kinder eingerichtet.<br />
Regelmässig finden Führungen <strong>für</strong><br />
Schulklassen statt.<br />
Auf Wunsch erstellt das Recycling-<br />
Paradies <strong>für</strong> Betriebe, Schulen und<br />
Gemeinden ein individuell auf die<br />
jeweiligen Bedürfnisse zugeschnittenes<br />
Entsorgungskonzept zusammen.<br />
Gründerin und Geschäftsführerin des<br />
«Recycling-Paradies» ist die 21-jährige<br />
Karin Bertschi, die ein sechsköpfiges<br />
Team mit Durchschnittsalter 25<br />
aufgestellt hat. <strong>Die</strong> Eltern der<br />
Jungunternehmerin sind Inhaber der<br />
Bertschi Mulden + Container Transporte<br />
AG, welche Ende 2009 den<br />
Recyclinghof Reinach betrieben hat<br />
und mit der das Recycling-Paradies<br />
eng zusammenarbeitet.<br />
LINKS<br />
www.idee-suisse.ch<br />
www.idee-suisse.info
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gewerbezeitung</strong> – 11.<br />
Mai 2012<br />
FORUM 21<br />
ECHOS DER WOCHE<br />
AHV nicht vergessen<br />
Ja zum «System Schweiz», sgz vom 13.April.<br />
Bravo, gut gemacht. <strong>Die</strong> Kampagne «Ja zur<br />
Schweiz – Hier kaufe ich ein» ist nötig und wichtig.<br />
Leider fehlt nebst Qualität, Berufsbildung<br />
und Arbeitsplätze ein wichtiges Element in der<br />
Aufzählung: Nennen wir es «AHV-Beitrag».<br />
Als SAC-Mitglied bin ich oft mit Pensionierten<br />
unterwegs. Dabei wird viel über Preise geredet.<br />
<strong>Die</strong> Herkunft, die verwendeten Rohstoffe, die<br />
Arbeitsbedingungen, unter denen die gekauften<br />
Produkte entstanden sind, Werte eben, scheint<br />
nicht viele zu interessieren – Hauptsache, es<br />
war billig. Das ärgert mich oft, und dann würde<br />
ich sie gerne ermahnen: «Drei Berufstätige arbeiten<br />
unter grossem Stress, damit einer von<br />
euch seine AHV-Rente bekommt. Und was macht<br />
ihr damit? Ihr tragt das Geld ins Ausland. Man<br />
könnte meinen, ihr habt keine Ahnung davon,<br />
woher das Geld <strong>für</strong> eure Rente kommt. Ihr riskiert<br />
eure eigene Rente! Und das nur, weil ihr<br />
profitieren wollt und nur an euch selbst denkt!»<br />
Durch die demographische Entwicklung ist der<br />
Anteil der Pensionierten erheblich. Ich denke,<br />
man sollte diese Gruppe ganz besonders beachten.<br />
Markus Jung, Wernetshausen/ZH<br />
Fair und ehrlich?<br />
Ja zum «System Schweiz», sgz vom 13.April.<br />
Aufgewachsen in einer kleingewerblich-kleinbäuerlichen<br />
BGB-Familie ist mir dieses Milieu<br />
vertraut. Als grünem Kantonsrat und interessiertem<br />
Leser der «<strong>Gewerbezeitung</strong>» ist es mir<br />
aber manchmal etwas rätselhaft. Natürlich ist es<br />
<strong>für</strong> viele <strong>KMU</strong> ärgerlich, wenn jährlich fünf Milliarden<br />
Franken ins Ausland «abfliessen» – auch<br />
wenn das nur ein Prozent des BIP ist. Und natürlich<br />
ist es legitim, seine Pfründen zu verteidigen.<br />
Aber die Verteidigungslinie sollte wenigstens halbwegs<br />
schlüssig, fair und ehrlich sein – und das ist<br />
sie gerade nicht. Es kann nicht angehen, dass nur<br />
die einen, also die <strong>KMU</strong>, vom «System Schweiz»<br />
profitieren und die anderen ausgeschlossen bleiben.<br />
Zum «System Schweiz» gehören nicht nur<br />
der Arbeitsfriede, die Sozialpartnerschaft, das<br />
überzeugende Bildungs- und Ausbildungssystem,<br />
sondern dazu gehört auch der «freie Handel» im<br />
weitesten Sinne. Es ist doch so, dass alle importierenden<br />
<strong>KMU</strong> vom starken Franken enorm profitieren;<br />
