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Heft 21 - Herbst 2002.pdf - Neue Gruppe

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HEFT <strong>21</strong>, <strong>Herbst</strong> 2002<br />

Inhalt<br />

Psychosozialer Stress und Parodontitis<br />

Innovationen in der Plastischen Parodontalchirurgie<br />

Zahnärztliche Prothetik für ältere Menschen<br />

Die Prothetische Rehabilitation des Zahnlosen<br />

Navigationssysteme in der Implantologie<br />

Die digitale Farbmessung in der Zahnmedizin<br />

Kursberichte<br />

Dr. Jörg Richter, Lembach<br />

Burkhard Hugo, Hamburg<br />

Youngster-Kurs, Kiel<br />

Mitglieder


DEM WAHREN SCHÖNEN GUTEN . . . *<br />

Die <strong>Neue</strong> <strong>Gruppe</strong> veranstaltet ihre 36. Jahrestagung in der Alten Oper<br />

F r a n k f u rt in diesem Jahr unter dem Motto „Schöne Zähne“. Zudem kann<br />

sich jeder Kongressteilnehmer aktiv an einem Wettbewerb beteiligen.<br />

Liegt es an der <strong>Neue</strong>n <strong>Gruppe</strong>, dass sie noch nie einen Ästhetik-Kongre s s<br />

ausgerichtet hat oder an dem jungen Fachgebiet der Ästhetischen Zahnheilkunde?<br />

Liegt es jetzt an ihrer Präsidentin, die sich seit ihrem Studium<br />

mit dem Thema „Schöne Zähne“ auseinandersetzt, die ästhetischen Richtlinien<br />

für die <strong>Neue</strong> <strong>Gruppe</strong> in ein neues Licht zu rücken?<br />

Als ich studierte, gab es den Begriff Ästhetik in der Zahnheilkunde überhaupt<br />

nicht. Es gab kein einziges „weißes“, selbsthärtendes, plastisches<br />

K u n s t s t o ffmaterial, welches für Verblendungen zur Ve rfügung stand und<br />

nicht ausnahmslos in Küvetten gestopft und gekocht werden musste, um<br />

eine gewisse Härte zu erreichen. Ein verlorengegangenes Stück Zahn<br />

konnte man mit Kunststoff nur über eine parapulpäre Stiftversorgung zur<br />

Haftung bringen. Hässliche Verfärbungen waren die Folge.<br />

Und heute, nach 40 Jahren? Unmengen an Kunststoffen und die dazug<br />

e h ö renden Haftvermittler haben eine Revolution in der zahnmedizinischen<br />

Ve r s o rgung ausgelöst. Arbeitet nicht jeder Zahnarzt mit mehr als<br />

einer Version und glaubt, für sich das allerbeste System gefunden zu<br />

haben? Bestimmen nicht all zu oft nur die Angaben der Hersteller die<br />

Therapie?<br />

Wie stand es mit den Keramikmassen? Es war ungeheuer schwierig, die<br />

L i c h t b rechung durch eingelegte Effektmassen oder Bemalungen zu<br />

s i m u l i e ren. Letztendlich waren die Verblendungen der metallgestützten<br />

Arbeiten ein schon von weitem sichtbarer Zahnersatz.<br />

Heute gelingt es uns, den natürlichen Zähnen durch entspre c h e n d e<br />

o p a l e s z i e rende Massen mit wesentlich weniger Aufwand sehr nahe zu<br />

kommen. Ausgereifte Schultermassen ermöglichen auch in schwierigen,<br />

halsnahen Gebieten eine Lichtbrechung zur Gingiva hin und zurück.<br />

Vollkeramiken sind derzeit das Schlagwort und erf reuen sich immer<br />

g r ö ß e rer Beliebtheit. Die Frage ihrer Stabilität glauben die Wi s s e n s c h a f t l e r<br />

g e g e n w ä rtig mit Zirkonoxid zu lösen. Sind diese Techniken so ausgere i f t ,<br />

dass wir sie kritiklos in unser Behandlungskonzept übernehmen können?<br />

Die Thematik all dieser Fragen wird voraussichtlich bis auf weiteres kein<br />

Hochschulfach werden. Aus diesem Grund ist es ein ganz besondere s<br />

Anliegen der <strong>Neue</strong>n <strong>Gruppe</strong>, die besten Referenten, auch Zahntechniker<br />

zum diesjährigen Ästhetik-Kongress einzuladen. Der Teamgedanke Zahnarzt<br />

- Zahntechniker spielt eine entscheidende Rolle bei der ästhetischen<br />

Gestaltung von Zahnersatz. So wird es aus den verschiedensten Te i lb<br />

e reichen der Ästhetischen Zahnheilkunde Antworten und Ausblicke<br />

geben, die den Te i l n e h m e rn Motivation, neue Erkenntnisse, aber auch<br />

die Bestätigung des eigenen Erfahrungsschatzes bieten.<br />

Editorial<br />

* Inschrift von J. W. Goethe über dem<br />

Portal der Alten Oper


2<br />

Wenn es auch viele Ve r ö ffentlichungen gibt, sogar einige Bücher und seit<br />

10 Jahren eine Deutsche Gesellschaft für Ästhetische Zahnheilkunde, so ist<br />

doch durch die rasante Entwicklung neuer Materialien und Techniken sowie<br />

die immer höheren Ansprüche der Patienten der Bedarf an qualifiz i e rt e r<br />

F o rtbildung enorm gestiegen. Da die Leistungen der Zahnverschöneru n g<br />

keine medizinische Notwendigkeit darstellen, sind Know-how und Kompetenz<br />

des Zahnarztes wichtiger denn je. Kreativität gepaart mit der Präzision der<br />

einzelnen Schritte einer modernen Zahnheilkunde mit zunehmend minimalinvasiven<br />

Methoden machen die Faszination natürlicher Schönheit der<br />

Zähne aus, für die sich jeder Einsatz lohnt.<br />

Schmerzbeseitigung und Wiederherstellung der Kaufunktion sind längst<br />

nicht mehr die einzigen Kriterien einer Behandlung. Der Wunsch gut auszusehen,<br />

Voraussetzung einer positiven Ausstrahlung, ist heute im Bewusstsein<br />

der meisten Patienten auch mit schönen Zähnen verbunden.<br />

Die We i t e rentwicklung auf diesem Gebiet und ihre erf o l g reichen Behandlungen<br />

können unsere Patienten an einen Wendepunkt ihres Lebens bringen<br />

und ihnen verlorengegangene Lebensqualität zurückgeben.<br />

Dem Wa h ren Schönen Guten - lohnendes Ziel einer jeden Maßnahme<br />

der Ästhetischen Zahnheilkunde.<br />

Rose Marie Lohmiller<br />

Glückwünsche Gründungsmitglied und ehemaliger Beirat Joachim Schulz-Bongert wurd e<br />

am 19. September 75 Jahre. Wir gratulieren herzlich und wünschen alles<br />

Gute.<br />

Am 16. Mai feierte Pastpräsident Peter Engelhardt seinen 65. Geburt stag.<br />

Ebenfalls 65 Jahre wurden am 16. Juni Walter Georg Sebald und<br />

am 17. August unser ehemaliger Generalsekretär und Beirat Jochen<br />

G i e s e l e r. Die Freunde der <strong>Neue</strong>n <strong>Gruppe</strong> gratulieren von ganzem Herz e n .<br />

I h ren 60. Geburtstag feierten unser außero rdentliches Mitglied Lavin Flore s -<br />

de-Jacoby am 24. Mai, Jürgen Staats am 13. Juli, Knut Schuppan am 30.<br />

Juli, unser ehemaliger Generalsekretär und Redakteur der <strong>Neue</strong> <strong>Gruppe</strong><br />

Nachrichten Jürgen Bretthauer am 23. August und Jürgen Schenk am 29.<br />

S e p t e m b e r. Die <strong>Neue</strong> <strong>Gruppe</strong> gratuliert allen herzlichst und wünscht beste<br />

Gesundheit.<br />

55 Jahre wurden Norbert Grosse am 13. September, Wolfgang Bolz am<br />

22. September und unser ehemaliger Generalsekretär und Beirat Wa l t e r<br />

Schneider am 1. Oktober. Die besten Wünsche zu diesen Festtagen.<br />

Zu ihren 50. Geburtstagen wünschen wir Dieter Edinger am 16. August<br />

und Christian Lohbeck am 28. August alles Gute.<br />

Allen Jubilaren herzliche Glückwünsche!


In den letzten Jahren konnte in epidemiologischen Studien eindrucksvoll<br />

belegt werden, dass die Gingivitis und Parodontitis zu den am weitesten<br />

v e r b reiteten Erkrankungen gehören. Schon über dre i v i e rtel aller Kinder<br />

und Jugendlichen weisen Symptome einer Gingivitis auf und nahezu alle<br />

E rwachsenen leiden an einer Form der Parodontitis (review: Papapanou<br />

und Lindhe 1997).<br />

Die meisten Patienten mit einer Parodontitis weisen eine chronische Form<br />

auf, die durch Ve r b e s s e rung der täglichen Mundhygiene und Entfern u n g<br />

aller Zahnbeläge gut behandelbar sind. Es gibt jedoch auch außero rdentlich<br />

schwer zu behandelnde aggressive Formen, bei denen es innerhalb<br />

kurzer Zeit aufgrund entzündlicher Destruktionen zum Verlust des<br />

Zahnhalteapparates kommt (Abb. 1a-c). Diese Patienten scheinen für<br />

p a rodontale Erkrankungen prädisponiert zu sein und gehören somit zu<br />

den Risikopatienten. Insbesondere bei diesen Patienten ist die re c h t z e i t i g e<br />

Diagnose der Erkrankung sowie die Identifizierung von Risikofaktore n<br />

von besonderer Bedeutung (Abb. 2). Dies ist die Vo r a u s s e tzung,<br />

dass nicht nur die Behandlung des entzündeten Paro -<br />

donts erf o l g reich ist, sondern auch andere zum Teil lebensb<br />

e d rohende Erkrankungen vermieden werden. So konnte in<br />

epidemiologischen Studien gezeigt werden, dass fort g e s c h r i ttene<br />

parodontale Erkrankungen mit koronalen Herz e r k r a nkungen,<br />

zerebraler Ischämie, Atheriosklerose und pre - t e rm low<br />

b i rth weight korre l i e ren (review: Papapanou und Lindhe 1997).<br />

Dieser Zusammenhang konnten zwar noch nicht pathogene-<br />

tisch bestätigt werden, jedoch deuten in-vitro Studien darauf<br />

hin, dass die bei einer Parodontitis in großen Mengen vorhandenen<br />

Bakterien bzw. deren Produkte (Lipopolysaccharide,<br />

Exotoxine) aufgrund einer Bakteriämie destruktive Prozesse in<br />

den entsprechenden Geweben auslösen.<br />

In zahlreichen Studien konnten Risikofaktoren, die mit einer<br />

f o rtgeschrittenen Parodontitis assoziieren, festgestellt werd e n<br />

( review: Genco 1996). So lagen erhöhte odds ratios in Hinblick<br />

auf das Alter, Geschlecht (männlich), Rauchen von Zigaretten,<br />

systemischen Erkrankungen (z.B. Diabetes mellitus) und<br />

das Vorkommen von spezifischen Bakterien (Porphyro m o n a s<br />

gingivalis, Bacteroides forsythus, Prevotella intermedia) vor.<br />

We i t e rhin scheint ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen<br />

dem pro g ressiven Verlauf einer parodontalen Erkrankungen<br />

und dem psychosozialen Stresszustand des Patienten vorz uliegen<br />

(review: Breivik et al. 1996, Monteiro da Silva et al.<br />

1995). Diese Abhängigkeit ist eigentlich nicht neu in der Parodontologie,<br />

da schon seit über 40 Jahren bekannt ist, dass<br />

S t ress ein wichtiger prädisponierender Faktor für die Enstehung<br />

einer akuten nekro t i s i e renden ulzerierenden Gingivitis<br />

(ANUG) ist (review: Johnson und Engel 1985). Um diese<br />

zumeist aus re t rospektive Studien erhaltenen Beobachtungen<br />

pathogenetisch zu begründen, wurde bei Patienten mit ANUG<br />

die Konzentration von Cortisol im peripheren Blut, Urin und<br />

im Speichel bestimmt und mit dem Erkrankungsgrad verg l i c h e n<br />

(Maupin und Bell 1975, Shannon et al. 1969). So konnten<br />

zwar im Urin höhere Cortisol-Spiegel nachgewiesen werd e n<br />

(10,5mg/24 h), jedoch waren sie nicht immer signifikant höher<br />

als die von gesunden Kontrollpersonen.<br />

In den darauf folgenden Jahren wurde der Zusammenhang<br />

zwischen Stress und parodontalen Erkrankungen nicht weiter untersucht,<br />

bis erst anfang der 90er Jahre einige Studien die Problematik wieder aufg<br />

r i ffen. In einer dieser re t rospektiven Korrelationsstudien wurde bei 23<br />

3<br />

Psychosozialer Stress<br />

und Parodontitis<br />

von<br />

Reiner Mengel<br />

Marburg<br />

Abb. 1a: Patientin (16 Jahre alt). Röntgenbild des Zahnes 46<br />

Abb. 1b: Röntgenbild des Zahnes 46 ca. 4 Jahre später. Ausgeprägte<br />

Knochendestruktion<br />

Abb. 1c: Die klinische Situation des Zahnes 46 von lingual.


Abb.2: Risikofaktoren zur Entstehung<br />

einer parodontalen Erkrankung.<br />

4<br />

Patienten, die mindestens einmal jährlich den<br />

Z a h n a rzt aufsuchten, im Abstand von 5,5<br />

J a h ren klinische Untersuchungen durc h g e f ü h rt<br />

(Linden et al. 1996). Die Befundung erf o l g t e<br />

d u rch die Bestimmung von Plaque, Ta s c h e ntiefen,<br />

klinischen Attachmentlevel, Blutung nach<br />

S o n d i e rung und subgingivalem Zahnstein. Zur<br />

zweiten Untersuchung mussten die Patienten<br />

den Occupational-Stre s s - I n d i c a t o r- F r a g e b o g e n<br />

ausfüllen, der Hinweise auf beru flichen Stre s s<br />

l i e f e rt (Cooper et al. 1988). Die Korrelation der<br />

A n t w o rten mit den klinischen Ergebnissen zeigte,<br />

dass beruflicher Stress ein Risikofaktor für den<br />

p ro g ressiven Verlauf einer parodontalen Erkrankung<br />

ist. Dieser Zusammenhang bestätigte<br />

f r ü h e re Ergebnisse derselben Arbeitsgru p p e ,<br />

die in einem einjährigen Beobachtungszeitraum<br />

eine Korrelation zwischen beruflichem Stre s s<br />

und der Tiefe einer Zahnfleischtasche feststellten<br />

(Freeman und Goss 1993)<br />

In einer weiteren re t rospektiven Studie beantw<br />

o rteten jeweils 50 Patienten mit behandelten parodontalen Erkrankungen<br />

und parodontal gesunde Probanden einige Fragen zum Rauchen und 2<br />

Fragebögen zur Stresssituation und zwar die mod. Version des Modifie r s<br />

and Perceived Stress Scales (Linn 1986) zur Feststellung von perc e i v e d<br />

s t ress sowie den UCLA Loneliness Scale (Russel et al. 1980) zur Bewertung<br />

von zwischenmenschlichen Kontakten (Monteiro da Silva et al. 1996).<br />

Die RPP-Patienten zeigten im Ve rgleich zu den beiden anderen Gru p p e n<br />

signifikant erhöhte Depressions- und Einsamkeitsanzeichen.<br />

Von derselben Arbeitsgruppe wurde bei jeweils 40 unbehandelten Patienten<br />

mit RPP und AP die Plaqueansammlung an ausgewählten Zähnen untersucht<br />

sowie die Erhebung von 4 Fragebögen inklusive einiger Fragen<br />

zum Rauchen durchgeführt (Monteiro da Silva et al. 1998). Es kam der<br />

Hospital Anxiety and Depression Scal zur Feststellung einer Depre s s i o n<br />

(Zigmund und Snaith 1983), der State-Trait Anxiety Inventory (STAI) zur<br />

Bestimmung der state and trait anxiety (Spielberger et al. 1970), eine<br />

mod. Version des Modifiers and Perceived Stress Scales zur Feststellung<br />

von perceived stress (Linn 1986) sowie der UCLA Loneliness Scale zur<br />

B e w e rtung von zwischenmenschlichen Kontakten (Russel et al. 1980) zur<br />

Anwendung. Die Korrelationen der Antworten aus den Fragebögen mit<br />

den Plaqueansammlungen zeigten in beiden <strong>Gruppe</strong>n keine signifik a n t e n<br />

Unterschiede. Neben einer höheren Inzidenz von Rauchern bei den RPP-<br />

Patienten war in beiden <strong>Gruppe</strong>n eine signifikante Korrelation zwischen<br />

Depression und Rauchen feststellbar.<br />

In einer anderen re t rospektiven Studie wurde bei jeweils 50 Patienten mit<br />

