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Vorsicht: Werte! - GEW

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WERTE<br />

Morgenkreis in<br />

der Kita Wassertropfen.Gelegenheit<br />

zum konzentrierten<br />

Gespräch<br />

in der Runde. Was<br />

liegt an? Welche<br />

Fragen beschäftigen<br />

die Kinder?<br />

Zeit, um deutlich<br />

zu machen, wie<br />

wichtig es für die<br />

Gemeinschaft ist,<br />

Verantwortung<br />

füreinander zu<br />

übernehmen.<br />

Literatur:<br />

*Armin Krenz: <strong>Werte</strong>entwicklung<br />

in der frühkindlichen<br />

Bildung und<br />

Erziehung, Verlag<br />

Scriptor 2007<br />

**Hartmut von Hentig:<br />

Ach, die <strong>Werte</strong>! Über eine<br />

Erziehung für das 21.<br />

Jahrhundert, Hanser<br />

Verlag 1999<br />

Kita-Leiterin<br />

Aysun Birant:<br />

„Gerade in einer<br />

multikulturellen<br />

Kita mit vielen<br />

Kindern aus<br />

Patchworkfamilien<br />

müssen wir<br />

die Eltern mit familienergänzenden<br />

Strukturen<br />

unterstützen.“<br />

kulturellen Kita mit vielen Kindern aus<br />

Patchworkfamilien müssen wir die Eltern<br />

mit familienergänzenden Strukturen<br />

unterstützen.“<br />

Die gesellschaftlichen Veränderungen<br />

in Deutschland in den vergangenen 40<br />

Jahren haben nicht nur das soziale Gefüge<br />

durcheinandergewirbelt, sondern<br />

auch einen <strong>Werte</strong>wandel herbeigeführt,<br />

der Eltern und Pädagogen verunsichert.<br />

Denn damit ist die Frage verbunden:<br />

Welche <strong>Werte</strong> wollen wir unseren Kindern<br />

vermitteln? Wann und auf welche<br />

Weise sollen Pädagogen im Erziehungsprozess<br />

damit beginnen? Wie sollen sie<br />

<strong>Werte</strong>orientierung im Bildungsprozess<br />

angehen?<br />

Zu jung?<br />

Lange kreiste die Debatte um die <strong>Werte</strong>erziehung<br />

in der Schule. Kindergartenkinder<br />

galten als zu jung für eine systematische<br />

<strong>Werte</strong>erziehung. „Das liegt<br />

unter anderem daran, dass man fürchtete,<br />

kleine Kinder könnten leicht einseitig<br />

beeinflusst werden“, sagt Matthias<br />

Hugoth, Professor für Erziehungswissenschaft<br />

an der Katholischen Fachhochschule<br />

Freiburg. „Zudem glauben viele<br />

immer noch, Kindergartenkinder seien<br />

unfähig, <strong>Werte</strong> zu erkennen, zu unterscheiden<br />

und reflexiv damit umzuge-<br />

8 Erziehung und Wissenschaft 2/2009<br />

beeinflussen?<br />

hen.“ Dabei ist längst klar: Schon kleine<br />

Kinder haben ein <strong>Werte</strong>mpfinden. Dem<br />

Amerikaner Robert Coles zufolge können<br />

bereits Embryos zwischen wertvoll und<br />

wertlos unterscheiden – auf niedrigstem<br />

Niveau: Welche Lage ist angenehm, welche<br />

nicht, wann geht es mir gut, wann<br />

nicht? Ab der Geburt entwickeln sich<br />

„Orientierungswerte“ – also jene Regeln<br />

und Überzeugungen, die dafür sorgen,<br />

dass sich ein Mensch in eine soziale Gemeinschaft<br />

einordnen und sich dabei<br />

wohl fühlen kann. „Die Erkenntnisse<br />

der Neurobiologie haben bestätigt, dass<br />

soziale Empfindungsmuster – mitleiden,<br />

wenn es einem anderen schlecht<br />

geht; helfen wollen, wenn ein anderer<br />

weint; Empfinden für Gut und Böse –<br />

eine Art anthropologische Grundgestimmtheit<br />

sind“, so Hugoth. „Bei den<br />

Kleinen läuft das vor allem über das Gefühl,<br />

erst allmählich kommt das kognitive<br />

Verstehen hinzu. Später wird daraus<br />

die handlungsanleitende Haltung, die<br />

wir Moral nennen.“<br />

Widersprüche im Alltag<br />

Die Studie „Kinderstimmen“ im Auftrag<br />

des Bundesforums Bildung und des<br />

Kindersenders Nick bestätigt das. 71<br />

Kindergarten-Kinder in sechs Einrichtungen<br />

waren im Sommer 2008 von der<br />

Forschungsgruppe Kommunikation &<br />

Soziales zum Thema <strong>Werte</strong> befragt worden.<br />

Die Untersuchung war Teil des Projekts<br />

„Kinder brauchen <strong>Werte</strong> – Bündnisinitiative:<br />

Verantwortung Erziehung.“<br />

Ergebnis: „Kinder im Vorschulalter haben<br />

bereits erstaunlich differenzierte<br />

Wertvorstellungen“, resümiert Geschäftsführerin<br />

Katherine Bird (s. www.<br />

bundesforum-familie.de und Seite 16),<br />

„und ein Bewusstsein für Gerechtigkeit,<br />

für richtig und falsch. Hilfsbereitschaft,<br />

Aufrichtigkeit, Solidarität, Verantwortungsbewusstsein<br />

und gegenseitiger Respekt<br />

werden als gewünschte Eigenschaften<br />

in den Befragungen deutlich.“<br />

Typisch dabei: Oft beschreiben die Kinder<br />

ethisches Verhalten in Konfliktsituationen<br />

– wenn zwei Kinder etwa mit<br />

demselben Auto spielen wollen. Immer<br />

wieder erleben sie dabei Widersprüche<br />

im Alltag – Vorstellungen in der Familie<br />

und der Kita prallen aufeinander, Erwachsene<br />

missachten Regeln, die sie für<br />

die Kinder ganz hoch hängen. Etwa<br />

wenn Erzieher sagen: „Man spricht<br />

nicht schlecht von anderen“, aber anderentags<br />

über die Kollegen herziehen,<br />

dann nähmen die Kinder solche Widersprüche<br />

sehr deutlich wahr, so Erziehungswissenschaftler<br />

Hugoth. „Damit<br />

sich Kinder in solchen Dilemmata ori-

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