es ist so, dass die <strong>KMU</strong> den Parallelimport<br />
unzähliger Güter verhindern; es ist so, dass die<br />
<strong>KMU</strong> ihre «<strong>Die</strong>nstleistungen» auf ihren Weingütern<br />
und auf ihren Fincas weit im Süden einkaufen;<br />
und es ist so, dass die <strong>KMU</strong> ihren Mobilitätswahn<br />
mit hochsubventionierten Verkehrsträgern<br />
auf dem Boden und in der Luft nach Kräften befriedigen.<br />
Das alles ist nicht verboten, aber es ist<br />
unredlich, «Otto Normalverbraucher» ein schlechtes<br />
Gewissen einzureden, wenn er es auch tut.<br />
Persönlich bin ich vom «System Schweiz» voll<br />
überzeugt, finde ich die «Solidarität der Schweizer»<br />
das Grösste überhaupt – schade, dass die<br />
Kampagne keine überzeugenderen Väter und Mütter<br />
hat. Max R. Homberger, Wetzikon/ZH<br />
Fair und anständig<br />
Ja zum «System Schweiz», sgz vom 13.April.<br />
Ihre Kampagne ist nichts als fair und anständig.<br />
Verdienen möchten alle hier und einkaufen dort,<br />
wo es am billigsten ist. Der eigene Lohn ist heilig<br />
– ob andere auch fair verdienen, spielt dann<br />
keine Rolle, selbst Kinderarbeit in Asien rechtfertigt<br />
sich über den Preis. Gratuliere zu dieser<br />
Kampagne und lasst euch alle hinreissen zu einem<br />
fairen Markt. Paul Kleger, Zürich<br />
Kann nicht aufgehen<br />
Ja zum «System Schweiz», sgz vom 13.April.<br />
Danke dem Gewerbeverband <strong>für</strong> seine Kampagne.<br />
Früher schützte man den Import mit Zöllen und<br />
erreichte so einen ausgeglichenen Markt. Heute<br />
schützt man nur noch die Löhne mit flankierenden<br />
Massnahmen und den Konusum überlässt<br />
man dem Billigstanbietern oder dem Ausland. <strong>Die</strong>s<br />
kann auf Dauer nicht aufgehen.<br />
Markus Müller, Sempach Station/LU<br />
LINK<br />
www.in-der-schweiz-gekauft.ch<br />
TRIBÜNE<br />
Eine Revolte wider die Natur<br />
Pierre Bessard* über die<br />
Utopie eines Grundeinkommens,<br />
das vom Himmel fällt.<br />
<strong>Die</strong> Utopie des bedingungslosen Grundeinkommens<br />
ist wieder einmal unter uns.<br />
<strong>Die</strong>smal sogar in Form einer Volksinitiative.<br />
<strong>Die</strong> Idee eines Einkommens, das gleichsam<br />
vom Himmel fällt, also keinerlei Anstrengung<br />
erfordert, ist ebenso verlockend wie infantil.<br />
Tatsächlich kann ein bedingungsloses Grundeinkommen<br />
natürlich nur auf Kosten anderer erzielt<br />
werden. Es ist also gar nicht bedingungslos,<br />
sondern setzt voraus, dass die notwendigen Mittel<br />
einem Teil der Bevölkerung, wohl den «Reichen»<br />
oder Produktiven, abgenommen werden. Kein<br />
Wunder, ist diese Idee auch im Programm der<br />
realitätsfremden Sozialdemokratischen Partei der<br />
Schweiz zu finden – die daneben den Kapitalismus<br />
überwinden und Aktiengesellschaften in<br />
Arbeitergesellschaften umwandeln will.<br />
Gerne wird der Ersatz aller Sozialprogramme<br />
durch das bedingungslose Grundeinkommen als<br />
ein wesentlicher Vorteil aufgeführt. Auch dies ist<br />
jedoch naiv – die überzogene Umverteilung des<br />
Sozialstaats kann nicht durch eine Verallgemeinerung<br />
seiner Fehlanreize behoben werden. Man<br />
denke hier beispielsweise an die AHV: Seit der<br />
Einführung 1948 hat sich die Lebenserwartung<br />
erfreulicherweise von 68 auf 82 Jahre verlängert.<br />
Das gesetzliche Referenzalter <strong>für</strong> eine Rente ist<br />
dennoch bei 65 Jahren stecken geblieben, <strong>für</strong><br />
Frauen sogar bei 64 Jahren. In diesem Sinne hat<br />