P a rodontitis (mind. eine Tasche über 5,5mm) und parodontal gesunden<br />

K o n t rollpersonen die Taschentiefe, Plaqueansammlung und Anzahl<br />

fehlender Zähne bestimmt (Croucher et al. 1997). Weiterhin wurde der<br />

Social Readjustment Rating Scale zur Bestimmmung von negativen, „life<br />

events“ erhoben (Holmes und Rahe 1967). Die Ergebnisse zeigten bei<br />

den Patienten eine signifikante Korrelation zwischen Parodontitis und<br />

negativen „life events“.<br />

In einer kürzlich durc h g e f ü h rten re t rospektiven cross-sectional Studie in<br />

Erie County, New York wurde bei 1426 Patienten der Zusammenhang<br />

zwischen parodontalen Erkrankungen, Stress, Disstress und coping<br />

behaviors festgestellt (Genco et al. 1999). Die klinische Befundung erf o l g t e<br />

d u rch Bestimmung der Taschentiefe, Blutung nach Sondierung, Plaque-


ansammlung und des klinischen Attachementlevels sowie durch Anfert igung<br />

röntgenologische Einzelzahnfilme aller Zähne. We i t e rhin wurd e n<br />

von jedem Patienten subgingivale Plaqueproben von jeweils 6 Ober- und<br />

U n t e r k i e f e rzähnen entnommen und mikrobiologisch in Hinblick auf A c t i n o- bacillus actinomycetemcomitans, Bacteroides forsythus, Campylobacter<br />

rectus, Capnocytophaga, Eubacterium saburreum, Fusobacterium<br />

nucleatum, Porphyromonas gingivalis und Prevotella intermedia u n t e rsucht.<br />

Abschließend mussten die Patienten einige Fragen zu Rauchgewohnheiten<br />

und 5 Fragebögen zur Stresssituation beantworten. Den<br />

Life Event Scale zur Feststellung der „life events“ (Dohrenwend et al.<br />

1978), den Every-day Living Scale zur Bewertung von chronischem, täglichem<br />

Stress (Pearlin und Schooler 1978), den Brief Symptom Inventory<br />

(BSI) zur Bestimmung von Disstress (Derogatis und Spencer 1982), den<br />

Coping Stylus and Strategies zur Feststellung von coping stress (Carv e r<br />

et al. 1989) sowie den Hassles und Uplifts Measures zur Bewertung von<br />

S t ress in „day to day life“ (Dohrenwend et al. 1982). Die Korrelation der<br />

A n t w o rten aus den Fragebögen mit den klinischen und mikro b i o l o g i s c h e n<br />

E rgebnissen ergab, dass Stress, financial strain und Disstress signifik a n t e<br />

R i s i k o f a k t o ren von fortgeschrittenen parodontalen Erkrankungen sind.<br />

We i t e rhin konnte das Geschlecht (männlich), Rauchen, Diabetes mellitus<br />

und die beiden Bakterien Bacteroides forsythus und P o r p h y r o m o n a s<br />

g i n g i v a l i s als Risiko-faktoren identifiz i e rt werden. Ausreichende „coping<br />

behaviors“ zur Lösung von Problemen scheinen jedoch das Risiko einer<br />

p a rodontalen Erkrankung zu re d u z i e rt. Die Zusammenfassung dieser<br />

Studien verdeutlicht, dass offensichtlich ein Zusammenhang zwischen der<br />

S c h w e re einer parodontalen Erkrankung<br />

und dem Stresszustand des Patienten vorliegt.<br />

Der pathogenetische Mechanismus<br />

wie es durch Stressbelastungen zu<br />

Erkrankungen des parodontalen Gewebes<br />

kommt, kann jedoch durch diese Studien<br />

bei weitem nicht erklärt werden. Dies ist<br />

nur durch psychoneuro i m m u n o l o g i s c h e<br />

Studien möglich, die das gegenseitige<br />

Wechselspiel zwischen Stress, ZNS und<br />

Zellen des Immunsystems untersuchen (Abb.<br />

3). So konnte gezeigt werden, dass die<br />

Immunabwehr gegen orale Bakterien von<br />

den Wechselwirkungen zwischen Behavior<br />

( S t ress), zentralem Nervensystem (ZNS)<br />

und Zellen des Immunsystems abhängig ist.<br />

S t ress kann, abhängig von der Art des<br />

S t ressors und der betrachteten immunologischen<br />

Funktion, die Immunabwehr entweder<br />

supprimieren oder erhöhen. Dies<br />

geschieht über ein komplexes Netzwerk<br />

von bidirektionalen Signalen, die das<br />

N e rven-, Endokrine- und Immunsystem miteinander<br />

verbindet. In psychoneuro i m m unologischen<br />

Studien konnte zwar die<br />

A k t i v i e rung und Inhibierung von immunologischen<br />

Abwehrv o rgängen festgestellt<br />

werden, jedoch ist der detaillierte Mechanismus,<br />

wie die funktionelle Interaktion<br />

zwischen Stress, ZNS und Zellen des<br />

Immunsystems abläuft, zur Zeit noch weitestgehend<br />

unbekannt.<br />

5<br />

PD Dr. Reiner Mengel<br />

Abb.3: Netzwerke zwischen ZNS und Zellen des Immunsystems.<br />

Philipps-Universität Marburg<br />

Med. Zentrum für Zahn-, Mund - und<br />

Kieferheilkunde<br />

Abt. für Parodontologie<br />

Georg Voigt Str. 3<br />

35033 Marburg<br />

Tel: 064<strong>21</strong>/2863279<br />

Fax: 064<strong>21</strong>/2863270<br />

e-mail: mengel@mailer. u n i - m a r b u rg . d e


Innovationen in der<br />

Plastischen<br />

Parodontalchirurgie<br />

von<br />

Gerhard Iglhaut<br />

Memmingen<br />

Abb. 1: PRCm-10 Nadel.<br />

Abb. 2: Vergleich Penetrationsradius.<br />

6<br />

1. Parodontale Mikr o c h i ru rg i e :<br />

Mit dem stets steigenden Anspruch an die dentale Ästhetik hat sich im<br />

v e rgangenen Jahrzehnt neben der Implantologie die plastische Parod<br />

o n t a l c h i ru rgie rapide entwickelt und ist zu einer bedeutenden neuen<br />

Disziplin in der Zahnmedizin aufgestiegen. <strong>Neue</strong> Techniken und Materialien<br />

haben das Therapiespektrum erw e i t e rt und lassen die Pro g n o s e n<br />

als günstig erscheinen. Mit dem Einsatz des OP-Mikroskopes in der<br />

P a rodontologie (1) wurde die parodontale Mikro c h i ru rgie Mitte der<br />

90er Jahre eingeführt. Dies erf o rd e rte die Entwicklung von grazilere n<br />

Nadel-Faden- Kombinationen und entsprechend feineren Instru m e n t e n .<br />

D u rch minimalinvasive chiru rgische Techniken wird die Gewebetraum<br />

a t i s i e rung gesenkt. Präzise Inzisionen und Wu n d l a p p e n p r ä p a r a t i o n e n<br />

e rmöglichen ein exaktes Positionieren feinster We i c h g e w e b s s t ru k t u re n .<br />

Blutgefäße nahe den Wu n d r ä n d e rn können schneller Anschluß finden<br />

und somit eine raschere postoperative Heilung einleiten. Durch den<br />

atraumatischen Umgang mit den Gewebestru k t u ren erw a rten wir eine<br />

deutliche Senkung der postoperativen Beschwerden und somit einen<br />

g e s t e i g e rten Patientenkomfort. Ziel ist eine Ve r b e s s e rung der Behandl<br />

u n g s e rgebnisse, was durch neue Studien gestützt wird. Für den bre i t e n<br />

D u rc h b ruch der plastischen Mikro c h i ru rgie sind jedoch die ausgeprägte<br />

L e rn k u rve von 1-2 Jahren, der grössere zeitliche Aufwand und hohe<br />

Investitionskosten noch ein Hindernis. Sicherlich stellt die OPM-Unterstützung<br />

bei mikro c h i ru rgischen Eingriffen keine conditio sine qua non<br />

d a r. Prismenlupenbrillen mit 4-5 facher Ve rg r ö s s e rung und Xenon-Kaltlichtbeleuchtung<br />

hingegen können heute als Standardausrüstung angesehen<br />

werd e n .<br />

2. Innovative Nahtmaterialien:<br />

In der parodontalen Mikro c h i ru rgie wird das Polyp<br />

ropylen aufgrund seiner herausragenden Gewebev<br />

e rträglichkeit als Nahtmaterial der Wahl angesehen.<br />

Es kommt in den Durc h m e s s e rn 6-0, 7-0 sowie seltener<br />

8-0 zum Einsatz und wird mit 3/8 Rundkörpern a d e l n<br />

mit vierfach angeschliffener Mikrospitze kombiniert<br />

( D RT 12-Nadel mit 6-0 Premilene, DRT 10-Nadel mit<br />

7-0 Premilene, Fa. Braun).<br />

Grazile We i c h g e w e b s s t ru k t u ren und enge anatomische<br />

S t ru k t u ren (Interd e n t a l b e reiche, Papillen) limitieren den<br />

Einsatz dieser Nadeln, da ihre Radien für diesen Einsatz<br />

zu groß angelegt sind. Für die Gefäßchiru rg i e<br />

w u rden aus diesem Grunde sogenannte pro g re s s i v<br />

gebogene Nadeln entwickelt, die im proximalen Anteil<br />

eine flache Biegung (großer Radius) und im apikalen<br />

Anteil eine starke Biegung (kleiner Radius) aufweisen<br />

(Abb. 1). Dadurch gelingt es, auch in eingeengten<br />

Regionen auf kurzen Distanzen die Wundränder sicher<br />

zu fixieren (Abb. 2).<br />

Diese Nadel-Faden-Kombinationen stehen als PRCm-<br />

10 Nadel mit 7-0 Premilene und PRCm-8 Nadel mit 8-<br />

0 Premilene (Fa. Braun) zur Ve rf ü g u n g .


3. Innovative Techniken der Rezessionsdeckung<br />

3.1. Modifizierte Tu n n e l - Technik (Iglhaut 1998):<br />

Die modifizierte Tu n n e l - Technik (2) stellt eine Erw e i t e rung der Envelope-<br />

Technik (3) dar. Diese Technik ist indiziert bei schmalen Rezessionen<br />

der Klasse 1 und 2 nach Miller (4) und bei geringer Höhe des Ve s t ibulums,<br />

einer Limitation vertikaler Verschiebelappentechniken. Zudem<br />

kann diese Technik bei fehlender Keratinisierung der Gingiva und bei<br />

feinen, grazilen We i c h g e w e b s s t ru k t u ren erf o l g reich eingesetzt werd e n<br />

(Abb. 3). Primär wird nach Konditionierung der Wu rz e l o b e rfläche eine<br />

i n t r a s u l k u l ä re Inzision mit nachfolgender Mobilisation eines Mukosalappens<br />

unter Bildung eines Tunnels durc h g e f ü h rt. Die Skalpellklinge<br />

Abb. 3: Rezession einer grazilen Gingiva während KFO - Behandlung.<br />

15c stellt hierfür das Standard i n s t rument dar. In sehr engen anatomischen<br />

Ve rhältnissen bzw. sehr grazilen Gingivastru k t u ren findet die<br />

M i k roklinge Nr. 69 ihren Einsatz. Besteht die Gefahr der Ruptur der<br />

G i n g i v a s t ru k t u ren beim Einbringen des Bindegewebstransplantates von<br />

m a rginal, wird eine etwas nach lateral versetzte Ve rtikalinzision in der<br />

Mukosa (Höhe Appro x i m a l b e reich) mit einer Länge von 3-4 mm durc hg<br />

e f ü h rt (Abb. 4) und der Tunnel von marginal bis zur Ve rt i k a l i n z i s i o n<br />

v e r l ä n g e rt (Abb. 5). Nachfolgend wird von der Palatinalregion zwischen<br />

Eckzahn und mesialen Begrenzung des 1. Molaren ein Bindegewebstransplantat<br />

entsprechend der von Hürzeler 1999 beschriebenen<br />

Abb. 5: Tunnelpräparation mit Mikroskalpellklinge.<br />

Technik (5) entnommen. Das Transplantat wird nach dem Trimmen seitlich<br />

durch die Inzisionsöffnung in den Tunnel nach marginal über der<br />

Rezession plaziert (Abb. 6) und mit 7-0 Premilene Nähten fixiert. Die<br />

7<br />

Abb. 4: Vertikale Inzisionsöffnung.<br />

Abb. 6: Einbringen des Bindegewebstransplantat in Tunnel.


Abb. 7: Op-Situs in regio 23 nach Nahtverschluß.<br />

Abb. 9: Rezession an Zahn 43 bei flachem Vestibumumlauf.<br />

8<br />

Ve rtikalinzision im Anschluß wird entsprechend mit Einzelknopfnähten<br />

verschlossen (Abb. 7). Die Nähte werden nach 5 - 7 Tagen entfern t .<br />

Nach drei Monaten hat sich das Transplantat in Farbe und Textur der<br />

umgebenden Mukosa angeglichen (Abb. 8). Diese einfache Te c h n i k<br />

kann im Ober- und Unterkiefer (Abb. 9/10) erf o l g reich eingesetzt<br />

w e rden.<br />

Abb. 8: Status 3 Monate post OP: modifizierte Tunneltechnik.<br />

Abb. 10: Status 3 Monate post OP: modifizierte Tunneltechnik.<br />

3. 2. Koronal verschobener Tunnel (Allen 1999):<br />

Diese Technik (6) stellt eine Kombination aus koronalem Ve r s c h i e b elappen<br />

(7) und Envelope-Technik dar und ist bei breiten Rezessionen<br />

von geringem Umfang (1 - 2 mm) indiziert (Abb. 11). Bereits eine<br />

geringe Höhe des Vestibulums reicht aus, um multiple Rezessionen im<br />

F ront- und insbesondere im Seitenzahnbereich zu decken.<br />

Die Technik beginnt mit beidseitigen, horizontalen Inzisionen von 1-2<br />

mm Länge an den Papillen 1 mm oberhalb der Schmelz-Zement Gre n z e .<br />

Von den lateralen Enden dieser Inzisionen werden weitere Schnitte zum<br />

tiefsten Punkt der Rezession geführt und das dazwischenliegende We i c hgewebe<br />

entepithelisiert bzw. exzidiert. Entsprechend der Form g e b u n g<br />

w i rd dieses Pro c e d e re auch Smile-Technik genannt (Abb. 12). Nachfolgend<br />

wird nach intrasulkulärer Inzision ein Mukosalappen mobilisiert<br />

und ein Tunnel zur Aufnahme eines Bindegewebs-Transplantat geschaff e n .<br />

Ist die Gingiva von ausreichender Dicke, kann auf ein Transplantat verzichtet<br />

werden. Das ideale Spenderareale für formstabile, gleichmäßig<br />

dicke Bindegewebstransplantate (Abb. 13) ist die Palatinalfläche vom<br />

2. Molaren bis zum dorsalem Anteil des Tubers. In dieser Region gelingt<br />

es häufig, zwei Transplantate in übereinanderliegenden Schichten zu<br />

gewinnen. Nach Einbringen des Weichgewebes in den Tunnel wird der<br />

Wundrand nach koronal über das Transplantat mobilisiert und an der


Abb. 11: Breite Rezession von 2mm an Zahn 23.<br />

Papille mit Umschlingungsnaht fixiert (Abb. 14). Diese Technik eignet<br />

sich für multiple breite Rezessionen auch im Seitenzahnbereich (Abb.<br />

1 5 / 1 6 / 1 7 ) .<br />

Abb. 13: Fibröses Bindegewebstransplantat aus Retromolarregion.<br />

Abb. 15: Multiple breite Rezession in regio 13 - 16.<br />

3. 3. Koronal verschobener Brückenlappen (Iglhaut 2000):<br />

Der Einsatz dieser Technik (8) wird bei Rezessionen der Klasse 1 und 2<br />

empfohlen. Insbesondere multiple Rezessionen im Unterkiefer von 1-2<br />

mm Tiefe bei fehlender Keratinisierung stellt eine bedeutende Indikation<br />

für diese Technik dar (Abb. 18).<br />

Ähnlich der Vo rgehensweise bei der Vestibulumplastik mit freiem Schleimhauttransplantat<br />

(9) wird eine horizontale Inzision in der Region ents<br />

p rechender Zähne nahe der mukogingivalen Grenze durc h g e f ü h rt .<br />

9<br />

Abb. 12: Zustand nach Präparation Mukosa-Lappen.<br />

Abb. 14: Op-Situs in regio 23 nach Nahtverschluß: Smile-Technik.<br />

Abb. 16: Op-Situs nach Nahtverschluß in regio 13 - 16.


Abb. 17: Status 4 Monate post OP: Smile-Technik.<br />

Abb. 19: Präparation des Brückenlappens.<br />

Abb. <strong>21</strong>: Kombiniertes Transplantat Bindegewebsseite.<br />

10<br />

Abb. 18: Multiple Rezession UK-Front 31 - 43.<br />

Nach Mobilisation eines Mukosalappens nach apikal wird ein bre i t e s<br />

Empfängerbett für den FST-Anteil eines kombinierten Tr a n s p l a n t a t e s<br />

g e s c h a ffen. Der verbliebene koronale Anteil der Gingiva wird vorsichtig<br />

gesplittet und als Brückenlappen mobilisiert (Abb. 19). Anschließend<br />

Abb. 20: Kombiniertes Transplantat Epithelseite.<br />

w i rd entsprechend einer Vorlage aus Alufolie die Ausdehnung des komb<br />

i n i e rten Transplantates am Gaumen mittels oberflächlicher Inzision<br />

festgelegt. Der FST-Anteil des Transplantates wird parallel zur Gaumeno<br />

b e rfläche in einer Tiefe von ca. 1 - 1,5 mm gewonnen. An dieses<br />

Transplantat wird im prospektiven Anteil der Rezessionsdeckung ein<br />

Abb. 22: Op-Situs nach Transplantatfixation.<br />

Bindegewebsanteil gestielt entnommen (Abb. 20/<strong>21</strong>) und nachfolgend<br />

mit einer OP-Platte abgedeckt. Der Wundanteil des freien Schleimhauttransplantates<br />

wird durch sekundäre Wundheilung re g e n e r i e rt. Das


Abb. 23: Status 5 Monate post OP: koronal verschobener Brückenlappen.<br />

k o m b i n i e rte Transplantat wird mit dem Bindegewebsanteil<br />

unter dem Brückenlappen der zu<br />

deckenden Wu rz e l o b e rflächen platziert und<br />

zum Zwecke eines “push up” nach koro n a l<br />

geschoben. Die Fixation erfolgt mit Einzelknopfnähten<br />

(7-0/8-0 Premilene) an Papillen<br />

und Periostanteilen (Abb. 22).<br />

B e reits nach vier Monaten sind sehr stabile<br />

G i n g i v a v e rhältnisse zu erkennen (Abb. 23). Mit<br />

dieser Technik gelingt es, die Ve s t i b u l u m p l a s t i k<br />

mit freiem Schleimhauttransplantat und nachfolgener<br />

koronaler Ve r s c h i e b e l a p p e n - Te c h n i k<br />

nach Bernimoulin 1975 (10) in ein einzeitiges<br />

P ro c e d e re zu verkürzen (Abb. 24/25).<br />

D a n k s a g u n g :<br />

Ich danke meinem Mentor und Freund Pat Allen für viele Tipps und die<br />

Überlassung der Abbildungen 13-16.<br />

Literaturverzeichnis:<br />

11<br />

Abb. 24: Gingivarezession an den Zähnen 31 und 41.<br />

Abb. 25: Ergebnis 6 Monate post OP: koronal verschobener Brückenlappen.<br />

(1) Tippetts L.S., Shanelec D.A.: An overview of periodontal microsurgery.<br />

Curr Opin Periodontol. :187-193.(1994)<br />

(2) Iglhaut G.: Modifikation der Rezessionsdeckung mit Bindegewebstransplantat und Einsatz des OP-Mikroskops.<br />

Vortrag anlässlich Kemptener Tag. (1998)<br />

(3) Raetzke P.B.: Covering localized areas of root exposure employing the “envelope” technique. J Periodontol.<br />

56: 397-402. (1985)<br />

(4) Miller P.D.: A classification of marginal tissue recession. Int J Periodontics Restorative Dent.5: 9-14. (1985)<br />

(5) Hürzeler MB, Weng D.: A single incision technique to harvest subepithelial connective tissue grafts from the<br />

palate. Int J Periodontics Restorative Dent. 19: 279-87. (1999)<br />

(6) Allen E.P.: Vortrag anläßlich Perio Winter Meeting in Telluride (1999)<br />

(7) Langer B. u. Langer L.: Subepithelial connective tissue graft technique for root coverage. J Periodontol. 56: 715-<br />

720. (1985)<br />

(8) Iglhaut G.:Innovative plastische Parodontalchirurgie. Vortrag anlässlich des Kemptener Tag. (2000)<br />

(9) Nabers JM.:Extension of the vestibular fornix utilizing a gingival graft. Periodontics. 4:77. (1966)<br />

(10) Bernimoulin JP.: Deckung gingivaler Rezessionen mit koronaler Verschiebeplastik. Dtsch Zahnaerztl Z.<br />

28:1222. (1973)


Zahnärztliche Prothetik<br />

für den ältere Menschen<br />

von<br />

R. M. Severin<br />

H. Stark<br />

Bonn<br />

12<br />

Die Bevölkerungspyramide steht Kopf. Der demographische Wandel in<br />

der Gesellschaft wirkt sich komplex auf das zahnärztliche Behandlungss<br />

p e k t rum und die Anford e rungen an eine Praxis aus. Eine pro t h e t i s c h e<br />

Behandlung sollte den psychischen, funktionellen und finanziellen Ve ränderungen<br />

des älteren Menschen differenziert gerecht werden.<br />

1. Einleitung<br />

Die Altersverschiebungen in unserer Gesellschaft sind hinlänglich bekannt.<br />

Der Anteil alter Menschen in der Bevölkerung wird in Deutschland neben<br />

Italien im internationalen Ve rgleich jedoch am stärksten zunehmen. Die<br />

Ve r ä n d e rungen, die sich für die zahnärztliche Praxis hieraus erg e b e n ,<br />

verlaufen schleichend. Es soll im Folgenden das Bewusstsein für den ältere n<br />

Menschen geschärft werden und die verschiedenen prothetischen Ve rs<br />

o rgungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse<br />

des älteren Patienten dargestellt werden.<br />

2. Der ältere Mensch<br />

B e reits ab dem 35. Lebensjahr nehmen die Körperfunktionen im Jahr<br />

durchschnittlich um 1% ab. Der Mensch befindet sich jedoch laut WHO<br />

bis zum Alter von 49 Jahren in der Periode des biologischen Gleichgewichts,<br />

sodass vom alternden Menschen ab 50 Jahren gespro c h e n<br />

w i rd. Das Altern kann damit nicht als Krankheit gesehen werden, sondern<br />

vielmehr als ein langsam fort s c h reitender Prozess. Sensorische und<br />

sensomotorische Funktionseinschränkungen zeigen sich in der Abnahme<br />

der Sehschärfe, des Gehörs und der Beweglichkeit. Die psychische Komponente<br />

des Alterns ist besonders herv o rzuheben. Das Coping, der Anpass<br />

u n g s p rozess an veränderte Lebenssituationen und Beeinträchtigungen<br />

der Körperfunktionen, ist individuell sehr verschieden. Eine psychische<br />

Dekompensation des Alterns drückt sich in der steigenden Zahl an Depre ssivität<br />

leidender älterer Menschen aus.<br />

3. Der ältere Mensch in der Praxis<br />

Diese Faktoren wirken sich entscheidend auf die Mundgesundheit aus<br />

und verlangen dem zahnmedizinischen Personal erhöhte praktische und<br />

t h e o retische Fähigkeiten ab. Sensorische und sensomotorische Einschränkungen<br />

wirken sich aus, wenn die Mobilität und Feinmotorik eine<br />

adäquate Mundhygiene nicht ausreichend möglich machen. Dabei kann<br />

das visuelle Ve rmögen, das Nachlassen des Geschmacks- und Geru c hsinns<br />

und die verm i n d e rte orale Perzeption die Beurteilungsfähigkeit der<br />

Notwendigkeit von Mundhygienemaßnahmen re d u z i e ren. Eine verm i nd<br />

e rte Neigung, zahnärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und die Prävalenz<br />

allgemeiner körperlicher Gebrechen sind neben einer re d u z i e rt e n<br />

Mundhygiene die Ursachen für auffallend schlechte Gebisszustände.<br />

Der ältere Patient weist in der Regel ein oder mehre re ernste, meist chron<br />

i fiz i e rte und medikamentös therapierte Erkrankungen auf, hat geringere<br />

finanzielle Mittel und ist oft teilweise oder vollständig auf Hilfe angewiesen.<br />

Diese Faktoren müssen bei Planung und Behandlung berücksichtigt werd e n ,<br />

wodurch diese deutlich an Komplexität zunehmen.<br />

4 Das Gebiss älterer Menschen<br />

Das ältere Gebiss zeichnet sich in der Regel durch einen re d u z i e rten parodontalen<br />

Status, erhöhten Kariesbefall besonders im Wu rz e l b e reich, ausgeprägte<br />

okklusale Abrasionen, komplexe prothetische Situationen, Mundt<br />

rockenheit, Mundschleimhauterkrankungen, Alveolarf o rt s a t z a t rophie und<br />

funktionelle Beschwerden durch Nichtversorgung, degenerativen Gelenkerkrankungen<br />

oder Osteoarthritis aus [4, 14, 15, 18] (Abb. 1, 2).<br />

Zum einen müssen die individuellen Bedürfnisse und Wünsche jedes


Abb. 1: Gebiss einer 65-Jährigen mit kariösen und pard o n t a l e n<br />

Läsionen.<br />

Patienten und die subjektive Beeinflussung der Lebensqualität, die sich<br />

im Anspruch an Ästhetik, Kaufähigkeit und Behebung oraler Missempfinden<br />

widerspiegelt, berücksichtigt werden. Zum anderen gilt es, den<br />

Patienten zu sensibilisieren für seine orale Gesundheit in Bezug auf die<br />

Ve rmeidung systemischer Erkrankungen ( z.B. Bakteriämie, Abszess, Fistel,<br />

Sepsis ) und Steigerung der Lebensqualität.<br />

5. Planung<br />

G rundlage für die Behandlung sollte immer eine präventionsorientiert e<br />

Planung sein, die den Erhalt von Zähnen, Knochen und We i c h g e w e b e<br />

berücksichtigt. Dies schließt die Vorbeugung von Karies und Parodontopathien<br />

und die Sicherung der Okklusion ein, den Erhalt der vert i k a l e n<br />

Relation und des Prothesenlagers. Belastende Folgebehandlungen sind<br />

zu re d u z i e ren und planerisch zu umgehen. Dies kann vor allem durc h<br />

eine berücksichtigte Erweiterbarkeit des Zahnersatzes erzielt werd e n .<br />

Regelmäßige Kontrollen und Nachsorgen im Sinne einer Unterf ü t t e ru n g<br />

müssen besprochen werden, eine Aufnahme in das Recall-System mit<br />

regelmäßiger professioneller Zahnreinigung ist sinnvoll. Funktionelle<br />

Aspekte sollten neben einer einfachen Handhabung des Zahnersatzes<br />

und einer Hygienefähigkeit in den Vo rd e rg rund gestellt werden [12, 16].<br />

6. Festsitzender Zahnersatz<br />

Die Aspekte des Alterns müssen bei jedem möglichen Zahnersatz berücksichtigt<br />

werden und in Relation zu Alternativen gesetzt werden, um dem<br />

Patienten als eine Einheit gerecht zu werden. Zahnersatz sollte den eigenen<br />

Zähnen möglichst naturg e t reu nachempfunden werden. Festsitzender<br />

Zahnersatz kommt diesem Anspruch am nächsten und wird daher vom<br />

Patienten besonders leicht akzeptiert. Unter Berücksichtigung nachlassender<br />

Adaptationsfähigkeit im Alter ist dies besonders hervorzuheben.<br />

Schon beim Eingliedern einer einfachen prothetischen Arbeit, einer Kro n e<br />

oder einer dreigliedrigen Brücke, können altersgerechte Aspekte berücksichtigt<br />

werden, die dem Patienten das Pflegen erleichtern. Einem subgingival<br />

gelegenen Kronenrand sollte bei eingeschränkter Mundhygiene<br />

unter Berücksichtigung der biologischen Breite immer der Vo rrang gegeben<br />

werden.<br />

Neben einem hohen Kaukomfort ermöglicht festsitzender Zahnersatz<br />

häufig eine gute Mundhygiene, wenn diese noch vom Patienten selbst<br />

d u rc h g e f ü h rt werden kann. Die ursprüngliche Zahnform kann besonders<br />

gut übernommen werden und dient bei richtiger Gestaltung als Führu n g sfläche<br />

für Zahn- und Interdentalbürste. Durch Ve rzicht von Pro t h e s e n s ä t t e l n<br />

und Gaumenabdeckung bleibt die orale Perzeption möglichst erh a l t e n .<br />

Die Okklusion kann in ihrem Muster und ihrer vertikalen Höhe exakt beibehalten<br />

werden, funktionelle Probleme sind in ihrem Risiko reduziert.<br />

13<br />

Abb. 2: A l t e r s g e m ä ß k o n s e rv i e rend und prothetisch erh a l t e n e s<br />

Gebiss eines 70-Jährigen.


Abb. 3: AVMK-Brücke mit konvexer Brückenzwischenglied-Gestaltung.<br />

Abb. 4: S u p e rfloss-Zahnseide zur Reinigung der Basalseiten der<br />

Brücken-Zwischenglieder.<br />

Abb. 5: E rw e i t e rung der Zahnreihe um eine implantatgestützte<br />

Molarenkrone.<br />

14<br />

Voraussetzung für die Eingliederung festsitzenden Zahnersatzes sind eine<br />

p a rodontale und funktionelle Gesundheit, keine erhöhte Kariesaktivität,<br />

keine endodontischen Erkrankungen und eine positive Risikoabschätzung<br />

für bevorstehenden Zahnverlust, der bei festsitzendem Zahnersatz das<br />

Gesamtkonzept zusammenbrechen lässt. Die Entscheidung für festsitzenden<br />

Zahnersatz setzt eine absolute Kompromisslosigkeit in der Planung voraus,<br />

d.h. fragliche Zähne sollten dann nicht erhalten bleiben. Eine langbestehende<br />

provisorische Ve r s o rgung muss im Hinblick auf die Kaue<br />

ffizienz, aber auch auf die Kariesprotektion möglichst verh i n d e rt werd e n .<br />

Es muss die unbedingte Motivation seitens des Patienten vorhanden sein,<br />

die Gesundheit der Zähne durch eigene Maßnahmen zu erhalten. Die<br />

E ffizienz muss durch das zahnärztliche Team zusätzlich kontro l l i e rt werd e n .<br />

Brücken für Schaltlücken und Extensionsbrücken stellen<br />

eine Alternative zu herausnehmbarem Zahnersatz dar,<br />

sind in ihrem Ausmaß jedoch limitiert. Extensionsbrücken<br />

kommen besonders dann zum Einsatz, wenn nur einseitig<br />

ein Zahnbogen verkürzt ist oder nur durch eine<br />

Kaueinheit erweitert werden muss. In jedem Falle muss<br />

das Brückenzwischenglied eine konvexe Form aufweisen,<br />

um Zahnseide und Interdentalbürstchen eine gute Anlagefläche<br />

zu bieten, und auch interdental paro d o n t a lhygienisch<br />

gestaltet sein (Abb. 3, 4). Interd e n t a l e<br />

F ü h rungsrillen können schon vom Zahntechniker berücksichtigt<br />

werden. Das Risiko einer Kro n e n l o c k e rung kann<br />

d u rch eine optimale Retentionsform jedes Pfeilerz a h n e s<br />

d u rch Erhalt einer maximalen Höhe und einer minimalen<br />

Konizität re d u z i e rt werden. Eine leichte Neigung der<br />

P f e i l e rzähne in die entgegengesetzte Richtung der Belastung<br />

des Extensionsgliedes kann die Stabilität zudem<br />

e rhöhen. Brückengerüst und Verblendung müssen selbstverständlich<br />

ausreichend dimensioniert sein, um Frakturen<br />

zu vermeiden. Porositäten im Material sind unbedingt<br />

zu vermeiden. Wu rz e l f r a k t u ren treten nur dann<br />

gehäuft auf, wenn Kro n e n l o c k e rungen über einen läng<br />

e ren Zeitraum unbemerkt bleiben oder Stiftaufbauten<br />

zu dick und kurz gewählt waren. Dünne und lange individuell<br />

gegossene Stiftaufbauten sind unter Extensionsbrücken<br />

konfektionierten Stiften oder Schrauben vorzuziehen.<br />

Eine besondere Form der festsitzenden Ve r s o rgung stellt<br />

die verkürzte Zahnreihe im Sinne einer Prämolare nokklusion<br />

dar. Eine Prothese kann damit trotz fehlender<br />

Molaren in vielen Fällen vermieden werden. Die Reinigungsmöglichkeiten<br />

sind dabei optimal, weil die Molare<br />

n region bevorzugt ein Problem der Reinigbarkeit<br />

darstellt. Patienten beklagen dabei in der Regel weder<br />

eine eingeschränkte Kaufunktion, noch ästhetische Beeinträchtigungen<br />

oder funktionelle Beschwerden. Besteht<br />

h e r a u s n e h m b a rer Zahnersatz ausschließlich zum Ersatz<br />

der Molaren, wird dieser vielfach nicht getragen und<br />

als überflüssig angesehen. Das Ersetzen der Molare n<br />

muss unter Berücksichtigung aller Vo r- und Nachteile mit<br />

dem Patienten individuell entschieden werden.<br />

Ist eine festsitzende Ve r s o rgung im re d u z i e rten Gebiss<br />

gewünscht, stellen Implantate eine gute Möglichkeit zur<br />

P f e i l e rv e rm e h rung dar (Abb. 5). Diese können vor-


zugsweise zur Kro n e n v e r s o rgung, aber auch als Brückenpfeiler genutzt<br />

w e rden. Kommt eine spätere Nutzung als Retention einer herausnehmb<br />

a ren Lösung in Frage, ist dies in der Planung möglichst zu berücksichtigen,<br />

wenn Positionierung und die Wahl des Implantats hinsichtlich Durc h m e s s e r,<br />