die AHV ein bedingungsloses Grundeinkommen<br />
<strong>für</strong> diesen Lebensabschnitt schon verwirklicht.<br />
Wollen wir wirklich nach gleichem Muster die<br />
ganze Gesellschaft in ein totales Volksheim<br />
verwandeln? <strong>Die</strong> richtige Antwort auf heutige<br />
Herausforderungen hiesse genau umgekehrt:<br />
mehr Eigenverantwortung, mehr autonome<br />
Kapitalbildung, mehr individuelle Ersparnisse.<br />
Nicht noch mehr Umverteilung!<br />
Es sollte wohl unbestritten sein, dass der<br />
Wohlstand einer Gesellschaft vor allem auf<br />
der Initiative und der Arbeitskraft jedes<br />
Bürgers beruht. Besonders in einem Land mit<br />
hoher Erwerbsquote und hohem Durchschnittslohn<br />
wie der Schweiz gliche die Einführung eines<br />
bedingungslosen Grundeinkommens daher einer<br />
umfassenden Demontage des wirtschaftlichen<br />
Erfolgs. <strong>Die</strong> Produktivität würde sinken, Unternehmen<br />
und Unternehmer würden wegziehen,<br />
notwendiges Knowhow würde nicht mehr erworben<br />
und übertragen. Sobald der bestehende<br />
Kapitalstock aufgebraucht wäre, versänke die<br />
Gesellschaft schnell in Armut. Früher oder später<br />
könnte dann das bedingungslose Grundeinkommen<br />
nicht mehr bezahlt werden, und dessen<br />
Empfänger müssten wieder anständig arbeiten,<br />
um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Der<br />
Erfolg des Gesellschaftsexperiments: wie im<br />
frühen 19. Jahrhundert wäre die Schweiz wieder<br />
ein Schwellenland, das gegenüber seinen Nachbarn<br />
aufholen müsste.<br />
Letztlich ist der Vorschlag eines bedingungslosen<br />
Einkommens schlicht absurd, denn er<br />
verneint die Natur der menschlichen Kondition.<br />
Der Mensch muss sich stets bemühen, um in<br />
einer Welt knapper Ressourcen materielle Wohlfahrt<br />
erfahren zu können. Wenn er dies nicht<br />
selber tut, dann tut er es auf Kosten anderer.<br />
Einer freien Gesellschaft liegt darum eine ebenso<br />
einfache wie bewährte Ethik zugrunde: jeder<br />
darf nur das benutzen oder austauschen, was<br />
ihm gehört, seien es seine Fähigkeiten, sein<br />
Geld oder physische Produktionsfaktoren, und<br />
jeder hat ein legitimes Anrecht auf die Früchte<br />
seiner Arbeit. Werden diese Regeln respektiert,<br />
so sind Wohlstand und Frieden die Folge, werden<br />
sie gebrochen, so entstehen Armut und<br />
Unfrieden.<br />
Umverteilungsutopien wie das bedingungslose<br />
Grundeinkommen gehen<br />
dagegen von dem falschen Bild einer<br />
statischen Gesellschaft aus, in der Wohlstand<br />
ein <strong>für</strong> allemal gegeben ist und beliebig verteilt<br />
werden kann, wie ein Kuchen. Mit anderen<br />
Worten: Das unvermeidliche Scheitern des<br />
bedingungslosen Grundeinkommens hat nicht<br />
allein ökonomische, sondern vor allem auch<br />
moralische Gründe. Der anhaltende Fortschritt<br />
der Schweiz dank liberalem Arbeitsrecht und<br />
relativ moderaten Steuern zeigt: die Ethik der<br />
Freiheit ist nicht nur gerecht, sondern auch<br />
Gleichbleibend tiefes Rentenalter bei stetig steigendem Lebensalter: Für die AHV-Bezüger ist das bedingungslose<br />
Grundeinkommen schon heute Realität. Wie lange es zahlbar bleibt, ist offen... BILD: FOTOLIA<br />
ANZEIGE<br />
effizient. Kein Anlass also <strong>für</strong> zerstörerische<br />
Experimente.<br />
*Pierre Bessard ist Direktor des Liberalen Instituts in<br />
Zürich.<br />
LINK<br />
www.libinst.ch.<br />
<strong>Die</strong> Tribüne-Autoren geben ihre eigene Meinung<br />
wieder; diese muss sich nicht mit jener des sgv<br />
decken.