Länge und Abutment-Varianten fraglich sind.<br />

15<br />

7. Teleskopierender Zahnersatz<br />

Tritt sukzessive Zahnverlust ein oder ist pro g n o s t i s c h<br />

abzusehen, dass festsitzender Zahnersatz auf Dauer<br />

nicht zu re a l i s i e ren ist, so stellt eine abnehmbare Brücke<br />

im Sinne einer Teleskoparbeit eine gute Möglichkeit dar,<br />

den Patienten langsam an herausnehmbaren Zahnersatz<br />

zu gewöhnen. Damit kann der eingeschränkten<br />

Adaptationsfähigkeit des älteren Menschen besonders<br />

gut gerecht werden. Bei entsprechender Risikoabschätzung<br />

ist eine langsame Gewöhnung an herausnehmb<br />

a ren Zahnersatz immer einer Reihenextraktion vieler<br />

Zähne mit Eingliederung eines sehr umfangreichen Zahnersatzes<br />

vorzuziehen. Eine teleskopierende Brücke weist<br />

alle Vo rteile eines festsitzenden Zahnersatzes auf und<br />

e rhält das orale Wohlbefinden. Auf eine Gaumenabdeckung<br />

kann verzichtet werden, sodass die Akzeptanz<br />

des Patienten gesichert ist (Abb. 6).<br />

Eine teleskopierende Ve r s o rgung stellt zudem eine nahezu<br />

ideale Ve r s o rgung des Lückengebisses dar. Ein besond<br />

e rer Vo rteil besteht in der problemlosen Erw e i t e r b a rkeit,<br />

sodass auch Pfeiler mit ungünstiger Prognose in die<br />

K o n s t ruktion einbezogen werden können. So kann dem<br />

f o rt s c h reitenden Zahnverlust mit nur einer Konstru k t i o n<br />

Rechnung getragen werden. Gehen Pfeilerz ä h n e<br />

v e r l o ren, kann dann aus Stabilitätsgründen eine Gaumenplatte<br />

oder ein Bügel eingearbeitet werden.<br />

A u f g rund der Abnehmbarkeit der Konstruktion sind<br />

sowohl die Primäranker als auch die Sekundäranker für<br />

häusliche und professionelle Mundhygienemaßnahmen<br />

gut zugänglich, wodurch insbesondere paro d o n t a l e n<br />

Erkrankungen der Pfeilerzähne, Karies und Erkrankungen<br />

der prothesenbedeckten Mundschleimhaut vorg e b e u g t<br />

w e rden kann (Abb. 7, 8). Infolge der sekundären Ve rblockung<br />

der Pfeilerzähne wird das Restgebiss stabilisiert ,<br />

weil die geford e rte axiale Belastung besonders gut<br />

eingehalten werden kann [17]. Das Prothesenlager wird<br />

a u f g rund einer nahezu dentalen Abstützung vor Überbelastung<br />

geschützt und kann dadurch gut erh a l t e n<br />

werden.<br />

Die Akzeptanz von Te l e s k o p p rothesen hinsichtlich Prothesensitz<br />

und Prothesenhalt, Tr a g e k o m f o rt und Kaue<br />

ffizienz seitens des Patienten ist als durchweg positiv<br />

zu bewerten [12]. Ein Nachteil wird von manchen<br />

Patienten in den unschön wirkenden Primärt e l e s k o p e n<br />

gesehen, wenn die Prothese nicht getragen wird. Eine<br />

Herstellung der Primärkronen aus Keramik wird bereits<br />

teilweise re a l i s i e rt, stellt aber hohe Anford e rungen an den Zahntechniker,<br />

da Keramik frakturg e f ä h rdeter als eine Goldlegierung ist und die<br />

gewünschte Retention zwischen Primär- und Sekundärteil weniger gut zu<br />

realisieren ist [19].<br />

In die bestehende Sekundärkrone können zudem unter Erhalt einer<br />

Abb. 6: Teleskopierende Brücke, die aufgrund der gleichmäßigen<br />

P f e i l e rv e rteilung ohne Gaumenbügel konstru i e rt werd e n<br />

konnte.<br />

Abb. 7, 8: Reduziertes Gebiss eines 80-Jährigen, der mit einer parodontalhygienischen<br />

Teleskopprothese versorgt wurde.


Abb. 9: Kunststoffprothese mit parodontalfernem Verlauf einer gebogenen<br />

Klammer.<br />

Abb. 10: Kunststoffprothese mit ungünstigem, daher gigivaschädig-<br />

Abb. 11: 65-Jähriger Patient mit Modellgußprothesen zum Ersatz der<br />

Seitenzähne.<br />

16<br />

gesunden Wu rzel andere Retentionselemente eingearbeitet werden. Eine<br />

Kombination mit Ve r a n k e rungselementen wie Dalbo B(r)-Ankern oder<br />

G e r b e r- R e t e n t i o n s z y l i n d e rn stellen in der Hybridprothetik auch für den<br />

älteren Patienten sinnvolle Lösungsmöglichkeiten dar.<br />

8. Partielle Prothesen mit Klammer- und Geschiebeverankerungen<br />

Kann aus finanziellen, ästhetischen oder planungstechnischen Gründen<br />

ein teleskopierender Zahnersatz nicht re a l i s i e rt werd e n ,<br />

muss auf Alternativen zurückgegriffen werden, die meist<br />

einige Nachteile mit sich bringen. Als Interimsversorgung<br />

werden meist einfache, über gebogene Klammern<br />

v e r a n k e rte Kunststoff p rothesen verwendet. Die Folgen<br />

einer längeren Tragedauer sind häufig weiterer Zahnverlust<br />

durch extraaxiale Belastung der Pfeilerzähne und<br />

Schädigung des Prothesenlagers durch eine konstru k t ionsbedingt<br />

rein gingivale Lagerung. So sollte auch diese<br />

p rothetische Minimallösung aus paro d o n t a l p ro p h y l a k t ischen<br />

Gründen den Kriterien einer Te i l p rothese genügen<br />

(Abb. 9, 10). Eine regelmäßige Kontrolle sollte selbst-<br />

verständlich sein, eine Nachsorge im Sinne einer Unterf<br />

ü t t e rung ist besonders nach vorangegangener Extraktion<br />

zu gewährleisten. Dem Patienten ist der Überg a n g scharakter<br />

dieser Versorgung deutlich zu machen [13].<br />

Eine anschließende Ve r s o rgungsmöglichkeit, die vor<br />

allem kostengünstig, aber auch zahnhart s u b s t a n zschonend<br />

ist, kann eine Modellgussprothese aus einer<br />

C h ro m - K o b a l t - L e g i e rung sein. Eine axiale Abstützung,<br />

ein passiver Klammersitz und eine paro d o n t a l f re u n d l i c h e<br />

Gestaltung lassen sich aufgrund des gegossenen Gerüstes<br />

besser re a l i s i e ren (Abb. 11). Die zahnärztliche und die<br />

zahntechnische Planung lassen sich exakt umsetzen,<br />

eine kombiniert mukosal-dentale Abstützung wird erre i c h t ,<br />

und die Prothese ist in sich stabil gestaltet. Der Überg<br />

a n g s b e reich zwischen Klammerarm und Pro t h e s e n s a t t e l<br />

muss besonders sorgfältig ausgearbeitet werden und<br />

immer Platz für ein Interdentalbürstchen aufweisen, sodass<br />

die Prothese auch hier als Führung dienen kann. Ein<br />

gewisses Maß an Selbstreinigung kommt durch diese<br />

Gestaltung ebenfalls zum Tragen. Besonders fre i l i e g e n d e<br />

Zahnflächen sind von dem älteren Patienten schwer zu<br />

reinigen [9].<br />

Patienten, die mit klammerv e r a n k e rten Prothesen vers<br />

o rgt sind, leiden nachgewiesenermaßen häufiger an<br />

Karies, Parodontitis und Mundschleimhauterkrankungen.<br />

Ursachen können hierfür verstärkte Plaquebildung, mechanische<br />

Verletzungen an der Gingiva und Mundschleimhaut<br />

durch ungünstige Prothesengestaltung sowie die<br />

toxische Wirkung der Prothesenmaterialien unter dem<br />

E i n fluss des Mundmilieus sein [1, 6, 7]. Letztere spielt vor<br />

allem bei unzureichender Prothesenhygiene mit verm e h rt e r<br />

P l a q u e a n l a g e rung und dadurch verstärkter Korrosion eine Rolle, welche<br />

zusätzlich eine Oberflä c h e n v e rg r ö ß e rung und damit eine Zunahme an Mikroo<br />

rganismen nach sich zieht. Voraussetzung für den Behandlungserfolg sind<br />

somit die parodontalhygienische Gestaltung von Zahnersatz (Abb. 12), die<br />

P l a q u e k o n t rolle und die regelmäßige Nachsorge [3].<br />

K l a m m e rn im sichtbaren Bereich können den ästhetischen Anspruch des<br />

Patienten stören und damit die gewünschte Lebensqualität negativ beeinflu s s e n .


17<br />

A l t e rnativ mögliche geschiebeverankerte Te i l p ro t h e s e n<br />

haben jedoch neben dem Vo rteil des Ve rzichts auf Klamm<br />

e rn wesentliche Nachteile für den älteren Patienten.<br />

Sie lassen in vielen Fällen weder eine paro d o n t a lhygienische<br />

Einarbeitung in den Zahnersatz zu, noch<br />

können Matrizen und Patrizen leicht gereinigt werden.<br />

Eine visuelle Kontrolle ist für den älteren Patienten kaum<br />

möglich, und so kann bereits das Einbeißen von Speiseresten<br />

das Einsetzen der Prothese unmöglich machen<br />

und den Patienten in die zahnärztliche Praxis tre i b e n .<br />

Eine manuelle Geschicklichkeit ist zudem für das Einund<br />

Ausgliedern dieses Prothesentyps unabdingbar.<br />

Diese Faktoren lassen den Einsatz von Geschiebep<br />

rothesen daher bei älteren Menschen als obsolet<br />

erscheinen.<br />

9. Der zahnlose Kiefer<br />

Ist ein Patient zahnlos, ist die To t a l p rothese noch immer<br />

die gängigste Ve r s o rgung. In den meisten Fällen können<br />

bei ausreichend vorhandenem Prothesenlager funktionsfähige<br />

To t a l p rothesen eingegliedert werden, wenn es<br />

gelingt, die künstlichen Zähne in ein funktionelles Gleichgewicht<br />

der Muskelkräfte von Zunge und Wange zu platz<br />

i e ren. Dabei werden jedoch immer die Alveolarf o rt s ä t z e<br />

als Prothesenlager in unphysiologischer Weise überbelastet,<br />

was eine, vom zahnlosen Patienten oft nicht<br />

n a c h v o l l z i e h b a re, konsequente Nachsorge nötig macht.<br />

Sind noch gesunde Wurzeln vorhanden, die aus finanziellen<br />

oder prospektiven Gründen nicht mehr in die<br />

Gesamtplanung miteinbezogen werden, so sollte doch<br />

über deren Verbleib nachgedacht werden. Eine einfache,<br />

adhäsiv befestigte Kompositabdeckung oder eine Wu rzelkappe<br />

aus Gold genügen, um die Zähne zu erh a l t e n<br />

(Abb. 13, 14). Damit wird einem weiteren Knochenabbau<br />

im Bereich des Parodontiums entgegengewirkt,<br />

und die orale Perzeption kann durch den Erhalt wichtiger<br />

parodontaler Rezeptoren wesentlich erhalten bleiben.<br />

10. Implantologie<br />

Die Entwicklung von oralen Implantaten hat die Möglichkeiten<br />

der zahnmedizinischen Rehabilitation stark<br />

v e r b e s s e rt und erleichtert die Inkorporation von Zahnersatz<br />

erheblich [5, 10, 11]. Einige Aspekte sind im<br />

Abschnitt über festsitzenden Zahnersatz bereits angesprochen<br />

worden. Besonders dem zahnlosen Patienten<br />

kann jedoch mit der Insertion von Implantaten wesentlich<br />

geholfen werden. Die Adaptation einer implantatgetragenen<br />

Prothese läuft besser vonstatten, sodass auch<br />

bei verstärkter Resorption des Alveolarkamms ein akzeptabler<br />

Prothesenhalt erreicht werden kann. Dabei re i c h e n<br />

im Unterkiefer schon zwei bis gegebenenfalls vier interforaminal<br />

gesetzte Implantate, die mit Kugelknopfankern oder Magnetattachments<br />

versehen werden können (Abb. 15, 16). Vier gesetzte Implantate<br />

bieten sich besonders für eine Steg- oder Te l e s k o p k o n s t ruktion an und<br />

e rmöglichen so eine nahezu starre Lagerung. Dabei bieten Kugelknopfanker<br />

und Magnetattachments eine relativ pre i s w e rte Lösung, Stege<br />

b e rgen die Gefahr von erschwerter Zahnreinigung und daraus<br />

Abb. 12: O ffene und damit parodontalhygienische Gre n z r a u mgestaltung<br />

im Bereich des Anschlusses von Klammer zur<br />

Prothesenbasis.<br />

Abb. 13: Einfache Wu rzelkappen aus Gold zum erhalt der Zähne und<br />

des Alveolarfortsatzes.<br />

Abb. 14: Kostengünstige Deckprothese aus Kunststoff.


Abb. 15: Kugelknopfverankerungen auf vier interformaminal inserierten<br />

Implantationen.<br />

Abb. 16: Implantatgestützte Totalprothese.<br />

Abb. 17: Pfeilervermehrung durch die Insertion von vier Implantaten<br />

im Eckzahnbereich.<br />

Abb. 18: Auf natürliche Pfeilerzähne und Implantate gestützte teleskopierende<br />

Brücke.<br />

18<br />

re s u l t i e render Va k a t w u c h e rungen in sich, Te l e s k o p e<br />

zeichnen sich durch einen hohen Komfort aus, sind<br />

jedoch relativ teuer, und die Verarbeitung ist aufgru n d<br />

einer exakten Einschubrichtung und der Starrheit der<br />

Implantate recht anspruchsvoll.<br />

Eine festsitzende Konstruktion kann bereits auf sechs<br />

Implantaten re a l i s i e rt werden, wird aber aufgrund eines<br />

e rhöhten pflegerischen Aufwandes vom Patienten jedoch<br />

nicht unbedingt einer herausnehmbaren Lösung vorg ezogen.<br />

Eine Pfeilerv e rm e h rung bietet sich zur bessere n<br />

Retention im teilbezahnten Kiefer an, aber auch wenn<br />

natürliche Zähne noch unversehrt sind oder bestehende<br />

p rothetische Arbeiten nicht erw e i t e r b a r, aber erh a ltungswürdig<br />

sind (Abb. 17, 18).<br />

We i t e re Indikationen bestehen im Schaffen von Halteelementen<br />

für Resektionsprothesen, in der Ve r a n k e ru n g<br />

von Epithesen und in der Fixierung von Knochentransplantaten<br />

mit entsprechender Suprakonstruktion.<br />

Seit die Implantation als ambulante Behandlung unter<br />

lokaler Anästhesie durc h g e f ü h rt wird, stellen ein höhere s<br />

Patientenalter und eine moderate Medikation keine<br />

Kontraindikation mehr dar. Die Einheilung von Implantaten<br />

stellt sich als altersunabhängig dar [2, 8].<br />

Implantate können viele aufwändige und oft pro g n ostisch<br />

fragliche präprothetische Eingriffe wie re l a t i v e<br />

oder absolute Knochenkammerhöhungen umgehen und<br />

auch bei Xerostomie-Patienten eine gute Retention<br />

s c h a ffen, wenn die gewünschte Saughaftung nicht zu<br />

e rreichen ist. Die Insertion trägt nicht zuletzt zum Erh a l t<br />

des Knochens bei. Die erhöhte Funktion des Kauapparates<br />

soll einem altersentsprechenden Mineralisationsverlust<br />

des Knochens und gegebenenfalls der Entstehung<br />

von Osteoporose entgegenwirken.<br />

11. Nachsorge<br />

B e reits mehrfach wurde eine adäquate Nachsorge anges<br />

p rochen, ohne die es meist zu einer deutlichen Ve rs<br />

c h l e c h t e rung des Parodontalzustandes kommt. Daher<br />

muss der Patient bereits bei Eingliederung des Zahnersatzes<br />

für die häusliche und zahnärztliche Nachsorg e<br />

m o t i v i e rt werden. Die häusliche Mundhygiene von Senio<br />

ren kann durch den Einsatz elektrischer Zahnbürsten,<br />

geeigneter Interdentalbürstchen und individualisiert e r<br />

B ü r s t e n g r i ffe sehr verbessert werden. Für die Reinigung<br />

von Teil- und Vo l l p rothesen können auch vom Patienten<br />

selbst kleine Ultraschallgeräte verwendet werden (z.B.<br />

S o n o rex TK 22, Fa. Bandelin, Berlin). Wa t t e s t ä b c h e n<br />

dienen der Reinigung von Sekundärteleskopen. Eine<br />

I n s t ruktion durch das zahnärztliche Team sollte ohne Zeitd<br />

ruck und unter Einsatz eines Spiegels stattfinden. Der<br />

Patient muss auf den Einsatz seiner Lesebrille zur<br />

P ro t h e s e n reinigung hingewiesen werden, ein Handtuch<br />

im Waschbecken kann Prothesenbrüche vermeiden helfen.<br />

Ist die mechanische Reinigung nicht ausreichend, kann<br />

eine interm i t t i e rende antimikrobielle Spülung sinnvoll sein.<br />

N E U E G R U P P E


12. Schlussfolgerung<br />

D u rch Anwendung der vorgestellten Therapiekonzepte kann den Anforderungen<br />

von Zahnersatz für den älteren Patienten nachgekommen und<br />

entscheidend zur Verbesserung der Lebensqualität beigetragen werden,<br />

wenn Kauen, Schmecken und das Essen in Gesellschaft als pro b l e m l o s<br />

empfunden wird und wieder gerne offen gelacht wird. Der Zahnersatz<br />

sollte dabei immer so gestaltet sein, dass der Patient trotz aller manuellen,<br />

sensorischen und sensomotorischen Einschränkungen dessen Reinigung<br />

und den Umgang erlernen und beherrschen kann. Wenn dies erre i c h t<br />

wird, sind ältere Menschen häufig sehr dankbare Patienten.<br />

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10.Merciske-Stern, R.: Overdentures with roots os<br />

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19.Weigl, P, Lauer, H.C.: Advanced biomaterials<br />

used for an new telescopic retainer for removable<br />

dentures. J Biomed Mater Res 53, 337-347<br />

(2000).


Die Prothetische<br />

Rehabilitation des<br />

Zahnlosen<br />

von<br />

Ingrid Grunert<br />

Innsbruck<br />

20<br />

Die Rehabilitation mit neuen Totalprothesen wurde in den letzten Jahren<br />

für den Behandler zunehmend schwieriger und anspruchsvoller.<br />

Dank besserer Zahnprophylaxe und längerem Erhalt eigener Zähne werd e n<br />

die Patienten heute zumeist in einem höheren Lebensalter zahnlos - in<br />

einem Alter, in dem das Adaptationsvermögen häufig schon deutlich<br />

v e rm i n d e rt ist. Erschwerend kommt hinzu, dass man zusätzlich mit schwierigen<br />

Kieferverhältnissen, besonders im Unterkiefer, konfrontiert ist, und<br />

da allgemein weniger Prothesen anzufertigen sind, hat die Erfahrung in<br />

der To t a l p rothetik, vor allem der jüngeren Kollegen, deutlich abgenommen.<br />

Zahnlosigkeit ist in Europa, trotz längerem Erhalt eigener Zähne, nach<br />

wie vor Realität. <strong>Neue</strong>ste Daten aus Deutschland (3. Deutsche Gesundheitsstudie<br />

von Prof. Biffar aus Greifswald aus dem Jahr 1999) zeigen,<br />

dass die Zahnlosigkeit bei den unter 40-jährigen heute eine Seltenheit<br />

darstellt (weniger als 1%), dass aber in der Altersgruppe der 65- bis 75jährigen<br />

jeder Vierte ein Totalprothesenträger ist.<br />

Der zahnlose Patient ist nicht ein ausschließliches Problem des<br />

z a h n ä rztlich tätigen Kollegen. Enge Beziehungen bestehen zu zahl -<br />

reichen anderen Disziplinen:<br />

Zur Allgemeinmedizin, da es sich bei To t a l p rothesenpatienten heute meist<br />

um ältere, multimorbide Patienten handelt. Negative Auswirkungen der<br />

mangelhaften Ern ä h rung durch insuffiziente Prothesen auf das Allgemeinbefinden<br />

und den Allgemeinzustand des Patienten sind gar nicht<br />

so selten.<br />

Weiter muss beachtet werden, dass eine häufige Nebenwirkung der eingenommenen<br />

Medikamente (z.B. Antidepressiva, Antihypertonica oder<br />

Gastritistherapeutica) die Reduktion der Speichelsekretion ist und damit<br />

ein zufriedenstellender Halt der To t a l p rothesen mitunter nur schwer oder<br />

nicht erzielt werden kann.<br />

Eng ist auch die Beziehung zu topographisch benachbarten Disziplinen<br />

wie Kieferc h i ru rgie, HNO und Neurologie. Bei der Behandlung von im<br />

Alter häufig vorkommenden Ohrensymptomen wie Tinnitus, Hörstöru n g e n<br />

sowie neurologischen Symptomen von Seiten der N. Trigeminus muss auf<br />

die Nachbarschaft zum Kiefergelenk geachtet werden.<br />

Costen hat ja bereits 1934 auf die Zusammenhänge zwischen Ve r l u s t<br />

der Molarenabstützung, Ve r l a g e rung des Kondylus und zahlreichen Symtomen<br />

von Seiten des Ohres sowie Geschmacksstörungen hingewiesen<br />

und diese als Costen Syndrom subsummiert.<br />

Eine besondere Bedeutung hat die Beziehung der Zahnheilkunde zur<br />

Psychosomatik. Der orofaciale Bereich ist ja ein bevorzugter Ort der<br />

Somatisierung von psychosomatischen Erkrankungen.<br />

A u ffällig ist bei diesen Patienten die Diskrepanz zwischen Befund und<br />

B e finden, wie Müller-Fahlbusch ja mehrmals hingewiesen hat. Bei zahnärz tlichen<br />

Problempatienten (z.B. Patienten mit Mundschleimhautbre n n e n ,<br />

bei psychogener Pro t h e s e n u n v e rträglichkeit oder bei Patienten mit okklusal<br />

nicht therapierbaren Funktionsstörungen des stomatognathen Systems) ist<br />

das rechtzeitige Erkennen dieser Patienten und die gemeinsame Führu n g<br />

mit einem Spezialisten, der um die psychosomatischen Zusammenhänge<br />

weiß, wichtig, um sinnlose Behandlungsmaßnahmen zu vermeiden.<br />

Sehr eng ist natürlich der Konnex zwischen zahnärztlicher und zahn-


technischer Tätigkeit. Nur bei enger Zusammenarbeit zwischen Zahnarz t<br />

und Zahntechniker läßt sich ein Behandlungsoptimum für den Patienten<br />

erzielen.<br />

Die Ve r s o rgung des alten Menschen gehört zu den schwierigsten Bere ichen<br />

in der zahnärztlichen Praxis. Und nicht alles, was machbar erscheint,<br />

ist für den Einzelfall auch eine sinnvolle Behandlungsmaßnahme.<br />

Die Probleme bei der Rehabilitation des alten Menschen sind meist anders<br />

g e l a g e rt als bei der Ve r s o rgung jüngerer Patienten. Wenn es uns aber<br />

gelingt, mit einer adäquaten Ve r s o rgung die Lebensqualität der ältere n<br />

Menschen zu verbessern, sind wir der gestellten medizinischen und<br />

ethischen Aufgabe gerecht geworden.<br />

Einleitung<br />

Das optische Navigationssystem ZNS ist ein Pionier im Bereich der Navigationssysteme,<br />

die speziell auf die Belange der zahnärztlichen Implantologie<br />

abgestimmt sind. Es wendet sich hier sowohl an die erf a h re n e n<br />

Praktiker als auch an die sich in der Ausbildung befindenden Zahnärz t e .<br />

Das ZNS wurde so an die besonderen Bedingungen in der zahnärz t -<br />

lichen Praxis angepasst, dass es interaktiv einfach vom Praktiker selbst<br />

benutzt werden kann, ohne dass zusätzliches Personal erforderlich ist.<br />

Das System ist mit einer leistungsfähigen Workstation ausgerüstet und<br />

erlaubt anhand des von einem Radiologen erstellten CT`s die Implantatplanung<br />

in der Praxis und die anschließende intraoperative Bewegungserfassung<br />

und Lokalisation des Implantats im Knochen.<br />

H i e rzu wird zunächst ein virtuelles Implantat im CT unter Zuhilfenahme<br />

diverser Planungswerkzeuge platziert. Während der anschließenden Operation<br />

kann der Chiru rg (Zahnarzt) das Implantat an exakt der gewählten<br />

Stelle mit geplantem Winkel und geplanter Tiefe setzen. Optische und<br />

akustische Kontrolle in Echtzeit erlauben es dem Chiru rgen, den Erf o l g<br />

der Implantation zu beurteilen und schwerwiegende Fehler zu allen Zeitpunkten<br />

zu vermeiden.<br />

Der Chiru rg ist so in der Lage, ein sehr hohes Niveau an Genauigkeit<br />

und Sicherheit zu erlangen.<br />

Im einzelnen ist das ZNS durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet:<br />

1. Prüfung der Verzerrungsfreiheit des benutzten CT`s<br />

2. Beurteilung der Knochendichte<br />

3. Kennzeichnung empfindlicher zur vermeidender Strukturen<br />

4. Intraoperative Navigationshilfen<br />

5. Optischer und akustischer Alarm während der Operation<br />

6. Sehr exakte Bewegungserfassung, ständige Kontrolle von geplanter<br />

und tatsächlicher Implantatposition während der Operation<br />

<strong>21</strong><br />

Navigationssysteme in<br />

der Implantologie<br />

von<br />

Dieter Edinger<br />

Hamburg


Abb. 1: Ein am Kiefer befestigter dynamischer<br />

Reverenzrahmen lässt Kopfbewegungen<br />

während der Operation zu.<br />

Verfolgte Ziele<br />

22<br />

Für den Patienten bringt das Navigationssystem folgende Vorteile:<br />

Er kann sich vor der Operation von der Implantation ein Bild machen und<br />

sie sich dreidimensional vorstellen.<br />

Außerdem versteht er, dass bestimmte empfindliche Strukturen während<br />

der Operation vermieden werden können und hat so ein größere s<br />

Vertrauen in den Operateur.<br />

Für den erf a h renen Operateur bringt das System eine zusätzliche Sicherheit,<br />

so dass die präoperative Planung und die tatsächliche Implantation<br />

besser übereinstimmen.<br />

Für den implantologischen Anfänger ergibt die Navigation eine Möglichkeit,<br />

die Implantatposition ohne Zeitdruck präoperativ zu planen, die<br />

Implantation an entsprechend vorbereiteten Modellen zu üben, und<br />

während der eigentlichen Operation eine zusätzliche Sicherheit betreffs<br />

der Implantatpositionierung zu erhalten.<br />

Arbeitsablauf<br />

Der Einsatz des ZNS erfolgt in folgenden Schritten:<br />

1. Bilderfassung am Patienten<br />

Hierzu wird in einer radiologischen Praxis ein CT angefertigt mit einem<br />

Schichtabstand mit höchstens einem Millimeter. Diese Daten werden im<br />

D i c o m - F o rmat auf eine CD gebrannt und so in die zahnärztliche Praxis<br />

b e f ö rd e rt. Dort werden die Daten in das ZNS eingelesen und ein 3D<br />

Modell des betre ffenden Kiefers erzeugt. Außerdem können Querschnitte<br />

in verschiedenen Ebenen angefertigt werden. Dieses Bildmaterial ist die<br />

Grundlage für die weitere Implantatplanung.<br />

2. Die Implantatplanung<br />

Die so aufbereiteten CT-Daten ermöglichen es dem beteiligten Implantologen<br />

und Prothetiker in Zusammenarbeit die bestmögliche Implantatp<br />

l a t z i e rung sowohl im Hinblick auf Funktion als auch Ästhetik zu fin d e n .<br />

E m p findliche anatomische Stru k t u ren wie der Nervus alveolaris inferior<br />

können markiert und so während der Operation ein ausre i c h e n d e r<br />

S i c h e rheitsabstand eingehalten werden. Die Knochendichte kann beurteilt<br />

werden und so günstige Bereiche für die Implantation ausgewählt<br />

w e rden. Ein virtuelles Implantat kann nun mit beliebiger Länge und<br />

D u rchmesser eingesetzt werden. Dieses Implantat wird in den verschiedenen<br />

Ebenen so ausgerichtet, dass es entsprechend den vorher<br />

festgelegten Kriterien ausgerichtet ist. Die prothetische Planung kann<br />

in Form einer Röntgenschablone ebenfalls im CT sichtbar gemacht werden,<br />

so dass die Ausrichtung der Implantate ebenfalls an der endgültigen<br />

prothetischen Versorgung orientiert werden kann.<br />

3. Patientenaufklärung<br />

Im Rahmen des abschließenden präoperativen Patientengesprächs<br />

können diese Bildunterlagen benutzt werden, um dem Patienten einen<br />

t i e f e ren Einblick in den Ablauf der Implantation zu geben, und um ihm<br />

zu zeigen, dass alle nur möglichen Maßnahmen zur Sicherheit der<br />

Implantation getroffen worden sind.<br />

4. Übereinstimmung von präoperativer Planung und tatsächlicher<br />

Patientensituation<br />

Zu Beginn der folgenden Operation werden die wie oben beschrieben


23<br />

a u f b e reiteten CT-Daten und der reale Patientenkiefer in<br />

Ü b e reinstimmung gebracht. Am Kiefer angebrachte Sens<br />

o ren ermöglichen hierbei, dass der Patient währe n d<br />

der Operation seinen Kopf bewegt, und trotzdem CT-<br />

Daten und realer Kiefer in Übereinstimmung bleiben.<br />

5. Echtzeit Navigation während der Operation<br />

Nachdem CT und Kiefer in Übereinstimmung gebracht<br />

w u rden sind, kann am Bildschirm die Position des Implantatsbohrers<br />

in Echtzeit verfolgt werden.<br />

Anhand eines Zielsystems können sowohl Eintrittsstelle<br />

als auch Richtung und Tiefe der Bohrung verfolgt werd e n .<br />

Das Implantat wird in exakt der Stelle in Knochen eingebracht,<br />

an der die vorherige Planung erfolgte.<br />

6. Hilfesysteme zur Vermeidung der Verletzung emp -<br />

findlicher Strukturen<br />

Auf dem Bildschirm werden in Echtzeit der Abstand vom<br />

geplanten Zielpunkt dargestellt und Abweichungen<br />

sowohl optisch als auch akustisch gemeldet. So können<br />

Verletzungen des Mandibularkanals, benachbarter Zahnw<br />

u rzeln sowie Verletzungen von Kiefer- oder Nasenhöhle<br />

rechtzeitig erfasst und vermieden werden.<br />

Anmerkungen zu derzeit angebotenen Systemen:<br />

Inzwischen sind diverse Navigationssysteme auf dem<br />

Markt bzw. in Entwicklung. Generell sollte man bei ihre r<br />

Beurteilung einige Gesichtspunkte beachten:<br />

1 . Die Genauigkeit aller Systeme ist schon durch die verwendteten<br />

CT’s begrenzt. Arbeitet man mit einem<br />

Schichtabstand von 1 mm, so ist die Gesamtgenauigkeit<br />

selbst bei völlig verz e rru n g s f reien Aufnahmen<br />

und fehlerlosem übrigem System mindestens 1mm.<br />

Angaben dieser Größenordnung oder darunter sind<br />

also unseriös.<br />

2. Trotzdem ist diese Genauigkeit ausreichend, da es<br />

sich ja nicht um die Genauigkeit prothetischer Konstruktionen,<br />

sondern um die Platzierungsgenauigkeit<br />

der Implantatspitze im Inneren des Knochens handelt.<br />

Hier hatte man bisher deutlich größere Fehlerquellen.<br />

3. Alle bisher angebotenen Systeme lassen sich nicht<br />

„nebenbei“ betreiben. Sie erfordern Fachwissen im<br />

Bereich EDV, gutes räumliches Vorstellungsvermögen<br />

(ist erlernbar!), und Exaktheit bei der Anpassung von<br />

Tools.<br />

4. Zwar ist zur Zeit ein CT erforderlich, aber neue dreidimensionale<br />

Röntgenverfahren mit erheblich geringerer Strahlenbelastung sind in<br />

Entwicklung. Das Gegenargument der hohen Strahlenbelastung ist<br />

also bald nicht mehr zutreffend.<br />

5. Zwar ist die Navigation auch als Schulungsinstrument geeignet, aber<br />

kann sicherlich nicht operative Erf a h rung und Fachwissen ersetzen. Für<br />

den erf a h renen Operateur liefert sie eine wertvolle zusätzliche<br />

Sicherheit in komplizierten Fällen.<br />

Abb. 2: Am chirurgischen Winkelstück sind drei Leuchtdioden sternförmig<br />

angebracht.<br />

Abb. 3: In Echtzeit wird auf dem Bildschirm die Bohrerposition in<br />

einem Zielkreuz dargestellt.<br />

Abb. 4: Der Zahnarzt prüft während des Bohrvorgangs die Übereinstimmung<br />

der momentanen Position mit der Planung.