22<br />
PUBLIREPORTAGE<br />
Online-Marketing: Neue Tools<br />
unterstützen <strong>KMU</strong><br />
Inserate, Plakate und Prospekte<br />
sind längst nicht mehr die einzigen<br />
Kommunikationsmittel, die <strong>KMU</strong> <strong>für</strong><br />
ihre Werbung zur Verfügung stehen.<br />
Im digitalen Zeitalter eröffnet Online-Marketing<br />
den Unternehmen<br />
ganz neue Möglichkeiten. Denn es<br />
ist schnell, flexibel und ermöglicht<br />
den Dialog mit dem Kunden. Online-<br />
Marketing ist aber auch aufwendig<br />
und erfordert technisches Wissen.<br />
Webbasierte Applikationen schaffen<br />
da Abhilfe.<br />
Online-Marketing ist in aller Munde. Nicht<br />
zuletzt hat auch der Hype rund um Social<br />
Media dem Thema zu neuer Aufmerksamkeit<br />
verholfen. Zu Recht, denn die<br />
Möglichkeiten von Online-Marketing sind<br />
vielfältig. Für die meisten Unternehmen<br />
ergänzt die eine oder andere Massnahme<br />
die gewohnten Marketinginstrumente<br />
ideal. Obwohl sich der Dialog mit den<br />
Kunden immer mehr ins Netz verlagert<br />
und die digitalen Medien bei der Kundengewinnung<br />
und -betreuung an Bedeutung<br />
zulegen, sind viele <strong>KMU</strong> beim Einstieg in<br />
die Welt des Online- und Social-Media-<br />
Marketings zurückhaltend. Auch hier, zu<br />
Recht. Online- und vor allem Social-Media-Marketing<br />
sind mit zusätzlichem Aufwand<br />
verbunden. Denn mit dem Versand<br />
eines Newsletters oder Eröffnen eines<br />
Facebook-Firmenprofils ist es nicht getan.<br />
Damit man bei den Kunden im Gespräch<br />
bleibt, braucht es regelmässige Updates<br />
Mehr Spass als Stress: Webbasierte Applikationen erleichtern <strong>KMU</strong> den Einstieg ins Online-Marketing.<br />
über Aktionen oder neue Produkte. <strong>Die</strong><br />
da<strong>für</strong> nötigen Ressourcen sind gerade<br />
bei <strong>KMU</strong> oft nicht vorhanden.<br />
Keine Installation nötig<br />
Erleichtert wird der Einstieg ins Online-<br />
Marketing durch webbasierte Applikationen.<br />
Sie ermöglichen es <strong>KMU</strong>, mit vernünftigem<br />
Aufwand Online-Marketing zu<br />
betreiben. Denn webbasierte Applikatio-<br />
nen benötigen meist keine Installation,<br />
sondern können mit einem einfachen Login<br />
über das Internet von überall her bedient<br />
werden. Dadurch entfällt gleichzeitig<br />
die Wartung des Systems. Auch bei<br />
der Anwendung selbst hält sich der Aufwand<br />
vergleichsweise in Grenzen. Da die<br />
Applikationen bausteinartig aufgebaut<br />
sind und oft spezielle Vorlagen enthalten,<br />
erfordern sie von den Unternehmen kein<br />
technisches Vorwissen oder eine Schulung<br />
der Mitarbeitenden.Trotzdem, auch<br />
mit unterstützenden Tools ist und bleibt<br />
Online-Marketing nicht trivial. Eine weitere<br />
Herausforderung ist beispielsweise<br />
die Wahl des geeigneten Online-Kanals.<br />
Gängige Applikationen bieten von E-Mailund<br />
SMS-Versänden über Microsites und<br />
Coupons bis hin zu Umfragen und Formularen<br />
ein breites Spektrum. Je nach<br />