Die digitale<br />

Farbmessung in der<br />

Zahnmedizin<br />

von<br />

Alessandro Devigus<br />

Bülach (CH)<br />

24<br />

Die Zahnfarbe stellt einen wichtigen Ästhetikparameter dar, dessen genaue<br />

R e p roduktion die Qualität einer Restauration wesentlich mitbestimmen<br />

kann. In der industriellen Anwendung gilt der subjektive Ve rgleich mittlerweile<br />

jedoch als nicht mehr akzeptabel und hat auch in der Zahnheilkunde<br />

erhebliche Nachteile.<br />

Das Ve rg l e i c h s v e rf a h ren setzt Farbnormalsichtigkeit beim Betrachter voraus,<br />

doch ist Farbfehlsichtigkeit nicht selten und nimmt mit dem Alter zu.<br />

(jeder 13. Mann und jede 300. Frau ist farbfehlsichtig !). Gru n d s ä t z l i c h<br />

stimmen verschiedene Beobachter selten in der Farbauswahl überein und<br />

sind oft nicht einmal in der Lage später ihre eigene Auswahl zu bestätigen.<br />

Wer darüberhinaus Farben zu lange betrachtet, ermüdet, so dass oft<br />

empfohlen wird dem ersten Eindruck zu vertrauen.<br />

Ein grundsätzliches Problem besteht darin, dass Zahnärzte nicht in Farbenl<br />

e h re und selten in der praktischen Durc h f ü h rung von Farbverg l e i c h e n<br />

ausgebildet werden, obwohl dadurch eine Verbesserung möglich wäre.<br />

Klinische Erfahrung allein genügt nicht.<br />

Ein handelsübliches Farbmuster hat eine Stärke von 3-4 mm. Eine durc hschnittliche<br />

Keramikmassenschicht ist ca. 1 mm dick (ohne Metall). Darü<br />

b e rhinaus können Unterschiede zwischen den Mustern des gleichen<br />

Herstellers bestehen; teilweise weichen Komposite oder Keramikmassen<br />

deutlich von den Vorlagen ab (= Batch Inkonsistenz) .<br />

Metamerie (=Das Phänomen der Metamerie liegt vor, wenn dem Betrachter<br />

Vorlage und Nachstellung unter Einsatz von z.B. Tageslicht - D 65 - gleichfarbig<br />

erscheinen, sich jedoch unter Einfluss von einer anderen Lichtart<br />

z.B. Kaufhauslicht farblich verändern) wird zwar häufig als Problem bei<br />

der zahnärztlichen Farbauswahl genannt, doch liegt hierin nur eine geringe<br />

Gefahr begründet. Werkstoffe, deren Farbeindruck unter verschiedenen<br />

L i c h t v e rhältnissen erkennbar anders ausfällt, würden den Patienten im<br />

täglichen Leben ebenso stören, so dass die Industrie bemüht ist, die Absorptionsspektra<br />

ihrer Materialien den natürlichen Vo r b i l d e rn anzupassen.<br />

Bei Keramiken ist dies sehr gut, bei Kompositen vert retbar gut gelungen.<br />

D a r ü b e rhinaus gilt die Empfehlung, Farbvergleiche unter Ta g e s l i c h t v e rhältnissen<br />

durc h z u f ü h ren, da die künstlichen Lichtquellen des täglichen<br />

Lebens selten stark genug sind, um Rest-Metamerie-Effekte aufzudecken.<br />

Die Resultate sind meist entsprechend. Eine Studie zeigte, dass 80 % der<br />

Patienten den Farbunterschied zwischen den eigenen Zähnen und ihre m<br />

Zahnersatz (Bsp. Krone) bemerken.<br />

Farbwahl<br />

Die Farbwahl bedingt eine präzise und möglichst objektive Bestimmung<br />

der Helligkeit, Sättigung, Farbe, Charakterisierung und Transluzenz des<br />

zu re k o n s t ru i e renden Zahnes. Digitale Farbanalysen sollen helfen, die<br />

subjektive Empfindung des menschlichen Auges zu ersetzen und exakt<br />

re p ro d u z i e r b a re Angaben für den Aufbau und die Herstellung zahntechnischer<br />

Arbeiten liefern. Bei den aktuell auf dem Markt befindlichen<br />

Geräten kommen unterschiedliche Messprinzipien zum Einsatz. Gru n dsätzlich<br />

wird bei allen Farbmessgeräten Licht ausgestrahlt und die Refle x i o n<br />

gemessen. Messungen dauern weniger als eine Sekunde und sind für den<br />

Patienten nicht spürbar. Es gibt Geräte, die nur einen Punkt messen und<br />

solche, die den Zahn als Bild erfassen. Bei der punktförmigen Messung<br />

b e d a rf es mehre rer Messungen, um die Gesamtheit des Zahnes zu


e rfassen. Bei der flächenförmigen Messung wird der ganze Zahn mit<br />

einer Aufnahme erfasst. Die flä c h e n f ö rmige Messung liefert daher für den<br />

Behandler einfacher re p ro d u z i e r b a re Daten der gesamten Zahnoberfläche.<br />

Messprinzipien<br />

Dentale RGB (= Red Green Blue) Systeme basieren auf dem Prinzip einer<br />

digitalen Kamera, bei der ein CCD Sensor das einfallende Licht aufnimmt.<br />

Vo rgeschaltete Farbfilter (Rot, Grün und Blau) fügen die Farbinform a t i o n<br />

dem Bild hinzu. Da die Primärvalenzen jedoch andere als die des menschlichen<br />

Auges sind, sehen sie Farben anders und sind von daher für die<br />

Farbmessung nicht ideal. Mittels einer Aufnahme eines defin i e rten Grautons<br />

als Ve rg l e i c h s w e rt zum zu messenden Zahn kann eine Art «Kalib<br />

r i e rung» dieser Systeme erfolgen (Die Kalibrierung bezieht sich nur auf<br />

den internen Abgleich des Systems, nicht auf die Anpassung des «Farbsehens»).<br />

Ein dentales Colorimeter misst We l l e n l ä n g e n b e reiche des sichtbaren Lichts<br />

p e k t rums. Prinzipiell ist ein „Tristimulus Colorimeter“ (korrekt: Dre i b ereichs-Farbmessgerät)<br />

auch ein RGB-Gerät, aber eben mit Filterkurv e n ,<br />

die an die Norm a l s p e k t r a l w e rt k u rven und somit an die menschliche Farbwahrnehmung<br />

angeglichen sind.<br />

Dentale Spektralfotometer erfassen den We l l e n l ä n g e n b e reich des sichtbaren<br />

Lichts zwischen etwa 380 und 720 nm in kleinen Wellenlängeni<br />

n t e rvallen. Mit diesen Geräten bekommt man die grösste Anzahl an<br />

Messdaten. Korrekt ist, dass ein Spektralfotometer mehr Inform a t i o n e n<br />

l i e f e rn kann als ein RGB- oder ein Dre i b e reichsgerät (z.B. über Metamerie,<br />

die bei Zähnen/Keramik zwar vorhanden, aber nicht oder nur sehr schwer<br />

s t e u e r- oder veränderbar ist vgl. auch Teil I). Tendenziell sind die meisten<br />

D re i b e reichsgeräte tatsächlich ungenauer als spektrale Geräte, aber der<br />

Sinn des Einsatzes der Spektralmessung und deren praktisch nutzbare r<br />

Vo rteil hängen von der Anwendung ab. Es fehlen noch Studien, die eine<br />

Messart im klinschen Einsatz als «die beste» hervorheben.<br />

Umwandlung der Daten<br />

Die gewonnen Daten müssen anschliessend in darstellbare Inform a t i o n e n<br />

umgewandelt und dem Zahntechniker übermittelt werden. Dieser muss<br />

die erhaltenen Angaben z.B. mit keramischen Massen re p ro d u z i e re n .<br />

Das bedeutet, dass bei allen Geräten ein «Farbvergleich» mit Keramikm<br />

u s t e rn der entsprechenden Hersteller stattfinden muss (Ve rgleiche Farbringe<br />

der Hersteller, zu verwendende Keramikmassen). Folgende Angaben<br />

sollten dargestellt und übermittelt werden. Grundfarbe des Zahnes, Farbe<br />

im Hals-, Mittel- und Schneidekantenbereich. Eine Darstellung der Farbv<br />

e rteilung einzelner Farben und deren Intensität auf dem Zahn (= ähnlich<br />

einer Landkarte). Die Transluzenz kann mit vertretbarem Aufwand praktisch<br />

nicht direkt gemessen werden. Transluzente Bereiche haben einen<br />

«Grauton» und dieser wird optisch dargestellt. Ergänzend sollte dem Te c hniker<br />

eine Fotografie - am besten eine digitale - übermittelt werden, dass<br />

dieser die Oberflä c h e n s t ruktur und evtl. besondere Merkmale des Zahnes<br />

erkennen kann. Es bedarf weiterer klinischer Studien, um die Eff i z i e n z<br />

digitaler Farbmessgeräte im täglichen klinischen Einsatz zu dokumentiere n .<br />

Die Farbmessgeräte eignen sich nicht nur für die klassische Farbwahl,<br />

25


Abb. 1: SpectroShade der Firma MHT.<br />

Abb. 2: ShadeRite der Firma X-Rite.<br />

26<br />

s o n d e rn können auch sehr gut bei der Dokumentation von Behandlungse<br />

rgebnissen eingesetzt werden (Bsp. Bleaching, Messen von Restaurationen).<br />

Vorgehen „Step by Step“<br />

In der Praxis setzen wir aktuell das SpectroShade der<br />

F i rma MHT (Abb. 1) und das ShadeRite der Firma X-Rite<br />

(Abb.2) ein. Die Kamera des Spectro Shades ist fest mit<br />

einem Computer verbunden und nicht portabel (optional<br />

gibt es ein fahrbares Computermöbel). Das Shade-<br />

Rite ist ein portables Messgerät, das mit einer Dockingstation<br />

via USB Anschluss mit einem PC oder Notebook<br />

verbunden werden kann.<br />

Zur Vo r b e reitung der Farbwahl wird auf dem Computer<br />

der Patient und der Behandler eingegeben (Abb. 3/4).<br />

Die Geräte besitzen eine interne Lichtquelle zur gleichmässigen<br />

Ausleuchtung des zu messenden Zahnes. Ein<br />

Tubus bzw. eine Blende dienen zur Reduktion der Umgeb<br />

u n g s e i n flüsse (Licht etc.) auf die Aufnahme. Der Patient<br />

ö ffnet den Mund leicht und das Gerät wird über dem<br />

Zahn positioniert. Man muss darauf achten, dass keine<br />

S t ö rungen durch die Gegenzähne, Lippen, Zunge etc.<br />

a u f t reten, die das Messresultat negativ beeinflussen<br />

könnten (Abb. 5/6). Der Ansatz des MHT Gerätes ist<br />

etwas unförmiger und nicht immer für den Patienten<br />

s c h m e rz f rei zu positionieren. Beim ShadeRite bedarf es<br />

vor allem im Unterkiefer etwas Übung, das Gerät optimal<br />

zu positionieren. Die Daten werden direkt (MHT)<br />

oder via Docking Station (X-Rite) auf den Computer übertragen<br />

(Abb. 7/8). Mit der entsprechenden Software<br />

können die gewonnen Daten ausgewertet werden. Die<br />

Darstellung in Form von „Farb-Landkarten“ bietet nicht<br />

nur eine Darstellung der Verteilung der Farben sondern auch der Helligkeit,<br />

Farbton, Sättigung und der Transluzenz (Abb. 9/10).<br />

Die gewonnen Daten können in Form von Arbeitsaufträgen entweder ausg<br />

e d ruckt werden oder via Email an das Labor geschickt werden. Die elekt<br />

ronische Kommunikation setzt voraus, dass Zahnarzt und Labor die entsprechende<br />

Software besitzen. Beim MHT System kommt man auf einen<br />

G e s a m t p reis (Zahnarzt / Labor) von ca. 20’000 Euro. Das X-Rite System<br />

kostet etwa die Hälfte. Das MHT System bietet aktuell am meisten Möglichkeiten<br />

zur Analyse der gewonnen Daten. Ich würde es als das Referenzgerät<br />

auf dem Markt bezeichnen. Alle Geräte bedürfen einer Einarbeitungszeit<br />

von Zahnarzt und Te c h n i k e r. Vor allem der Zahntechniker<br />

bekommt eine Vielfalt von Informationen, die er in seiner Arbeit umsetzen<br />

muss. Eine Kaufempfehlung ist im aktuellen Zeitpunkt schwierig abzugeben.<br />

Eine klinische Ve rgleichsstudie, bei der alle auf dem Markt erh ä l t l i c h e n<br />

Systeme auf ihre Praxistauglichkeit (Zahnarzt und Labor) hin untersucht<br />

w e rden, läuft in Zusammenarbeit mit den Universitäten Genf (Schweiz)<br />

und New York (USA) in der Praxis Dr. A. Devigus. Resultate werd e n<br />

Anfang 2003 verfügbar sein und auch im Newsletter (http://www.d<br />

e n t i s t n e w s l e t t e r.com) veröffentlicht werden. Aus dieser Arbeit werd e n<br />

sich Kaufempfehlungen für die verschiedenen Kundensegmente ableiten<br />

lassen.


Abb. 3: Eingabe des Patienten und des Behandlers<br />

Abb. 5: Positionierung des SpectroShade.<br />

Abb. 7: Datenübernahme MHT.<br />

Abb. 5: Darstellung von „Farb-Landkarten“.<br />

Abb. 4: Vorbereitung zur Messung<br />

Abb. 6: Positionierung des ShadeRide.<br />

Abb. 8: Datenübernahme R-Ride.<br />

Abb. 6: Darstellung von „Farb-Landkarten“.


Vermögen planen,<br />

Vermögen optimieren,<br />

von den Früchten leben,<br />

Familienfrieden sichern!<br />

von<br />

Jürgen Menn<br />

Hilchenbach<br />

Übersicht der Systeme<br />

28<br />

Folgende Systeme sind auf dem Markt oder werden in Kürze auf den<br />

Markt kommen:<br />

- Cynovad ShadeScan www.cynovad.com (RGB-Kamera) Markteinführung<br />

in Europa Mitte 2002 Preis: US $ 9,995 for dental office<br />

unit (inkl. Software) $ 4,995 für ShadeScan Plus Software(Laborversion,<br />

inkl. Training)<br />

- Metalor Ikam (RGB-Kamera, mittlerweile vom Markt genommen)<br />

Markteinführung 2001, ca. EUR 5.000 zzgl. SmartCard Reader,<br />

zzgl. Jahreslizenz für Software, zzgl. ca. EUR 10 pro Messung (abhängig<br />

von der Anzahl der Messungen)<br />

- Rieth Digital Shade Guide DSG4 www.a-rieth.de (punktweise messendes<br />

Dreibereichsfarbmessgerät) Markteinführung 1999. Preis<br />

(Set aus Hardware und Software) EUR 4512,40<br />

- MHT Spectroshade www.mhtint.com (Spektralfotometer mit<br />

Flächensensor) Markteinführung 2001, Preis EUR 12.000 bis EUR<br />

14.000 (je nach Ausstattung)<br />

- Shofu ShadeEye NCC www.shofu.de (punktweise messendes Dreib<br />

e reichsfarbmeßgerät) Markteinführung Ende 2001, Preis EUR<br />

5.500, Vorgängermodell ShadeEye EX Einführung 1998<br />

- Shade Vision, X-Rite www.shade-rite.de (Dre i b e re i c h s f a r b m e s sgerät)<br />

Markteinführung Ende 2001. Preis EUR 6.300<br />

Vielleicht bald:<br />

- JJL/Vident Easyshade (punktweise messendes Spektralfotometer)<br />

Einführung 2003, Preis ca. US$ 4.000 (voraussichtlich)<br />

- Ivoclar Vivadent Shade Analyser (RGB-Kamera, inoffiziell angekündigt)<br />

- KaVo (Gerüchte)<br />

Vom 12.04.-13.04.02 fand in Lembach die jährliche Tagung statt, wiederum<br />

bestens organisiert von Pit Beyer und seiner Frau Kiki.<br />

Die Themenstellung hatte bei den Angereisten, je nach Alterszugehörigkeit,<br />

unterschiedliche Assoziationen ausgelöst. Bei den älteren dominiert e<br />

der Gedanke: „Hoffentlich ist nicht schon alles zu spät!“, bei den wenigen<br />

j ü n g e ren: „Ich höre mir das mal alles an, aber ich habe ja noch viel Zeit!“.<br />

Für alle wurde es ein äußerst spannendes Wochenende, bei dem der<br />

R e f e rent, Dr. Jörg Richter, vor den Te i l n e h m e rn das weite Feld fin a n z i e l l e r<br />

Gestaltungsmöglichkeiten für die Altersvorsorge ausbreitete.