Zielgruppe, Zeitpunkt und Grund der Aktion<br />
eignet sich das eine oder andere<br />
Kommunikationsmittel besser.<br />
Richtiges Kommunikationsmittel<br />
wählen<br />
Microsites sind beispielsweise besonders<br />
geeignet <strong>für</strong> zeitlich befristete Massnahmen.Denn<br />
Microsites sind Miniwebseiten,<br />
die <strong>für</strong> eine befristete Zeit aufgeschaltet<br />
und über einen speziellen Link erreicht<br />
werden. Sie eignen sich besonders <strong>für</strong><br />
Umfragen, Aktionen oder als Landeseite<br />
einerWerbekampagne.Microsites werden<br />
deshalb gerne zusammen mit Coupons,<br />
also Gutscheinen,verwendet.Der Coupon<br />
wird dabei in die Microsite eingebunden<br />
und während einer bestimmten Zeitdauer<br />
aufgeschaltet – zum Beispiel <strong>für</strong> eine<br />
Preisaktion oder ein Kundengeschenk.Sobald<br />
der Kunde den Coupon aufruft bzw.<br />
ausdruckt, wird dies auf der Datenbank<br />
der Applikation registriert. So entfällt das<br />
aufwendige,manuelle Nacherfassen.Auch<br />
Formulare können in Microsites eingebunden<br />
werden. <strong>Die</strong> im Formular eingetragenen<br />
Daten werden direkt in die verknüpfte<br />
Datenbank der Applikation übertragen,<br />
was wiederum den administrativen Aufwand<br />
reduziert. Gleiches gilt auch <strong>für</strong> die<br />
Antworten bei Online-Umfragen.<br />
Social Media integrieren<br />
Praktisch an den webbasierten Applikationen<br />
ist weiter, dass die verschiedenen<br />
Kommunikationsmittel oft mit wenig Auf-<br />
<strong>Schweizerische</strong> <strong>Gewerbezeitung</strong><br />
– 11.<br />
Mai 2012<br />
wand miteinander verbunden werden<br />
können. Also – wie bereits beschrieben<br />
– beispielsweise Microsites mit Coupons<br />
oder Formularen.EinigeTools bieten auch<br />
die direkte Integration in Social-Media-<br />
Plattformen an. So kann beispielsweise<br />
ein Online-Shop in derApplikation erstellt<br />
und dann direkt in Facebook integriert<br />
werden.Voraussetzung da<strong>für</strong> ist natürlich<br />
ein vorhandenes Facebook-Profil. Ob ein<br />
solches <strong>für</strong> ein Unternehmen Sinn macht,<br />
hängt von den Kommunikations- und Marketingzielen<br />
sowie den vorhandenen Ressourcen<br />
ab. Social Media sind in erster<br />
Linie <strong>für</strong> den Dialog mit den Kunden gedacht.<br />
Sie müssen deshalb auch betreut<br />
und bearbeitet werden. <strong>Die</strong>s beinhaltet<br />
neben regelmässigen «News-Schaltungen»<br />
und personellen Ressourcen auch<br />
eine klare Kommunikationsstrategie.<br />
Fazit<br />
Letztlich nehmen die technischen Hilfsmittel<br />
keinem Unternehmen den Entscheid<br />
ab, in welche Kommunikationskanäle<br />
es investieren will. Ist die Wahl<br />
allerdings einmal getroffen, erleichtern<br />
die Tools die Umsetzung massgeblich.<br />
Durch die einfache Bedienung reduzieren<br />
sie den Aufwand und ermöglichen<br />
so auch <strong>KMU</strong> mit beschränkten Ressourcen,<br />
Online-Marketing zu betreiben.<br />
LINK<br />
www.swisscom.ch∕businessbox