Der Referent hatte nach dem Abitur zunächst eine Lehre als Sparkassenkaufmann<br />

abgeschlossen. Nach dem Studium der Betriebswirt s c h a f t<br />

p ro m o v i e rte er an der re n o m m i e rten European- Business School zu den<br />

G rundsätzen ordnungsgemäßer Finanzberatung. Anschließend widmete<br />

er sich der anspruchsvollen Aufgabe, das in Deutschland noch weitgehend<br />

unbekannte Berufsbild des unabhängigen Finanzberaters zu etablieren.<br />

Seit 1988 ist er als Finanzplaner tätig. Heute ist er Geschäftsführe n d e r<br />

Leiter des Instituts für Qualitätssicherung und Prüfung von Finanzdienstleistungen<br />

in Hannover.<br />

Ausschlaggebend für seine Bemühungen war die Tatsache, dass die Beratung<br />

durch Geldinstitute, Ve r s i c h e rungen oder Makler immer durch einen<br />

I n t e re s s e n s k o n flikt geprägt ist. Der Ratsuchende trifft auf einen „Berater“,<br />

der entweder durch die von ihm veranlassten Abschlüsse, oder von einem<br />

Arbeitgeber bezahlt wird, der wiederum seine Produkte verkauft sehen<br />

will. Es besteht bei dieser Konstellation die latente Gefahr, dass das Interesse<br />

des Käufers nicht in der notwendigen Weise berücksichtigt wird .<br />

A u ß e rdem fehlt den häufig im Schnellverf a h ren geschulten „Beratern “<br />

allzu oft auch die Qualifikation, um in dem weiten Feld der Möglichkeiten<br />

zur Kapitalbildung kompetent beraten zu können (Frage des Refere n t e n :<br />

„ W ü rden Sie sich von einem nebenberuflichen Chiru rgen operiere n<br />

lassen?“).<br />

Ausgehend von der zentralen, durch jeden selbst zu beantwort e n d e n<br />

Frage: „Wie viel Geld möchten Sie pro Monat für die Finanzierung Ihre s<br />

Lebensstandes für wie viele Jahre zur Ve rfügung haben?“, entwickelte Dr.<br />

Richter Rechenmodelle, die die nackten Zahlen auf den Tisch brachten<br />

und keinen Raum für Hoffnungen und Träume ließen.<br />

Tröstlich und auch belastend zugleich, dass es keine hundert p ro z e n t i g e<br />

S i c h e rheiten und Chancen gibt. Je größer die Chancen, umso größer<br />

auch die Risiken - diese Regel, die für das ganze Leben gilt, gilt auch für<br />

die Kapitalbildung im Rahmen der Altersvorsorge. So haben nicht unbedingt<br />

die Jüngeren alle Vo rteile auf ihrer Seite, obwohl ihnen ein längere r<br />

Zeitraum für die Ansparung zur Ve rfügung steht. Der Vo rteil gerät zum<br />

Nachteil in der Risikoabschätzung, da Zeiträume über z.T. mehre re Jahrzehnte<br />

bis zur Auszahlung des angesparten Kapitals kaum einzuschätzen<br />

sind, wie sich oft genug gezeigt hat.<br />

Den Älteren bleibt zwar nicht mehr viel Zeit, um Versäumtes nachzuholen,<br />

a n d e rerseits verschafft aber die relative Nähe zum Auszahlungsterm i n<br />

einen erheblichen Vo rteil in der Beurteilung der rechtlichen und wirtschaftlichen<br />

Sicherheit.<br />

Das extrem weite Feld der Kapitalbildungsmöglichkeiten wurden vom<br />

R e f e renten klar und übersichtlich dargestellt. Manches war bekannt, vieles<br />

mehr aber neu. Dass es Anlageformen gibt, vor denen eindringlich gewarn t<br />

w e rden muss, haben viele leider nicht erste durch den Referenten erf a h re n .<br />

Gerade der medizinische Berufsstand ist bekanntermaßen in der jüngsten<br />

Ve rgangenheit allzu oft Opfer vielversprechender Einflüsteru n g e n<br />

geworden.<br />

D r. Richter machte eindrücklich deutlich, dass zu einer kompetenten Finanzplanung<br />

mehr gehört, als sich auf die Aussagen aufwendig herg e s t e l l t e r<br />

P rospekte zu verlassen. In dem Dschungel der vielfältigen Möglichkeiten<br />

ist der Fachmann notwendig, der über die notwendigen Hinterg ru n di<br />

n f o rmationen verfügt, um über die Seriosität der unterschiedlichen Anlagemöglichkeiten<br />

verlässlich Auskunft geben zu können. Z.B. muss ein in der<br />

29


30<br />

Ve rgangenheit erf o l g reicher Fond nicht unbedingt eine gute Anlage sein,<br />

wenn zwischenzeitlich der Fondsmanager gewechselt hat.<br />

Vi e l v e r s p rechende Anlageformen mit hohen Gewinnerw a rtungen berg e n<br />

meist ein nicht verantwortbar hohes Risiko (z.B. geschlossene Immobilienfonds!).<br />

In manchen Fällen sind die Ve r s p rechungen nicht einmal das<br />

Papier wert, auf denen die Angebote gedruckt werden (Schiff s b e t e i l igungen!).<br />

Generell gilt, je höher die Gewinnerw a rtung, umso höher auch<br />

das Risiko. Insbesondere in Risikoanlagen ist eine äußerst sorg f ä l t i g e<br />

R e c h e rche notwendig, um die Höhe des Risikos einigermaßen verlässlich<br />

abschätzen zu können. In diesen Fällen ist im besonderen Maße der unabhängige,<br />

auf Honorarbasis arbeitende Fachmann geford e rt, der über den<br />

notwendigen Wissenshintergrund verfügt.<br />

„ Von den Früchten (der Arbeit) leben“ heißt für jeden, individuell zu<br />

betrachtenden Fall:<br />

1. wie viele Früchte sind bereits angesammelt?<br />

2. wie viel Lebensarbeitszeit steht noch für die Ansammlung von<br />

Früchten zur Verfügung?<br />

3. wie viele Früchte sollen nach Beendigung der Lebensarbeitszeit<br />

zum Verzehr zur Verfügung stehen?<br />

Zur Beantwortung der Fragen ist zunächst einmal eine sehr sorg f ä l t i g e<br />

Analyse des Ist-Zustandes notwendig. Aus den notwendigerweise vollständig<br />

zur Ve rfügung gestellten Daten ist der Finanzfachmann in der<br />

Lage eine exakte Beschreibung zu geben, die nicht unbedingt den Erw a rtungen<br />

des Auftraggebers entsprechen muss. Zu komplex sind auch bei<br />

diesem - auf den ersten Blick einfachen - Vorgang die finanztechnischen<br />

Beziehungen.<br />

Bei der Beantwortung der Fragen zwei und drei wird der Vo rgang noch<br />

einmal deutlich komplexer, da es darum geht, in ein Rechenwerk Zahlen<br />

einzufügen, die sehr viel mit Wünschen und Vorstellungen für den zukünftigen<br />

Früchteverzehr zu tun haben. Auch hier gilt, je länger der Zeitraum<br />

bis zum Ruhestand ist, um so schwieriger wird eine Aussage. Dennoch<br />

muss zumindest eine vorläufige Entscheidung getroffen werden.<br />

Bei der dann folgenden Entwicklung eines Konzepts zur Kapitalbildung<br />

w e rden sehr unterschiedliche Konzepte entstehen, die von den persönlichen<br />

Daten und Wünschen der zukünftigen Leistungsempfänger geprägt sind.<br />

Die Chance auf die Konzeption eines optimalen Pakets ist naturg e m ä ß<br />

am ehesten dann gegeben, wenn ein Berater zur Seite steht, dem die vielfältigen<br />

Möglichkeiten des Finanzmarktes geläufig sind.<br />

Am Ende des Seminars gab es rundum zufriedene Gesichter. Dr. Richter<br />

hatte in äußerst kompetenter Art das weite Feld der Möglichkeiten der<br />

Kapitalbildung zur Altervorsorge ausgebreitet.<br />

Es wurde sehr deutlich, dass die Chancen zur Kapitalbildung und zur<br />

K a p i t a l v e rnichtung bei mangelnder Sorgfalt sehr eng beieinander liegen<br />

können. Für einen Berufsstand, der in seiner Altersvorsorge ausschließlich<br />

auf seine eigene Arbeitsleistung angewiesen ist, kann dieser Ta t s a c h e<br />

nicht genug Beachtung geschenkt werden. Die Bemühungen Dr. Richters<br />

einen Berufsstand der unabhängigen Finanzberater in Deutschland zu<br />

e t a b l i e ren, können wir unter dem Gesichtspunkt unseres Beratungsbed<br />

a rfs nur als segensreich betrachten. Er betonte, dass ein von einem unabhängigen<br />

Finanzberater erstelltes Konzept nur unter Einbeziehung des<br />

jeweiligen Steuerberaters vollständig sein könnte. Die Aufgabe eines


Finanzberater steht nicht konkurr i e rend zu der eines Steuerberaters,<br />

sondern ergänzend.<br />

In dem, wie immer, liebevoll vom Ehepaar Beyer vorbereiteten Ambiente<br />

von Lembach haben wieder einmal alle einen Gewinn gehabt - die bere i t s<br />

Wissenden wurden noch etwas schlauer, den Unwissenden öffnete sich<br />

das weite Feld der finanziellen Anlagemöglichkeiten, und alle erfreuten<br />

sich an den gastronomischen Fähigkeiten des „Cheval Blanc“. Ein solch<br />

erfolgreicher Kurs darf auf seine Fortsetzung hoffen.<br />

Aber noch einmal zum Schluß:<br />

„ W ü rden Sie sich von einem nebenberu flichen Chiru rgen operieren lassen?“.<br />

31<br />

Kurs Burkhard Hugo, Praxis Jan Halben, 28. - 29.Juni 2002<br />

Von der Mikroversorgung bis zur ausgedehnten Restauration<br />

Ein ausgefeiltes „Upgrade“ über alles, was Komposit im Seitenzahnb<br />

e reich betrifft, wurde von PD Dr. Burkhard Hugo in der Praxis von Jan<br />

Halben präsentiert.<br />

Schwerpunkt in diesem mit Demonstrationen am Patienten angere i c h e rt e n<br />

Seminar war die Gestaltung der äußeren Form, insbesondere der approximalen<br />

Kontaktflächen. Hugo benutzt hier das HAWE Matrizen System<br />

(Adapt sectional Matrix). Das Motto lautet: „Aus einer mehrf l ä c h i g e n<br />

Kavität eine einflächige machen“, will sagen: zunächst werden die äußere n<br />

K o n t u ren in toto aufgebaut, um dann abschließend die Kauflächen zu<br />

m o d e l l i e ren. Hierbei wird die Matrize mit einem Flow-Material „abgedichtet“.<br />

Ebenso werden brüchige zervikale Restschmelzanteile durc h<br />

eine Lining-Technik mit Flow-Material gestützt, bevor die Matrize angelegt<br />

und verkeilt wird.<br />

Die Themen: Welches Bonding? Welche Füllungsmaterialien? scheinen<br />

zumindest im Moment ausdiskutiert. Hugo vertraut wie die meisten andere n<br />

Spitzenleute auch auf Optibond FL von der Firma Kerr. In Puncto Füllungskomposit<br />

bevorzugt der Referent im Seitenzahnbereich weitestgehend<br />

Tetric ceram der Firma Vivadent.<br />

Natürlich nahm die Mikroversorgung der approximalen Erstläsion unter<br />

b e s o n d e rer Berücksichtigung des Sonicsyssystems, dessen Entwicklung<br />

Hugo entscheidend mitgeprägt hat, entsprechenden Raum ein. Bestätigt<br />

sich der Kariesverdacht nach einer „Sondieru n g s b o h rung“, wird die<br />

i n fiz i e rte, nicht regenerationsfähige Zahnhartsubstanz entfernt und hernach<br />

die Randgeometrie mit dem Sonicsys-Instrument appro x i m a l<br />

ausgearbeitet. Die gesunde Schmelzoberfläche des Nachbarzahnes wird<br />

bei behutsamer Vo rgehensweise effektiv geschont. Hierbei sollte vor dem<br />

ersten Einsatz einer neuen Sonicsys-Spitze der nicht belegte Teil mit dem<br />

Mikroskop auf versprengte Diamantkörner kontrolliert werden.<br />

Fazit: Ein toller Kurs mit einem versierten Referenten, der sein Wissen sehr<br />

kompetent und angenehm vermittelte.<br />

Direkte Kompositversorgung<br />

im<br />

Seitenzahnbereich<br />

von<br />

Udo Engel<br />

Oldenburg


Let´s talk about Endo!!<br />

von<br />

Ulf Schenk<br />

Düsseldorf<br />

32<br />

„ L e t ’s talk about Endo“, unter diesem Motto trafen sich vom <strong>21</strong>.06.02<br />

bis zum 22.06.02 die Youngster der <strong>Neue</strong>n <strong>Gruppe</strong> auf Einladung von<br />

Lars Pohle in der Gemeinschaftspraxis Dr. Pohle in Kiel.<br />

D o rt erw a rtete uns ein Intensivkurs zum Thema Endodontologie mit Thomas<br />

Clauder aus Hamburg als Referent. Thomas Clauder ist Spezialist für<br />

Endodontologie und hat seine Ausbildung unter anderem bei Prof. Dr.<br />

Kim in den USA absolviert.<br />

Der Kurs begann am Freitag mit einem Überblick über den aktuellen Stand<br />

der modernen Endodontie. Die maschinelle Aufbereitung der Wu rz e lkanäle<br />

war anschließend Schwerpunktthema. Thomas stellte uns die verschiedenen<br />

Systeme einzeln und in Kombination vor. Die Arbeitsweise<br />

mit GT-Files, Pro t a p e r-Files und Flexo-Files wurde mit samt deren Vo r- und<br />

Nachteilen erklärt und miteinander verglichen.<br />

Nachmittags begannen wir dann eifrig selber an extrahierten Zähnen<br />

das Gelernte um zusetzen.<br />

Die Firma JADENT stellt uns Te i l n e h m e rn mehre re Zeiss-OP Mikro s k o p e<br />

mit bis zu 25facher Ve rg r ö ß e rung zur Ve rfügung. Das Wichtigste, um<br />

eine erfolgreiche mechanische Wurzelkanalbehandlung durchzuführen,<br />

ist der richtige Zugang zu den Kanälen, eine absolut gute Übersicht und<br />

eine sorgfältige konische Aufbereitung der Kanäle mit Hilfe der Cro w n -<br />

Down- Technik.<br />

Neben den Vo rteilen der maschinellen Aufbereitung diskutierten wir auch<br />

endodontische Sonderfälle, in der die Handaufbereitung immer noch<br />

unentbehrlich ist (z.B. bei sehr stark gekrümmte Wu rzelspitzen). Am Samstag<br />

setzten wir, nach der theoretischen Einführung in die verschiedenen<br />

Abfülltechniken, selber die thermoplastische Abfülltechnik an den tags<br />

vorher vorbereiteten Zähnen um.<br />

Am Ende des Kurses, der uns gelehrt hat die Raffinessen der Wu rz e lkanäle<br />

besser zu interpre t i e ren und entsprechend auch verschiedene<br />

Feilensysteme zu kombinieren, waren wir alle hoch motiviert und brannten<br />

darauf, das Erlernte bald möglichst umzusetzen.<br />

Als Rahmenprogramm suchte sich Lars Pohle die Kieler Woche aus, bei<br />

der wir Kursteilnehmer zum krönenden Abschluß am Samstag nach dem<br />

Kurs noch einen Segeltörn in der Kieler Förde auf dem Holzsegelschiff<br />

der Dres. Buns genossen.<br />

Insgesamt war es ein sehr interessanter und lehrreicher Kurs, der nicht<br />

nur durch sein exklusives Rahmenprogramm für alle ein ganz besondere s<br />

Erlebnis gewesen ist. Mit von der Partie waren: Guido Singer, Clara<br />

Hansson, Sven Herzog, Dolores und Johannes Zimmermann, Hajo Peters,<br />

Britta Wengel, Malte Schulz, Christian von Schilcher, Torben Hennies,<br />

Martin Weiss und Ulf Schenk.<br />

Vielen Dank möchte ich auch noch mal in Namen aller Kursteilnehmer<br />

dem Praxisteam der Gemeinschaftspraxis Dr. Pohle sagen, die für die<br />

nette Bewirtung und den reibungslosen Ablauf der Fortbildung gesorg t<br />

haben.<br />

Lars, wir kommen gerne wieder!!!!!


Am 16. Mai 2002 feierte Prof. Dr. Peter J. Engelhardt seinen 65. Geburt stag.<br />

Sicher ein Grund, um einen Augenblick zu verweilen und zurückzuschauen<br />

auf das Leben dieses international anerkannten Hochschullehrers<br />

und erfolgreichen Praktikers.<br />

Peter Engelhard studierte Zahnheilkunde an den Universitäten Marburg ,<br />

Erlangen und Düsseldorf, wo er 1961 das zahnmedizinische Staatsexamen<br />

ablegte und zum Dr. med. dent. promovierte.<br />

Es folgte eine Assistentenzeit an der prothetischen Abteilung der We s tdeutschen<br />

Kieferklinik in Düsseldorf, wo er sich 1970 für das Fach Zahn-<br />

Mund und Kieferheilkunde, insbesondere zahnärztliche Prothetik (Thema<br />

Z a h n ä rztliche Kunststoffe - Untersuchungen zur Frage ihrer Beständigkeit<br />

gegenüber Mikroorganismen) habilitierte. 1973 erfolgte die Ernennung<br />

zum apl. Pro f e s s o r, ein Jahr später zum wissenschaftlichen Rat und<br />

Professor.<br />

Die Anerkennung seiner wissenschaftlichen Aktivitäten und Leistungen<br />

d o k u m e n t i e rten sich durch die Verleihung des Millerpreises der DGZMK<br />

und die Verleihung der Euler Medaille 1990. Daneben war Peter Engelhardt<br />

während der Zeit als wissenschaftlicher Assistent Fortbildungsreferent<br />

der Bezirksstelle Düsseldorf der Zahnärztekammer Nordrhein.<br />

1977 wählte Peter Engelhardt den Weg in die freie Praxis, wo er sein<br />

g roßes zahnärztliches Können unmittelbar seinen Patienten zukommen<br />

lassen konnte. Bis 2001 war er dort ununterbrochen tätig, um jetzt seine<br />

Praxis in berufene Hände zu übergeben. Augenblicklich arbeitet er noch<br />

mit seinem Nachfolger als freier Mitarbeiter zusammen.<br />

Regelmäßig kam Peter Engelhardt seinen Vo r l e s u n g s p flichten nach und<br />

b e t reute Doktoranden. Neben diesen, Lehre und Forschung betre ff e n d e n<br />

Aktivitäten war er Gründungspräsident der privatärztlichen Vereinigung<br />

Deutschlands ( PZVD ) .<br />

Wie kam denn nun Peter Engelhardt zur <strong>Neue</strong>n <strong>Gruppe</strong>?<br />

Es war in den 70 er Jahren, als er für die <strong>Neue</strong> <strong>Gruppe</strong> Kurse von Bob<br />

Stein, Arne Lauritzen, P. K. Thomas und Dick Petralis org a n i s a t o r i s c h<br />

b e t reute und auch selbst teilnahm. Axel Bauer und Axel Gutowski teilten<br />

nach Ende einer solchen Veranstaltung Peter Engelhardt formlos mit: „Wi r<br />

haben Dich in die <strong>Neue</strong> <strong>Gruppe</strong> aufgenommen!“ So war das damals!<br />

Es ergab sich somit fast von selbst, dass Peter Engelhardt 1988/ 89 auch<br />

Präsident der <strong>Neue</strong>n <strong>Gruppe</strong> wurde.<br />

Noch zu erwähnen wäre, dass die Verleihung der Van Thiel - Medaille<br />

der DGZPW 2001 eine weitere Anerkennung einer unerm ü d l i c h e n<br />

wissenschaftlichen Tätigkeit mit 96 wissenschaftlichen Publikationen, weit<br />

über 100 Fachvorträgen, klinischen Seminaren und Kursen in Deutschland,<br />

England, Frankreich, Italien, Kroatien, den Niederlanden, Österreich,<br />

Schweden, Tschechien und Übersee - in Australien, Japan und USA<br />

w a r. Außerdem war Peter Engelhardt Vorsitzender des Förd e r p reises der<br />

Kommission für Fachfragen der Zahnärztekammer Nordrhein.<br />

Neben diesen überaus zahlreichen beru flichen Ve r p flichtungen, die Peter<br />

E n g e l h a rdt als sehr engagierten und aktiven Menschen ausweisen,<br />

wünschen wir ihm, dass er zusammen mit seiner Frau Ingrid etwas mehr<br />

Zeit findet, sich mit den Dingen zu befassen, die ihm Spaß machen. So<br />

sollten Golf und Wa n d e rn mehr Platz auf dem Te rminkalender bekommen!<br />

Lieber Peter, alle Freunde wünschen Dir nicht nur weiterhin Gesundheit<br />

und Schaffenskraft, sondern auch viele glückliche Stunden im Kreis Deiner<br />

Familie und Freunde.<br />

Peter G. J. Fuchs<br />

33<br />

Peter J. Engelhardt<br />

65 Jahre<br />

von<br />

Peter G. J. Fuchs<br />

Übersee


Laudatio<br />

an unseren Freund<br />

Walter Georg Sebald<br />

von<br />

Stephan Kopp<br />

Jena<br />

34<br />

Lieber Sir,<br />

noch heute habe ich das Bild lebendig vor den Augen, als Du bei einem<br />

Kurs, den ich - als Greenhorn - mit Rolf Ewers in der BLZK geben durfte,<br />

auf mich zukamst und sagtest: „So wie Sie das machen, versuche ich<br />

schon seit beinahe 25 Jahren meine Patienten zu behandeln. Wenn Sie<br />

Lust haben, können Sie sich meine Patienten anschauen und mit Ihre n<br />

Techniken nachuntersuchen.“ Ich wusste noch nicht so richtig, mit wem<br />

ich es da zu tun hatte, obwohl mir der Name aus der Literatur und vom<br />

H ö rensagen ja bestens bekannt war. Wenige Tage später besuchte ich<br />

Dich in Deiner Praxis und zusammen mit Deiner lieben Ilse und meiner<br />

Frau waren wir noch zum Gedankenaustausch am Kirchsee - Deinem<br />

„ H o rtulus sententiae“ wie Du zu sagen pflegst. Unsere Freundschaft und<br />

der geistige Gleichklang hat seit diesen Momenten festen Grund.<br />

In der Folgezeit haben wir oft mit dem Computer um die beste - da einfachste<br />

- Darstellung dessen, was in uns lebt, gekämpft. Das ist bis heute<br />

so geblieben. Die Stunden, in denen ich diese Gefühle zu Papier bringe<br />

folgen einer erneut überaus produktiven Woche am Kirchsee. Wir haben<br />

wieder gemeinsam geschrieben und um das Beste freundschaftlich vom<br />

Aufstehen bis zum Schlafengehen gekämpft. Nächste Woche sehen wir<br />

uns schon wieder, weil es so viel zu Papier zu bringen gibt.<br />

So habe ich Dich kennengelernt. Das ist Deine Art. Jeden Intere s s i e rt e n<br />

w e i t e rzubringen - oft bis hin zur Selbstaufgabe und zum eigenen körperlichen<br />

Tiefpunkt. Du warst immer für Deine Patienten und oft auch ungewollt<br />

und ohne Honorar für die „unlösbaren Fälle“ unserer Kollegen<br />

zuständig. Und Du hast dauerhafte Lösungen geschenkt.<br />

Meine Hochachtung ist mit jedem Tag der Gemeinsamkeit mit Dir<br />

gewachsen. Du hast mich - und ich weiß auch viele andere - an Deiner<br />

unendlichen Erf a h rung teilnehmen lassen. Ich bin Dir dankbar, dass ich<br />

auch an Deinem Leben und Deinen Gedanken teilhaben darf. Ich bin auch<br />

d a n k b a r, dass wir schwierige Zeiten gemeinsam durchleben dürfen, die<br />

uns nur noch enger aneinander ketten. Du hast immer wieder Wege heraus<br />

gefunden. Unsere Beziehung ist wie die eines alten Paares - eine heutzutage<br />

nicht mehr ganz moderne aber doch so fru c h t b r i n g e n d e<br />

„ Wissenschafts-Ehe“.<br />

Kaum einer kann darüber hinaus mehr ermessen als ich, wie sehr Deine<br />

Frau und nun auch meine liebe Freundin Ilse Dich trägt - in guten wie in<br />

weniger guten Tagen. Dir zu danken, heißt auch ihr ein großes Danke zu<br />

s a g e n .<br />

Wir haben viele Pläne in der Zukunft. Wir werden ohne Pause veröff e n tlichen.<br />

Du willst wieder Patienten behandeln. Du willst ...! Du kannst es<br />

einfach nicht sein lassen. Das finde ich gut. Feuer in den Augen, das Du<br />

auch heute noch weiterträgst. Dazu wünsche ich Dir alles erdenklich Gute.<br />

Dein Koppi<br />

Nun hat die <strong>Neue</strong> <strong>Gruppe</strong> es schon richtig gesehen, dass wir beide einen<br />

sehr engen Kontakt haben. Und folgerichtig habe ich freudig und gerne<br />

zugesagt, ein paar unvollkommene Wo rte zur Würdigung Deines Lebenswerkes<br />

zu finden. Ich weiß aber, dass ich über Deine jungen Jahre, die<br />

J a h re bevor wir uns kennengelernt haben und Du mich in die <strong>Neue</strong> Gru p p e<br />

gebracht hast, nur wenig sagen kann. Aber wir haben bekannterm a ß e n<br />

gute Freunde. Es bedurfte nur eines kurzen Telefonates mit Klaus Haberkorn<br />

- und die Lücke war geschlossen.


Lieber Walter,<br />

Du feierst in diesem Jahr Deinen 65. Geburtstag und die <strong>Neue</strong> <strong>Gruppe</strong><br />

g r a t u l i e rt Die dazu herzlich, verbunden mit den besten Wünschen für das<br />

neue Lebensjahr.<br />

In dieser <strong>Neue</strong>n <strong>Gruppe</strong> habe ich Dich kennen und schätzen gelern t .<br />

Auch wenn wir so weit auseinander wohnen, hat sich unsere, von<br />

Sympathie geprägte Beziehung immer erhalten.<br />

Die <strong>Neue</strong> <strong>Gruppe</strong> ist als eine Vereinigung von Idealisten und Individualisten<br />

entstanden. Du bist ein Beispiel dafür, wie man in einer Zeit der<br />

Vermassung seinen ganz eigenen Weg gehen kann.<br />

Du bist schon früh, als Assistent bei Bob Leppert und später Mitarbeiter<br />

von Prof. Steinhardt in Erlangen in der Mund- und Kieferc h i ru rgie mit<br />

einer exzellenten Zahnheilkunde in Berührung gekommen. Erlangen bot<br />

Dir auch die Möglichkeit, Oskar Bock kennenzulernen, über den Du auch<br />

zur <strong>Neue</strong>n <strong>Gruppe</strong> kamst. Schon früh brachten Dich die Kontakte zu<br />

Oskar Bock zu damals bedeutenden Lehren. Einer Deiner ersten Kurse<br />

f ü h rte Dich in Salzburg zu Clementschitsch, später zu Arne Lauritzen, der<br />

Dein väterlicher Freund wurde.<br />

Die väterliche Praxis hast Du vom Münchener Westend dann in die<br />

Maximilianstrasse verlegt, wo ich Dich bei Kursen über das ominöse<br />

K i e f e rgelenk näher kennenlernte. Noch heute bewundere ich Deine selbstentwickelte<br />

Röntgentechnik, mit Art h rograph und Kaiser- Ve rg r ö ß e ru n g sgerät,<br />

mit dem Du versuchtest, eine bessere Darstellung zu erre i c h e n .<br />

Deine Schienentechnik habe ich sofort übernommen und aus den Kursen<br />

viel gelernt, wie die meisten Deiner Freunde, die Dich als Lehrer erleben<br />

konnten. Unvergessen auch Deine Patientenvorstellung zusammen mit<br />

Stefan Kopp vor der <strong>Neue</strong>n <strong>Gruppe</strong> bei einer Frühjahrstagung, die uns<br />

allen zeigte, wie schwierig die Behandlung von schweren Kiefergelenksfällen<br />

sein kann, einem Behandlungsgebiet, auf dem Du Dich<br />

vorwiegend betätigt hast.<br />

Deine Patienten haben Dich geliebt, wegen Deiner sorgfältigen Behandlung<br />

und Deiner unverw e c h s e l b a ren Art. Einmal kam Arne Lauritzen nach<br />

einer Behandlung bei Dir nach Würz b u rg und schwärmte geradezu von<br />

der zuvor bei Dir erlebten Zahnbehandlung. Wer Arne kannte, weiß,<br />

dass er lieber kritisierte, als lobte. Es muss ihn wirklich beeindruckt haben,<br />

wie Du seinen Zahn gerettet hast.<br />

Als Du vor wenigen Jahren Deine Praxis aufgegeben hast, trauerten Dir<br />

Deine Patienten nach.<br />

Du hast in Deinem Leben viel erreicht. Als Gutachter warst Du viele Jahre<br />

tätig und wurdest von der Bayerischen Zahnärztekammer für Deine Verdienste<br />

geehrt. Als einer der letzten Mitglieder der <strong>Neue</strong>n <strong>Gruppe</strong>, die<br />

Arne auch privat erleben durften, hast Du ihm auf Hawai seinen letzten<br />

Urlaub zu einem Erlebnis gemacht, indem Du ihn mit einem Flugzeug<br />

über die Inseln gesteuert hast.<br />

Lieber Walter, Du kannst mit Stolz auf Dein Leben zurückblicken. Wir in<br />

der <strong>Neue</strong>n <strong>Gruppe</strong> hoffen, Dich noch oft in unserem Kreis zu sehen und<br />

wünschen Dir und Deiner lieben Frau Ilse einen Ruhestand in Gesundheit<br />

und Zufriedenheit.<br />

Klaus Haberkorn<br />

35<br />

65 Jahre<br />

Walter Georg Sebald<br />

von<br />

Klaus Haberkorn<br />

Würzburg


Laudatio<br />

für Jochen Gieseler<br />

von<br />

Arne Herzog<br />

Aachen<br />

36<br />

Kaum glaubhaft, fast ein halbes Jahrh u n d e rt ist vergangen, dass ich Jochen<br />

in Köln kennen lernte. Jochen imponierte sofort durch seinen Fleiß und<br />

seine Präzision, mit denen er seine Arbeiten in Propädeutik (Prof. Vo s s )<br />

erledigte. Sein Hang zum exakten Arbeiten prägte auch die klinischen<br />

S e m e s t e r. Die Patienten, die seine Behandlung erhielten, waren erstklassig<br />

versorgt. So nahm es kein Wunder, dass die Kölner Klinik ihn gerne für<br />

vier Jahre als Mitarbeiter in der Chiru rgie und in der prothetischen Abteilung<br />

behielt. Er ließ sich 1967 in Köln nieder in eigener Praxis.<br />

D u rch Charlie Przetak bekam Jochen frühzeitig Kontakt zur <strong>Neue</strong>n Gru p p e<br />

bei der er 1972 Mitglied wurde. Mit seinem fast spektakulären Fort b i ldungsdrang<br />

tauchte er nun überall auf, wo fachliches Wissen und Können<br />

zu erw e i t e rn war. Hier nur einige Namen die seine beru fliche Entwicklung<br />

prägten: Petralis, Wayne, A. Lauritzen, P.K. Thomas, Charlie Stuart ,<br />

R. Slavicek, Kramer -Nevins und viele mehr. Durch seine souveräne Art<br />

blieb sein enormes Fachwissen auch seinen Patienten nicht verborg e n .<br />

Entsprechend entwickelte sich sein Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad.<br />

Natürlich forderte bald die KZV sein Fachwissen: 25 Jahre Vorsitzender<br />

des VDAK-Prüfungsausschusses, PA-Gutachter 20 Jahre, Pro t h e t i k - O b e rgutachter<br />

25 Jahre. So war es nur verständlich, dass die <strong>Neue</strong> <strong>Gruppe</strong><br />

ihn in den Vorstand als Beirat und Generalsekretär wählte. Seine Wa h l<br />

hat keinen gereut.<br />

Die Beschreibung Jochens wäre unvollständig, würde man seine sport l i c h e n<br />

Aktivitäten nicht erwähnen. Früher spielte er sehr gut Tennis (ich musste<br />

das leidvoll 1960 erf a h ren); seit 15 Jahren ist er aktiver Golfer und schon<br />

seit Ewigkeiten liebt er die Segelei (Hochseeschiff a h rtsschein!). We i t e rhin<br />

blieb nicht verborgen, dass Jochen erstklassig Ski läuft (Arlberg -<br />

Klasse 1A).<br />

J a h relang wetteten seine Freunde dagegen, dass es je einer Frau gelingen<br />

w ü rde, ihn in den Hafen der Ehe zu führen. Dann aber 1992 leuchteten<br />

Jochens Augen, als er verkündete, dass er am Arlberg dem Charm e<br />

Dorothes erlegen sei und nun gedenke, sich für immer zu binden.<br />

Eine gute Wahl Jochen!<br />

B e e i n d ruckend ist Jochens unbestechliche Ehrlichkeit, Loyalität und seine<br />

H i l f s b e reitschaft. Wer der Hilfe von ihm bedarf, kann sicher sein, dass<br />

er sie erhält.<br />

Bedanken möchte ich mich für die zahllosen gemeinsamen Stunden.<br />

Mögen sich noch viele fröhliche Jahre des gemeinsamen We g e s<br />

anschließen.


Impressum<br />

37<br />

Copyright 2002 N E U E G R U P P E Nachrichten. Herausgeber:<br />

N E U E G R U P P E , wissenschaftliche Ve reinigung von Zahnärz t e n .<br />

Redaktionelle Leitung: Dr. Ulrich Gaa.<br />

Die N E U E G R U P P E Nachrichten umfasst 2 Ausgaben pro Jahr.<br />

Die Zeitung und alle in ihr enthaltenen Beiträge sind urh e b e rrechtlich<br />

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